Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930411021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893041102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893041102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-04
- Tag 1893-04-11
-
Monat
1893-04
-
Jahr
1893
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-PreiS U Ur Hanptexpedition oder den im Tted^ teeirt and de» Bororten errichteten ölut- »abesleüeo ab geholt: vierteliLbritch^l4^0, hei zwetmaliaer täglicher Znsiettnng m» H«uit >4 Üchü. Durch die Post bezogt» iür Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^4 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandieiiduuz tu» Autlaud monatlich 7.S0. DieMorgen-dlutgabe erscheint täglich'/,? Uhr, di« Abend-Au-gabe Wochentags ü Uhr. Nedarlion «uL Lrpe-itiou AahaaurSglisse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: cu, Kit««'S e-rtim. («lfre» Hahn). Universität-strab« 1, Loui« Lösche, ikitharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe» 'chMtr.MgMalt Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Prei- die ffgeipaltene Pctttzeile LO Pfg. Reclainrn unter dem Nedactionsstrich (4 ge spalten) äo-^. vor den gamiliemiachrichtea )6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem PrrtS- verzeichnib. Tabellarischer und Ztffrrnsatz nach höherem Toris. Extra-VeNagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug >t 60.—, mit Postbesörderuug 70.—. Armahmeschluß für Inzeizen: Abend-Au-gab«: Bormittag» 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen j« «iu« halb« Stund« früher. Sättigen sind stet» an dt« ErZetzttt»« zu richte». Druck und Verlag von L. Pol» t» Leipzig. ^ 183. Dienstag den 11. April 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 11. April. Der nationalliberale RcichStagSabgcorbnete vr. Buhl batte sich, wie aus einer Veröffentlichung in der „Pfalz. Presse" zu schließen ist, vor einem Monat brieflich einem Parieigenoffen gegenüber geäußert, nach seiner Ansicht werde der Reichskanzler geneigt sein, von den Forderungen der Militairvorlage ein Erhebliches »ächz ulasse». Dieser Brief wurde von dem Einpsänger seltsamer Weise mit der Anfrage, ob der Inhalt bestätigt werden könne, an den Grasen Caprivi cingeschickt, der darauf sofort durch einen Adjutanten folgende Antwort ertheilte: Berlin. 7. März 1883. Geehrter Herr! Für da» an den Herrn Reichskanzler gerichtete Schreiben vom 5. d. M. bin ich be- -iistragt, Ihnen bestens zu danken. Ter demselben beigrsügte Brief leS vr. Buhl folgt anbei zurück. Zu dem Inhalt desselben erlaube ch mir ergebenst zu bemerken, daß der Herr Reichskanzler nie, «der öffentlich noch privatim, eine Acusteruug getha» hat, welche lesagte oder daraus schließen ließe, daß er in Bezug aus die Militai» :«laae „seine Forderungen ganz bebeutend herab,zusetzcn" bereit sei. Z« Segenthtil, der Herr Reichskanzler steht nach wie vor ms dem von ihm stets vertretenen Standpunct, daß die Vorlage in ihrem wesentlichen Theile ein Ganzes bilde, das nicht zerpflückt werden darf. IlcbrigenS scheint diellhance für di« Borloge, Tank de» lauter werdenden Stiinmen ms der Bevölkerung und der unter de» ReichstagSinitgliedcrn -Ehmendeu Ueberzeugiing, daß eS sich hier um eine in ihren Gruudzügeil noihwendtge und im Einzelnen gut durchgcarbcilcle Reform handle, immer