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Aöottks Grenzbott Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Oelsmtz, des Amtsgerichts, Ler Amtsan- waltschast und des Staörcares zu Adorf. Fernsprecher Nr. 14. Verantwortlicher Schriftleiter, Drucker und Verleger Otto Meyer in Adorf Tel.-Adr.: Grenz'.. le "H N« P°mch.ck.K°m- »W, s7s°» ^eitag, de« 19. Mai l9«S. m». Iahrg. 87. ÄkWMöMWll.MMAIIlllsi.». bleibt am Sonnabend, de» 2V. Mai 1822, wegen Umzugs in die neuen Geschäftsräume (ehemaligen Ratskel ler) für den öffentlichen Verkehr geschloffen. Was bkaHie ans Semra? Mit großen Erwartungen sind wir vor fünf Wo chen nicht nach Genua gegangen; die Enttäuschung dar über, daß wir wenig, außer dem Vertrag mit Rußland heimbringen, ist also nicht zu herb. Schließlich ist es keiner Negierung besser gegangen, als der deutschen, und dieses Resultat war an dem Tage vorauszu sehen, als feststand, daß Lloyd George sich nicht würde dazu entschließen können, Frankreich den energischen Willen Englands ,,bis hierher und nicht weiter" zu zeigen. Die frühere Intimität der Entente ist woh' dahin, aber von einem offiziellen Bruche kann in absehbarer Zeit keine Rede sein. Wer gar mit einem , französischt-englischen Konflikt gerechnet hat, aus dem Deutschland seinen Nutzen würde ziehen können, von dem sind die Verhältnisse auf der Gegenseite falsch beurteilt worden. Lloyd George ist gewaltig für die britischen Hau delsinteressen eingetreten, die er mit der Wendung „Wiederaufbau des europäischen Wirtschaftslebens" um schreibt. Tie theoretischen Lehrsäüe, die zu diesem Thema gefaßt worden sind, klingen sehr schön, aber die vraktische Wirkung soll Nachkommen. Immerhin wird man es in London anerkennen, daß er sich viele Mühe gegeben und einen Triumph für Poincarö in Paris ver ändert hat. Der französische Ministerpräsident hat verhindert, daß die russische Frage gegen seinen Willen wledrgt und die deutsche Reparations-Angelegenheit überhaupt nur berührt worden ist, aber er hat durch sein Verhalten bei allen Konferenzteilnehmern den Lindruck verstärkt, daß es so wie bisher in Europa nicht veitergshen kann. Und diese Erkenntnis bedeutet ge rade keinen Gewinn für den französischen Staats- leiter. Energisch haben sich die Russen ihrer .haut ge- vehrt. Mag man von dem Bolschewismus sonst den ken, was matt will, der Moskauer Vertreter Tschitscherin hat sich als ein Diplomat von Energie und Schlagfer tigkeit erwiesen, von dem mancher etwas lernen kann. Wenn die russische Frage in der holländischen Haupt stadt Haag weiter verhandelt werden soll, so haben die Moskowiter günstige Aussichten. Sie können eher abwarten, wie die Entente, die ihnen schließlich ganz von selbst kommen wird. Die Lösung der. russischen Angelegenheit liegt tatsächlich nicht im Willen der En tente, sondern in der Arbeitslust des russischen Volkes. Ueber dem Ausgleich zwischen der Entente und Deutschland steht nach wie vor das groß« Fragezeichen, und es muß sich zeigen, was der Reichsfinanznnnister Hermes in Paris erzielen wird. Frankreich hat Mangel in seinen Einnahmen, es empfindet aber die interna tionale Arbeitslosigkeit nicht so wie England. Wäre das der Fall, so würden wir Wohl auf größere Konzes sionen rechnen können, aber so heißt es wahrscheinlich Mr uns, einstweilen uns zu gedulden. Der europäische Burgfrieden ist ja