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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960810022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896081002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896081002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-10
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
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Größere Schriften laut unserem Preis- oerzeichniß. Tabellarischer und Ziffern,-« nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de» Würgen - Ausgabe , ohne Postbesörberuiig SV.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschlvß für Anzeigen: Abend»Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Bolz in Leivzig Montag den 10. August 1896. -1 ", «I! ! HMD! I>> SO. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. August. Die „Münchner Neues). Nach." versichern, daß Fürst Hohenlohe sich lediglich wegen der Orientkrisis zum Kaiser nach Wilhelmshöbe begeben habe, und für eine Berliner Leitung steht eS außer Zweifel, daß die Reform der Militair- strafproceßordnung zu den Angelegenheiten gehöre, die den Kanzler zur Reise bewogen hätten. Wir baben nicht den Ehrgeiz, das Eine oder daS Andere bestätigen zu können, meinen aber, der Stand der Dinge im Orient sei derart, daß er für die Zusammenkunft von Kaiser und Kanzler nicht nur eine völlig ausreichende Erklärung bietet sondern sogar den Beweggrund bilden kann, eine Gelegenheit, wie die der Militairstrafproceßordnung, in der möglicher Weise ein trennendes Moment liegt, nickt zu berühren. Man würde kaum daS Bedürfniß haben, mit einer europäischen Frage, die vielleicht an einen Punct gerälb, wo sie das gesammte politische Interesse der Großmächte in An spruck nimmt, eine innerpolitische Angelegenheit concurriren zu lassen, die zu einer Störung in der Führung der aus wärtigen Geschäfte führen kann und, was doch sehr inS Ge wicht fällt, nicht vor dem Zusammentritt des Reichstag es, also nicht vor einem guten Vierteljahre, geklärt sein muß. Jeden falls muß, da daS erwähnte Berliner Blatt einer mißverständ lichen Auffassung nicht allen Raum benimmt, gesagt werden, daß man in der nationalliberalen Partei zwar ein sehr lebhaftes Bedürfniß nach einer reformirten Militairstrafproceßordnung, aber keines nach einer NeichskanzlerkrisiS bat. Muß eine solche entstehen, so wird es geschehen, weil Fürst Hohen lohe über das Militairstrafverfahren in Meinungsver schiedenheiten mit militairischen Würdenträgern und obschon er im Einklang mit dem Reichstag sich befindet. Selbstverständ lich wird eine solche Entwickelung sehr schwierige Verhältnisse zwischen Reichstag und Regierung schaffen. Aber diese Frage eignet fick nicht zur Complication mit Dingen der euro päischen Situation. Sehr viel freier ist man auf beiden Seiten gegenüber dem Leiter der Militärverwaltung, und eine Bronsart-KrisiS scheint denn auch unvermeidlich, wenn es richtig ist, was beute die „Berl. N. N."mittbcilen, daß nämlich der sachliche Gegensatz, der in der Angelegenheit der Militair- strafproceßordnuiig zwischen dem Kriegsminister und dem Mili- taircabinet bestand, durch die gegen den ausdrücklichen Wunsch des Herrn von Bronsart erfolgte Versetzung des Generals Habe rling, de§ Cbefs der CentralabtheilnngdeS Kriegsmini steriums, in den Frontdienst, auf das persönlicheGebiet übertragen worden sei, und damit dem Kriegsminister der Anlaß gegeben „worden war", den Ab schied ans persönlichen Gründen nachzu sticken. Hat diese Verschiebung den vollen Erfolg