besser zu werde». Daß diese Ansicht über die „Chance" der Militaiv Vorlage, welche der Adjutant dcS Reichskanzlers am 1. März äußerte, nicht zulraf, bat sich inzwischen herauS- gesiellt. Und zwar hat sich die „Ebance , wie wir dies öfter betonten, gerade infolge der schroffen Zurückweisung der Bennigsen'schen Bermiltelungsvorschläge verschlechtert. — UebrigenS ist das Verfahren, den politischen Privatbrief eine« Abgeordneten dem Reichskanzler cinzuschicken, höchst eiznlthümlich. Nach solchen Erfahrungen mit einem „Partei genosse»" erscheint es allerdings begreiflich, daß vr. Buhl erklärt „in Erwägung ziehen zu wollen, ob er nicht vor der Abstimmung über die Militairvorlage sein Mandat uiederzulegen habe." — Wir hoffe», daß der verdiente Abgeordnete einen derartigen Entschluß nicht fassen wird, lönnen nnS aber seine Verstimmung vollkommen erklären Zn diesem Zusammenhänge sei auck einer, von nnS absicht lich nicht erwähnten Notiz der „Rheinisch - Wests. Zeitung" zetacht, welche den Abgeordneten von Bennigsen als rulamentSmüde bezeickiiete. Wie die „Börsenztg." von zuver lässigster Seite erfährt, denkt Herr von Bennigsen gar nicht daran, sich seinen parlamentarischen Pflichten zu rntzikhrn. Angesichts der nahe bevorstehenden entscheidenden Ver handlungen über die Militairvorlage erscheint der „Na- lionallib. Corr." die Aufforderung an die Reichs tagS- abgeordrieten angebracht, sich pünktlich und vollzählig tinzufinden. Insbesondere in den Fr actio neu werden schon in allernächster Zeit die endgiltigen Beschlüsse zu fassen sein. A wäre höchst beschämend, wenn über eine solche Lebensfrage der Nation vor leeren Bänken entschieden würde Die italienischen Irredentisten, die es hauptsächlich darauf abgrsehrn habrn, die völkerrechtlichen Beziehungen Italiens zu Oesterreich zum Gegenstand heftiger Angriffe zu machen, glauben eine Gelegenheit entdeckt zu haben, die Welt an ihr Vorhandensein zu erinnern und die frohe Stimmung, in der die Italiener der Ankunft de- Erzherzogs Rainer ent gegensetzen, zu trüben. Die österreichische Regierung bat, wie schon gemeldet, den Triester Gemeindcratb, der seine Mandatsdauer bereits um drei Monate überschritten bat und kessen Erneuerung im Monat Mai erfolgen soll, aufgelöst Dazu war sie unzweifelhaft befugt. Freilich mögen auch jene Recht haben, die behaupten, die Auflösung deS GcmeinderathS sei darum beschleunigt worden, weil bei einen! Theile dieser Körperschaft die Absicht bestand, auS Anlaß der Feier der silbernen Hochzeit deS italie nischen KönigSpaarcS eine Kundgebung zu veranstalten. War dies wirklich der Fall, dann befand sich vie österreichische Regierung in einer peinlichen Lage; ließ sic die Triestincr Italianistuni gewähren, dann war ein politischer Scanbal zu befürchten, der die guten Wirkungen der Romsahrt deS Erzherzogs Rainer auf die öffentliche Meinung mit einem Schlage verwischen konnte. Da war cS denn wohl das Klügste. waS man thun konnte, von dem formell gegebenen Rechte der StadtratbSauflösung Gebrauch zu machen und so einem schlimmeren Acrgcrniß vorzubeugen. Herr Barzilai, der „Triestiner", wie er sich ständig nennen läßt, wiewohl seine Wiege nicht in Triest gestanden, müßte nicht schon längst »ach einem neuen Anlasse zur Auswärmung seiner pathetische» Redensarten von den uncrtösten Trentiner» und