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Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts za Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide i« Wilsdruff. Nr. 242 Sonnabend den 15. Oktober 1S21. Amtlicher Teil. 80. Jahrgang. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 20. August 192! bestehen d'e Bestimmungen des ReichsvereinsgesktzkS vom 19. April 1908 über Auszüge auf öffentlichen Straßen und Plätzen unverändert fort. Es bedarf sonach, wie das Ministerium des Innern durch Verordnung vom 10. Oktober 1921 bestätigt hat, zu Auf- und Umzügen auf öffentlichen Straßen und Plätzen der Genehmigung der Polizei behörde. Wilsdruff, am 13 Oktober 1921. Der Stadtrat. Schule zu Grumbach. Montag den 17. Oktober 1921 nachmittags 2 Uhr Beginn des Mädchen- FortbitdungSschul-UuterrichtS. Alle Ostern 1921 aus der Volksschule entlassenen Mädchen sind fonb'ldungsschulpflichttg. Ueber den gegenwmng otwr kommenden Besuch and-rcr Unkerr ckts-Anstalten ist ein Nachweis hierher zu erbringen. r«? Grumbach, am 13. Oktober 1921 Die Schulleitung. «lerne Zeitung tür eUtge Leser. * Die Reichsregierung nahm in einer amtlichen Erklärung zu der durch die Genfer Beschlüsse geschaffenen Lag«. Stellung. * In Berlin finden Besprechungen der Parteiführer mit den, Kanzler über die Frage der Regierungsumbildung statt. * Im Preußischen Landtag hielt Präsident Leinert im Namen der großen Mehrheit eine Protestredc gegen die Zer reißung Oberschlcsicns. * Die „Vereinigten Verbände heimattrcucr Oberschlcsicr" richteten an den Volkcrbundsrat, Lloyd George, Harding, Bo nomi und Nitti Proteste gegen die Zerstückelung Obcrschlesicns. * Die ungünstigen Nachrichten über die oberschlesische Frage haben die Kurse für ausländische Zahlungsmittel in Berlin sprunghaft in die Höhe getrieben. Der Dollar stieg bis aus 143 * London wünscht angeblich eine Nachprüfung, ob der Genfer Schiedsspruch mit den Bestimmungen des Versailler Vertrages übcreinstimmt. * Der Oberste Rat wird iin Laufe der nächsten oder über nächsten Woche in London zusammcntrclen, um die Entschei dung des Völkerbundsrates über Oberschlesicn zu erörtern. * Senator Knox ist in Washington gestorben. Betrogen! Die deutsche Regierung muß, als wenn sie an Ober schlesien, an deutschem Land urrd deutschem Volk kein eigenes Interesse mehr haben dürste, auf den genauen In halt der Entscheidung des Völkerbundsrates ebenso ivavten wie etwa die Einwohner von China oder Bra silien. Nicht eine amtliche Mitteilung über das, was in Genf beschlossen worden ist, hat sie bisher erreicht. Unter diesen außerordentlich betrübenden Umständen zu der neuen Lage klare Stellung zu nehmen, bedeutet für das Kabinett Wirth eine schier unerfüllbare Zumutung. Die Rcichsregierung hat es deshalb vorgezogen, in einer amtlichen Mitteilung zunächst nur die allgemeine Erregung zu bestätigen, die die Nachrichten aus Genf im ganzen deutschen Volke hervorgerusen haben. Eine Ent scheidung, wie sie danach zu befürchten sei, würde von Deutschland als Vergewaltigung und hartes Unrecht empfunden werden, sie würde unablässige Beunruhigun gen und Zwistigkeiten zur Folge haben und dem deutschen Wirtschastskörper eine unheilbare Wunde schlagen. Käme es so, wie die Ankündigungen aus Genf erwarten ließen, so würden die Voraussetzungen einschneidend beeinträch tigt, unter denen die gegenwärtige Negierung die Geschäfte des Reiches übernommen und geführt habe. Soweit die Regierung. Sie behält sich also offen sichtlich ihre letzte Entschließung noch vor, auf die selbst verständlich von den Parteien nach verschiedenen Rich tungen hin eingewirkt wird. Inzwischen ist der Völ- kerbundsrat endlich auseinandergegangen. Mit Worten des Lobes hat Präsident Ishii seine Mitarbeiter entlassen, und eine längere Darlegung des Völkerbund- Sekretariats sucht, ohne der Welt den Inhalt des abgege benen Gutachtens des näheren zu verraten, mit unglaub lich verlegenen Redensarten zu begründen, warum die Entscheidung so wie es geschehen ist getroffen wurde. Selbstverständlich erklärt man, daß man sich genau an die Vorschriften des