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MMcht Gleitung. Amts- und Anzeigeblatt für das Kümgl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Poswnstaltcn, sowie durch die Erpedition dieses VlattcS für IN Ngr. viertel, jährlich zu beziehen. - Inserate siir das MitlwochSblait werden bis Dienstag früh » Uhr, für das SonnabendSblait spätestens bis Freitag früh N Uhr er- beten. - Preis für die einmal gespaltene öorpnSzeilc oder deren Naum l Ngr. - AuöwartS werde« Inserate für die Elbzeitnng angenommen in Hohnstein bei Herrn Hesse, in Dresden und Leipzig in den Annonccn-Dureaur der Herren W. Saalbach, Nud. Mosse und Haascnstclu ck Vogler. 48. 1874. Schandau, Mittwoch, den 17. Juni sich dieser Tage die Erörterung der gegenwärtigen politischen Luge der „czcchischcn Nation" ans der Tagesordnung. Einige Elnbmitglicdcr intcrpcllirten den Obmann, vr. Niegcr, er möge doch sagen, was er selbst von dieser Lage nrthcile, was er zu thlin gedenke und worin denn eigentlich sein politischer Plan bestehe. Daranf crwicdcrtc Nr. Rieger: „Meine Herren! Die politische Lage unserer Nation ist schr traurig; ja ich gestehe, sie ist trauriger, als sic cö jemals war. Nachdem auch die coufessionellcn Ge setze die allerhöchste Sauctivu erhalten haben, was ich niemals erwartet hätte, weiß ich in der That nicht mehr, was zn thnn. Die europäische Politik ver spricht keine baldige Acudernug; meine einzige Hoff- nnng ist noch daS Jahr 1877, in welchem bekannt lich der zehnjährige Ausgleich mit Ungarn in finan zieller Beziehung zu Ende geht. Ein Ausgleich auf eine weitere Reihe vou Jahren kann in Folge dcr untergeordneten Finanzlage Ungarns sich verwickeln; Ungarn wird vou EiSlcithauieu Couzessioueu ver lange!! mässen, in welche dieses nicht wird cinwilligcn wollen, nnd da Eiölcithanicn zur Erhaltung des Gleich gewichtes einer Stütze bedürfen wird, wird cü zum Ausgleich mit den ezechischeu Ländern genöthigt sein. Also drei Jahre, meine Herren, werden wir auf jeden Fall noch anSharren müssen." Hierauf fragten Meh rere, waü denn daun geschehen werde, wenn die Er wartungen Nicgcr'S nicht in Erfüllung gehen, weil die Deutschen sowie die Magyaren als Feinde der ezechischeu Nation niemals zn deren Hebung, sondern nur zur Unterdrückung derselben sich vereinigen wür den. Da erhob sich Ur. Rieger nnd sagte: „Daun, meine Herren, dann weis; ich in der That weder Hilfe mehr noch Rath. Dann gestehe ich, daß un sere Bahn eine verfehlte war nnd ich trete ganz und gar von der Politischen Arena znrück. In der Schweiz geht der AltkatholiziSmnö gut vorwärts. Porigen Sonntag tagte in Bern eine De- legirteuvcrsnmmlung der liberalen Katholikenvcreinc, um für Organisation der altkatholischcn Kirche zn sorgen. Aus Italien liegen Meldungen von Belang nicht vor. Der Papst ist wieder gesund, wenigstens soweit, daß er Audienzen crthcilcn kann. Die Znstände in Frankreich werden immer toller; ast möchte man glauben, das Land stehe an einem abermaligen Wendepunkte seiner Geschicke. Die maß- osen Angriffe Gambettas gegen die Bonapartisteu in der Nationalversammlung sind von diesen durch gemeine Holzerei ans dem Versailler Bahnhof, durch Stockschlüge des Grafen Samte Eroir gegen Gambetta beantwortet worden. Der edle Graf ist wegen dieser Unbill zn sechsmonatlicher Gefünguißstrafe sowie in eine Geldbuße vou 200 Franks nud iu die Kosten vcrnrtheilt worden. Aber was will das sagen? Die Thatsachc selbst, daß sich die Vertreter der französi schen Nation wie gemeine Gassenbuben schimpfen nnd mit Stöcken durchprügcln, ist so nngehcncrlich, daß cü nnS znr richtigen Bezeichnung solcher Vorgänge an Worten gebricht. So weit also ist es schon gekom men, daß in der Republik die Republikauer vou den Bonapartisteu öffentlich geprügelt werden, weil sic an Sedan nnd Elsaß-Lothringen erinnern. Darin bestand nämlich Gambettas