Triestiner» lechzen, wen» er sich Liesen Zwischenfall hätte entgehen taffen sollen. Er hat sich den» auch schon beeilt, in der italienischen Kammer eine Anfrage Wege» der Auflösung des Triester Gemeinderaths cinzubringen, worin er seinen Zweifel ausvrückt, ob diese Maßregel mit den amtlichen Be ziehungen zwischen Italien und Oesterreich-Ungarn vereinbar sei. Giolitli wird dieser weder sachlich noch rechtlich halt baren Anfrage gegenüber ein um so leichteres Spiel habe», als die gegenwärtige Kammer weder Neigung noch Zeit für irrcdentische Lärmgeschichlen besitzt. Die Pariser werden am 16. d. M. ihren neuen Gc- meinderatk wählen. Es scheint nicht, daß die Masse der Bevölkerung diesem wichtigen Vorgang die nöihige Beachtung widmet, denn von einer Wahlcrregung ist nicht daS Geringste zu bemerken und nur die bunte» Anschlagzettel an den Mauern und Placatsäulcn deuten auf die bevorstehende Ab stimmung. Auch die Zeitungen begnügen sich zumeist mit einer summarischen Auszählung der Bewerber. ES läßt sich daraus entnehmen, daß schwerlich in der Zusammensetzung der städtischen Versammlung eine groß« Veränderung cin- trcten wird. Die jetzigen Stadtväter haben sich rechtzeitig der Unterstützung der zumeist socialistischen und autonomistischen Au»kchüsie, denen sie ihr Mandat v-rdanke», für dessen Er neuerung versichert; die Verbindlichkeiten, die sie eingchen, sind überwiegend politischer Art. Seit langen Jahren haben b-e Pariser sich daran gewöhnt, daß ihr« Vertreter iin Ratbhause die eigentlichen Gemeinde-Angelrgenheiten als Nebensache behandeln und ihre wahre Aufgabe darin scheu, sich als kleines Parlament neben dem großen im PalaiS Bourbon aufzuspielen. Jeder Stadtvater betrachtet sich als künftigen Abgeordneten und hält sich für ver pflichtet, die großen Principienfragen über die kleinen Ge schäfts- und Verwaltungsfragen zu stellen. Die Erweiterung der städtischen Freiheit bleibt taS große Steckenpferd deS GemcinderatbS, und in seinem Bestreben nach ausgedehnteren Befugnissen versäumt er es, von denen, die er schon besitzt, Gebrauch zu machen. Dazu hat die finanzielle Lage der Stadt Paris sich besonders in den letzten 4 Jahren unbe dingt verschlechtert. Aber eS kommt offenoar den Wählern nickt in den Ein», daß eS nur einer Anstrengung ihrerseits bedürfte, um diese Zustände zu ändern, unk Dank der Wabl- entbaltung der gemäßigteren Einwohnerschaft werden die Dinge ohne Zweifel in der alten Weise weiter gehen. Fürst Ferdinand von Bulgarien befindet sich auf der Hochzeitsreise. Er begiebt sich nach Viarreggio und von dort nach Pianero, wo am 20. d. M. seine Vermählung mit der Prinzessin Luise von Parma stattfindet. Der Fürst legt sich, obwohl er von seiner letzten Krankheit wohl schon voll ständig genesen ist, mit Rücksicht auf einen zurückgebliebenen, wenn auch durchaus nicht bedenklichen Sckwachezustand, noch einige Schonung aus und wird deshalb die Fahrt von Wien nach Italien nicht in einem ununterbrochenen Zuge, sondern in kleineren Etappen machen. Sein Gefolge ist ein glänzende». Die meisten Minister, Stambulow an ihrer Spitze, befinden sich darunter, wie bereits gemeldet. In Bulgarien sind nur zwei von ihnen verblieben, der deS Krieges unk keS Unterrichts, welch Letzterer mit der Regentschaft sür die Dauer der Abwesenbeit dcS Fürsten betraut