Friedensvertrages gehalten habe. Wenn man trotzdem zu einem Ergebnis gekommen ist, das kein Mensch vor und seit diesem Friedcnsvertrage für möglich gehalten hätte, das Dr. Lulafchck, der Vorsitzende des deutschen Schutzbundes in Oberschlesien mit Recht für irrsinnig erklärt hat, so braucht das amtliche Genfer Kommunique vergeblich viel Worte, um sich deswegen vor der Welt zu rechtfertigen. Man hört aus allem nur den offenbar von vornherein festgestellten Entschluß heraus, sich so zu entscheiden, daß den lieben, von Frankreich zärt lich beschützten Polen ein möglichst fettes Gericht aufgc- tragen werden konnte. Alle Gründe und Beweise, mit denen Deutschland von Anfang an die Unteilbarkeit des Industriegebietes dargctan hat, werden hcrvorgehoben, um — mit einem Sprung von halsbrecherischer Kühnheit zu der Folgerung zu gelangen, daß OberschlesiM geteilt werden müsse! Nur müsse diese Teilung so vorgenommen werden, daß sie nicht zugleich zur wirtschaftlichen Ver nichtung des Landes führe, und diese Sorge habe man sich unter Zuhilfenahme von Sachverständigen ordentlich angelegen sein lassen. So seien Vorschläge entstanden über die Fortführung der Verwaltung des Landes und über eine Rothe wichtiger Übergangsbestimmungen für längstens !5 Jahre. So lange also soll Deutschland seine ganze Arbeitskraft aufwenden, um die kostbaren Gebiete nur ia recht ordentlich zufammenzuhainn, recht produktiv zu ent wickeln und sie schließlich in echt deutscher Vollkommenheit an Polen übergeben zu können. Eine Lösung, die man verstricht gescheit nennen könnte, wenn sie nicht so verteufelt dumm wäre. Der deutsche Michel hat sich nicht gerade als ein Ausbund von Selbstsucht und Eigennutz erwiesen, aber so töricht wird er hoffentlich nickst sein, um dieser gc- mscht naiven Dreistigkeit des Völkerbundsratcs zum Scge zu verhelfen. Ganz einig ist man sich freilich im Entcntclager noch nicht, wie dieser neue Schurkenstreich gegen DcuLschlauo vollendet werden soll. In Paris möchte man ihn Hal - über Kopf, ohne viel Förmlichkeiten ins Werk gesetzt sehen, während London noch ein etwas umständlicheres Ver fahren für nötig hält und deswegen eine neue Sitzurm des Obersten Rates fördert. Darüber scheinen sich di: beiden Verbündeten wieder etwas in die Haare geraten zu wollen. Ob indessen diesmal Lloyd George oder Brian foineu Willen durchsetzt, sür Deutschland käme es daran' wenig an. Gesotten oder gebraten zu werden, macht Wirt lich für denjenigen, der auf das Hcrdfener gebracht werde - soll, einen herzlich geringen Unterschied. Daß von Lloy > George nichts Gutes mehr für uns zu erwarten ist, dar über wird der Bericht des deutschen Botschafters übe seinen Empfang beim britischen Minister des Auswärtigen wohl nicht den geringsten Zweifel gelassen haben. Als kann es sich sür uns nur noch darum handeln, ob un welche Rettung für Oberschlesien wir noch inuns selb! zu finden vermögen. Die Entscheidung darüber liegt bei j der Rsichsregierung und beim Reichstag * Die deutsche Mark bleibt. Die amtliche Mitteilung des Völkerbuudsrates, di. ? nach Schluß der Tagung ausgegeben wurde, vermeide jede Angabe über die neue Grenze, teilt aber mit. daß s > durch das Industriegebiet geht. Im übrigen gelten di: Mitteilungen ausschließlich den Vereinbarungen, mit derer Hilfe die wirtschaftliche Ungeheuerlichkeit dieser neue Grenzführung abgcschwächt werden soll. Die wichtigster Bestimmungen beziehen sich auf die Beibehaltung der deutschen Mark als gesetzliches Zahlungsmittel in den an Polen abg. treienen Gebieten, die Eisenbahnfrage, die Wasser- und Elektrizitätsversorgung, die Zollsreiheit für gewisse Pro dukte, wie Kohle und Zink, und den Schutz der politische:: Minoritäten. Alls dieje Bestimmungen gelten nur für eine Übergangszeit, die in den einzelnen Fällen ver schieden bemessen ist und höchstens fünfzehn Jahre dauer-- soll. köuiftei IsZefnöüif' rnlkÄ ft --------ft ? «Ä-d-b. Q ft» A ft Die Zer-rschrmg D;7stcns. Die vorgeich lag « n e G r e n r e. Was ist zu iun? Die Kabtnettsberatungen in Berlin Die durch die Genfer Beschlüsse hervorgerufene Re- gierungskrise