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Staatsaryeiger für den Zreiftaat Sachsen Erscheint Werktags nachmittags mit dem Datum de» ErscheinungStage». Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 35 Pf, die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 70 Pf-, unter Ein gesandt 1RM. Ermäßigung aus Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Berkaufsliste von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: I. v.: vr. Fritz Klauber in Dresden. M.^22! Dresden, Mittwoch, 2S. Mai 192S Suldigungsielegramm der Sächsischen Regierung an den Reichspräsidenten. (StIL.) Oie Negierung hat anläßlich der Tausendjahrfeier in Meißen das nachstehende Telegramm an den Herrn Reichspräsidenten gerichtet: Vor tausend Jahren wurde die Burg und Mark Meißen errichtet und damit der Grundstein zum heutigen Staate Sachsen gelegt. Oie Sächsische Negierung benutzt diese Gelegenheit, um Ihnen, Herr Neichspräsident, den Ausdruck ihrer Verehrung zu übermitteln. Unvergessen wird Ihnen im deutschen Volke bleiben, daß Sie sich auch nach dem Zusammenbruch unserem Vaterlande zur Verfügung gestellt, das deutsche Heer in die Heimat zurückgeführt und durch Ihr Beispiel selbstloser Pflichterfüllung wesentliche Grundlagen für den Aufbau unseres neuen staatlichen Lebens geschaffen haben. Seit über vier Jahren stehen Sie über allem parieihader erhaben an der Spitze des Neiches. Zu Ihren Händen, Herr Neichspräsident, erneuert die Sächsische Negierung in diesen bedeutungsvollen Tagen ihr Gelöbnis unwandelbarer Treue zum Neiche. Oie Sächsische Staatsregierung Heldt, Ministerpräsident. Das Thema von Madrid. Die Londoner MinderheitenvorfchlSge de- Oreierau-fchuffes. Sine volk-parteiliche Kundgebung für Generaldirektor SSgler. Dortmund, 29. Mai - Ter Voistand der Rheinisch westsätijchen Nr- beitsgemeinschast der Deutschen Vollspaltei, der gestern zu einer Besprechung der politischen Lage zusammentrat, sprach seinem ersten Vorsitzenden Vr. Vögler seinen aufrichtigen Dank aus für die mannhafte Art der Verteidigung deutscher Inter- essen in Paris und versichere ihm sein volles Vertrauen. Nene Vorschläge zum Au-gleich der Lohnerhöhung bei der Reich-bahn. Berlin, 29. Mai. Wie eine Berliner Korrespondenz zu melden weiß, sind im Hinblick aus den die Arbeitslöhne bei der Reichsbahn neu regelnden Schiedsspruch neue Vorschläge aufgetaucht, um einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden, das durch die entstandenen Mehrausgaben einerseits und die Untragbarkeit einer Tariferhöhung anderseits geschaffen worden ist, und gleichzeitig die rund 43 Mill. M. aus- machende Lohnerhöhung zu decken. Bekanntlich behält das Reich einen gewissen Überschuß aus den aus der Verkehrssteuer der Reichsbahn an den Reparationsagen ten abz usührenden Beträgen für sich. ES handelt sich dabei um etwa 50 Mikl. M., also Mr etwas mehr, als die durch den Schied» spruch entstehenden Mehrkosten ausmachen. Man trägt sich nun mit dem Gedanken, das Reich zu ersuchen, wenigstens für die Tauer der jetzt ge troffenen Lohnregelung, also bis zum 3l. Mär; 193l, auf diese 50 Mill. M. zu verzichten und sie der Reichsbahn zum Ausgleich der Lohnerhöhung zu belassen, ohne daß daraus ein Anspruch aus eine dauernde Überlassung dieses Überschusses aus der Verkehrssteuer hergeleilet werden braucht. Es ist vielleicht von Interesse, daß ein solcher Vor schlag auch gerade von einer Seite propagiert wird, die dem Reichsoerkehrsminister nahesteht, und schon aus diesem Grunde kann man an nehmen, daß man sich im Falle einer Verbindlich- keilserllärung des Schiedsspruches an den zu ständigen Stellen mit einen solchen Plan ein gehend beschäftigen