wurde. Daß auch Stambulow die Auslandsreise unternommen Kat, darin er blickt man allgemein den sprechendste» Beweis dafür, daß die Verhältnisse in Bulgarien die denkbar günstig sten sind. Wäre dort auch nur der geringste Anlaß zu Befürchtungen vor irgend welchen Zwischenfällen vorhanden gewesen und würde die öffentliche Stimmung un Fürsicntbuin nickt die vollste Beruhigung gewährt haben, so bäiie Stambu- low gewiß nickt kaS Land für eine längere Zeit verlassen. Von diesem GesichtSpunctc auS bildet die Tbcilnablne des energischen und wackere» Lenker- der bulgarischen Politik an der HochzeitSsabrt deS Fürsten ein bedeutsames und be friedigendes politisches Zeichen. Ti: so erfreuliche Lage in dem von Rußland vervedmten und fortwährend besehtetcn jungen Fürstcntbnm steht im grellsten Gegensatz zur Lage in dem benachbarten ruffcnsrciiiidlichen Königreich Serbien, wo eben jetzt wiederum Alles drunter und drüber geht. In der Umgebung deS Fürsten Ferdinand kann inan denn auch die mit Genugtkuung vorgebrachte» Aeußcrungcn vernehmen, daß man mit vollster Zuversicht der Zukunft entgegensche. Die Herren aus dem Gefolge dcS Fürsten sagen, Bulgarien gebe ruhig seine Wege, eS scstigc sich langsam, aber stetig, daS Volk liebe den Fürsten und freue sich darauf, daß mit der Hcirath deS Herrscher» die Aussichten auf eine Befestigung der Dynastie sich vermehre». Bo» Stambulow beißt cS, er dürste während seiner jetzigen Auslandsreise Gelegenheit erhalten, mit großmäcktlicken Staatsmännern, wenn auch nickt in ossiciellcr Form, in directcn Verkehr zu treten. — Von allgemeinem Interesse ist dasjenige, waS man in Rußland über die Hochzeitsreise dcS bulgarischen Herrschers denkt. Iu dieser Beziehung liegt folgendes Telegramm vor: Petersburg, II. April. In hiesigen RegierungSkreisen wird den Meldunnen über den Empfang deS Fürsten Ferdinand von Bulgarien in Oesterreich mit der größten Spannung ent gegengesehen. Ter überwiegende Theit der Zeitungen spricht nach wie vor seine lieber,zeugung dahin aus, daß das „Aaricnkan- des EoburgerS" und deS Münsters Stambulow sehr bald zusammen- stürzen werde. Nur die ruhig urtheilenden „Peterburgskija Wjedomosti" befurchten, daß, wie auch der Empfang des Fürsten au-falle» inöge, seine Hochzeiisfabrt für Rußland ungünstig sich ge stalten dürfte. Ein nüchterner Beobachter müsse zugcslehen, daß die jetzige bulgarische Regierung fester stehe, denn je, und daß Stambulow dies Wille, beweise seine Reise ins Aus land. Diese Erkenntniß werde sich sehr bald auch in ganz Europa Bahn brechen. Die Unzufriedenheit, welche sich in Montenegro seit mehr als einem Jahre wegen der aus fast allen Gebieten der inneren Verwaltung herrschende» Uebelslände geltend machte und in den verschiedensten Formen Ausdruck fand, scheint an maßgebender Stelle, so lange man sich auch dagtsten sträubte, nunmehr dock, eine tiefere Wirkung bcrvor- geruscn zu haben. Die fortgesetzte» Versuche, die in auS wärtigen, namentlich in serbiichen Blättern veröffentlichten Darstellungen der unerquicklichen Zustände im Fürstenthum als tendenziöse Gehässigkeiten erscheinen z» taffen, konnten begreiflicherweise angesichts der vielfachen unbestreitbaren Symptome der insbesondere in den intelligenteren Kreisen Montenegro- herrschenden tiefen Verstimmung keinerlei Eindruck machen und nock