Volltext Seite (XML)
Großenhainer Werhallungs- und Anzcheblatt. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts nnd Stadtraths zu Großenhain. Nedigirt, gedruckt und verlegt von Herrmann Starke in Großenhain. 86» Donnerstag, den 28. Juli 18 VO» Aufruf. Das unterzeichnete Königliche Gerichtsamt ersucht die Herren Gemeindevorstände hiesigen Amtsbezirks, Geldsammlungen zur Pflege der im Felde verwundeten und erkrankten Soldaten zu veranstalten und die gesammelten Beiträge baldigst anher einzu liefern, von wo aus sie au den internationalen Hilfsverein werden eingesendet werden. Schnelle Hilfe thut noth, da jeder Tag eine Schlacht herbeiführen kann, und verhofft das unterzeichnete Gerichtsamt, daß sich die patriotische Gesinnung und Opferwilligkeit der hie- ! fügen Amtsbefohlenen ebenso wie im Jahre 1866 bewähren werde, zumal jetzt nicht deutsche Stämme gegen einander kämpfen, sondern es gilt, dem Uebermuthe eines fremden eroberungs süchtigen Volkes, welches leichtsinnig den Krieg hervorgerufen hat, zu begeguen und auch aus hiesigem Bezirke Mancher fort gezogen ist, für dessen glückliche Rückkehr die Angehörigen zum Himmel flehen werden. Großenhain, am 27. Juli 1870. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. Tagesnachrichten. Sachsen. Das Cultusministerium hat in Rücksicht auf die dermalige eruste Lage unseres deutschen Vaterlandes beschlossen, daß am 3. August 1870 Vormittags in allen evangelisch-luthe rischen Kirchen des Landes ein außerordentlicher Gottesdienst ab- gehalten werde. — Das Generalcommando zu Dresden macht bekannt, daß Se. Maj. der König von Preußen als Bundes- Ober-Feldherr den 21. Juli als Termin zum Eintritt des Feld- Etats bestimmt hat. Von diesem Tage an haben daher die zur- mobilen Armee gehörigen Unteroffiziere und Mannschaften auf die volle Mundverpflegung durch den Quartiergeber Anspruch; etwa gezahlte Entschädigungsbeträge sind den Mannschaften zu restituiren. — Friedrichstadt-Dresden hat am 25. Juli den Tag seines 200jährigen Bestehens durch Festgottesdienst und Speisung von 900 Armen begangen; die projectirten weitern Festlichkeiten sind der Zeitverhältnisse wegen unterblieben. — Die kgl. sächs. Landeslotterie wird, so lange nicht unüberwindliche Schwierig keiten noch hinzutreten, ihren planmäßigen Fortgang behalten. — In Bautzen ist in der Nacht vom 22. zum 23. Juli der Hut macher Staabs in seiner Stube unter Spuren von an ihm verübten Gewaltthätigkeiten todt aufgefunden worden. — Die von ihrem Bruder so scheußlich mißhandelte» beiden Schwestern Werner in Leipzig sind nunmehr als geheilt aus dem Hospital entlassen worden. Preuften. Se. Majestät der König hat, wie das „Dr. I." mittheilt, folgende öffentliche Ansprache erlassen: „Aus allen Stämmen des deutschen Vaterlandes, aus allen Kreisen des deutschen Balkes, selbst von jenseits des Meeres sind Mir aus Anlaß des bevorstehenden Kampfes für die Unabhängigkeit Deutschlands, von Gemein den, Corporationen, Vereinen und Privatpersonen so zahlreiche Kundgebungen der Hingebung und Opferfreudigkeit für das gemeinsame Vaterland zu gegangen, daß es Mir unabweisliches Bedürfniß ist, diesen Einklang deut schen Geistes öffentlich zu bezeugen und dem Ausdrucke Meines königlichen Dankes binzuzufügen: Daß Ich dem deutschen Volke Treue um Treue ent gegenbringe und unwandelbar halten werde. Die Liebe zu dem gemein samen Vaterlande, die einmüthige Erhebung der deutschen Stämme und Fürsten hat alle Unterschiede und Gegensätze in sich beschloßen und versöhnt, und einig, wie kaum jemals zuvor, darf Deutschland in seiner Einmüthig- keit wie in seinem Rechte die Bürgschaft finden, daß der Krieg ihm dauern den Frieden bringen und daß aus blutiger Saat eine von Gott gesegnete Ernte deutscher Freiheit und Einigkeit sprießen werde. Berlin, den 25. Juli 1870. Wilhelm." Die Geschäfte der französischen Botschaft in Berlin sind, wie verlautet, auf den englischen Botschafter übertragen worden. Sämmtlichen Offizieren fremder Staaten, welche gewünscht hat ten, den Krieg im Anschlusse an die preußische Armee mitmachen zu dürfen, wurde ein abschlägiger Bescheid ertheilt. — Ueber die kriegerischen Ereignisse wird aus Saarbrücken unterm 24. Juli berichtet: Einige 30 Mann vom 7. preußischen Ulanenregiment sind heute früh über die Grenze gerückt und haben die Ver bindungsbahn von Saargemünd und Hagenau dadurch unter brochen, daß sie einen Viaduct in die Luft gesprengt und vielfach die Schienen aufgerissen haben. Gestern Abend wurde Saarlouis gegenüber von französischen Douaniers (ZolleinnehmerrJ auf eine Cavaleriepatrouille geschossen, wobei zwei Pferde verwundet wur den. Heute nahm eine Compagnie unserer Infanterie das Zoll haus Schrecklingen nebst der Zollkasse; die Douaniers wurden getödtet oder gefangen; auf unserer Seite wurde ein Offizier verwundet. Fünf französische Deserteure haben sich bei unsern Vorposten gemeldet. Heute früh hat bei Gcrsweiler ein Schar mützel stattgefunden; der Feind ging mit 10 Mann Verlust zurück; auf unserer Seite kein Verlust. Die Zündnadelgewehre haben sich den Chassepots gegenüber trefflich bewährt. — Am 21. Juli haben 1500 Mann französischer Truppen von Sierk aus die preußische Grenze Lei Perl (6 Meilen von Trier) überschritten; bei Annäherung preußischer Husaren zogen sie sich aber zurück. — Dem „Fr. I." schreibt man: Die schwimmenden Batterien, mit deren Montirung man im Straßburger Hafen beschäftigt ist, sollen dazu bestimmt sein, den Uebergang französischer Truppen über den Rhein zu erleichtern, deutsche Häfen zu blokiren und hauptsächlich Mainz von der Wasserseite anzugreifen. Sie haben einen Tiefgang von l'/s Fuß, sind mit je einer Kanone armirt und mit 15 Mann und einem Führer besetzt. Es wird nicht schwer fallen, solche strategische Vorkehrungen zu treffen, welche das Gelingen des Planes, der trotz seiner Abenteuerlichkeit wirklich in der Ausführung begriffen zu sein scheint, verhindern müssen. — Ueber den französischen Angriffsplan wird der „N. Fr. Pr." von ihrem Militärreferenten Folgendes gemeldet: „Wäre Bayern neutral geblieben, so würde die gesammte französische Armee sich zunächst auf Trier geworfen haben, um dann weiter gegen den Rhein, links auf Koblenz, rechts auf Mainz vorzu- dringen. Dieser Plan ist jetzt gänzlich aufgegeben. Gegen Trier findet nur eine Flankenbewegung des linken Flügels statt, und während sich der rechte Flügel von Straßburg aus gegen Rastatt in Bewegung setzt, wird der Hauptstoß auf die Pfalz geführt