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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung fiir die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Nr 217 91. Jahrgang Montag, den 18. September 1939 Sowjeteinnmsch in Polen Der Pulsnitzer Anzeiger ist kas zur 2 rröstenttiöiing der amtlichen Bekanntmachungen des Landrates zu Kamenz, der BürgewteiM zu Pulsnitz und Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Pulsnitz, sowie des Fn amtes zu Kamenz bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den ErschetnungStagen bis vor» 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüb« Mohr. Hauptschriftletter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. > Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, PulSnttz; fM, / Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. — D.A. Vlll.: r - - Geschäftsstelle: Nur Adolf-Hitler-Straße 2 — Fernruf nur Dirie Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich SV Rpf., bei Lieferung frei HouS SV Rpj. Postbezug monatlich 2.50 RM. Tie Behinderung der Lieferung recbtfertigt keinen Anspruch auf Rückzahlung des Bezugspreises. ZeitungsauLgabe iür Abholer täglich S—6 Uhr nachmittags. Preise und Nachlaßsätzc bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 5 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an Zum Schutz der weißrussischen und der ukrainischen Minderheiten Moskau, 17. September. In der Nacht von Sonnabend auf Sonntag ist dem polnischen Botschafter in Moskau, Grzybowski, eine Note der Sowjetregierung überreicht worden, in der mitgcteilt wird, die Sowjetregiorung sehe sich gezwungen, zur Wah rung ihrer eigenen Interessen und zum Schutz der weiß- russtschen und ukrainischen Minderheiten in Ostpolen ihren Truppen den Befehl zu erteilen, am Sonntagmorgen um S Uhr Moskauer Zeit (4 Uhr mitteleuropäischer Zeit) die sowjetisch polnische Grenze zu überschreiten. Der Vormarsch der sowjetischen Armee wird aus der ganzen Linie der Grenze, von Polozk im Norden bis Kamcnez—Podolsk im Süden gleichzeitig erfolgen. Der Vormarsch der Sowjet armee in Ostpolen erfolgt unter gleichzeitiger voller Wah- rung der Neutralität Sowjetrußlands im gegenwärtigen Konflikt. Da der polnische Staat' zur Zeit nicht mehr als existierend zu betrachten ist, kommen, nach Ansicht der Sowjetregierung, die mit ihm früher abgeschlossenen Ver träge in Fortfall. Die sowjetische Note wird ferner allen in Moskau be glaubigten ausländischen Missionen zur Kenntnis gebracht und dann durch Presse und Nundsunk verbreitet werden. Die Sowjctregicrung handelt dabei in dem Bestreben, Ruhe und Ordnung im östlichen Teile Polens wiederher- zustellen, die im Augenblick des Zerfalls des bisherigen polnischen Staatsgebildcs und der Flucht der Regierung nicht mehr gewährleistet werden können, sowie den natür lichen Schutz der ukrainischen und weißrussischen Bcvölke- rung Ostpolens wahrzunehmen. Sowjelnote an die Möchte Innere Unhaltbarkeit des polnischen Staates erwiesen! Die Note der Sowjetregierung an die ausländischen Regierungen hat folgenden Wortlaut: „Der polnisch deutsche Krieg hat die innere Unhaltbarkeit des polnischen Staates erwiesen. Im Lause der zehntägigen Operationen hat Polen alle seine Industriegebiete und kul turellen Zentren verloren. Warschau als Residenzstadt Polens besteht nicht mehr. Die polnische Regierung ist zerfallen und bekundet keinerlei Lebenszeichen. Das bedeutet, daß der pol nische Staat und seine Regierung tatsächlich aufgehört haben, zu existieren. Dadurch haben die Verträge ihre Gültigkeit ver loren, die zwischen der Sowjetunion und Polen bestanden. Sich selbst überlassen und ohne Führung geblieben hat sich Polen in ein bequemes Feld für jegliche Zufälle und Ucbcr- raschungcn verwandelt, die eine Bedrohung für die Sowjet union schaffen können. Infolgedessen kann die Sowjctregie- rung, die bisl-er neutral war, sich nicht weiter neutral zu diesen Tatsachen verhalten. Die Sowjctregierung kann sich auch nicht gleichgültig da zu verhalten, daß die mit ihr blutsmäßig verwandten Ukrainer und Weißrussen, die auf dem Territorium Polens leben und der Willkür des Schicksals ausgelicfcrt sind, schütz- los bleiben. Angesichts dieser Sachlage hat dir Sowjctregicrung