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Dresdner Journal : 16.12.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187412165
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18741216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18741216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-12
- Tag 1874-12-16
-
Monat
1874-12
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Journal : 16.12.1874
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1871 Mittwoch, de» tS. Decemder LS«»—M»»t«pr«1,i DresünerMmml I»»»r»t«oprsl^, Verantwortlicher Redacteur: Eommisfionsrath I. G. Hartmann in Dresden G. lSsB- Nachrichten. arte« das Tonelement bilden. K. Banck. der Grundstimmung: nach angespannter activer, tritt eine abgespannte passive ein, wozu die veNksten Lon 3«»rliot» « rUr. ^jLNrUol»! 1 ruir. 1b Nzr. Lu»»«ti>«Nai>ua«Dr 1 Nzr. tB. >.u.G. G. G- » 8. S. S. S. 8. Feuilleton. Redigirt von Otto Bau«». Lr»ed«lu»»r I^Uek nut ^aoiuckunv ä« Sonn- nnä koiottAG«, -Idoncl» Mr ävn kolxonäon Concert der Dreyßig'schen Singakademie unter Mitwirkung der k. Kapelle am 14. d. in der Neustädter Kirche: Die große Passionsmusik nach dem Evan gelisten Matthäus von I. S. Bach. Die Aufführung des großen Werks unter der geist vollen, umsichtigen Leitung des Herrn Generalmusik directors l^r. Rietz war eine durchaus gelungene, wür dige. Die Chöre, von Herrn Musikdirektor Blaßmann mit außerordentlicher Sorgfalt und musikalischem Ver ständnisse rinstudirt, zeichneten sich durch Sicherheit, Aus druck und Reinheit aus, unterstützt von der stilvollen, tonedeln Ausführung feiten der k. Kapelle. Mit hoher Schönheit spielte Herr Concertmeister Lauterbach die Vtolinpartie der Altarie; ungemein vollendet wurden auch die obligaten Sätze der Flöte und Oboe ausge führt. Hr. Hoforganist Merkel ersetzte nach Möglichkeit durch das Harmonium die fehlende Orgel, und in vor züglicher und anerkennenswerther Weise trugen auch die Solosänger zum Gelingen des Ganzen bei. Herr Geyer, dem Berliner Domchor angehörig, be währte sich als ein ausgezeichneter Vertreter der technisch und durch hohe Lage, sowie durch den Ausdruck schwie rigen Partie des Evangelisten. Er beherrscht seine wohl geschulte, im Klange äußerst sympathische Stimme in seltener Weise und verbindet in seinem geschmackvollen und in der Deklamation musterhaft ausgrarbriteten Vor trage Ruhe und Würde mit Belebung durch verschie dene Tonfärbung und innige Gefühlswärme, ohne in Sentimentalität oder rhetorisches Pathos zu fallen. Ihm zunächst stand Frl. Nanitz durch treffliche Stimmwir- Amtlicher Theil. Dre-den, 14. December. Seine Majestät der König haben der Inhaberin des hterselbst unter der Firma „Anna Große" bestehenden Putzwaarengrschäfts, Anna Lrinner, das lPrädicat „Königliche Hoslieferantin" allergnädigst zu verleihen geruht. 6 SV «wer votsr < Deutscher Reichstag. (Sitzung vom 14. December.) Dresdner Nachrichten. Gerichtsverhandlung. (Bautzen. Annaberg.) Telegraphische Witterungsderichte Inserate. kung und musikalische Sicherheit; vortrefflich namentlich trat ihr Vortrag der Arie mit obligater Violine „Er barme dich" hervor. Herr Schmock, ebenfalls k. Dom sänger aus Berlin, besitzt für den „Christus" zwar nicht die unsrer idealen Vorstellung entsprechendes Baßstimme, aber sein Vortrag der Partie war sehr lobenswerth, voll edler