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« Feierabend , A - Unterhaltungs-Beilage der Sächsischen Volkszeitung Nr SS Freitag, den 21. Zuni 1918. Johannistag 1918. Nun ist im Jahre angebrochen Ter Liebestag, der Bliitentag, Wo selbst der stille Todesgarten Verwandelt sich zum Rosenhag. Johannistag! Tn Tag der Weihe, O sei im Herzen benedeit,, O bring in unsres Lebens Stürme Die Botschaft sel'ger Friodenszeit! Llx. Obr. Auf den fünften Sonntag nach Vfingsten Evangeliu m : Von der pharisäischen Gercchiigkeit. Matth. ö, 20- 24. Welchen tiefen Eindruck mußten die Worte des heutigen Evangeliums aus die Jünger des Herrn machen. Er zeigt ihnen die Herrlichkeit des Himmelreiches, nach dem sie sich sehnten, aber nicht als etwas nahes, sondern in weiter Ferne und er weist sie auf die Anstrengungen hin, denen sie sich werden unterziehen müssen, um der ewigen Seligkeit teilhaf tig zu werden. Zwischen euch, spricht er gleichsam, die ihr an meiner Seite wandelt, die ihr zahlreiche Gnaden aus meiner Hand empfangt, die ihr meine Lehrwortc hört und jenen Pharisäern und Schristgeledrten, die mich nicht als ihren Heiland anerkennen, die Worte, die ich zu ihnen spreche, nicht beachten und meine Wunder nicht verstehen, ist ein großer Unterschied. Glaubet darum ja nicht, daß ihr das Himmel reich erlangen werdet, wenn ihr nur jene sogenannten Tu genden übet, deren die Pharisäer sich rühmen. Sie erfüllen nur den Buchstaben des Gesetz«, von euch verlange ich, daß ihr seinen Geist befolgt, sie zeigen sicki äußerlich rechtschaffen. Während sie im Geheimen den ärgsten Lastertaten fröhnen, von euch verlange ich eine heilige Herzensgesinnung, die in der Uebunz guter Werke zutage tritt, ihr sollt nicht nur in Reden und Taten, sondern auch in Gedanken und Begierden heilig und tugendhaft sein. Jene erfüllen das, was gesetzlich vorgeschrieben ist. in unlauterer Absicht, um dadurch Ruhm und Ehre vor den Menschen zu gewinnen, ihr hingegen sollt das Gute um Gottes Willen tun und auch immer bewußt sein, daß ihr nicht Lohn, sondern Strafe zu gewärtigen habt, wenn ihr in unreiner, unheiliger Absicht handelt. Das waren in der Tat strenge Anforderungen, aber wir hören nicht, daß sie der Heiland jemals gemildert hätte, auch dann nicht, als seine Jünger ihn zweifelnd fragten: Wer kann denn unter diesen Umständen noch selig werden? Nein, er verlangt, daß seine Nachfolger alle ihre Kräfte anstrengen, nicht etwa um einen hocherhabenen Thron im Himmel zu erlangen, sondern um überhaupt in das Himmelreich einzugehen. Ihr werdet nicht eingehen in das Himmelreich, wenn eure Gerechtigkeit nicht vollkommener fein wird, als die der Schriftgelehrten und Marisäer. Auch wir sind Jünger des göttlichen Hei landes, darum haben seine Worte für uns die nämliche Be deutung und dies umsomehr, als es auch jetzt nicht an Phari säern unter den Getauften mangelt, welche meinen, den Him mel auf eine beguemere Art, als durch pünktliche Befolgung des christlichen Sittengesetzes erlangen zu können. Oder wem wären noch nicht auf seinem Lebenswege Leute begegnet, die an dem häufigen Kirchenbesuche, an dem Empfange der hei ligen Sakramente Anstoß genommen und gleichsam belehrend und zurechtweisend ihm erklärt hätten, alle seine frommen Hebungen seien unnütz. Meine Religion, so sagen diese Schriftgelehrten der Neuzeit, besteht darin, daß ich recht tue und niemand scheue. Ich morde nicht, ich stehle nicht, ich be gehe keinen Ehebruch, kurz ich bin ein rechtschaffener Mann und das genügt. Diesen falschen Lehren gegenüber haben wir es sehr notwendig, die Wahrheit des Evangeliums ernstlich zu erwägen, damit wir gegen die Jrrtümer der Welt gesichert seien. Bedenken wir darum ernstlich, wie die Rechtschaffen heit der Kinder dieser Welt nur Spott und Hohn ist gegen über der wahren christlichen Gerechtigkeit. Schauen wir auf die zahllosen Vorbilder in der christlichen Kirchengeschichte, welche die christliche Gerechtigkeit vollkommen geübt haben. Führen wie uns zu Geniüte, daß nur derjenige die christliche liche Gerechtigkeit besitzt, der von seinem Gott heilig und tugendhaft befunden wird, von ihm, der das Innere, das Herz schaut. Eine Erstkommunion im Felde Mein Rundgang in der großen Baracke des Feld lazaretts, die voll von Malariakrankeu liegt, ist beendet; ich habe jedem Soldaten ein Blatt oder ein Büchlein ge geben, jedem ein ermunterndes Wort gesagt und will mich gerade verabschieden, da ruft noch einer nach mir. Ich gehe an sein Bett. „Herr Pfarrer, ich möchte gern beichten, aber ich habe es noch nie getan." — So. wie kommt denn das? Sind Sie denn katholisch?" „Jawohl, aber ich bin in eine Protestantische Schule gegangen " — Und nun erzählt mir der junge 21jährige Soldat eine Diaspora geschichte, die wohl nicht gerade häufig ist Er ist katholisch getauft, ein paar Jahre in einer Großstadt Sachsens in die katholische Schule gegangen, ist dann, nachdem sein Vater plötzlich gestorben, während einer schweren Krankheit der Mutter aufs Land gekommen in eine ganz protestan tische Gegend zu einem protestantischen Bauer». Dort hat er die protestantische Schule besucht, aber nicht am protes tantischen Unterricht teitgenommen. Ec wurde dann mit 14 Jahren aus der Schule entlassen, ohne protestantische Konfirmation, ohne erste hl Kommunion» blieb aber bei dem Bauer. Einige Zeit später, so erzählt er. versuchte sein Vormund, der protestantische Geistliche des Ortes, ihn zu bereden, doch protestantisch zu werden. Der Junge tat das nicht. Dann kam der Krie,. er wurde Anfang 1915 eingezogen, kam mit einer Maschinengewehrabteilung nach Serbien, machte den Vormarsch bis an die griechische Grenze mit und kämpft nun zwei Jahre in Mazedonien. Er war beständig im vordersten Graben, hatte nur zuweilen einmal Zeit zum Gottesdienst, aber nie Gelegenheit, mit einem katholischen Geistlichen zu sprechen. Jetzt endlich im Lazarett kann er sein Anliegen Vorbringen. Da gibt eS