daS Oberkommando der Roten Armee angewiesen, den Truppen den Befehl zu erteilen, die Grenze zu überschreiten und das Leben und Eigentum der Bevölkerung der westlichen Ukraine und des westlichen Weißrußland unter ihren Schutz zu nehmen. Gleichzeitig beabsichtigt die Sowjetregierung, alle Maß nahmen zu treffen, um das polnische Volk aus dem unglück seligen Krieg hcrauszuführen, in den es durch seine unver nünftigen Führer gestürzt wurde, und ihm die Möglichkeit zu geben, ein friedliches Leben wiedcraufzunehmen." In dem Begleitschreiben des Außcnkommissars Molotow an die diplomatischen Missionen wird darauf hingewicsen, dcch die Sowjetunion eine Politik der Neutralität in den Be- zichungen zn den betreffenden Staaten durchführen werde. Mudsunlansprache Molotows Bekanntgabe des Einmarsches der Roten Armee in Ostpolcn. Am Sonntagvormittag hielt der sowjetrussischc Regierungs chef und Autzcnkommissar Molotow eine über sämtliche sowjeti schen Sender verbreitete Nundfunkansprachc, in der er den Einmarsch der Roten Armee in Ostpolcn der Oeffentlichlen bckanntgab. Rach einer kurzen Schilderung der durch den raschen Vor marsch der deutschen Truppen in Osteuropa entstandenen neuen Lage und des eingetretenen Bankrotts des bisherigen polnischen Staatsgebildes sagte der Auhcnlommissar, die letzte Phase des Zusammenbruchs Polens habe einen für die Sowjetunion ats Nachbarstaat Polens in zunehmendem Matze bedrohlichen Eharakter angenommen. Trotzdem sei die Sowjetunion bis zur letzten Stunde neutral geblieben; aber sie könne der Ent wicklung nunmehr nicht weiter tatenlos zusehen. Außerdem könne niemand von der Montaner Regierung verlangen, daß sie dein Schicksal der unterdrückten und von den Polen entrechteten weißrussischen nnd ukrainischen Bevölkerung Ostpolcus gleichgültig gcgenüberstehc. Die Moskauer Regie rung halte cs vielmehr sür ihre heilige Pflicht, der stammes- und blutsverwandten Bevölkerung der Wcstukraine und des westlichen Weißrußland ihre brüderliche Hand zur Hilfe zu reichen. Nachdem Molotow die Note der Sowjetregierung bekannt- gegeben hatte, fuhr er fort: Die Note Armee stehe jetzt vor einer ehrenvollen Ausgabe. Die Sowjetregierung sei gewiß, daß ihre Truppen diese Ausgabe in voller Disziplin und entsprechend ihrer ruhmvollen Tradition bewältigen werden. Die Bevölkerung der Sowjetunion werde ausgefordert, die Armee bei dieser Aufgabe durch ehrliche und aufopfernde Ar beit jedes einzelnen zu unterstützen. Die Regierung beabsichtige nicht, die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln odsr anderen Waren Beschränkungen zu unterweisen selbst in dem Falle, wenn die Operationen des Heeres sich längere Zeit hin- zfehcn sollten. Tue Regierung denke nicht daran, zur Einfüh rung des Kartensystems aus Lebensmittel oder andere Waren zu schreiten, da die Sowjetunion mit allem Notwendigen aus reichend versorgt sei. Die ganze Bevölkerung der Sowjetunion stehe, so schloß Molotow, in dieser Stunde hinter der Negierung und könne neuen, noch nie dagewcscnen Erfolgen auf dem Gebiet des friedlichen Aufbaues ihrer Industrie und Landwirtschaft cnt- gegenschcn sowie neuen Ruhmestaten der Roten Armee an den Fronten des Kampfes. Sowjetrußland im Zeichen Ses Einmarsches Der Einmarsch der russischen Truppen in Polen steht im Mittelpunkt des Geschehens in Sowjctrußland und schlägt die ganze Bevölkerung des Riesenlandes in seinen Bann. Der ge samte ruffische Rundfunk sendet ein Rcichsprogramm, das über alle Sender einheitlich verbreitet wird. Darin herrscht das Tagrsereignis des Eingreifens eindeutig vor. Die historische Nedc Molotows über den Beschluß der Sowjetregierung wurde vou Platten über alle Sender wiederholt, die im übrigen durch Mil-üirmärsche. Volkslieder und Lieder vou der Noten Armee das Programm der Bedeutung des Tages angepaßt haben. Die Hinweise in der Molotowrede, daß es um den Schutz der weißrussischen und ukrainischen Brüder und um ihre Be freiung vom polnischen Joch geht, hat weit und breit Wellen der Begeisterung geweckt. Unzählig sind die Zustimmungser- klärungen und beqeistcrtcn Kundgebungen, die aus dem ganzen Land vorliegen. Versammlungen, in denen die geschichtlichen Beschlüsse der Sowjetregierung besprochen werden, finden