gegenüber dem Kriegsminister, so wird der Reichstag nicht Unterlasten, un zweideutig zu bekunden, daß er über die wahren Ursachen des Rücktrittes des ausgezeichneten Verwalters des Kriegswesens nicht ins Unklare versetzt werden konnte. Ter preußische Gesetzentwurf über die Lrganifation des HanöwcrkS stellt beinahe hinter jede Bestimmung Behörden und Staatscommissare. Und doch zieht sich durch den ganzen Entwurf das Bedenken hin, daß alle Bevorm unduug nicht auöreiche» möchte, eine wirklich lebensfähige und leistungs fähige Organisation des Handwerks zu schaffen. Die „Nat.- Lib.-Corr" führt hierzu auö: „In letzter Linie kommt doch Alles darauf an, ob die Handwerker selbst gewillt sind, die Bestrebungen, welche sich der Organisationsplan zum Ziele gesetzt bat, zu ihren eigenen zu machen oder nicht. Der Ent wurf und noch mehr die Begründung desselben erkennen das auch unumwunden an. Der tz 83 a siebt bereits die Möglich keit vor, daß die Bildung einer Innung unterbleibt, wenn die Mehrzahl der dabei betheiligten Gewerbetreibenden der selben widerspricht. Die Begründung,welche dieseckBestimmung beigegeben ist, führt mit Recht aus, daß „der Regel nach" von einer gedeihlichen Tbätigkeit der Innung nur da die Rede sein kann, wo „mindestens die Mehrheit" der ihr zu gewiesenen Handwerker bereit ist, „mit Energie und Nach haltigkeit" an die Erfüllung der Innungsausgaben bcranzugeben und die dadurch bedingte» Mühewaltungen zu übernehmen. Fehlt eS an dieser Voraussetzung — sagen die Motive weiter — und niuß nach der Entschiedenheit, mit welcher sich die Mehrzahl der betheiligtcn Handwerker gegen die Bildung der Innung ober die Zutheilung zu einer Innung anflehnt, erwartet werden, daß sie sich demnächst von der Jnnungs- thätigkeit dauernd fernhalten oder gar ihr bindernd in den Weg treten, so wird man besser daran tbun, von der Er richtung einer Innung oder der Zuweisung solcher Handwerker zu einer Innung Abstand zu nehmen und sich mit dem Vor handensein des Handwerksausschusses zu begnügen. Daß dieser Fall sehr häufig cintreten wird, ergiebt sich nicht nur aus der Stellung, welche die überwiegende Mehrheit der Hand werker bis jetzt dem Jnnungsweien gegenüber eingenommen bat, sondern auch aus anderen Umständen. Die Motive zu dem Gesetzentwurf besagen, in den breiten Schichten des Handwerkerstandes sei der Gemeinsinn augenscheinlich nicht lebendig genug gewesen, um den Widerwillen gegen die Unterordnung des unmittelbaren eigenen Vortheils unter die Interessen der Gesammlheit mit dauerndem Erfolge bekämpfen zu können. Den fakultativen Innungen sei eS nicht gelungen, den größeren Theil der Handwerker in sich zu vereinigen, vielfach habe sich nur ein kleiner Bruchtheil zum Anschluß an sie bereit finden lassen. Die Begründung des Gesetzentwurss bestätigt sodann die von den Zünftlern vielfach angefochtene Behauptung, daß nur etwa ein Zehntel sämmtlicher Hand werker reu freiwilligen Innungen beigetreteu sei. Und diese Ab neigung sollte sich Zwaugöinuungen gegenüber, die in ihren Befugnissen im Vergleich zu den fakultativen Innungen be schnitten, dafür aber mit weitgehender behördlicher Bevor mundung bedacht sind, weniger geltend machen? Als eiueS der wesentlichsten Ziele der Organisation ist die Regelung und Hebung des Lehrlingswesens hingestellt. Tie Mo tive zu dem Gesetzentwurf geben indessen zu, daß diejenigen Handwerksmeister, welche ohne Gesellen und Lehrlinge arbeiten, an diesem Zweck der Innungen weniger interessirt seien. Die ohne Gesellen und Lehrlinge arbeitenden