Haltung, und anerkennenswerth sicher und musi kalisch verständig waren auch die Ausführungen der Fräulein M. Sartorius (Sopran) aus Köln und die der kleinern Baßpartic durch Herrn Hofopcrnsänger E. Richter. Die außerordentliche, dem Concert gewor dene Theilnahme des Publikums sprach zugleich der Dreyßig'schen Singakademie und ihrem Dirigenten den Dank aus für diese endlich wiedergewonnene Vorfüh rung der Passionsmusik. Wohl bleibt durch eine andere Aufstellung der Ausführcnden hinsichtlich der Klangwir kung — die aber den werthvollen der Deutlichkeit hatte — und durch Verstärkung der Chorkräfte u. s. w. noch eine vollkommnere Wiedergabe derselben möglich, und in letzterer Beziehung ist den hiesigen Chorgesangvereinen hierdurch vorgezeichnet, was zu thun bleibt. Sie müssen zu solchen Aufführungen — auch zu diesen gehört das Palmsonntagsconcett der k. Kapelle — sich vereinigen: das ist an erster Stelle ihre Aufgabe im Dienste der Kunst. Bach's große Schöpfung bewährte die Macht ihres Eindrucks. Auf die Eröffnungsscene, dies polyphone Meisterwerk durchgeistrrter, vollcndenter Kunst, wurde bereits hingewiesen; mit realistischer Gewalt treten die dramatischen Chorsätze ein. Der Schwerpunkt liegt dennoch in den lyrischen Pattien — Chören, Arien, Cho rälen — die auch dem innerlich arbeitenden Gemüths- leben Bach's am nächsten standen. Der innerste Em- pfindungsgrhalt des Christenthums, mit tiefsinniger Mystik gepaart, erklingt dann in ergreifender Frömmig- Jllufirirte Editionen. „Die schönsten Volkslieder der Deutschen." Gesammelt und hcrausgegebrn von Georg Scherer. Illuftrirtc Prachtausgabe mit Holzschnitten und Original- zcichnungen von Piloty, Schwind, Richter, Thumann, Ramberg, Grünenwald, Andreas Müller und Strähnber. Leipzig, Verlag von Alphons Dürr. Unter den poeti schen Specialsammlungen und Anthologien gehört die vorstehende zu den gelungensten. Sie hat bei aller Fülle des Inhalts den leichten künstlerischen Charakter behal ten, der von den Illustrationen zu Volksliedern durch den Charakter derselben gefördert wird. Ucbcr die Reize und den Werth des Volksliedes zu sprechen, sollte in unserer gebildeten Welt kaum nöthig sein; soll es aber geschehen, so kann man sich der Worte Gocthc's, Uhlaud's und der besten deutschen Schriftsteller von Herder an bis auf Heine und Eichendorfs bediene». Im deutschen Volksliede sprudelt ein unversiegbarer Quell echtester Poesie. Goethe fand, daß die Lieder des Volkes eine so wahre Poesie seien, „als sie irgend nur jein kann; sie haben einen unglaublichen Reiz, selbst für uns, die wir auf einer höhcrn Stufe der Bildung stehen, wie der Anblick und die Erinnerung der Jugend für's Alter hat." Waldfrische ist der Charakter dieser Lieder; sic sprechen neben dem Kunstlicdc der gelehrten Dichter einen gesun den Sinn noch ebenso an, wie Feld- und Waldblumen das Auge des Naturfreundes crguicken, selbst wenn sich ihm in seinem Garten die auserlesensten Zierpflanzen darbieten. Es ist die Schönheit der Unschuld, dir nicht sich selbst und ihren heiligen Werth erkennt. Diese Lie ¬ bt- bz- G. S. G. B N. su.G. Dresden, 15. December. Eine der (deutschen) „St. Petersburger Zei tung" aus Berlin zugegangenc Korrespondenz läßt sich, anknüpfend an die unlängst stattgehabtc Begegnung der beiden Reichskanzler Fürsten Gortschakow und Bismarck in der deutschen