wird. Der König von Spanien an Hindenburg. - Berlin, 29. Mai. Ter König von Spanien hat dem Reichs. Präsidenten v. Hindenburg auf sein Glückwunsch telegramm anläflich der Eröffnung der deutschen Abteilung auf der Ausstellung in Barcelona ge antwortet: „Ich empfing soeben Ihre liebenswürdige Kund gebung. für die ich von ganzem Herzen danke. Es war mir ein wirkliches Vergnügen, zusammen mit der Königin den großartigen deutschen Pavillon aus der Internationalen Ausstellung in Barcelona zu eröffnen, und ich beeile mich, Ew. Exzellenz mit meinen ausrichtigen Glückwünschen meine und meines Volkes Tankbarkeil für die so glänzende Mitarbeit Ihres edlen Vaterlandes an dieser Ausstellung zum Ausdruck zu bringen. Ich verbinde damit die auf richtigsten Wünsche für das Gedeihen und Glück Ihres Landes, wie für die Festigung der freund schaftlichen Beziehungen zwi chen unseren Ländern Empfangen Sie meine herzlichsten Grüße." Einberufung de- Auswärtigen Au-fchusse- verlangt. Berlin. 29. Mai. Tie kommunistische NeichStagSfrak- tion ha» bei dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausflusses die sofortige Einberufung des Answärtigen Ausschusses gefordert um zu der Reparationskonserenz in Paris und zu der Haltung der deutschen Delegation bei der Abrüstungskonferenz Stellung zu nehmen. Mar Sölr au- der Schweiz abgeschoben. . Basel, 29. Mai. Beim Betreten Schweizer BovenS wurde hier der deutsche Kommunist Max Hölz am Montag festgenommcn. Er wurde über die deutsche Grenze abgeschobe«. Genf, 29. Mai. Über den in London vom Dreierausschuß des Völkerbundsrates (Chamberlain, Qui- nones de Leon, Ndatschi) ausgearbeiteten Bericht über die Neuregelung der Minderheiten frage werden von einer gut unterrichteten Seite folgende interessante Mitteilungen gemacht: Ter Bericht des Treierausschusses an den Böllerbundsrat umsaßt einige 50 Seiten enthält zuerst eine Reihe von Vorschlägen über die Er weiterung der Öffentlich keil des bis herige nMinderheitenversahrens und ent hält sodann die 16 Denkschriften der ein zelnen Regierungen sowie die 11 Denk schriften einzelner Organisationen über die künftige Regelung des Minder heitenschutzes beim Völkerbund Tie Vorschläge des Dreieiausschusses sind nach diesen Mitteilungen folgende: 1. Ter Jahresbericht des Generalsekretärs des Völkerbundes soll in Zukunst kurze statistische An gaben über die Zahl der eingegangenen Minder- heilenbeschwerden enthalten, die den üblichen Treierausschüssen des Völlerbundsrates vorgelegt und sodann an den Völkerbundsrat weitergeleitel worden sind. Diese Mitteilungen des General sekretärs deS Völkerbundes an die Vollversamm lung des Völkerbundes sollen jedoch in dem Be- rickt einen streng statistischen Charakter haben, ohne daß hierbei aus das Wesen und die Ziele der einzelnen Minderheitenbeschwerdeu ein gegangen wird 2. Ter Generalsekretär des Völkerbundes soll in Zukunft den beschwerdeführen den Minderheiten davon Mitteilung machen, ob ihre Beschwerde vom Sekre tariat deS Völkerbundes als zulässig („rvvvvable") erklärt worden undsomit andieDreier- auSschüsse des Völkerbundes wetter geleitet worden ist. Bisher erhielten die be- schwerdesührenden Minderheiten keinerlei Mit teilungen über da? weitere Schicksal ihrer Beschwerden. Jedoch soll in der Mitteilung des Generalsekre- «aiiats an die beschwerdeführende Minderheit in sormeller Form aus die Bedingungen der Zu- lässigkeit von Minderheitenbeschwerdeu Hingewielen werden. (Mäßigkeit der Sprache, Herkunst aus einer nichtanonymen Quelle, kein Antrag auf Biuch der politischen Beziehungen zwischen den Minder- heilen und dem betreffenden Staat, Behandlung von Fragen lediglich im Nahmen der Minder- heitenverträge.) Ta? Völkerbundssekretariat hat bisher Beschwerden Ker Minderheiten als unzu lässig erklärt, falls eine dieser Bedingungen nicht erfüllt war. absieht, wie dies bisher ohne Ausnahme der Fall gewesen ist. Jedoch soll die Veröffentlichung der Beschwerdevon der Zustimmung derinter- essierten Regierungen abhängig ge macht werden. Tie einzelnen Bestimmungen dieses Vorschlages sind jedoch in dem Bericht äußerst unklar gefaßt und lasten verschiedene Deu tungen offen. 