Hand werksmeister machen aber die Mehrheit auS; sie betragen im Ganzen 55,5 Proc., und in Len ländlichen Bezirken sogar 60,9 Proc. aller Handwerksmeister. Die Vermuthung liegt sehr nahe, daß sich diese Mehrzahl energisch gegen eine Orga nisation wehren wird, die, statt greifbare Vortheile zu ge währen, nur persönliche und finanzielle Leistungen von ihr verlangt. Für die Bereitwilligkeit der Handwerker, solche Leistungen zu übernehmen, liefern den besten Maßstab die Aufwendungen, welche die bestehenden Innungen für Zwecke gemacht haben, die sich in der Hauptsache mit den Aufgaben der zukünftigen Zwangsinnungen decken. Dieselbe» sind durchweg minimal, ja in vielen Fällen gleich Null. Sind doch Fälle constakirt, wo die Innungsmeister sich gegen die Erhebung von Beiträgen in der Höhe von 10 gesträubt haben. Daß sich auf dem Boden der Zwangsinnung eine größere Opferwilligkeit er geben wird, bezweifeln wir billig. Man wird also von vorn herein damit rechnen wüsten, daß der eigentliche Unterbau der Organisation und der wichtigste Bestandtbeil derselben bockU lückenhaft sein wird. Der Nothbebelf der Handwerksausschüssc aber wird an ähnlichen Erscheinungen kranken und dann wird man am Ende der Zwangsmittel angelangt sein, wenn man nicht die Maßregel des tz 90s: Auslösung und Neuwahlen, in Permanenz erklären will." Mit dem jüngst aufgetauchten und dementirten Gerückt, daß England die Delagoabai käuflich an sich bringen wolle, beschäftigt sich die „Nvrdd. Allg. Ztg." in einem an scheinend officiösen Artikel. Sie erinnert zunächst an den Ausgang des Streites zwischen den Vereinigten Staaten von Brasilien und Großbritannien um die Insel Trinidad, an die Opfer, welche Spanien bringt, um fick in Euba zu behaupten, und an Venezuela, welches keine Verschiebung seiner Grenzen zu feinen Uugunsten dulden will. Alles beweise, welch' großen Werth in neuerer Zeit sowohl die altberühmten Colonialmächle Europas, als auch die aus spanischen oder portugiesischen Eoloniialioneu hervorgegangenen Staaten aus die Erhaltung der Integrität ihres Landbesitzes legen. Alles dies an sich sei schon hinreichend, um Zweifel an dem Gerücht wegen Ankaufs der Delagoabai durch Eng land zu erregen. Die „Norbd. Allg. Ztg." recapilulirl dann die Verhandlungen, welche zwischen England und Portugal um die Delagoabai und die dortigen Landstriche statlgefunven haben, und fährt fort: „Gewöhnlich erinnert man an die Geldnoth Portugals, um die Geneigtheit seiner Regierung, auf einen Theil des afritansichen Ge bietes gegen entsprechende Gntjchädigung in Baar zu verzichten, als wahrscheinlich darzuiieUen. Dir finanzielle Lage Portugals dürste aber eher einen Grund gegen eine derartige Annahme abgeben. Ja, wenn sich ein solches Geschäft, wie die Avlrriung eine» werth vollen Colonialgebietes, in einem Huiterslübchen bereinigen ließe, ohne daß Drille etwas davon erführen! So aber würden wahr- scheinlich noch schneller als die englischen Pound» die portugiesischen Slaalsgläubiger sich m Lissabon «infinden, und diese würben sich, wenn das Geld wirklich da wäre, sicherlich nicht mit schönen Worten abjpeijen lassen. Zu dem einzigen Zweck, ihren Gläubigern «in un erwartetes Vergnügen zu machen, wirb aber kaum eine portugirsiichr Regierung den Vorwurf auf sich nehmen wollen, da» Reich um eine schöne Eotonie verkürzt zu haben. Aber sogar wenn sich ein portu giesisches Ministerium sande, welches einem Geschäft in Lolonial- iverthen, wie das hier in Frage stehende, nicht abgeneigt wäre, und wenn von der Einsprache anderer, bet