Ncichshauptstadt, über die freundschaft lichen Beziehungen Rußlands zu Deutschland und die Aussichten der bekanntlich vom Kaiser Alexander angeregten Codification des öffentlichen Kriegsrechts in eingehender Weise und so autoritativem Tone ver nehmen, daß eine wörtliche Wiedergabe des Correspon- denzartikels gewiß für Viele von Interesse sein wird. Der Berliner Korrespondent schreibt dem nordischen Blatte Folgendes: „Die mehrtägige Anwesenheit des russischen Reichskanzlers in der Hauptstadt des deutschen Reichs, seine wiederholten Conferenzen mit Fürst Bismarck und der besondere Nachdruck, welcher von halbamtlicher Seite auf diese Thatsache selbst gelegt wurde, mußte in politischen Kreisen wohl bemerkt werden. Es ließen demzufolge auch die mannichfachstcn Kombinationen wie Kommentare nicht lange auf sich warten, die um so unglücklicher ausfallen mußten, je mehr Gewicht auf Leieqr.iMsche Nachrichten. Berlin, Dienstag, 15. December, Nachmit tags. (Tel. d. Dresdn. Iourn.) Die Verhandlungen im Processe Arnim (vgl. umstehend den ausführlichen Bericht über die gestrige Sitzung) wurden heute Vor mittag wieder ausgenommen. Zunächst replicitt der Staatsanwalt Dessen- dorff auf die gestrige Vettheidigungsrede des Profes sors v. Holtzcndorff. Er führt aus, Professor v. Holtzcn- dorff sei hier nur Vettheidiger und nickt Sachverstän diger. Sein Uttheil über die technischen Momente des diplomatischen Dienstes sei also für den Gerichtshof ab solut nicht maßgebend. Es handele sich hier nicht um den civilrechtlichen Begriff des Eigenthums, sondern um den criminalrechtlichen, und dieser stehe durch die Reichs- strafaesetze fest. Daß die fraglichen Schriftstücke Urkun den seien, folge aus den M«tven zum Reichsstrafgesetz- buch, wo nach dem zweiten Absätze des Art. 348 die erwähnten Urkunden nicht sokhe im engern Sinne, son dern solche jeder Art sein sollen. Der Staatsanwalt weist aus ihrer geschäftlichen Behandlung nach, daß sie amtliche Urkunden seien, erhält auch den behaupteten Dolus aufrecht und führt noch an, daß das traurige Familienereigniß (Tod der Tochter des Grafen Arnim) bereits am 16. Januar d. I. erfolgt sei. Hierauf ergreift Prof. v. Holtzendorff das Wort zur Duplik. Sodann sprach zur Vertheidigung des Angeklagten Justizrath Dockhorn. Derselbe sucht zunächst nach- zuweiscn, daß mehrere Punkte, darunter die Veröffent lichungen im Brüsseler „Echo du Parlement" und in der Wiener „Presse" sehr unwesentlich sind und für irgend welche Schuld des Angeklagten nicht das Geringste er geben haben. In der Presse sei Nichts veröffentlicht worden, was Staatseigenthum gewesen. Der Vettheidiger geht sodann auf die drei Kategorien der vermißten Schriftstücke und auf den von der Staatsanwaltschaft für die Anklage unternommenen Beweis ein, verneint die Frage, daß die in Rede stehende That dem Grasen Arnim bei seiner ehrenhaften Vergangenheit zuzu trauen sei, und hebt hervor, daß kein vernünftiges Motiv für strafbare Handlungen Arnim's existire, da alle diese Actenstücke ja doppelt vorhanden waren. Justizrath Dockhorn hält an der Behauptung fest, die sogenannten Conflictsacten seien Privatacten Arnim's, und hierüber sei nur der Civilproceß denkbar. Der Vettheidiger deducitt unter Hinweis auf die Zeugen aussagen, sowie auf den Inhalt und die Form der in Betracht kommenden Schriftstücke, daß alle zur Sache gehörenden Punkte nicht nachgewiesen seien, und was enviesen, sei nicht zur Sache gehörig. ZV LomlnisniooHr äs« Or««<l»«r 3ouro»l»; ebsvä«».: La-«, Fs-.' u. L ZV«^,- » H.: Z/ati«»!.?