viel weniger im Lande selbst beruhigend wirken. Die Unzufriedenheit ergriff im Gegentbcil immer weitere Kreise der Bevölkerung, »nd auch der dem fürstlichen Hose am nächsten siebenten Persönlichkeiten bemächtigte sich lebhafte Verstimmung. Fürst NicolauS konnte sich auf die Dauer der Erkenntniß nicht verschließen, daß eö nicht länger anginge, sich über die erwähnten Thatsachen einfach hinwegzusctzen. ohne eine weitere Verschlimmerung der Lage hcrbeizusührcn. Er mußte einsebcn, daß die Beseitigung gewisser Uebelstände und die Einfübrung einiger Reformen sich nicht länger hinauSschieben taffe, und entschloß sich endlich, den so nachdrücklich und allgemein auftrctendcn Forderungen wenigstens in einem ge wisse» Maße Rechnung zu tragen. Da die schreiendsten Mißbräuche auf dem Gebiete der Recht-pflege zu Tage «raten, mußle die Reform von diesem Puncte auS ihren Anfang nebmen. Vor Allem wurde die Nolhwendigkeit er kannt. an die Spitze der Justiz eine Autorität ersten Range- zu stellen, und da drängte sich der Gedanke von selbst aus, an de» Schöpfer dcS montenegrinischen CivilgesctzbucheS, Professor Or. Bogischitsch, zu avpelliren. Es ist jedoch erst »ach einer langwierigen Eorrespondenz zwischen Cetinje und Odessa gelungen, den hervorragenden RcchtSlehrer zur Uebernahme dcS ibm zugedachten Ministerium- zu be wegen. vr. Bogischitsch knüpfte a» seine Einwilli gung mehrere Bedingungen, unter denen die wichtigste darin bestand, daß ihm bezüglich der Besetzung der köhercn Nickterstellkn völlige Freiheit gelassen werde. In der Thal lag der Krebsschaden deS montenegrinischen IustizwesenS i» der Zusammensetzung deS sogenannten großen Gerichtes, dessen Mitglieder in keiner Beziehung auf der Hohe ihrer Ausgabe standen, und gegen deren Entscheidungen viele und berechtigte Klagen sich erboben hatten. Dem neuen Iustizminister wurde die Bcsugniß einaeräumt, hier Ordnung zu schaffe». Bogischitsch hat fick überhaupt der Zustimmung deS Fürnen zu dem Plane vergewissert, daS gesammte mon tenegrinische Gerichtswesen nach Tbunlichteit mit den Bedürf nissen unk Lehren der modernen Zeit in Einklang zu bringen. Außer dem Iustizwesen soll aber auch die Verwaltung einer durchgreifenden Umgestaltung unterzogen werden. Deutsche- Reich. .7 Dresden, lv. April. Der Eonservative Verein zu Dresden hielt heute Abend 8 Uhr seine diesjährige Generalversammlung unter dem Vorsitz dcS Reichstags- abgeordneten Or. Mebnert ab. Derselbe erörterte nach dem Vortrag dcS Geschäft-- und CaffcnberichtS und nach der Wahl des Vorstandes die Frage: „Wie sind die Kosten der HeercSvorlage am geeignetsten zu decken?" Redner brachte am Schlüsse seiner mit vielem Beifall aufgenvmmenen Aus führungen folgende Resolution ein, welche einstimmige Annabme fand: „Die productiven Stände sind durch die Steuer- und WirtbschaflS- politik des Reicher so schwer belastet, daß die Heranziehung dieser Clastcn der Bevölkerung zur Deckung der kosten der Heeresvorlage tbunlichst zn vermeiden ist. Dahingegen sind wir der Ansicht, daß die zur Bestreitung der Heeresvorlage erforderlichen Mittel ohne besondere Belastung der hierdurch zu treffenden Perj. nen ausgebracht werden könne: 1) durch Einführung einer erhöhte» Bürsen-Umsatz- Steuer mit der Maßgabe, daß die Zeitgeschäfte a» der Effecten- u»d Waarenbürle weienllich höher zu