Veränderungen im afrika nischen Golonialbestp interejsirler Mächte ganz abgesehen werden soll, so würden die Vorgänge des Jahres 1890 und das damalige Auf- slaminen der oatwnalen Gntrüpung gegen England genügen, um es zur Gewißheit zn machen, daß am selben Tage, da die öffentliche Meinung in Portugal glauben würde, begründeten Verdacht zu haben, daß das Cabinet coloniales Gebiet gegen Geld abtreten wolle, dieses Eabinet vom Ruder des Staates zu rücktreten müßte. Das nationale Empfinden der alten Eolonialvölker hat, wie im Eingang diese« Artikels erwähnt, mit Bezug auf die Behauptung der Integrität des colonialen Besitzes im Laufe der letzten Jahre seine Reizbarkeit offenbar noch wesent lich gesteigert. Wenn irotzdem Gerüchte über englisch-portugiesische Verhandlungen behufs käuflicher Erwerbung der Delagoabai oder anderer Theile des portugiesischen Eolonialgedietes in Südostafrika mit großer Hartnäckigkeit wiederkehren, so handelt es sich dabei ohne Frage um Bürjenmanöver, die vom Londoner Platze ausgehen. Demgegenüber thut die portugiesische Regierung ihre Pflicht, wenn sie neuerdings in einer officiöien Note aujs Bestimmteste versichern läßt, daß die Nachrichten über angebliche Vorverhandlungen zwischen Portugal und England, belreffend die Abtretung der Bai von Louren<;o.Marquez, jeder Begründung entbehren." Wir können dem nichts entgegenhalten, wiederholen aber unsere Auffassung, daß eS auch noch andere Mittel und Wege für England giebt, in den Besitz der Delagoabai zu gelangen, wie z. B. ter Ankauf der Actien der Delagoabahn, die zum Theil schon in englischer Hand sich befinden. Mit einem Anfluge von Melancholie findet sich die öffenl- licke Meinung Englands in den Verlust TriniVaVs, nack dem das als Schiedsrichter angerufene Portugal entschieden bat, daß die Souverainetätsansprüche Brasiliens aus jenes von John Bull schon für gute Beute erklärte Felseneiland woblbegrünkete seien. In Portugal hinwiederum herrscht eitel Befriedigung über den Ausfall des Schiedsspruches, weil England gegenüber das Bewußtsein der portugiesisch brasilianischen Stammesvetternsckaft zum Durchbruch kommt und Portugal auf England wegen der verlangenden Blicke, womit letzteres ans die Delagoabai, Goa und andere überseeische Besitzungen der Portugiesen schielt, nichts weniger denn gut zu sprechen ist. Die englische Vorliebe für Schieds gerichte hat im Laufe der Jahre eine merkliche Abschwächung erfahren, weil in einer Reihe von Streitigkeiten, denen als treibendes Motiv die unersättliche britische Länder gier zu Grunde lag, der Spruch des als schiedsrichterliche Instanz angerufenen unparteiischen Staates natürlich nicht anders als zu Englands Ungnnsten ausfalle» konnte. Die Alabamafrage, die San - Juan - Frage, bedeuten für England ebensoviel verlorene Proteste, ihnen gesellt sich jetzt das FiaSco in der Trinidad- Affaire hinzu. Wenn in dem Behringsec - Streite Eng land theoretisch günstiger abschnitl, so wurde der prak tische Werth dieses Erfolges doch wiederum wesentlich beeinträchtigt durch die Weigerung der Vereinigten Staaten zur Ersetzung des durch ihr Verhalten den britischen Interessenten erwachsenen pecuniären Schadens. Man kann es nach alledem Lord Salisbury nicht ver denken, wenn er der Austragung des Venezuelastreites durch schiedsrichterlichen Spruch nur sehr mäßige Sympathien ent gegenbringt und in seinem Schriftwechsel mit dem amerika nischen Staalssecretair des Auswärtigen Olney die theoretische Geneigtheit zur schiedsrichterlichen Austragung aller zwischen England