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61. Jahrgang, AS 74. Gonnabend, 17. MSrz 1917. Drahtanschrift: Nachrichte» »resden. Aernsprecher-Sanimelnummer: LSLLL. Nur für Nachtgespräch«: »0011. Hsg^LrrrSeL A8S« >W»>«»»«»Uhr »I»iNi>ihrIlch tn Dr«»»«, »et pvelmdi,»« Zukagun« <»n Sonn- und Mimta-ni nur »tn- «M »,« M., »n d«n »«rvrten »,»0 M. »«t einmal,»r Zultellun, durch die Post ».w M. (ohne Bestellgeld». »NgOt.««,.Preis«. Dl, ,InIa»ItI,e Zelle <ri»« » Tilden» s» Ps„ vorMgerlittze und »neigen tn Nummern «Ich «oie»> und F»l«rte>g«n imiI Tartf.—»unoOrtigeNuflrlge nur gegen vorauodePrhIung. — »elegdlitt 10 Pf. Schriftlettnnft und HauptgeschSstrM«: Marienstrahe 38 4V. Druck u. Verlag von Liepsch » Rclchardt in Drude». Nichdruck nur ml« deuMcher Quellnmn,»d« (.Dieodnrr Ilechr.'» ^uILlfig. — Unoerlong«, Schrtftftacke werden nicht oufdewohit. PMtiMkWM in L»«n chrtan unet ^raislsxvn kür Sedule unck tlnu». Id««wl IdlMinI König!, llolilderoni, Lllkl klllUl» W-.II-1r-.ae 2S. Konkclrt.-Abteil. ^crctiiumctplLst:. Lcickenbru; praxer Straste 14. stüknerauaen. fiomkaui wcrcicn in vvemLcii I.i>-en bcseiiiot ciurcli Iso» opNnnten. llequem in cler ^nvveintimx-, »nübertiosscii in cier V^irlknno. Ksiinn !>i» psennixfe init "tuiauer /^nweisuiij-. Vorsanck nscli auswärts als dluster till ttleunige. lrclit mit XVappcninsrke. Rottven-^pntl»«lck«. Nro!,(len. ^Itinarkt. Hil de» ragt llcii >n,»u M., >cue »rat wer »u hkti. ?,rv. i.ss, ^77. N«I. Lien Uten ?.«. ?.vv, LL' ,«i. ,2ö. La» Februar-Krgebnis des Uutersrekrieges: MM Tonnen 8«rgrsamt ISS Handelsschiffe dersentt. — ünfichere Haltung der rusfischen MIlitSrr. — Pliiuderungen iu Petersburg. Dar ungewisse Schicksal de» Zaren. — Ae Ralle de» SroWrsten Rllolal. — 2er englische Balschasler Buchanan ermordet? Dar Sebruarergrbui» de» Nuterseekrlegrr. Berlin. 18. MLrz. l-lmtlich.f Im Monat Februar sind insgesamt SÜ8 Handclsschissemit 781 Svv Bruttoregistertonuen infolge kriegerischer Maß- nahmen der Mittelmächte verloren gegangen. Davon sind SSL feindliche Schiffe mit «14000 «rnttoregistcr- tonne« und 76 »e»trale Schi sfe mit 1S7 5V0 Brutto» registertonnen. Bon den nentralen Schiffen sind 81 Schiffe durch Unter seeboote versenkt worden» also 18,5 Prozent des Gesamt ergebnisses im Februar, gegenüber 20 Prozent neutrale« Verlustes im Durchschnitt -er letzte» vier Monate. sW. T. B.f Der Chef des AdmiralstabS der Marine. -er deutsche Abeudbrricht. Berliu. 18. März 1917, ab-n-S. tAmtlich. W. T. B Im W«strn «uv Olten nur vereinzelt lebhaftere G.scchtstätigkeit. - ^ Lefterreichisch-unsarifcher Krieg,bericht. Wie«. Amtlich wird verlautbart de« 18. März 1917: vesttlcher Kriegsschauplatz. Nichts zu melden. Italienischer Kriegsschauplatz. Gestern abend stand der Raum von Kostanjcvica unter stärkerem Gcschtttzfeuer. Ein darauf folgender An griff der Italiener wurde vor der Ortschaft abgeschlagen. I« Sgr st-Abschnitt herrschte rege Flicgertätigkeit. Aa der Tiroler Front beschossen weittragende feindlich« Geschütze Arso «nd Billa Lagarina. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Am Ochrida- «nd Prespa-See Geschützkampf und vereinzelte Feindvorstötze, die vereitelt wurde«. Der Stellvertreter des Chefs des SeneralstabeS: lW. T. v.s ». Höser. Keldmarschall-Lcntnant. Buchanan» letzter Trumps. Allmählich läßt sich ein deutlicheres Bild gewinnen vvn den Kräften, die die Umwälzung in Petersburgs fast kann man schon sagen in ganz Rußland, hcrbcigcführt haben. Der BollziehungSauSschutz der Duma steht unter dem Vorsitz von Rodzlanko. Der Name bedeutet ein Pro gramm. Rodziänko war als Dumapräsidcnt einer der Hauptführcr des liberalen Blocks, er war die tonangebende Persönlichkeit bet den englisch-russischen Vcrbrüdcrungs- festcn, die Buchanan gelegentlich inszeniert hat, wenn er auf die russische Regierung einen Druck anSzuübcn wünschte. Rodziänko und Miljukow waren als Häupt linge des liberalen Blocks, der Sic fortschrittlichen Natio nalisten, das Zentrum, die Oktobristcn und die Kadetten umfaßte, die stärksten Stützen der englischen Macht in Rußland. Von d'cm Block getrennt haben sich vor noch nicht allzu langer Zeit die Progrcssistcn, ohne freilich alle Brücken abzubrcchcn. Diesen Parteien, die weitaus die Mehrheit in der Duma bildeten und sämtlich vvn der eng lischen Botschaft aus gelenkt werden konnten, stand i» erster Linie gegenüber die Gruppe der Rechten. Männer vvm Schlage Golizyns, Prvtvpopows und Stürmers. Sie war in der letzten Zeit nicht mehr so fest gewesen wie früher. Es hatten sich in ihr neue Gruppen gebildet mit Prvgrammen von verhältnismäßig liberalem Charakter. Man schien auf der Rechten zu fühlen, daß der alte Kurs nicht mehr ciiigehalten werden konnte, schien sich der Ohn macht gegenüber den Leuten Miljukows bewußt zu wer den. Nicht wenig zur Schwächung dieser Parteien hat der englische Botschafter beigckragcn durch eine Propaganda, die zwar von seiten des Vertreters einer fremden Macht unerhört, dafür aber — und das ist in der Politik innüer noch das Entscheidende — so erfolgreich war, wie man cs sich in London nur wünschen konnte. Tie jetzige Revolu tion hat cs bewiesen. Rodziänko als Präsident des Voll zugsausschusses der Duma — das ist ebenso gut und noch besser, als wenn Herr Buchanan selbst die Führung der Geschäfte in die Hand genommen hätte. Der Schlag hätte schwerlich gelingen können, wenn sich der Block nicht auch -cs äußersten linken Flügels der Duma versichert hätte, der Vertreter der Arbeiter und Bauern. Die Partei ist im Taurischcn Palast zahlenmäßig schwach vertreten, hinter ihr steht aber die große Masse der Arbeiter in den Groß städten, d. h. desjenigen Bolkstcilcs, der unter dem Kriege am schwersten zu leiden hatte, und der schon immer für die Negierung eine unmittelbar drohende Gefahr gebildet hat. Ans diesen Massen heraus ist der erste Anstoß zur Umwälzung erfolgt. Sic gegen die Regierung in Be wegung zu setzen, war angesichts der Bcrsorgnngsschmierig- kcttcn, dxren HZirkung durch ein recht merkwürdiges Ver- tetzsstnstsMem offenbar noch stark gesteigert worden ist. nicht'schwer. p ; ' Es laßt sich ziemlich genau seststcllcn, wie die Vtzt- ciuigung der gesamten Dumapartcicn gegen den rechten Flügel und die Negierung zustande gekommen ist. Schon am 30. Januar wußte die ,/Lcmschtschina" über Beratungen von Kadetten, Sozialdemokraten und anderen Vertretern der „aktiven revolutionären Tätigkeit" bei dein Progres- sistcn-Führcr Konowalow zu berichten. Konowalow soll damals, d. h. zu der Zeit, wo die Einberufung der Duma, die ursprünglich auf Ende Januar angcsetzt war, durch die Regierung um eine» Monat hinausgcschobcn wurde, ge äußert haben, daß „die Zeit gekommen sei, von Worten zur Tat übcrzugchcn. ohne sich vor Ungesetzlichkeiten zu fürchten." Der Weg der Gesetzlosigkeit sei der einzig sichere Weg zur Einführung der „Rechtsordnung". Man beachte, daß diese Worte Ende