belasten sind al» die Eassen- geschäste; 2) durch Fcsiietzuiig einer hohen EmissonSsteuer bei Einführung ausländischer Eiterten an deutsche» Börsen; 3) durch Einführung einer Jnseratensteuer, einer Wchrsteuer und einer Steuer sür Schaumweine. Wir sind der Ueberzeugung, daß diese Steuern bei richtiger Veranlagung so viel Erträgnisse geben, daß die »osten der Militairvorlage hierdurch ausreichende Deckung und die Militairvorlage unter Zugrundelegung dieser Steuern Annahme finden wird. ^ Verltn, 10. April. AuS der Milte der badischen Lehrer schaft ist eine beacktenSwerthe Kundgebung zur Frage der Orthographie ergangen. Die Gesammtconscrenz de« LebrercollegiumS der Mannheimer Volksschule bat vor einigen Tagen über diese Angelegenheit verhandelt. Es wurde dabei hervorgcdobcn, daß mehr als ein volles Decennium seit der durch die EultuSministcrien der einzelnen deutschen Staaten erfolgte» amtlichen Einführung der neuen Orthographie in sämmllichen UnlerricktSanstallen deS deutschen Reiche- ver flossen sei unk noch mangele jedweder Erfolg hinsichtlich ihrer Anwendung im praktischen Leben. In den unzähligen Feuillet»!». krimulü vsris. «1 Erzählung von A. Brüning. REwck derSeten. (Fortsetzung.) Die Gelegenheit zur Ausführung ihrer Absicht fand sich schneller, als sie geglaubt. E» war noch am Abend desselben Tage«. DaS Abendbrod, da» wieder auf der Veranda ein genommen worden, war eben beendigt, al» der Hausherr noch in VirthschaftSaoaelegenheiten abgerusen wurde, und Gabriele mit ihrem Gaste sich plötzlich allein sah. Ihr erster Impuls war aufruspringen und — gleichviel, unter welchem Vorwände — Manfred nachzustürzen, aber die Erwägung, daß sie durch wiche Tyorheit sich unfehlbar lächerlich machen würde, hielt sie an ihrem Platze gefesselt. Vergessen war indeß Alle«, wa« sie sich Nachmittag» m der Stille für eine Aussprache zurecht gelegt — gesenkten Auge« saß sie und suchte nach einem un befangenen Wort, da« ihr über die peinliche Situation hinweg beste Ein paar Minuten lang verharrte auck Gert schweigend; sie fühlte deutlich seinen erbarmungslos forschenden Blick. Weidete er sich vielleicht an der stummen Qual, die er in ihren Zügen lesen mußte? Endlich unterbrach seine Stimme die schwüle Pause. „Darf ich Ihnen bis zur Rückkehr Ihres Gemahl- einen Spaziergang durch den Park Vorschlägen, gnädige Frau? DaS Spielen der Mondstrablen dort unten i» dem Gezweig ist sür mich ein langentbehrtcr Anblick und lockt mich mit magischer Gewalt." Er bot ihr, die nicht den Muth zu einer Ablehnung fand, mit einer Verbeugung seinen Ann, auf den sie notbgedrungen, wenn auch mit kaum fühl barem Druck, ihre Neine Hand legte, und sich- willenlos von ihm die Berandastusen hinabfübren ließ. „Außerdem", subr er, an seinem letzten Worte anknüpfend, in demselben leichten Tone fort, „bin ich dem Zufall dankbar, daß er mir die Ge- ezenbeit zu einer Erklärung Ihnen gegenüber bietet, die ich lonft schon selbst berbrizusühren beschlossen batte." Sic mußte sew« Arm, dm sie nur zum Schein angenommen, nun doch wirklich als Stütze benutzen, da die wankenden Füße ihr plötz lich den Dienst zu versagen drohten. „Ich fühle mich nämlich, fuhr er unbeirrt fort, „zu der Versicherung gedrungen, daß ich keine Ahnung davon hatte, Sie al« Herrin von Mallebnen zu finden; sonst würde ich Ihnen meine