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Dienstag. Nr. 35. . 5. Mai 1874. Weißerih-Ieitnng. Amts-Matt für die Kcrichts-Aemter und Stadträttze z« Dippoldiswalde und Iraucnstein. Verantwortlicher Rcdsctenr: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit I Ngr. siir die Spalten - Zeile berechnet. Monats - Bericht. In der ersten Hälfte des Monats April wurde das Interesse fast ausschließlich durch den Gang der Verhand lungen über das Militärgesey im Reichstag in Anspruch genommen. Bekannt ist, daß ein, mit den Bundesregierungen vereinbartes Compromiß, wodurch die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres auf 401,000 Mann für die nächsten sieben Jahre festgestellt wird, schließlich die Mehrheit im Reichstag erlangte. Von Interesse war namentlich der über diese Gesetzvorlage zwischen den reichstreuen Parteien und der Fortschrittspartei mit großer Leidenschaft in der Presse und in Versammlungen geführte Kampf. Das Resultat war, daß 9 Mitglieder der Fortschrittspartei im Reichstage mit der Majorität stimmten, die übrig gebliebenen 40 Mitglieder dieser Partei mit den Ultramontanen, Elsässern und Social demokraten gegen tzl des Militärgesetzes votirten. Wie bekannt, waren es besonders budgetrechtlige Bedenken, welche den Rest der Fortschrittspartei auf die Seite der Opposition drängten. Wir gehören zu Denen, welche sich freuen, daß diese große Frage wenigstens für die nächsten sieben Jahren von den Zufälligkeiten der Reichstagsmehrheit unabhängig ist. Der Friede ruht nun einmal auf den Bajonetten; das läßt sich nicht verleugnen, und wer es mit der Sicherheit des Vater landes nach Außen und Innen ernst meint und einen Begriff hat von der Verantwortung, welche in dieser Beziehung der Reichsregierung obliegt, der wird der letzteren auch die Mittel nicht verweigern können, welche zur Erhaltung dieser Sicher heit nun einmal unentbehrlich sind. Die Lage Deutschlands, inmitten dreier Großmächte, ist und bleibt eine unerquickliche, und daß die Begründung unser« GcsammtstaateS in Ver bindung mit den, im letzten Kriege erreichten großen Erfolgen uns viel Ehre, aber auch viel Feinde und Neider bei unfern Nachbarvölkern erzeugt hat, wer wollte dies bestreiten? Dies nöthigt uns, unsere Wehrkraft vor Allem intakt zu erhalten. An die Verwirklichung de« ewigen Bölketfriedens zu glauben, das wollen wir Andern überlassen. Während es im übrigen Europa sonst sehr friedlich zN- ging, entbrannte im Norden Spaniens der Entscheidungs kampf zwischen den Republikanern und Earlisten. Erstere unternahmen zu Anfang des Monats einen ernsten Angriff auf die feste Stellung der Carlisten bei Bilbao, mußten sich aber mit erheblichen Verlusten zurückziehen. Inzwischen, und nachdem versuchte Unterhandlungen gescheitert sind, beabsichtigt das republikanische Heer, nach herbeigezogenen Verstärkungen den Angriff zu erneuern. (Die neuesten Nachrichten ss. unter Spaniens melden auch die endliche Entsetzung von Bilbao.) Unsere interessanten Nachbarn, die Franzosen, haben einen fortgesetzten Parteikrieg in der Presse unterhalten. Von allgemeinerem Interesse war die Rede des Deputaten Piccon aus Nizza, welcher bei einem Banket in unverholener Weise seine Sympathien für sein früheres Vaterland Italien bezeugte, und seine, bekanntlich durch das Napoleonische PlebiScit an Frankreich abgetretene Vaterstadt Nizza, die Iphigenie für die Einheit Italiens genannt hatte. Diese dem Geschmacke des französischen Patriotismus durchaus nicht entsprechende Rede hat in der französischen Presse einen Sturm der Ent rüstung hervorgerufen, und man muß es den Franzosen lassen, daß sie regelmäßig, ohne Unterschied der Parteifarbe, sofort einig sind, wenn vaterländische Interessen in Frage kommen. Im nächsten Monat wird die Nationalversammlung wieder zusammentreten und der Kampf über die Verfassungsfrage wahrscheinlich wieder beginnen. — Die ultramontane Partei beabsichtigt, zwei große katholische Universitäten in Frankreich zu begründen. —r. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Bei hiesiger Sparkasse wurden im Monate April d. IS. 472 Einzahlungen im Betrage von 17,173 Thlr. 8 Ngr. 5 Pfg. gemacht, dagegen erfolgten 304 Rückzahlungen im Betrage von 17,101 Thlr. 4 Ngr. 2 Pfg- — Die Besorgnisse, daß die durch die wärmen Sommer tage in überreicher Pracht hervorgerufene Baumblüthe durch Nachtfröste noch leiden könne, ist leider eine gerechtfertigte gewesen. Nach eingetretenem Schneewetter und gelinden Frösten der Nächte nach den letzten Tagen, hat die Nacht zum Sonn tag, die kälteste, überall bei uns und in der Umgegend großen Schaden gebracht, auch die darauf folgende war eine kalte, und der heutige Montag ist wieder rauh und bringt gelinden Schneefall. Die Saaten auf den Feldern haben nicht gelitten» — Leider kommen auch aus vielen andern Gegenden betrübende Nachrichten von dem Schaden, de» die Fröste der letzten Nächte angerichtet haben. Wie in der Dresdener Elbgegend und weiter hinunter, so ist auch im Gebirge der Baumblüthe und dem Wein arger Schaden geschehen; es melden dies die Blätter aus Chemnitz, Zwickau, Schneeberg rc., und soll an letzter«! Orte die bisherige Frühlingslandschaft wieder in vollständig winterlichem Kleide stehen. — Im Süden Deutschlands haben die Rebe«, die Aepfelbäume rc. sehr gelitten, ja sogar die bereits ab geblühten Kirschbäume; aus Darmstadt und Stuttgart wird gemeldet, daß die Frühgewächse erfroren, die Wein berge bedeutend litten; im Rem stha le ist sämmtlicheS Früh obst und Früh- und Futtergewächse, Klee rc. total erfroren. — Im größten Thette von Ungarn sind durch Vie Fröste (bis 5 Mab unter 0) Vie Hoffnungen auf eilt« gute Mitt- und Obsternte vernichtet; die eigentlichen Feldfrüchte haben dort nur sehr wenig gelitten, — ein großes Glück für das