verdunkelt in Berlin nach wie vor den politischen Himmel, aber sie scheint im Augenblick doch noch nicht zum vollen Ausbruch zu kommen, sondern man über legt sich statt dessen erst einmal die Frage, was dann ge schehen soll, wenn das Kabinett zurückgetreten ist. Das ist eine durchaus richtige Haltung der maßgebenden Kreise, denn es kommt jetzt — das hat man aus den schlimmen Erfahrungen bei früheren Regierungswechseln in kriti schen Augenblicken glücklicherweise gelernt — vor allem daraus an, im entscheidenden gefährlichen Moment eine aktionsfähige Regierung zu erhalten. Dementsprechend ist man vorläufig dahin übereinge- kommen, daß das Kabinett Wirth seinen geplanten Rück tritt unter keinen Umständen übereilt erklären soll. Man wird erst die amtliche Bekanntgabe des Völkerbundsbe- schlusses abwarten, und wird dann erst in eine genaue sach liche Prüfung der Wirkungen dieses Genfer Beschlusses, besonders nach der wirtschaftlichen Seite hin, eintreten. Der springende Punkt ist bei allem die Frage, ob unter den neugeschasssneN unendlich erschwerten Umständen das Programm der Erfüllung des Ultimatums noch aufrecht erhalten werden kann, welches die politische Grund- laae^dcs Kabinetts Wirth bildet. Man ist zu der Über zeugung gekommen, daß vazu keine Möglichkeit bestehe, und daß man, falls die Genfer Beschlüsse sich in der jetzt bc- kcmntcn Form bestätigen, versuchen muß, eine Herabsetzung unserer Verpflichtungen zu erreichen. Gleichzeitig hält man mehr als je gerade im jetzigen Augenblick eine Zu sammenfassung aller .Kräfte und damit eine Verbreiterung der Nsgicrimgsbasis für notwendig, einesteils, um der Negierung die nötige Festigkeit nach außen hin zu geben, andererseits, um ihr jetzt alle irgend erreichbaren Hilfsquellen im Innern auß zuschfießen. Tie Meinung des Kanzlers geht dahin, daß eine Lösung der neuen Schwierigkeiten nur durch in- ternat io reale Verhandlungen erzielt werden kann und es müsse Deutschlands Bestreben sein, das Aus land endlich davon zu überzeugen, daß durch einen Verlust Obcrschlesicns die gesamte Weltwirtschaft in Mitleideu schast gezogen wird und daß Deutschland an solchen inter nationalen Besprechungen tcilnehmen mutz. Zunächit glaubt er, daß cs unumgänglich nötig ist, das Erfüllung-: Programm grundsätzlich ausrechtzuerhalten, aber seine Einschränkung auzustreben. Dazu bedarf es energischer Schritte, die durch eine plötzliche Rcgierungskrisis nur be hindert werden könnten. So werden augenblicklich vor allem die Kreditverhandü-ugen mit der Industrie eifrig fortgesetzt, weil nur dadurch das Reich bald in den Lefty der dringend notwendigen Geldmittel kommt. Dieses Unternehmen scheint aber ohne gleichzeitige Ver» wirktichung der „großen Koalition" wenig Aussicht auf Erfolg zu haben, weshalb die Anstrengungen des Kanz lers gleichzeitig auf deren Zustandekommen gerichtet sind. Bei den Parteien herrscht allerdings noch keineswegs Einigkeit über die Schritte, die jetzt getan werden müssen . Während die Sozialdemokraten das Kabinett Wirth halten wollen, oder doch den jetzigen Kanzler auch mit der Bil dung einer neuen Regierung bettauen wollen, scheinen die Demokraten zu beabsichtigen, ihre Minister aus dein Kabinett zurückzuziehen. Allerdings genießt Dr. Wirth persönlich auch bei den Demokraten ebenso wie beim Zen trum nach wie vor volles Vertrauen. Die Entschei dung darüber, ob das Kabinett bleibt, ob es nur eine geringe Veränderung oder eine völlige Neubildung er fährt, wird in diesen Tagen in Besprechungen mit den Parteiführern geklärt. Zur oberschlesischen Frage selbst wird dann der Reichstag voraussichtlich in der näch sten Woche Stellung nehmen. Lind der Friedsnsverirast ...? Stimmen des Auslandes. Wenn es auch durchaus verfehlt wäre, eine Wendum? zum Besseren in der oberschlesischen Entscheidung vor irgendwelchen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ententestaaten zu erwarten, denn diese haben sich in allen strittigen Fällen immer sehr rasch auf unsere Kosten ge einigt, so verdienen doch einige bedenkliche Stimmen Be achtung, die sich besonders in London erheben, wo man