Vergehen. Und nun höre man erst die pöbelhafte Sprache der bonapartistischcn Blät ter! Im „Pays" überschüttet der Raufbold Paul dc Eassaguae den durchgeprügelteu Gambetta mit den Ehrentiteln: „Trunkenbold, Memme, Spitzbnbe, Gau ner, Weinganch." Ist cü nicht zn verwundern, sagt Eassagnnc weiter, daß man Gambetta nicht einen Fuß tritt iu jcueu Theil seines Körpers gegeben hat, den er während der LaudcSvcrtheidiguug so oft dem Feinde gezeigt? — Wahrhaftig, cS ekelt uns an, diese Ge meinheiten weiter zn verfolgen; cö ckclt unö um so mchr au, als alle diese Spektakelsceucn nur darauf berechnet sind, die Aufmerksamkeit der Welt über das jenige zu täuschen, was in Frankreich hinter den Cou- lisseu vorgcht. Davon ein ander Mal. Auf dem spanischen Kriegsschauplätze vollziehen sich gegenwärtig nur große Märsche als Vorbereitung für blutige Kämpfe. Im Osten haben die Ncgicr- ungStruppcn einige Vorthcilc errungen. Der Ausfall der jüngsten Wahlen iu Belgien kauu für de» Aufaug einer sich vollziehenden Gesiuu- nngSändernng im Volke angesehen werden. Die Kle rikalen sind darüber wenig erbant, denn der Wnrm nagt an der Wurzel ihrer Herrschaft. Jahrzehnt noch keine goldenen Berge und wahrschein lich geht mehr noch als ein Menschenalter darüber hin, ehe man wird sagen können: „Dem Deutschen ist seine Zeituugölcetüre so unentbehrlich, wie seine Mahlzeiten; beide verschlingt er mit gleicher Gier/ Die neuesten Vorgänge in Preußen zeigen, da die Negierung mit der Anwendung der neuen Mai gcsctzc scharf nnd energisch vorgcht. Beschlagnahme des Vermögens der Diöeesc Posen nud Guescu, Ein sctzuug einer weltlichen Verwaltung, Aufforderung an das Domeapitel, an Stelle des dnrch Nichtcrsprncl abgcsetztcn Erzbischofs Lcdochowöki einen Bisthnmö- vcrwcscr zn ernennen — das sind die schneidigen Maßregeln, dnrch welche cS dem renitenten Klerus von Neuem zum Bewußtsein gebracht wird, daß der Staat in der Ausführung und Anwendung der Gc sctzc kein Zaudern noch Zögern kennt. Die Führer der katholische» Bewegung können sich jetzt der Tänsch- nng nicht mehr hingcbcn, daß ein Znrückwcichcn der staatlichen Mächte irgendwie zn erwarten oder anch »nr möglich sei. In Oesterreich feiert die hohe Politik bereits ihre Ferien und die Zcitmigcn beschränken sich auf Conjccturcn, um nur ihre Spalten zu füllen. Bc- merkenSwcrth ist jedoch ein Vorgang im Lager der Czechcn. Im altezechischen Elnb zu Prag stand näm- Dic neueste „Gegenwart" bringt in dieser Bc- zichnng eine sehr interessante Betrachtung, der wir nachfolgende Sätze entnehmen. Es gicbt kanm ein andere« Kulturvolk, sagt der Verfasser, welches so viel schreibt und so wenig liest, als das deutsche. Jede Nation hat bekanntlich ihre höher begabte Minorität, die der großen Masse des Volkes ans den Pfaden der Kultur vorauschreitct; eine Minorität, welche die Majorität belehrt, aufcncrt und den Fortschritt der Gesellschaft hcrvorbringt. Diese Minorität ist in Deutschland eine ungewöhnlich große, Dank der vor trefflichen BildungSanstaltcn. Allein die große Masse des Volkes steht von ihr geistig zu weit ab, Dau der mangelhaften Volksschule nud der socialeu wie politischen Schranken, denen daS öffentliche Leben bei nnS bisher unterworfen war. In Nordamerika bil det die Presse einen der wichtigsten Faktoren im Fa milien- nnd Staatsleben. Während die periodische Presse in ganz Deutschland cö bis heute mir auf un gefähr 2500 Jonrnale gebracht hat, besaßen die nord- amerikanischen Freistaaten schon im Jahre 1870 nicht weniger als 5858 verschiedene Blätter. Seit jener Zeit aber hat sich die Zahl derselben ans weit über 8000 gehoben. DaS entscheidende Moment in der Entwickelung der Presse bildet die Quantität der Leser. Nnn gicbt cö abcr kein Volk der Erde, das so fleißig liest, als das amerikanische. Der Ausspruch eiucö Engländers hat seine volle Berechtigung: „dem