im ganzen Land statt. In allen ländlichen und industriellen Be trieben wird der Regierung und der Armee einmütig die Zu stimmung ausgesprochen. In diese« Zustimmungskundgebungen heißt es: Rußland konnte auf die Dauer nicht gleichgültig zusehen, wie die Bru dervölker der Weißrussen und Ukrainer unter einem Krieg lei den. der ihnen von einer unfähigen Regierung aufgezwungcn wurde. Mil besonderer Aufmerksamkeit würden die Ereignisse in Weißrußland und der Ukraine verfolgt. Molotow.habe die Wunsche des ganzen Volkes ausgesprochen, und von der West grenze bis zum Fernen Osten unterstützten alle Völker der Sowjetunion den Beschluß ihrer Regierung. Schneller Einmarsch der NMeu Die erste sowietamtliche Verlautbarung über die Opera- tionen brr Roten Armee in Ostpolen wurde am Sonntagabend bekanntaegeben. Darin heißt es, daß am Morgen des l7. Sep tember die sowjetischen Truppen die sowjetisch-polnische Grenze in deren gesamten Verlaus von der Düna im Norden bis zum Dnjestr im Süden überschritten haben. Nach Ueberwältigung des schwachen Widerstandes polnischer Vorpo sten wurden im Norden die Ortschaften Elebockie, Molodeczno und andere besetzt. In Richtung aus Baranowicze wurde der Rjemensluß überschritten und die Ortschaften Mir und Snow sowie der wichtige Eisenbahnknotenpunkt Barano wicze besetzt. In der Westukraine wurde der Vormarsch der Sowjetarmee in bemerkenswerten Kämpfen durchgesührt: Die Städte Rowno, Dubno, Tarnopol und Kolomea sind bereits in russischer Hand. Durch den Vorstoß aus Kolomea ist di. Grenze zwischen Polen und Rumänien von den Sowjettruppen bereits §um größten Teil ab- aeschnitten. Von den sowjetischen Luststreitkrästcn wurde» ferner sieben polnische Jagdflieger «ud drei polnische Bomben« ftnzzcugc abgeschosim „ Zuversicht tu Moskau Botschafter Englands und Frankreichs völlig überrascht Die Stimmung in Moskau ist absolut zuversichtlich. Die Menschen gehen ihrer gewohnten Arbeit nach, so daß die Haupt stadt nicht die leisesten Anzeichen einer Beunruhigung bietet. Es läßt sich sogar s-sisicllcn, daß die Klärung der sowjetischen Haltung gegenüber dem Konflikt in Osteuropa eine allge meine Entspannung bewirkt hat, da nunmehr die mi- lilärischen Vorbercitungsmaßnahmen der letzten Tage ihre natürliche Begründung gesunden haben. Im Rundfunk werden bereits Kundgebungen aus allen Kreisen der Bevölkerung, aus Fabriken und Betrieben, aus Truppenteilen der Armee usw. übertragen, worin die Allion der Sowjetregierung in Ostpolcn stürmisch begrüßt und die unverzügliche Befreiung der stammverwandten ukrai nischen und weißrussischen Bevölkerung Polens gefordert wird. Die diplomatischen Vertreter Englands und Frankreichs, sür die die Aktion der Sowjetregierung völlig überraschend kam, haben sich bis jetzt noch nicht entschlossen, eine Demarche bei der Regierung vorzunchmen. Es heißt, daß sie noch aus j Instruktionen aus London und Paris warten. London in Verlegenheit Der diplomatische Mitarbeiter der englischen Preß Asso ciation schreibt, London schenke den Berichten über die Ereig nisse in Polen namentlich in bezug auf den russischen Einmarsch die größte Ausmcrksamkcit. Man erwarte umfassendere, ge nauere Mitteilungen von den diplomatischen Vertretungen irr Moskau und in anderen Hauptstädten. Der Mitarbeiter aer Preß Association bemüht sich dann, in ausführlicher Form glauben zu machen, daß die englische und die französische Re^ gicrung über das sowjetrussische Vorgehen nicht sonderlich überrascht (?!) gewesen seien. Strikte Neutralität Rumduieur Rußlands Vorgehen keine Angriffshandlung. Wie der Vertreter des UdlU. von maßgeblicher Seite er fährt, wird der Einmarsch der russischen Truppen in Polen keine Reaktion in Rumänien auslöfen. Rumänien sei zwar mit Polen durch einen Beistands- und Militärpakt verbunden, der bei einem sowjetrussischcn Angriff auf Polen in Kraft, treten solle. Rumänien vermöge aber nach Kenntnisnahme- der russischen Begründnng au.s dem. unter, voller.Wahrung- oer rusyyycn vceuiranläl erfolgten crmmarscy in Poren ter- nerlei Angrifsshandlnngen abzüleiten. Eine polnische Regie rung bestehe äs kaoto nicht mehr. Unter diesen Umständen bleibe Rumänien bei der bisher verfolgten Politik dsr striktem Nentralität.