4. Ter Bericht des Dreier-Ausschusses unter streicht sodann das bereits bestehende Recht der Mitglieder des VölkerbundsrateS, sich über die Arbeiten der übrigen Dreier- Ausschüsse des Völlerbundsrates für die Minder heitenfrage unterrichten zu lassen. 5. Ter Bericht lehnt hierauf den Gedanken einer Überwachung der Minderheitenverträge durch den Völkerbundsrat kategorisch ab und weist in diesem Zusammenhang den deutschen Vor schlag auf Einsetzung einer Minder heitenkommission beim Völkerbund zur Turchsührung der allgemeinen Garantiepflicht des Völkerbundes gegenüber den Minderheiten zurück. 6 Ter Bericht lehnt nachdrücklich die Teil nahme der interessierten Mächte an den Verhandlungen der Treier-Aukschüsse des VölkerbundsrateS sür die Minderheitenfrage ab. Ter Londoner Bericht bedeutet also eine fast uneingeschränkte Aufrechterhaltung deS gegenwärtigen Zustande» im Minderheiten- schütz de» Völkerbundes. Die gemachten Vorschläge bedeuten lediglich Abänderung einiger Formalitäten von nur geringer praktischer Be- deutung von entscheidender Bedeutung ist, dich brr DreierauSschntz in London den Grundgedanken der Denkschrift der ReichSrrgterung, ,s bestehe »ine allgemeine Garantie» und Lchny» pslicht deS VSltrrdnnde» gegenüber den Minder» heilen, kategorisch abletznt «nd infolge» dessen den Antrag in der Denktchrijt der Reich», regierung auf Prüfung d»S Gedankens einer ständigen Minderhrttenkommijston znr Kontrolle der Durchführung der «mderhettsnderttSge un eingeschränkt zuriickw eist. Ter Bericht schließt sich somit dem von den Regierungen der Kleinen Entente, Polen und Griechenland in ihrer übereinstimmenden Denk- schuft eingenommenen Standpunkt an nach dem der bisherige Minderheitenschutz des Völkerbundes keinerlei grundlegende Änderung erfahren dürfe Unter diesen Umständen werde», wie bereits setzt verlautet, die polnische und die rumänische Regie rung, sowie auch die übrigen Regierungen der Kleinen Entente den Londoner Bericht annehmen. ^ine Zustimmung der Reichsregierung zu den Londoner Vorschlägen dürste hingegen gänzlich ausgeschlossen sein. Ter Tagung des VölkerbundSrgtS in Madrid, die. sich in erster Linie mit der grundsätzlichen Neuregelung der Minderheitenfrage befassen wird, muß unter diesen Umständen allgemein mit be sonderem Interest« entgegengesehen werde«. Sozialdemokratie und Staat. Gleich die beiden ersten Arbeitstage des Sozial demokratischen Parteikongresses brachten die grund sätzliche Entscheidung Es war vom Vorstand seh« klug eingerichtet, daß er die Schleusen der Tir- kussion über Regrerungskoalition und Panzerkreuzer schon im Anschluß an den Bericht des Vorstandes eröffnete, obwohl sich sachgemäß diese Aussprache doch eigentlich erst an den politischen Bericht der Reichstazssraktion hätte anschließen müssen. Tie Stimmung in der Partei war io gespannt, daß zunächst einmal in der Karvinalfrage Klärung ge schaffen werden mußte, sonst hüllen alle anderen Beratungsgegenstände unter der Ungeduld wegen der Hauptfrage gelitten. Schon gegenüber den ver schiedenen Geschäftsberichten des Vorstandes merlte man, daß das Intereste der Versammlung nicht sonder lich groß für sie