Amerikaner ist seine ZcitungSlectürc so unentbehrlich, wie seine Mahlzeiten; beide verschlingt er mit gleicher Gier." Wie kommt Amerika zu der Erscheinung? Wohl in erster Linie nm deswillen, weil in den vereinigten Staaten die freie Presse vollkommen so alt ist, wie daS Princip der Selbstverwaltung. Freies Staatswesen und freie Presse gingen Hand iu Haud aus Werk, um jene mächtige Union zn gründen, in welcher Knltnr nnd freiheitliche Entwickelung so StanncnöwcrtheS geleistet haben. Wie abcr eine frcic Selbstverwaltung nicht ohne freie Presse bestehen kann, so die freie Presse nicht ohne diese. In einem despotisch regierten Staate kann die Kunst recht gnt eine vorübergehende Blüthe- zcit erlangen, also anch die schöne Literatur; allem die Presse in ihrer Allgemeinheit und namentlich der politische Theil derselben fristet anch unter dem duld samsten Despoten nnr ein kümmerliches Dasein. Die Nutzanwendung ans deutsche Verhältnisse cr- gicbt sich von selbst. Seit wenig Jahren erst bilden wir Deutsche ciu Reich, ciuc geeinte Nation. Das Princip dcr Selbstverwaltung soll namentlich bei nns in Sachsen erst am 1. Oct. d. I. mit Einführung dcr Vchördcn-Organisation eine thatsächlichc Anwen dung erhalten. Unser Schulunterricht war bisher ein ziemlich formaler, dem vor Allem die nationale Seite fehlte. Allein die veränderten Zeitverhältnisse lassen anch eine Acndcruug dieser Znstände erwarten. Dnrch die Einigung Deutschlands, dnrch eine'Reihe wichtiger Gesetze hat die deutsche Presse ciucu fruchtbareren Boden gefunden nnd sic wird hoffentlich nach Ein führung des Ncichöprcßgcsctzcö immer mchr an Terrain gewinnen. Freilich versprechen wir nns vom nächsten i Politische Weltschau. O Am 1. künftigen Monats tritt daö ncn Ncichöprcßgcsctz in Kraft. Wir wissen recht gnt, da wir dem Leser keinen Gefallen thnn, wollten wir hie auf die Bestimmungen desselben näher ciugehcn. Von hmidcrt Lesern denken doch ncnnnndncnnzig: Was geht uns das Prcßgcsctz an, das ist lediglich Sache dcr Zcitnngöschreibcr! So allgemein diese Anschauung im Pnblikum sein mag, ebenso falsch ist sic; dcnn mit dcr Zuknnft der deutschen Presse hängt innig die Zu kunft des deutschen Volkes zusammen. Tagesgeschichte. Sachsen. Unser Schandau ist bis jetzt noch weniger von Fremden besucht wie im vergangenen Jahre, noch manche Wohnnng steht leer, die sonst längst schon grvßstadtmüdc, waldlnftbedürftigc Insassen hatte. Zwei Kämpfer von verschiedenen Feldern weilen hier, General von RheinSbabcn, dcr bci Mars la Tonr die Franzosen schlug nud dafür ciucu Orden erhielt und Or. Paul Lindan, dcr von Schandau auö die Leip ziger schlug uud dafür keinen Orden erhielt. So ver schieden sind die Erfolge des Stahls — des Degens nnd dcr Fcdcr. Am vergangenem Freitag bcsuchtcu ca. 40 Abgeordnete dcr 11. Kammer den EdmuudS- grund, nahmen im Laufe des Nachmittags hier im Hotel zum Forsthauö ciu Diner ein nnd fuhren, uach- cm sich der größte Theil ans nnscrn näher gelegenen Promenaden ergangen hatte, Abend '/^9 nach Dresden »rück. Die Bndecapcllc conccrtirtc. — Am vergangenen Sonntag Nachmittag fand Seiten dcr hiesigen Cnrcapclle das erste Conccrt im erweiterten Schützenhanösanlc statt, welches unter dcr Dircetion des Hrn. Schildbach in allen Theilen so vortrefflich cxccntirt wurde, daß cs den Anwcseudcu ciucu wirklich wahren Genuß bot; auch konnte mau hier- >ci zugleich die Wahrnehmung machen, wie vorzüglich ich jetzt dieser Saal in Folge seiner Bauart zn Cou- :crteu eignet. Nnr bleibt cs zu bedauern, daß dcr Be nch dieser Conecrtc immer nnr ein sehr mäßiger ist nnd )ie rastlosen Bestrebungen des Hrn. Schildbach im Allgemeinen nicht mehr unterstützt werden, wodurch cs nur möglich wird, anch für die Zukunft ein gntcö MnsikcvrpS zu behalten, was doch für einen Badeort ;öchst wüuschcuSwerth ist. -P Dresden, l4. Juni. Nnn sind anch bci nns