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Weißmtz-Ieitung 5- Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 74. Jahrgang. Donnerstag, den 14. Mai 1908. Nr. 54. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschasi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtfeitigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtfchastlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Irhne. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Die .Weitzeritz-Zeltung' «scheint wöchentlich drei- mal: Dienstag, Donners- tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denWenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 85 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan tztalten, Postboten, sowie znscreAusträger nehmen Bestellungen an. Inserat« werden mit ir Pfg., solche aus unser« Ämtshauptmannschaft mit 12 Pfg. die Spalrzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, dl« Spaltenzeile 30 Pfg. Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs soll Monlsg, eien 2S. Msi, nsvkmiNsg» s Ukn, im hiesigen Rathaussaal abgehalten werden. Indem die Unterzeichneten die Herren von Stadt und Land mit der Bitte um zahl reiche Beteiligung zu dieser patriotischen Feier nur hierdurch einzuladen sich erlauben, richten sie zugleich an alle, welche daran teilzunehmen gesonnen sind, das Ersuchen, ihre Namen bis spätestens den 23. Mai in die im Ratskeller ausliegende Liste einzuzeichnen bez. Herrn Ratskellerwirt Starke hiervon zu benachrichtigen. Preis des Gedecks einschließlich der Musik 3 Mark — Pfg. Dippoldiswalde, am 12. Mai 1908. Amtshauptmann vr. Mehnert. Bürgermeister vr. Weißbach. Die Königliche Ämtshauptmannschaft mit dem Bezirksausschüsse hat genehmigt, daß der Aushängekasten zur Verkündigung allgemeiner Veröffentlichungen und Anordnungen in Gemeinde- und ortspolizeilichen Angelegenheiten in Quohren künftig am Hause des Schmiedemeisters Pietzsch, Kat -Nr. 42 8, angebracht werde. 420 b ä. König!. Ämtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 9. Mai 1908. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am Montag, den II. Mai abends, hat sich in hiesiger Stadt ein recht bedauerlicher Unglücks fall durch Explodieren einer Petroleumlampe zugetragen. Am fraglichen Abende in der 10. Stunde sind die beiden bei Herrn Vr. meci. Voigt im Dienste stehenden Mädchen nach einer im Dachgeschoß gelegenen Kammer gegangen. Die Mädchen sind hintereinander gegangen und hat die erstere mehrere Kartons und die letztere die Petroleum lampe getragen. Auf der letzten Treppe ist dem voraus gehenden Mädchen ein Karton herunter und wahrschein lich dem zweiten Mädchen auf die Petroleumlampe ge fallen, welche explodiert ist. Im nu hat das Mädchen in Flammen gestanden. Durch den hinzulommenden Herrn Or. meck. Voigt sind die Flammen mittelst einer Decke ge löscht worden, trotzdem sind die Brandwunden des Mädchens so schwer, daß dasselbe sofort nach dem städtischen Kranken hause gebracht werden mußte. — Die köstliche Spargelzeit ist wieder angebrochen und der Feinschmecker läßt sich die Delikatesse, die ihm Mutter Natur jetzt bietet, trefflich munden. Dem Spargel spendete man schon im Altertum reiches Lob. Er durfte bei keiner Schmauserei fehlen. In Deutschland wußte man ihn zunächst nur als Heilpflanze zu schätzen. Als solche wird er auch schon frühzeitig in den „Kräulerbüchern" er wähnt. So soll er gegen die Gicht, gegen Wassersucht und Herzkrankheiten ein treffliches Mittel sein. Seine blutreinigende Wirkung aber wird noch heute anerkannt. Später lernte man auch den Spargel bei uns als Gemüse schätzen, und seitdem hat er seinen Platz mit Erfolg be hauptet. Um 1600 herum legte man schon allenthalben Spargelbeete in Deutschland an. Andere Länder erhielten den Spargel erst in späterer Zeit. Es gibt mehrere Spargelarten, die verschieden bewertet werden. Bei uns ißt man im allgemeinen nur den weißen Spargel, in Frankreich ist auch der grüne beliebt. Ueber die beste Zu bereitung des Spargels sind sich die Feinschmecker nicht einig. Der eine liebt nur die Spargelsuppe, ein anderer wieder läßt sich die zarten Spitzen mit zerlassener Butler schmecken. Der Spargelbau hat in Deutschland infolge der stets wachsenden Nachfrage eine erhebliche Ausdehnung ge wonnen. In Berlin und Braunschweig und in der Löß nitz (Sachsen) baut man bedeutende Mengen an, und doch muß man noch belgischen und österreichischen Spargel ein führen, um den Bedarf zu decken. Jetzt braucht der Spargelliebhaber ihn auch im Winter nicht mehr zu missen, er kann durch ein neues Verfahren ausgezeichnet konserviert werden, ohne daß er von seiner Frische viel verliert. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder I auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 1. Dekade, Mai 1908: vereinigte Weißeritz: beob. 26, norm. 17, Abwchg. -s-9; wilde Weißeritz: beob. 30, norm. 19, Abwchg.-s-11; rote Weißeritz: beob. 32, norm. 20, Abwchg. -s-12; Muglitz: beob. 32, norm. 20, Abwchg. -s-12. — Die drei Eisheiligen sind bei uns ohne jeden Schaden an den Pflanzen glücklich vorübergegangen. — Unter Erstattung eines sehr ausführlichen Berichtes über den eingegangenen Protest des Lehrers Richter in Rathen beantragt die 5. Abteilung der Zweiten Kammer die Wahl des Abgeordneten Wittig (Rabenau) sür gültig zu erklären. — Für 25 jährige Treue im Dienste der Kipsdorf- Hainsberger Bahn wurde dem Veteran von 1870/71 Herrn Friedrich Wilhelm Weinholdt in Kipsdorf durch Herrn Bahnoerwalter Schröder ein Lhrendiplom mit Geld- gescheut überreicht. Dresden. Dem Landtag ist ein Dekret behufs Ein stellung von 200000 Mark in den Staatshaushaltsetat sür die Internationale Hygiene-Ausstellung in Dresden 1909 zugegangen. — Es heißt, daß die Vertagung des Landtags bereits am 25. Mai (Königs Geburtstag) statt- sinden soll. > Das Königreich Sachsen zählte im Jahre 1905 im ganzen 321 Gemeinden mit mehr als 2000 Ein wohnern. Die Bevölkerungsziffer in diesen Gemeinwesen betrug 3 211 408 oder 7l,2 0/o der Eesamtbevölkerung. Im Jahre 1834 waren nur 107 solcher Gemeinden mit 519 578 oder 32,6 o/o der Gesamtbeoölkerung vorhanden. 1871 wurde die Zahl 200 derartiger Gemeinden überschritten, 1900 wurde die Zahl 300 erreicht. Die Kreishauvtmann- schaft Dresden wies 1834 nur 10 Gemeinden über 2000 Einwohner mit 116052 Einwohnern auf, 1905 dagegen 68 solcher Gemeinwesen mit 873 939 Einwohnern, bei einer Gesamtbevölkerungsziffcr von 1284397 im Jahre 1905 gegen 417 842 im Jahre 1834. Die Vevölkerungsziffer ist also in dem Zeiträume um etwa das 3,1 fache gestiegen, während die Gemeinden über 2000 Einwohner um das 71/2 fache wuchsen. Die Zahl dieser Gemeinden ist annähernd 7 fach geworden. — Prinz Max von Sachsen ist in Freiburg an einem hitzigen Fieber erkrankt. — In nächster Zeit werden sich die städtischen Kollegien mit der Einverleibung von Neudörfchen in Mittweida zu beschäftigen haben. Vorläufig ist zur weiteren Verfolgung der Angelegenheit ein aus zwei Stadträten und drei Stadt verordneten bestehender Sonderausschuß gewählt worden. Wurzen. Für den großen Unfug, der ost mit entleerten Bierflaschen getrieben wird, gab es dieser Tage ein neues Beispiel. Ein alter Beamter, der hier im Ruhestand lebt, ist Pächter einer größeren Parzelle der vom Stadtrate ver pachteten sog. Pflanzenbeete. Sämtliche Beeteinfassungen dieses Erholungsplätzchens hatte der „findige" Rentier mit mehr als 1000 „gefundenen" Bierflaschen, die der hiesigen und allen Brauereien der Umgebung entstammen, einge faßt. Dieser Tage erschienen plötzlich Vertreter der ver schiedenen Brauereien in Begleitung eines Polizeibeamten und beraubten das Ruheplätzchcn des übrigens in recht guten Verhältnissen lebenden alten Herrn in unbarmherziger Weise seines schönen und doch billigen Schmuckes. Ein gerichtliches Nachspiel dürfte noch folgen. Leipzig. Zu einem eigenartigen Zwischenfall kam es am Sonntag bei der Vorstellung des im Alberttheater gastierenden Wiener Possen-Ensembles. U. a. trat auch Danny Gürtler, der bekannte „König der Boheme", auf. Als er in seinem Bortrage das Ehedrama im sächsischen Königshause berührte, setzte eine lebhafte Opvosition ein. Danny Gürtler, über die „Schluß"-Rufe verärgert, kletterte über das Orchester in den Zuschauerraum und forderte einen der Rufer, einen Studenten, der diese an so un passender Stelle angebrachle Forderung natürlich ablehnte. Da der Tumult sich nicht legte, blieb dem Bohemekönig schließlich nichts übrig, als von der Bildfläche zu verschwinden. Niederschlema. In einem Anfall von Geistesgestört heit hat sich im nahen Poppenwalde ein. etwa 30 Jahre alter Kaufmann aus