jedenfalls lästige Gegenwart in keinem Falle ausgedrängt haben. Selbstver ständlich haben Sie nur zu befehlen, ob ich sofort wieder au« Ihrem Gesichtskreis verschwinden soll. Wenn übrigen»", setzte er mit beißendem SarkaSmu« hinzu, „die Ueberraschung für mich heute Morgen eine beabsichtigte war, so will ich Ihnen die Ge- nugtbuung nickt vorruthalten, daß sie vollkommen gelungen ist, indem ich zugleich die Hoffnung anSfprrche, daß sie Ihnen ganz da» Amüsement gewährte, welche« S« sich zweifellos davon versprochen haben." Die ju,-» Frau zückte zusammen, w,e von einem Schlage getroffen, sie hob da« im Moadlicht grister- hast blaffe Antlitz mit stolzer Bewegung empor: ihr tiesgr- sunkener Muth erstarkte an der Größe der ihr zugesügten Kränkung. „Herr von Dalvair", rntgegnete sie, „ick verdiene weder Ihren Spott, noch Ihre Verachtung Was ich gethan unter dem Zwange der furchtbaren Erkenntniß, die mir in jener verbänguißvollen Ballnacht geworden — ich tbat cS in gutem Glauben an die Rothwendigkeit de« durch die heiligsten Pflichten von mir erheischten Opfer« — und in der Ileder- zmgung,daß auch eine Weigerung meinerseits an der Hoffnungs losigkeit meiner eigenen Wünsche nicht« zu ändern vermöchte. Wie ,ch gelitten unter der Entscheidung, die ich treffen mußte — davon will ich schweigen. Ich meine, da« bedarf wobt keiner Versicherung, und mich dünkt, Sie handeln wenig groß müthig und ritterlich an mir, wenn Sie meiner Entsagung mit Hohn begegnen." Gert wehrte sich gewaltsam gegen den Eindruck, den ihre Worte wider Willen aus ihn machten; die schlickte und doch boheitSvolle Würde, mit der da« junge Weib den unritterlichen Angriff, zu dem er sich in dem Ge fühle eine« Verschmähten hatte hinreißen lassen, zurückwie«, überraschte ihn, reizte aber den verbitterten Mann noch mehr. Er lachte kurz und Kart auf und rntgegnete mit schneidender Schärfe: „Ich mache Ihnen mein Complimcnt, gnädige Frau, über ihre geschickte Taktik, die von der Bertbeidigung gleich zum Angriff übergeht! Schade nur, daß Eine« so wenig stich haltig wie da« Andere. Sie schalten mich ungroßmüthig, weil ich meine Rolle in dem tollen Fastnachtsspiele, da» Sie und daS Schicksal mit mir aufzusühren beliebten, nicht Ihren Er wartungen gemäß spiele — ich bin aber nicht der Mann, die Hand zu küssen, die mir rücksichtslos einen tödtlicke» Streich versetzt ; wenn Sie da« geglaubt haben, so sind Sie in Idrer Täuschung befangen gewesen, für die ich nicht verantwortlich bin. DaS meine Erwiderung aus Ihren Angriff. WaS nun die Vertheidigung betrifft, so sind Sie wobt selbst nicht so naiv, zu glauben, mich durch den Hinweis entwaffnen zu können, daß Ihnen DaS, waS sie mir angetban, nickt ganz leicht geworden sei. Wa- will der kurze und jedenfalls schnell erstickte Kampf, Len Ihnen Ihr sogenanntes Opfer gekostet, bedeuten, im Vergleich zu dem vernichtenden Schlag, der msr — dem Ausgcopferten — dadurch versetzt worden ist, gerade in dem Augenblick, wo ich den Gipfel des Glücks erreicht zu haben wähnte? Bin ich ein Hund, de» man je nach Laune anlocken und bei Seite schieben darf? .