Januar gesprochen morden sind, und zwar auf einer Versammlung der Vertreter aller russischen Parteien, mit Ausnahme des verhältnismäßig kleinen und innerlich zum Teil brüchigen rechten Flügels. So also war die Stimmung, als die Dnma Ende Februar wieder zusammentrat. Wie angesichts dieser Geistesver fassung der Duma, angesichts Ser immer drückender wer denden LcbcnSmtttelnot und der daraus entspringenden .Empörung, die Nachricht von der abermaligen Heim se,rdung der Volksvertreter (bis zum April ,^>der später"!!, von denen man alles Heil erwartet hatte, wirken mußte, war leicht abzusehcn. Golizyn und Protvpvpow haben sich offenbar Wer die Groyc der revolutionären Kräfte, die von England entfesselt worden waren, getäuscht. Ter Minister des Innern, der in englischen Blättern schon lange als ein Mann hingcsteltt wurde, der sein Vaterland a» Deutschland verraten »volle, hat diesen Irrtum vielleicht mit domLcben bezahlen müssen. Das wäre ein tragischesEndc für einen Man», der zu den stärkstes: Persönlichkeiten des heutigen Rußland gehörte und weder der Deutschenfreund, noch der finstere Reaktionär war, als den man ihn hin gestellt hat. Er war auch Reformen durchaus nicht abge neigt, »vic ein vvn ihm auf Grund vvn Ideen Wittes ent worfenes Nrformprvgramm beweist. Er erstrebte eine freiheitlichere Entwicklung Rußlands, war aber der Mei nung, -aß die Vorbedingung für eine solche Umwandlung eine starkeRcgieruiigsgcwalt sei, und vertrat auch den Stand punkt, daß sie nicht vvn der allen fremden Einslüsscn so leicht zugänglichen Dnma, sondern von der Negierung ausgehen müsse. Daher seine Absicht und sein Bestreben, ohne Duma und RcichSrat zu regiere». Er hat damit Schiffbruch ge litten, nicht nur, weil die Duma und mit ihr der englische Einfluß schon zu mächtig geworden waren, sondern auch ans den, Grunde, weil er beim Oberhaupt der Regierung und in deren Sphären nicht den nötigen Rückhalt fand. Englands Macht in Rußland reicht nicht nur in die Tiefe, sondern auch ivcit hinauf in die Höhe». Buchanan hatte nicht nur Miljukow auf seiner Seite, er ivar sich auch der Großfürsten sicher, und verstand es schließlich, selbst Sen Zaren matt zu setzen. Schon seit langem hatte man Niko laus II. mit einer Garde von französischen und englischen Generalen umgebe», in deren Händen der Beherrscher aller Reuße» offen-bar weiches Wachs gewesen ist. Auch der Einfluß des Großfürsten Nikolai, der ja schon seit einiger Zeit aus der Verbannung befreit und wieder'in Gnaden ausgenommen worden ist. dürste sich in dieser Richtung geltend gemacht haben. Der Zar hat das Zepter aus der Hand gelegt, seine Minister sind gcsangcngesctzt, einer von ihnen und der frühere Ministerpräsident Stürmer sollen ermordet worden sein. Kronstadt, Moskau, Kasan, Charkow und Odessa haben sich der Revolution angcschlosscn. Andere Städte dürften folgen. Wir haben also in Rußland einen Zustand, wie in Frankreich nach der Beseitigung Ludwigs XVI. In Eng land hofft man offenbar, die russische Revolution werde die- selbe» Kräfte nach außen srcimachen, wie cs Frankreich im Zeitalter der großen Revolution möglich gewesen ist. Fran zösische Zeitungen sprechen denn auch davon, daß der Ver lauf des Krieges durch die Revolution nicht beeinflußt werde, da das Volk und die Volksverlreinng darin einig seien, den Kriea bis zum siegreichen Ende durchzuführcn. Wie ivcit diese Ansicht zutrifst, läßt sich im einzelnen nicht beurteilen. Es