Schwarzenberg, der in einer Heilan stalt zu Aue untergebracht war, mit einem Taschenmesser die Hand abgeschnitten. Man fand sie im Walde. Der Verstümmelte liegt schwer darnieder. Lauesgejchichtr. Berlin. Am 11. Mai nahm der Bundesrat das Münzgcsetz in der vom Reichstage beschlossenen Fassung an. Damit hält das Dreimarkstück seine überflüssige Wiederauferstehung. — Die Walfischbai. In Verbindung mit der Reise des Staatssekretärs Dernburg sind wieder 'mal Gerüchte aufgetaucht, es sei ein Tauschgeschäft zwischen England undDeutschland bezüglich der Walfischbai in Sicht. Die „Köln. Ztg." fühlt sich daher veranlaßt, ihren wirklichen Wert zu beleuchten: Ein Interesse an der Walfischbai hat nur Eng land und zwar das Interesse, sie möglichst bald auf an ständige Weise, wenn auch ohne Gegenwert, los zu werden. Die Walsischbai verursacht jährlich, ohne ihrem Besitzer den geringsten Vorteil zu bringen, 60 000 bis 100000 Mk. Kosten. Diese Summe muß der kapländische Etat aufbringen, der durchaus kein rosiges Bild bietet. Die Afrikander- wie die Mutterlandspartei am Kap sind an sich gewiß beide gern bereit, die Walsischbai auch ohne Gegenleistung an Deutschland abzutreten. Aber keine Partei wagt einen dahingehenden Antrag aus Furcht, daß dieses Vorgehen politisch bei den nächsten Wahlen gegen sie ausgenützt werden könnte Was ist denn die vielgerühmte Walfischbai? Ein Schlupfwinkel für farbige und nicht farbige Übeltäter, denen der deutsche afrikanische Boden aus irgendwelchen Gründen zu heiß geworden ist. Ein Ort ohne Süßwasser und auch ohne jede Hoffnung, welches zu finden. Die von dem Salzwasser mit fortwährenden örtlichen Verschiebungen gebildeten Lagunen dienen Tausenden von Flamingos und Wasservögeln als Aufenthalt. Viel leicht ist die Jagd auf dieses Flugwild das Interessanteste und Wertvollste der Walfischbai. — Bei dem Bauunglück in Görlitz haben vier Menschen ihr Leben eingebüßt, während drei Personen schwer und 7 leicht verletzt wurden. Die meisten der Ver unglückten stammen aus Dresden. Gera. Was für Schaden oft durch unbedachtes Bei seitelegen von Geldscheinen entsteht, beweist folgender Vor gang. Als man dieser Tage hier eine Erbschaft regelte und die Erben Kisten und Kasten einer verstorbenen alten Frau durchsuchten, fand man in einer alten Kommode, wo vielleicht seit 1870 niemand mehr hineingesehen hatte, weil die Besitzerin leidend war, für rund 5000 Taler alte, längst verfallene Geldscheine, die die Verstorbene ver- gejsen hatte. Einer der Erben, der selbst Vermögen besitzt, hat Humor genug und wird sich seine Arbeitsstube mit den gut erhaltenen wertlosen alten Geldscheinen tapezieren lassen, zum ewigen Andenken an die nicht auszurottende gefährliche Vergeßlichkeit. Duisburg, I I. Mai. In Laar verbrannte die Ar beitersfrau Heiner das uneheliche Kind ihrer Tochter im Küchenofen. Mutter und Tochter wurden verhaftet. Düsseldorf, l l. Mai. Bei einer nichtigen Ursache entstand ein Straßenauflaus, der in eine Streiterei mit der Polizei ausartete. Dem Graveur Bollig, dem Sohn eines hiesigen Hosjuweliers, wurde von einem Polizei beamten durch einen Säbelhieb das linke Ohr abgehauen. Oesterreich - Ungarn. Am 30. Mai werden im Schönbrunner Schlosse sämtliche Generale der öster reichisch-ungarischen Armee und die im Generalsrang stehenden Offiziere der Kriegsmarine dem Kaiser Franz Josef namens der österreichisch-ungarischen Armee gratu lieren. Es werden mehr als 300 Generale anwesend sein, in deren Namen der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand sprechen wird. Ferner werden voraussichtlich sämtliche ausländische Regimenter, deren Inhaber Kaiser Franz Josef ist, Offiziersdeputationen nach Wien entsenden. Kaiser Wilhelm hatte ursprünglich beabsichtigt, die preußi schen Regimenter, deren Inhaber Kaiser Franz Josef ist, in ihrer Gesamtheit nach Wien zu senden, hat aber auf Wunsch Kaiser Franz Josefs davon wieder Abstand ge nommen. — Der Sprachenstreit in Böhmen, der bisher hauptsächlich auf den Gebieten der Rechtsprechung und des Verkehrswesens zur Geltung kam, hat jetzt eine neue, ganz absonderliche Blüte getrieben. Wie man aus Prag be richtet, hat der dortige (tschechische) Stadtrat die Schloß kapelle im Vororte Lieven, deren Besitzer er ist, als bau fällig erklären und zum Zwecke der Ntederreißung schließen