ein Vorschlag mit schönem Namen, aber für Deutschland handelt es sich einstweilen nicht um die Theorie, sondern um die Praxis des Porte- monnaiesüllens und Zahlens. Auf Kombinationen brauchen wir nichts zu geben, sondern allein auf feste Abmachungen. Aus Genua sind unendliche Mengen von Depeschen versandt worden, von denen eine noch besser als die andere unterrichtet sein wollte. Und die posi tiven Resultate alles dieses Wortschwalls waren so ziemlich Null. Warten wir also, bis die Frucht, die Wir vom Baume schütteln wollen, wirklich reif ist. Was die deutschen Vertreter außer dem Ver trage mit Rußland aus Genua heimbringen, hätte eigentlich längst selbstverständlich sein sollen, die Auf hebung der Deklassierung, die wir uns lange genug ha ben gefallen lassen müssen, aber heute ist eben nicht alles selbstverständlich, was dies fein sollte, und so - ist es erfreulich, daß wir unsere Position verbessert haben. Frankreich hat zwar versucht, nns aus dem Salon des europäischen staatlichen Verkehrs wieder in das Vorzimmer zurückzudrängen, aber es ist ihm nicht gelungen. Ob wir im Haag mit über Rußland beraten, kann uns schließlich egal fein, nachdem wir unseren Vertrag mit Moskau in der Tasche haben, die Dauvrsaaw ist und bleibt, was in Paris herauskommen wird. Mit anderen Worten, ob die große internatio nale Anleihe erreicht werden wird und was uns dieselbe kostet. ... . . .. . . ; Amerikas Ablehnung. Amerika wünscht klar« Bestimmtheit. Als Antwort zur Einladung der Vereinigten Staa- i ten zur Konferenz im Haag hat der amerikanische Bot- schafter Child dem Minister Schanz er eine Note seiner Regierung überreicht, in der es heißt: Tie amerikanische Regierung ist nicht in der Lage, - zu dem Schluß zu kommen, daß sie in ersprieß licher Weise an der Haager Konferenz teil nehmen kann, da diese Konferenz offenbar eine Fort- , setzung der Genua-Konferenz unter an derem Namen sein würde, und da diese Konferenz > der Natur der Dinge nach in gleicher Weise auf die s gleichen Schwierigkeiten stoßen muß, falls die ; in dem russischen Memorandum vom 11. Mai einge nommene Haltung unverändert bleibt. Die unaus- > blsibliche und letzten Endes entscheidende Frage ist > offenbar die Wiederherstellung der Produktionsfähigkeit j in Rußland. Die wesentlichen Vorbedingungen«müssen ! noch geschaffen und der Natur der Dinge nach inner- . Halb Rußlands selbst geschaffen werden/ Während die amerikanische Regierung stets der Ansicht gewesen ist, ! daß diese Vorbedingungen durchaus klar zutage liegen, i ist sie stets bereit gewesen, gemeinsam mit den gegen wärtig einladenden Mächten eine Sachverständigen enquete zum Studium der wirtschaftlichen Lage in Rußland und der notwendigen Mittel zu ihrer Besse rung festzusetzen. Die amerikanische Regierung ist durchaus bereit, allen Vorschlägen, die von der Genua-Konferenz oder i einer späteren Konferenz ausgehen würden, ernsteste Beachtung zu schenken. Aber sie ist der Ansicht, daß die offenbar als Antwort au/ das russische Memoran dum Vom 11. Mai erfolgten gegenwärtig vor liegenden Anregungen angesichts des Wort lautes jener Note nicht die klare Bestimmtheit besitzen, welche es der amerikanischen Regierung er möglichen würden, ihre Hand zu dem vorgeschlagenen Konferenzplan zu bieten. * Die Antwort ans Vie amerikanische Rote. Ueber diese am Dienstag überreichte