/«»» «d , L«rU» wrt «. U -UÜLck«»- ä/osss, L«rlm ^1. Znrcck^netanl.ZZ Z. Ssk/qttt, vr«i la«: T. « Lürsau; vd-mMr: ZV. t oiAl. kUrt» H.: Z7. Zar-rrVoksu. ,7.0. Z>auZe<Z ÜSrUt«: Znv -O., ULLoover: , k«rt«: ZZiin», -Z LV., StullssaN: Z>,uZs <k LV., Vien: .1/ , llsi-snsxsksrr 1 I'ünijkI. bxpeUitiou Us^ On^llnsr.louruak, Or>«ti-n, Xo. I. Tagesyeschichie. Dresden, 15. December. Nach einer Berliner Korrespondenz in Nr. 291 der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" hat die Wagenfabrik „Westphalia" in Hagen in einer Eingabe an das königlich preußische Handels ministerium unter Anderem die Behauptung aufgestellt: die königlich sächsische Regierung habe Concurrenzangc- bote, obschon ihnen ein öffentliches Concurrcnzausschrciben vorausgegangen, mit der directen Erklärung zurückgcwicsen, daß in Sachsen principiell Offerten nichtsächsischer Fabri kanten ausgeschlossen seien. Diese Behauptung ist vollständig unwahr. — Das öffentliche Ausschrciben der Lieferungen wird bei dersäcksischcuStaatsciscubahnver- waltung im weitesten Umfange geübt. Die Ertheilung der Aufträge erfolgt dabei einzig und allein nach den durch die Sache selbst gebotenen Grundsätzen, d. h. Billigkeit und Vvrtrefflichkeit der Waarc, der Ruf der Fabrik u. s. w. geben den Ausschlag. Weder principiell, noch sonst wie kommt dabei Bevorzugung oder Zurück setzung von Lieferanten aus dem Gründe vor, weil Letztere in Sachsen ihren Wohnsitz haben oder nicht. — Was insbesondere Eisenbahnwagen anlaugt, so sind während der letzten drei Jahre für die sächsischen Staats- cisenbahnen etwa 14'>0 Wagen geliefert worden aus Fabriken in Berlin, Breslau, Reichshofeu, Bockenheim, Görlitz und Nürnberg. In gleichem Zeitraum wurden 40 Locomotivcn aus Berlin, 21 aus Eßlingen und 41 aus Chemnitz bezogen. I«. Berlin, 14. December. Der Reichstag setzte heute, nachdem er die Convention mit Rußland, betreffend London, Monta-, 14. December, Abends. (W. T. B.) Der Vertreter Perus bei der dentsetzen und der russischen Regierung ist in Plymouth ein- getroffen. In den Kohlenbezirken von Newdley und Deanforest (Grafschaft Lancaster) steht eine allge meine Arbeitseinstellung seilen der Grubenarbeiter bevor. Ein Telegramm der „Daily News" aus Kal kutta vom heutigen Tage meldet, daß Dakub Khan, nachdem die Differenzen mit seinem Vater jetzt völlig beigelegt find, von Letzterem wieder in Frei heit gesetzt und nach Herat auf seinen Gouverneur- posten zurückgekehrt ist. Rach hier eingeaangenen Mittheilungen auS Valparaiso vom l. d. hat die Deputirtenkammer von Chili ein Gesetz angenommen, welches die Ausführung von Anordnungen der päpstlichen Curie, falls dieselben eine Gefahr für die Unab hängigkeit und Sicherheit deS Landes enthalten sollten, mit Gefängnisstrafe bedroht. DaS von de« Senat verworfene Gesetz, betreffend die Ein- schriukmlg der Befugnisse der Geistlichen, ist von der Deputirtenkammer ebenfalls mit 58 gegen 29 Stimme« angenommen worden. AuS Panama wird gemeldet» daff^die M-ie- rnngen von Honduras uud San Salvador die Uebereinkunft geschlossen haben, sich gegenseitig zu unterstützen, um der ultramontanen Partei ent- gegenzutreten. Die Regierung von Guatemala ist eingeladen, sich dieser Vereinbarung anzuschlirßen. Nichtamtlicher Theil. Uebersjcht. Telegraphische Nachrichten. Zeitungtschau. (St. Petersburger Zeitung.) TageSgeschichte. (Berlin. Görlitz. Köln. Straßburg. München. Rom. Madrid. London. Konstantinopels !v. 1872 , Kauz. lombar- ioriUtteu ! 