war. Bleiben wir in der Regierung oder gehen wir hinaus? Finden wir uns mit dem Panzerkreuzer ab oder machen wir ihn endlich zur Schicksalsfrage, haben wir von der Großen Koalition noch irgend etwas zu erwarten oder nicht? Tarum drehten sich die mehr oder weniger erregten Ge spräche in den Wandelgängen. Ter Bericht Vogels zeigte übrigens schon Empfindlichkeit gegenüber aller Kritik Tie Kosten der Tiskussion wurden vorwiegend von jugendlichen Kräften bestritten, die in der Mehrheit radikal gegen die Panzerkreuzerpolitil der Partei, wenn auch nicht ebenso unbedingt gegen die Koalitions- Politik war. Das schließliche Abstimmungsergebnis war zuletzt keine Überraschung mehr, wenn man die Äußerungen deS Beifalls und der Ablehnung während der Tiskussion beobachtet hatte. Rund zwei Tritte! der Telegierten stellten sich hinter den Parteivorstand und hinter die Verantwortliche« in der Regierung. Man hatte den Eindruck, daß eine recht weit gehende Tisziplin in der Partei herrscht, die eS der Führung erlaubt, auch in recht kritischen Situalionen mit den Parteianhängern zu manö vrieren. In dieser Hinsicht besteht eine starke Ähnlichkeit mit der Zentrumspartei. Man hat große Überzeugungen und Ziele, deren Erreichbar keit in absehbarer Zeit ausgeschlossen ist. Man hat Vertrauen zu den Führern, daß sie wenigstens soviel für diese Ziele tun, als unter den ein schränkenden Bedingungen der Gegenwart möglich ist. In diesem Vertrauen gehen, wenn es die Not der Stunde erfordert, alle Bedenken und Kritiken unter. Wirft noch jemand die Frage auf, ob nicht zu weitgehende Kritik zur Spaltung der Partei führen könnte, dann setzt sich der Wille zur geschlossenen Front auch den temperament vollsten Kritikern gegenüber durch. Vielleicht darf man darüber hinaus noch eine« anderen positiven Zug des sozialdemokratischen Parteitages hervorheben. Er leistete ein Stück Erziehung zum Staatsgedanken. Heftig fuhr e» einem der TiskussionSredner heraus: Wir sind nicht dem Staate, jondern nur dem Proletariat verantwortlich. TaS ist der radikale Sozialismus der Vorkriegszeit. Er fand die schärfste Ablehnung durch den Reichskanzler Hermann Müller, der mit einem sonst selten bei ihm zu findenden Patho» darauf hinwies, daß eme solche Auffassung allem ins Gesicht schlüge, waS die Partei seit Schaffung der Weimarer Verfassung für den deutschen re publikanischen Staat getan hat. E» waren pro minente Redner, die im glechen Sinne den Kanzler unterstützten, vr. David und Redakteur Sollmann sind selbst einmal Rertisminister gewesen und sind wohl schon durch die Erfahrungen, die sie alt solche machen mußten, gegen jene nega tive Einstellung zum Staat und den unreifen jugendlichen Radikalismus, der sich damit brüstet, gesell. Freilich sollten nicht nur die Parteimit- gliever, jondern auch die Parteiführer sich einige Lehren des Magdeburger ParteiseminarS zu Herzen nehmen. Wenn der Kanzler meinte, der Panzer kreuzer habe in der Wahlagitation vielleicht mehr im Mittelpunkt gestanden, als es dem Objekt an gemessen gewesen sei, jo ist er sich vielleicht jelbst nicht bewußt, welches scharse Urteil über die Wahltaktil der Partei darin liegt. Hätte man den polnischen Realitäten, die man jetzt als Mitglied einer Regierung-- koalition so deutlich vor Augen hat, schon im Wahl kampfe bester Rechnung getragen, dann hätte man sich die fatale Situation in den Flitterwochen der RegierungSbeteiliauoa erlvart. Wen« ma« erst 3. Tie Veröffentlichung einer Minder heitenbeschwerde nebst dem zugehörigen Material soll in Zukunft al- zulässig erklärt werben, falls ! der Dreier-AuSschuß de» Natts von einer Weiter- Ileituna der Beschwerde an den Völkerbundsrat