Note hatten j noch am selben Tage Child, Fakta, Schanzer und Lloyd George diskutiert. Sie beschlossen, daß die Kon ferenz von der amerikanischen Regierung Aufklärun gen über die Absichten der amerikanischen Regierung Verlangen will. Nne entsprechende Antwortnote wurde nock im Laufe des Nachmittags abgefaßt und nach Washington telegraphiert. Die allgemeine Auffassung ist die, daß Amerika in irgendwelcher Form an der Lösung der russischen Frage teilnehmen wird. * Poincare mkd die Haager Konferenz. Der Standpunkt der Franzosen gegenüber der Konferenz im Haag wurde von Poincare dahin charak terisiert, daß Frankreich sich an dieser Konferenz nicht beteiligen werde, wenn man darin eine Fortsetzung der Konferenz von Genua, d. h. eine solche mit poli tischem Charakter erblicken würde; außerdem wird ge meldet, daß Poincare mit Barthou einen Telegramm wechsel hatte um die Frage, ob es sich bei den Haager Besprechungen lediglich um eine Sachverständigenkon ferenz oder, wie die letzten Nachrichten vielfach an- i deuten, um eine Konferenz mit politischem Charakter handele. Barthou teilte nun Heute ausdrücklich mit, daß kein Regierungsmitglied.als Vertreter sich nach dem Haag begeben werde, es werden lediglich Sachver ständige daran teilnehmen. MMNs Allleihevorschlag. Herabsetzung der Sieparatiowssumme. — Verpfändung von Zöllen! und Eiserrbahnen. Ein bekannter Londoner Bankier kennzeichnete der ! „Westminster Gazette" die Bedingungen, die Morgan , der Reparationskommission für Gewährung einer inter nationalen Anleihe fiir Deutschland als notwendig Vorschlägen will, folgendermaßen: Zunächst müsse eine Vereinbarung zwischen den Alliierten zustande kommen, um den augenblicklichen Reparationsbetrag auf eine vernünftige Summe herabzusetzen. Zweieinhalb Milliar den Pfund Sterling (50 Milliarden Goldmark) würden als solche Summe angesehen, wobei noch in Anschlag gebracht werden müsse, was Deutschland bereits ge zahlt habe und was unter Ausschluß des abgetretenen Staatseigentums Sir Robert Horne auf 200 Millionen Pfund Sterling veranschlagt habe. Auf dieser Grund lage dürfte Deutschland, wie angenommen werde, in der Lage sein, den Zins- und Ämortisationsbetrqg für feine Schulden aufzubringcn. Wenn Deutschland eine Anleihe erhalte, müsse es bereit sein, Garantien in Gestalt eines Pfand rechts ans Sie Zölle zu geben, und müsse außerdem eine Nebensicherheit, wie z. B. die Eisenbahn««, E die Bezahlung seiner Zinsen bieten und zu gleichere Zeit allmählich den Druck von Papiergeld einstelle«^ * - > Tr. Hermes' Pariser Berhandlnügen. Reichsfinanzminister Tr. Hermes gab den deutschen' Pressevertretern in Paris einen kurzen Ueberblick über^ seine bisherige Verhandlungstätigkeit in Paris und* i bestätigte, daß seit Sonntag Privatbesprechungen mit! den verschiedenen Mitgliedern der Reparationskommis-, sion stattgefunden haben, die aber lediglich eine Füh-- lungnahme bezweckten,, und die eigentliche Beh nd-» lung der Reparationsfrage in offiziellen Konfere: ;eM ; bis jetzt noch nicht erfolgt sei. Zu den Besuchen beim' i englischen, belgischen und italienischen Delegierten der! Reparationskommission ist nur uachzuholen, daß bei' : der Unterredung mit dem Belgier Delacroix und auch' der zweite belgische Delegierte Bemelmans anwesend war, der schon durch die Berliner Verhandlungen be kannt geworden