123 bv. Schluß) » Reu» a v. >871 » 07*; 86« 6 H »r. 1882 Sfterr. te ; niariiche er. (Au- nerikaner Jta- Türken :br (Lu- tulbmaj-- att, Ver lort bOM cikanische, ec, Nm iw Ballen und Gr- weichend, chiffungen amerita« , mlddi. >l)roUerai ir eng al ir Umrat c MadraL wrra 6k, vreSdea» 00 Kilo- ,, feinster ier galizischer ter drsgl. 6 Thlr., -afer loco »atizier — , Tatter- -62 Thlr.; neu ,ps 82 bis lein «4—82 edischer so i4 Thlr '; Pt.-L)ctbr., s pro Ivo ieizeumehl: irslerauSz lw Thlr.. Zoblmcbl 7 lv Thlr. Thlr.. SH Thlr., mnehl pro Noaqcn- bH Thlr. is Thlr. G Geschäfts- der (Prc- :o bb-70 April-Mai Roggen S., April- 148 Matt, >18'/,Thlr. 67'/» Mark, tter Rüdbt ^/i», April« M. -gtt., ember - «Letter: Bern, Montag, 14. December, Abends. (W. T. B.) Der Nationalrath hat heute mit 7- gegen 37 Stimmen die Erklärung abgegeben, daß der Bund zur Aufstrlluna gesetzgeberischer Vorschriften, betreffend die Eheschließung, kompetent sei. das angeblich Plötzliche und Unerwartete dieses Besuchs des Fürsten Gortschakow gelegt wurde. Dennoch war es für Stiemanden ein Geheimniß, daß Fürst Gortscha kow alljährlich bei seiner Rückkehr aus Vevey nach St. Petersburg unsere Stadt zu passiren pflegt, und wenn er nicht jedesmal, wie dies jetzt geschehen, längere Bcra- thungen mit dem deutschen Reickskanzler gepflogen, so rührt dies einfach daher, daß in früheren Jahren Fürst Bismarck um diese Zeit noch auf seinem pommerschen Tusculum weilte, welches er diesmal der beschleunigten Einberufung des Reichstags wegen früher, als in den letzten Jahren der Fall gewesen, zu verlassen genöthigt war. Diesmal also weilte Fürst Bismarck in Berlin, und nicht das konnte auffällig sein, daß sich bei der Gelegenheit die beiden Staatsmänner sahen und sprachen, sondern das Gegentheil vielmehr hätte Verwunderung erregen dürfen. Dennoch bin ich weit entfernt, die Trag weite der Begegnung dieser beiden leitenden Politiker zu unterschätzen. Ganz im Gegentheil. Die Bedeutung der wiederholten Besprechungen beider Kanzler ist in die Augen springend. Zunächst konnten sic all den üblen Ausstreuungen als korrectiv dienen, welche in bekannter Absicht eine Entfremdung der Cabinete von St. Pe tersburg und Berlin aus dem Umstande heraus con- struitt hatten, daß in der Angelegenheit der Anerken nung Serrano's durch die Mächte für das russische Gou vernement die streng conservative Auffassung, für die deutsche Reichsrrgierung die Zweckmäßigkeit eines anti ultramontanen Erfolges maßgebend geblieben war. Der ungezwungene Verkehr des Fürsten Gortschakow mit Fürst Bismarck mußte cs Jedermann, der überhaupt sehen wollte, klar machen, daß man gegenseitig den Standpunkt des Anderen zu würdigen wisse, und daß aus dieser Ursache schwerlich eine Entfremdung der sonst so intim verbundenen Reiche zu folgern sei. Gewisse französische Politiker mögen ob dieser ihnen somit ge wordenen Erkenntniß in Sack und Asche trauern, mögen einzelnen so gern gehegten Illusionen nunmehr enttäuscht nachweinen, das herzliche Einvernehmen beider Diplo