und den Vereinigten Staaten möglichen Conslicte in jedem einzelnen Falle mit so viel Eautelen umgiebl, daß der praktische Werth seiner SchiebSgerichtslheorie gleich Null ist. In Abessinien scheinen wieder kriegerische Ereignisse bevorzustehen. Nach in Paris vorliegenden Meldungen ist General Baldissera, der Gouverneur von Erythräa, von Savona, wo er gegenwärtig bei seiner Familie weilt, plötzlich nach Rom zum Kriegsminister berufen worben, wie es heißt, weil die Lage in der Colonie bedrohlich wird Die Mittheilungen, die der italienischen Regierung von dort zugegangen sind, sollen bestätigen, daß der NeguS sich für den Herbst zum Krieg rüstet. Große Mengen Waffen und Munition sollen in Dschibuti ausgesclsifft worden sein. Die Unterhandlungen würden blos zu dem Zwecke fort gesetzt, die Italiener über die feindlichen Absichten Menelik's zn täuschen. General Baldissera batte bereits eine längere Unterredung mit dem Kriegsminister. — Der Correspondent der „K. Ztg." giebt diese Nachrichten wegen der bekannten Haltung der französischen Blätter Italien gegenüber nur mit Vorbehalt wieder, doch scheint tbatsachlich eiwaS in Vorberei tung zu sein, wie auS folgender, schon kurz erwähnter Nachricht aus Rom, 9. August, hervorgeht: Als nach Meldungen der Blätter die Durchfahrt von mit Waffen beladenen Schiffen durch den Suezcanal an- Frnrlletsn» Jim Pinkerton und ich. Roman von R. L. Stevenson und Lloyd Lsbourne. 37j Autorisirte Bcarbeitung von B. Kätscher. Nachdruck verboten. Sie kehren aufs Deck zurück, Wicks rief den Seinigen die Neuigkeit zu, das VormarSsegel wurde wieder gefüllt, die Brigg lief in die Lagune ein — das Boot hinterher — und warf um acht Uhr an der Midway-Insel die Anker aus. Nun stiegen die Schiffbrüchigen an Bord, man frühstückte, häufte die Ladung des Bootes in der Kuhl auf und beide Mannschaften gingen alsbald mit größtem Eifer an die aakclungsarbeit. Das Mittagesten wurde auf Deck eingenommen. Während die Matrosen vorn fraternisirten, speisten die Officiere hinten unter dem mittleren Theil deS FlittrrsegelS. Trent war in vortrefflicher Laune, sparte nicht mit Grog, spendirte zum .iachtisch sogar eine Flasche Capwein und ergötzte die Gäste nst vielen Anekdoten auS seinem Cardiffer Bankiersleben. Er batte vierzig Jahre zur See verbracht, fünf Mal Schiff- l iich erlitten, einen chinesischen Seekrieg mit gemacht und ivar neun Monate lang von einem Pfeffer-Radscha gefangen ^-halten worden. Aber all dies berührte er blo« flüchtig; eingehend sprach er nur von einem Gegenstand, dem einzigen, auf den er stolz war — seiner Tbätigkeit als Geldverleiher in dem Armenviertel jener Hafenstadt. Nachmittags gings wieder an die Arbeit — sehr zum Leidwesen der durch das Hazardspiel und den Mangel an Schlaf völlig erschöpften Bemannung deS „Schönen Teufels". Tie BedauernSwerthen mußten alle Kräfte aufbieten, um nicht zusammenzubrechen, und al« Trent am Abend die vor- cschriebene Aufgabe zu seiner Zufriedenheit vollendet sah, cnvartetin sie mit Ungeduld den Auftrag, in See zu stechen. Aber der gute Mann schien nicht in Eile zu sein, sondern rief Wick« heran und flüsterte ihm zu: „Sagten Sie nicht, Herr Kirkuv, daß Sie mit ihren Leuten eine Art Handelsgesellschaft bilden?" „Ja, wir arbeiten Alle auf Gewinnbetheiligung." „Schön! Jetzt möchte ich Sie bitten, ^nit Ihrer ge- sammten Mannschaft al« meine Gäste den Thee in meiner Kajüte eiuzunehmen. Wollen Tie?" WickS War höchlich erstaunt, wagte aber keinen Wider spruch, und so saßen denn die sechs Schiffbrüchigen alsbald