ist. Ueber den Inhalt der dem Prä sidenten Dubois unterbreiteten rechtlichen deutschen Vo rschläge, über die Dubois inzwischen beim Mi-? nisterpräsidenten Poincarä Besprechungen geführt hat. erklärte Minister Hermes, daß sie hauptsächlich auf? die jetzige Gestaltung des Reichshaushaltes sowie die; Zwanganleihe Bezug hatten. Tie einzelnen Be-» sprechungen mit den Delegierten der Reparationskom-, kommission werden in diesen Tagen noch fortgesetzt. Der Femd im Land. Französisch« „Gerechtigkeit". Am 20. Januar 1919, also vor drei Jahren^ wurde der Arbeiter Wagner in Bobenheim am Rheins durch einen französischen Besatzungssoldaten, den Ka» nonier Auclair» vom Artillerieregiment 86 ermor-» det. Tie Witwe des Getöteten stellte daraufhin an die! französische Besatzungsbehörde einen Antrag aus EnL4 schädigung, da der Ermordete der einzige Ernährer? feiner Familie war. Drei Jahre lang erhielt dis Frau keinen Bescheid. Jetzt endlich wird ihr aus den» § französischen Kriegsministerium mitgeteilt, daß ihr An-» ! trag aus Entschädigung als unbegründet abgelehn- - worden sei, da eine Verantwortung des französische», Staates nicht in Frage komme. Als dagegen in Berlin der französische Ser-, geant Manheim anläßlich einer von ihm selbst in an-» getrunkenem Zustande veranlaßten Schlägerei ums Ls» den kam, mußte Deutschland ein Million Goldmarst i als Entschädigung für die Hinterbliebenen zahlen. Iw» ' Duisburg, Ruhrort, Hamborn, Walsum herrschte wo-* ! chenlang Belagcrungs- und Ausnahmezustand wegen», des nachweislich von Belgiern verübten Mordes ! dem belgischen Oberleutnant Graff. t * - Kavdinal Schulte für die deutsche« Kriegsgefangen«»». Bei Gelegenheit eines dienstlichen Besuches ius Koblenz machte Kardinal-Erzbischof Tr. Schulte den» Vorsitzenden der Interalliierten Kommission, Tirard» auf die sehr peinlichen und harten Bedingungen auf, merksam, unter denen die deutschen Gefangen in Frank--- reich zurückgehalten werden. Tirard hat seine Bereit willigkeit, sich zu verwenden, zugesichert. Neues Zcitungsverbot. Die Interalliierte Rheinlandkommission hat die „Tägliche Rundschau"-Berlin für drei Monate ims besetzten Gebiet verboten mit der Begründung, daß' verschiedene Artikel die Sicherheit und Würde der Be- satzungstruppen zu beeinträchtigen geeignet seien. — i Das am 3. März gegen das „Darmstädter Tageblatt^ ! ausgesprochene dreimonatige Verbot ist auf Grund! der vom Reichskommissar erhobenen Vorstellungen vo» der Rheinlandkommission aufgehoben worden. Erhöhung der Gütertarife. n« 2a. Proz. ab 1. Juni. Die Reichsbahn sieht sich, wie sie amtlich mit» teilen läßt, bereits zum 1. Juni gezwungen, die Gü, ter-, T i er- und Expreßguttarife um 25 Pr oz. zue rhöhen. Die Berteuerungsziffer aller von den Eisenbahn gebrauchten Stoffe hat sich von 80 im Monat April aus 92 im Monat Mai erhöht. Die sächlichem Ausgaben der Reichsbahn steigern sich dadurch um rund 7 Milliarden. Dazu kommt vom 1. Mai ab die Eo-» Höhung der Bezüge der Beamten und Arbeiter uor i rund 12 Milliarden, so daß für das Rechnungsjahr 1922 rund 19 Milliarden zu decken sind. Bon einer Erhöhung der Tarife im Perso nen- und Gepäckverkehr soll bis auf weiteres Ab stand genommen werden. Die neue Erhöhung soll gleichzeitig mit den bis» i herigen Erhöhungen demnächst in die Tarife organisch eingearbeitet werden; bei dieser Einarbeitung wer»