maten, wie der von ihnen repräsentirten Staaten, be ruht auf anderen und besseren, als auf so leicht zu erschüt ternden Grundlagen. Wurde durch die Begegnung Bismarck's mit Fürst Gortschakow diese Thatsache ein für alle Mal der Discussion enthoben, so war damit doch die Bedeutung dieses Beisammenseins nicht erschöpft. Es ist Jbnen nickt ich»- — Septembers I. bald nach Schluß der Brüsseler Con ferenzen zur Codificirung eines internationalen Kriegs- rechtes, welche der großherzigen Initiative des Kaisers Alexander U. von Rußland entsprungen war, das St. Petersburger Cabinet alle betheiligten Mächte ersucht hatte, die gewonnenen Resultate zu prüfen und die Stellung zu präcisiren, welche jede einzelne Regierung zu dem im Schlußprotokoll des Congresses stritten Er gebniß der Bcrathungen einnehme. Es ist ebenso be kannt, daß namentlich das englische Ministerium sich sehr wenig geneigt zeigte, auf diese Präcisirung einzu- gchen, soweit dieselbe eine Aufsichnahme von Verpflich tungen zur Konsequenz gehabt hätte. 'Nun, scheint es, fiel die Anwesenheit des russischen Kanzlers in Berlin mit der Absendung einer zweiten russischen Cirrularnote zusammen, welche den Mächten den Wunsch des St. Petersburger Cabinets kundgab, für nächstes Frühjahr eine Fortsetzung dieses Brüsseler internationalen Kriegs- rcchtscongresses nach St. Petersburg einbcrufcn zu sehen, damit man Gelegenheit finde, das in Brüssel gesam melte „schätzbare Material" an der Hand der nun zu präcisirenden Wünsche und Winke der verschiedenen Re gierungen in angemessener Weise zu sichten. Man ver- sichett, die russische Regierung habe einen besonderen Nachdruck darauf gelegt, in St. Petersburg weuigstens alle jene Ausführungen und Beschlüsse der ersten Konferenz, welche sich auf humanitäre Leistungen uud Maßregeln während eines Krieges beziehen, in bindende Forni zu gießen, weil man sich ohne Zweifel der Hoffnung hin gab , daß bei dieser vorläufigen Einschränkung des Pro gramms auch die Abneigung der dem Unternehmen we ¬ niger günstig gesinnten Cabinete am leichtesten über wunden werden könne. In Berlin, dies glaube ich ge trost behaupten zu können, fielen die Wünsche und An deutungen dieser russischen Circularnotc auf ein sehr günstiges Erdreich. War doch Fürst Bismarck in der Lage darauf hinweifen zu können, daß sich die deutsche Reichsregierung in ihrer bekannten Vorlage an den Reichstag über die Organisirung des Landsturms bereits alle jene Vorschläge ungeeignet habe, welche die erste russische Denkschrift über die Verwendung nicht-unifor- mittrr Diaffen enthält. In der That ist ja auch das neue deutsche Landsturmgesetz nichts Anderes, als die An Wendung der theoretischen Aufstellungen des Kaisers Alerandcr auf die Wehrverfassung des deutschen Reiches. In Oesterreich, wenn man dort auch nickt so rasch vorgegangen, wie in Preußen-Deutschland, hat, ebenso wie in Italien, die russische Initiative auch angemessene Berücksichtigung zu hoffen. Anders aber steht es in England und selbst in Frankreich. In beiden Ländern verhält Man sich auffallend kühl und sucht unter der Hand die Abgeneigthcit der kleineren Staaten, welche durch die russischen Vorschläge seltsamer Weise ihre Vertheidigungsfähigkeit gemindert glauben, möglichst rege zu halten, um den anderen'Großmächten nicht gar zu isolitt gegenüber zu stehen. So soll namentlich in Bern, in Brüssel, im Haag, in Stockholm und Ko penhagen anglo-fränkischer Einfluß thätig sein, um die geplante Fortsetzung des Brüsseler Congresses zu hin tertreiben. Es ist indessen schon jetzt vorauszuschcn, daß im Wesentlichen damit nichts erreicht werden wird. Die Großmächte — Rußland, Oesterreich, Deutschland und Italien — sind nötigenfalls Mannes genug, um unter sich Grundsätze zu stipulircn, die sie im Kriegs fall nicht außer Acht lassen dürfen, und tritt dann ir gend eine Eventualität ein, so würden cs sich die dis- sentirenden Staaten lediglich selbst zuzuschrcibcn haben, wenn sie an den Wohlthaten des in humanitärer Ab sicht geschlossenen Ucbereinkommcns nicht mit p rtici- piren dürfen. Glücklicherweise freilich ist eine solche Eventualität zur Zeit nicht zu fürchten. Soll doch auch Fürst Gortschakow hier in Berlin, und zwar in gar nicht mißzuvcrstehendcr Weisc seiner Ucber;eugung Worte geliehen haben, daß der Frieden Europas ihm auf Jahre hinaus gesichert erscheine, und diese Zuversicht ist Bürgschaft gcniig." - > keit und nach dem Wort: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt". Die schwächere Seite des Werks liegt in den Reci- tativen des Evangelisten. Das Recitativ hatte damals bereits in Italien eine sehr vollendete Ausbildung em pfangen, aber Bach war damit ohne Zweifel nicht — wie z. B. Händel — vertraut geworden. Diese Reci- tative — wie Hauptmann sehr richtig bemerkt — sind zu fest an rasch wechselnde Harmonie gebunden, zu un ruhig ohne sichere Mittellage im großen Umfange der Melodie umherspringend, ost gewaltsam, eckig in den Tonlinien, zu minutiös malend im einzelnen Wortaus druck. Man könnte diese Eigenschaften mit der Un- schönheit der Linien bei den altdeutschen Malern, gegen über den Werken gleichzeitiger italienischer Meister ver gleichen. Daß die Recitative bei dieser eigenartigen nicht durch die Zeit, sondern durch Nationalität und Lcbcnsverhält- niffe motivitten Behandlung trotzdem im Einzelnen eine Fülle tief empfundener, charakteristischer Wahrheit bieten, zeigt nur um so mehr Bach's Genie. Aber des Evangelisten Partie verlangt für spätere Aufführungen jedenfalls noch mehr Kürzungen, als sie schon erfahren hat. Die Chorsätze z. B. rücken dann enger zusammen, die Wirkung wird einiger, größer. Und auch aus Picandcr's Tett könnte man mit Vor- thril für den Eindruck manche zu geschmacklose Aus- druckswrisen ausscheiden und durch bessere demselben Sinne entsprechende ersetzen. Ein Moment sei noch als charakteristisch für das Werk erwähnt. Im ganzen ersten Theil desselben herr schen die Kreuztonarten, und noch vorwaltend in der ersten Hälfte des zweiten; nach der Kreuzigung aber tre ten dir K-Tonatten ein. Kaum kann man darin Zufall und Willkür bei Bach erblicken, vielmehr den Ausdruck Wien, Montag, 14. December Nachmittags. (W. T.B.) Das Abgeordnetenhaus beendigte in seiner heutigen Sitzung die Berathung deS Bud getS für daS Jahr 1875 und nahm sä*mtliche Ausschußanträge an. Der ResolutionSantrag, daß in der Festsetzung der gemeinsamen Erfordernisse der Finanzlage deS Landes Rechnung getragen werde, wurde dem BundeSauSschusse überwiesen. Im Laufe der Debatte gab der Finanzminister die Erklärung ab, daß die Herstellung der Valuta zu den ersten Aufgaben der Regierung gehöre.
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