mit Treut und Goddedaal bei Tische. Zum Thee gabs Marmelade, Butter, Sardinen, Zunaencvnserve und geröstetes Weißbrot. Die Beschaffenheit der Lebensmittel ließ viel zu wünschen übrig, den Gästen jedoch schmeckte AlleS köstlich. Goddedaal bediente und bewirthcte sie mit aufrichtiger Herzlichkeit, während Trent sie nur selten ansprach und mehr in Gedanken versunken war. Erst als der chinesische Koch sich zurückgezogen hatte, wurde dieser würdige Capitain ge sprächiger. „Meine Herren!" begann er. „Da Sie, wie ich höre, Alle zusammen eine Art Genossenschaft bilden, habe ick Sie Alle zu mir geladen, um einen wichtigen Punct mit Ibnen zu besprechen. Sie sehen, daß mein Schiff ein gutes Schiff und die Kost nicht zu verachten ist." Die Neugier der Leute stieg auf« Höchste. Trent blickte starr auf die Mitte deS Tisches und drehte Brodkügelchen, während er fortfuhr: „Nun denn, es freut mich selbstverständlich, Sie nach FriSco mitnehmen zu können; ich pflege zu sagen, daß ein Seemann dem anderen nach Möglichkeit helfen sollte. Aber wenn der Mensch etwas braucht, muß er bekanntlich dafür zahlen." Und er lachte kurz und kalt auf. „Es fällt mir nicht ein, durch meine Güte Verluste zu erleiden." „Wir denken auch nicht daran, da« von Ihnen zu ver langen, Herr Capitain", sagte WickS. „Wir sind gern bereit, Ihnen jeden vernünftigen Betrag zu bezahlen", fügte Carthew hinzu. „Vernünftig?! Wo eS sich um zwei Parteien handelt, die dreinzureden Haben, kann man von einem vernünftigen Preis sprechen, aber nicht, wo nur eine zu bestimmen hat, wie in unserem Fall. Hier habe ich allein zu entscheiden. Wenn Sie einen Vorschuß brauchen — will sagen: wenn Sie von mir mitgenommen sein wollen, müssen Sie sich meinen Bedingungen fügen. Geschäft ist Geschäft. Ich be darf Ihrer nicht, sondern Sie sind auf mich angewiesen." „Und welche« sind Ihre Bedingungen, mein Herr?" fragte Carthew „Wäre ich wie Sie, so würde ich Sie au-beuten, wie Sie jenen Topelius auSgebeutet baben. Damals blühte Ihr Weizen, jetzt blübt der meinige. Sie hatten mit dem Mann in Butaritari kein Erbarmen. Nicht, al« ob ich Sie des wegen tadeln wollte, denn" — und er lacht« wieder kalt und kurz — „in Geschäften und in der Liebe ist Alle« erlaubt. Aber dieses Schiff gehört nun einmal mir. An Ihrer Stelle würde ich Ihnen daS ganze Geld abfordern. Da aber die Hälfte nicht Ihnen gehört und ich ein ehrlicher Kerl bin, will ich mich mit der anderen Hälfte begnügen. Geben Sie mir Ihre zweitausend Pfund und ich will jedem von Ihnen bei der Landung in FriSco fünfzehn Pfund einhändigen, dem Capitain sogar fünfundzwanzig Pfund." Goddedaal legte seinen Kops auf den Tisch; offenbar schämte er sich der Habgier seines Vorgesetzten. Wicks stieg das Blut zu Kopfe und er rief dunkelroth im Gesicht: „Sie scherzen, Herr Trent!" „Glauben Sie? Wie es Ihnen beliebt! Ich will Sie nicht zwingen. Die „Fliegende Lerche" gehört mir, aber diese Insel oben ist nicht mein Eigenthum, und ick habe nichts dagegen, daß Sie dort liegen bleiben, bi« Sie sterben." „Zweitausend Pfund!" schrie Wicks. „So viel ist ja Ihre ganze Brigg nicht Werth!" „Mag sein, aber dennoch verlange ich so viel." „Ist eS Ihr Ernst, daß Sie uns auf Midway verhungern lassen würden?" fragte Harden. Trent lackte zum dritten Mal. Verhungern? Das habe ich nicht gesagt. Ich bin sogar bereit, Ibnen Alles, wa- Sie brauchen, mit angemessenem Gewinn zu verkaufen." Jetzt mischte (ich Mac ins Gespräch. „Entschuldigen Sie, mein Herr!" sagte er zu dem Ex-Bankier. „Mein Fall steht für sich allein da. Ich erarbeitete mir die Uebersahrt, er halte keinen Lohn, besitze kein Geld und habe an den zwei tausend Pfund keinen Antheil. Wie wollen Sie eS mit mir halten?" „Ich bin nicht hartherzig und will Sie daher ohne besondere Entschädigung mitnehmen; nur kriegen Sie selbst verständlich die fünfzehn Pfund nickt." Diese Unverschämtheit war so groß, daß Goddedaal sein Haupt erhob und seinen Capitain ernst anblickte. Er sprach kein Wort. Mac indessen schrie: „Und Sie wollen «in britischer Seemann sein? Pfui Teufel, pfui!" „Noch ein solche- Wort und ich schlage Sie in Fesseln!" antwortete Trent ruhig, fast beiter. „So? Und wo bliebe ick?! Sie alter Fuchs, Sie sind ja unverschämter al« eine Wanze! Ich will Sie Anstand lehren!" Der Irländer sprach diese Worte, ohne seine Stimme sonderlich zu steigern. Daher war Niemand aus da« gefaßt, wa- nun folgte. Mac zog unversehen« di, Hand unter dem Tisch hervor und warf blitzschnell ein offenes Einschlagmcsscr auf Trent. Dieser suchte auszuweichen und gerade seine be treffende Bewegung sollte ihm verhängnißvoll werden. Die Spitze traf ihn derart an der Gurgelader, daß er nack vorn sank und sein Blut die Speisen auf dem Tisch besprengte. Die Plötzlichkeit des Angriffs, der Fall des CapiiainS, der völlig unerwartete Wechsel von Frieden zur Feindseligkeit hielt Alle einige Secunden lang festgebannt. Sie saßen w e erstarrt mit offenem Munde da und blickten unverwandt ans den blutenden Trent. Aber alsbald erhob sich Gotdcraa', ergriff seinen Stuhl, schwang ihn hoch in der Luft und be gann ein furchtbares Gebrüll. Die Schiffbrüchigen dachten so wenig an Kampf, daß sie nicht ihre Revolver zogen, sondern sich vor dem wüthend gewordenen Skandinavier nie hilfleS duckten. Dessen erster Streich brachte Mac mit einem gebrochenen Arm zu Fall, der zweite schlug dem. arme» Hemsteab den Schädel «in, baß das Hirn umherspritzie. Ter Steuermann trompetete wie ein gereizter Elepbaut »nd ge berdete sich wie sinnlos. Doch griff er einstweilen keine Lutte Person an, sondern hielt sich bei dem bereits todten Hemsicad auf, an dessen Leichnam er den Stuhl zerbrach. Der Lärm war schrecklich und rief Carthew zum Bewußt sein zurück. Er zielte fast unbewußt auf den Berserker u>:>- zab fast unbewußt einen Schuß ab, der den Koloß nack kurzem Schwanken und Taumeln todt zu Boden streckte. Uno als unmittelbar darauf Holrorsen, durch den Knall anzelockk, seinen Kopf durch die Cajütentbür steckte, zerschmetterte Carthew, der ein geübter Scharfschütze war, ihm denselben mittelst eines zweiten Schüsse«. „Munition der!" schreiend, stürmte er über Holdorsen'« Leiche hinweg hinauf. Wicks, Habben und Amalu folgten ihm auf dem Fuße. Die beiden Parteien waren jetzt gleich stark, aber die Matrosen der „Fliegenden Lerche" konnten Nicht an Vertheidigung denken und suchten daher ihr Heil in der Flucht; alle vier eilten auf die Back-Springluke zu. Brown verschwand unversehrt nach unten, der Chinese mit einer Kugel in der Seite, während Wallen und Hardy mühsam die Takelage erkletterten. Wick« und Carthew überkam eine gewisse Ernüchterung, gepaart mit wilder Entschlossenheit. Sie sahen ein, daß es vier kein „Halt" mehr geben könne, sondern nur ein Ent weder — Ober. Nachdem sie behuf« Bewachung der Masten und der Wandtaue Tommy an den Fock- und Amalu an den Hauptmast postirt batten, begaben sie sich in die Kuhl, schütteten eine Schachtel Patronen auf Deck au« und luben ihr« Schießwaffrn. Inzwischen flehten di« zwei unschuldigen
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