liegen aber bemerkenswerte Anzeichen dafür vor. daß gerade die Massen vvn einem endlosen Kriege "nichts wissen »vollen. Ob sic durch die Aussicht auf ein liberales Regiment oder dnrch die Furcht vor der Rückkehr einer reaktionären Herrschaft im Falle eines vorzeitigen Friedens von neuem in eine kricgswütige Stimmung hiu- cingcpcitscht werden können, hängt vor allem von der Lösung der Vcrsvrgungssrage ab. Sic wird auch bestimmend sein für die Haltung des Feldheeres, das an sich gewiß das ge ringste Interesse daran haben durfte, solange in den Schützciigröbcn zu liege», bis England einen seinen Wün schen entsprechenden Friede» erhalten kann. Herr Ruchanan und sein Auftraggeber Lloyd George, der jetzt einige der Fähigkeiten beweist, die ihm seine Landsteuie zutrauen, spielen ein hohes Spiel. Sic haben gewissermaßen alles auf die Karte der Duma und ihres Exekutiv-Ausschusses gesetzt. Gelingt cs diesem nicht, wenigstens die Hoffnungen zu rechtfertigen, die die Masse des russischen Volkes im Hinblick auf die NahrungSmittclvcrsorguug auf ihn gesetzt hat. dann wird sich Herr Rodziänko und mit ihm Buchanan und Lloyd George in die Nolle des Zauberlehrlings versetzt sehen, der die Geister, die er rief, nicht wieder lvswcrdcn konnte. Dann wird die Revolution nicht da aufhürcn, wo ihr die Herren Miljukow und sein Anhang ein Ziel ^n setzen gedenken. Revolutionäre Bewegungen sind bisher immer noch wcitcrgegangen, als ihre Anstifter cs beabsich tigt haben — es sei denn, daß sich ein Napoleon findet, der sic zu meistern und die wilden Wogen wieder einzudäm- me» weiß. Für den Augenblick freilich sind Hemmungen vor handen, für den Augenblick dürste die Morgenröte der Frei- heit, die Herr Buchanan am russischen Himmel heraufzii- zaubcr» wubic, besänftigend wirken. Was weiter geschieh!, muß die Zukunft lehren. Soviel aber läßt sich wohl heute schon sagen, daß Rußlands Macht im Felde durch die ge waltige Umwälzung, die sich hinter der Front vollzogen hat, kaum vermehrt worden sein dürfte. Der Krieg dauert schon zu lange, als daß solche gcwaltige Bewegungen hintei: der Front spurlos vorübcrgchen könnten. Sei dem aber, wie ibm wolle, »v i r haben nie ans eine russisärc Revolution als Hilfsaktion für Deutschland gerechnet, und haben cs nie nötig gehabt. Insofern befinden »vir unS immerhin in einer besseren Lage als England, das jetzt als den vielleicht letzten Trumpf das unterirdische Rußland für sich auszn- spiclcn sucht. Wir sind uns unserer eigenen Kraft bewußt, sind uns bewußt, daß »vir durch sic den Frieden erringe» »nd erzwingen können un-d werden, den wir brauchen. Die verworrene Lage in Rntzland. I'. Von der russischen Grenze erhält der Stockholmer Korrespondent des „Lok.-Anz." eingehende Nachrichten über die gegenwärtige Lage i» Petersburg. Danach ist der russi sche revolutionäre Ausschuß keineswegs Herr der Lage, die Haltung des Militärs gilt als gänzlich ungewiß. Ungehindert finden in allen Vororten und im Stadtinncrn wildeste P l ü n d c r u >l g c n statt. Die ruhige Bevölkerung ist gänzlich cingcschüchtcrt. Die Lebensmittel werden bald gänzlich ausgcbraucht sein. D c r H u n g c r st e h t v o r d c r Tür. Unterdessen schwelgen die Schreier in Worten. Dir. iiinerpvlttischc Zensur ist abgeschasst. Auf den Straßen treten Vvlksrcdiicr auf. die die verwirrtestcn politischen Programme verkünde». Man behauptet mit größter Hnil- näckiglcit. daß die Duma zuiammcuüctrctcu sei. um di«