„Kein Wort mehr, Herr von Waldau! Wen» Ihnen daS Derstänvniß der Kindesliebe und der Muth de» Opfer« fehlt, so klagen Sie wenigsten» nicht Jene an, die sich glücklich preiset, beide zu besitze». Im klebrigen werde ich nunmehr schweigen, wie eS mir die Achtung vor meinem Vater, vor mir selbst und meinem Gatten" — sie sprach cS mit starker Betonung — „gebietet." Bitter lächelnd, rntgegnete der Ofsicier: „Sie erinnern mich zu rechter Zeit daran, daß ich eS meinem Freunde Manfred schuldig bin, diese Unterredung zu beenden. Es war auch nicht meine Absicht, dergleichen aufzurübren, mein Zweck, den ich zu meinem Bedauern momentan auS dem Auge ver loren, war nur. Sie zu versichern, daß ich in Unwissenheit hier hergekommen und zu sofortiger Selbstvcrbannung bereit bin." Er hatte seine Fassung vollständig wiekeraesunden. Ton und Haltung waren wieder kavaliermäßig höflich und kühl wie zuvor. Gabriele erwiderte mit gleicher Rübe: „Mir bleibt noch zu sagen, daß auch ich, obwohl ich natürlich von meinem Gatten über seine Beziehungen zu Ihnen unterrichtet war, diese» Wiedersehen nicht zu verhindern vermocht, da ick — und zwar ist die» die einzige Schuld, die ick anerkenne — auS einer gewissen moralifchen Feigheit eS Unterlasten habe, ibn rechtzeitig über die Vergangenheit aufzuklären. Wie die Sachen liegen, war cs dazu jetzt zu spät, und somit fehlte mir jeder Grund, Ihren Besuch abzulehncn. Seien sie über zeugt, daß ich gern Alle« aufgebote» haben würde. Ihnen dies Wiedersehen zu ersparen, aber um meines Gatte» willen mußte ick eS zulasten, und ebenso darf ich auch um seinetwillen Ihr Anerbieten, Mallehnen zu verlassen, nickt annehmcn, vielmehr muß ich Sie dringend bitten. Ihren Aufenthalt hier in keiner Weise abzukürzen. WaS sollte Manfred, der sich so innig auf Ihr Kommen erfreut hat, davon denken? Um seinetwillen, der ja auch Ihnen so nahe siebt, bosse ich, wird Ihnen da« Opfer, daS ich von Ihnen heischen muß, leicht werken." Er kämpfte mit einer neu ausquellendcn, zornigen Bitter keit. Sie bat ihn, zu bleiben — wie sicher, wie ruhig mußte sic sich also ibm gegenüber fühlen! An ibn. an die Gefahr, daß ein längeres Beisammensein den so schwer und mühsam nicdcrgekämpften Sturm in seiner Brust ausS Neue auswüylen könne, schien sic nicht zu denken, oder vielleicht war sie auch gleichgillig dagegen. Wenn nur ihrem Gemahl Alle» fernblieb, waS seinen Frieden gefährden könnte — das schien der Angel- punct zu sein, um den einzig ihre Gedanken sich drehten. Wie mußte sie den ernsten Mann lieben gelernt haben, um solch zärtliche Sorge sür sein Wobl zu empfinden, dachte er und batte Mühe, die häßliche Empfindung zu verscheuche», die dabei gegen seine» Wobllhäler in ibm aussteigen wollte. Ihre abermalige Bitte zwang ihn, sich seinen Gedanken zu entreißen. „Sie wünschen, daß ick bleibe, woblan! Ihr Wunsch ist mir selbstverständlich Befehl!" entgegnetc er, sich leicht verbeugend. „Ich tanke Ihnen. — Noch Ein«"; sie senkte daS Antlitz, daS sich mit leichter Röthc bedeckte — — „mein Gemahl darf um seiner Ruhe willen nicht- von der Vergangenheit erfahren — ich hoffe nicht vergeben- an Ihre Ritterlichkeit zu appelliren, wenn ich Sie ibm gegenüber um unverbrüchliche DiScretio» bitte." Er lächelte bitter. „Gnädige Frau dürfen in diese», Puncte ganz ruhig sein. Mein Wort zum Pfände!" entgegnetc er mit einer abermaligen Verbeugung. Der Laubgang, in dem sie sich betanken, machte hier eine scharfe Biegung. Als sic dieselbe umschritten, kam ihnen der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite