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WHmtz-MlW 49. Jahrgang „Weißrrttz. Zeitung" ^scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend, — Preis vierteljährlich 1 M. Lk Pfg,, zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — All« Postan- Italten, Postboten, sowie Vie Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Eitll Ir!)Nc in Dippoldiswalde Anarchie und Sozialdemokratie. Mit den Künsten schlauer Dialektik haben die sozial demokratischen Abgeordneten im Reichstage während der ersten Berathung des Sozialistengesetzes einen ge waltigen Unterschied zwischen Sozialdemokratie und Anarchie und zumal zwischen Sozialisten und Anar chisten aufzuthürmen versucht und leider giebt es viele Abgeordnete im Reichstage, welche diesen angeblichen Unterschied anerkennen oder doch mit souveräner Gleich giltigkeit sagen: Laßt doch den Sozialdemokraten ihren Unsinn predigen, ein Vernünftiger wird nicht zu ihnen bekehrt, und so lange sie bei den Worten bleiben, können sie nicht viel schaden und auch durch Wort und Schrift bekämpft und lächerlich gemacht werden. — Männer, die derartig sprechen, verstehen indessen den inneren Zusammenhang zwischen Sozialdemokratie und Anarchie gar nicht zu würdigen oder sie wollen es aus Gründen der Oppositionstaktik nicht. Freilich sind die sozialdemokratischen Theorien, wenn man sich mit ihnen an gebildete, erfahrene und an geschultes Denken ge wöhnte Leute wendet, nur verrücktes, lächerliches Zeug, aber wenden sich die sozialdemokratischen Agitatoren etwa an solche Leute?! — Ihr Agitationsfeld ist die breite Masse der ungebildeten oder nur halbgebildeten im Wirthschaftsleben meistentheils ganz unerfahrenen Arbeiter, die natürlich von einer guten Anzahl unzu friedener, hetz- und kampflustiger Elemente aus fast allen anderen Berufsklassen verstärkt werden. Wie müssen nun wohl die sozialdemokratischen Lehren auf solche Volksmassen wirken, wenn ihnen gepredigt wird, daß die ganze bisherige Erwerbsart in Industrie, Handel und Landwirthschaft eine verkehrte, daß Privat- eigenthum eigentlich Diebstahl sei und den Arbeitern auch alle Genüsse gehören, daß ferner die monarchische Staatsverfassung ein unerhörtes Kastenvorrecht stütze, daß die Religion ein Hemmschuh für die menschliche Entwickelung sei und bürgerliche Ordnung, Ehe und Familie ebenfalls nur Hemmnisse für den menschlichen Fortschritt und das Wohlbefinden wären? Müssen solche Lehren in den Augen der Volksmassen und zu mal bei den rohen desperaten Elementen nicht alle Achtung vor Autorität, vor Ordnung, Gesetzen und den bestehenden Rechtsbegriffen untergraben? Und wie leicht ist es dann, daß ein Unzufriedener, ein Brodloser, der die sozialdemokratischen Lehren gehört -hat, zu einem furchtbaren Verbrechen schreitet! Die sozialdemokratischen Führer glauben ihre Hände in Un schuld waschen zu können, indem sie darauf Hinweisen, daß die anarchischen Verbrechen keine direkten sozial demokratischen Anstiftungen und Sozialisten ganz andre Leute als Anarchisten seien, aber hat man bis jetzt nicht bei allen anarchischen Verbrechern Nachweisen können, daß sie von sozialdemokratischen Lehren in ihrer Denkungsweise stark beeinflußt waren und hat sich doch selbst herausgestellt, daß die Urheber des scheußlichen Verbrechens an dem Banquier Eifert i» Wien Sozialisten sind!!! — Was ist also der Unter schied zwischen Sozialdemokratie und Anarchie?! Die Sozialdemokratie ist die Theorie der Zerstörung, der Revolution gegen die bestehende Staats- und Gesell schaftsordnung und die Anarchie ist die Anwendung und Folge dieser Theorie. Ohne vorhergegangene sozialdemokratische und kommunistische Agitationen und Hetzereien giebt es überhaupt keine Anarchie, keine Auf lehnung gegen die bestehende Ordnung und da wagt man noch zu behaupten, daß besondere Maßregeln gegen die sozialistische Agitation nicht nöthig seien! „Welche Vergnügungen sind von schulpflichtigen Kindern fern zu halten?" und führt als solche an, welche 1) der Gesundheit nachtheilig sind, 2) den naturgemäßen Ent wicklungsgang stören und 3) die Sittlichkeit geführten. Die Schulnachrichten, die gleich der Abhandlung Hrn. Schuldirektor Engelmann zum Verfasser haben, ge denken zunächst der im vergangenen Jahre eingetretenen Veränderungen im Lehrerkollegium, dann der Schul festlichkeiten, als: Besuch Sr. Maj. des Königs am 19. Juni, Nationalfesttag am 2. September, Luther feier am 10. November und mehrere kleinere Aus flüge einiger Klassen. — Der Schülercötus besteht gegenwärtig aus 308 Knaben und 329 Mädchen, da runter 13 auswärtige Kinder (4 aus Reinholdshain, 4 aus Malter, 2 aus Ulberndorf, je 1 aus Ober häslich, Berreuth und Börlas). 2 Schülerinnen starben im vergangenen Schuljahre. Ostern dieses Jahres werden 32 Knaben und 41 Mädchen nach Ljährigem Schulbesuche abgehen. Die Fortbildungsschule, welche 91 Schüler zählt, wird davon 33 nach 3jährigem Schulbesuche entlassen. — Mit dem Examen der Er weiterten Fortbildungsschule, welches gestern von 11 bis '/»1 Uhr abgehalten wurde und woran sich die Entlassung von ö Schülern anschloß, sind die Oster- prüfungen in unserer Stadt eröffnet worden. Wie aus der diesfallsigen Bekanntmachung vom vorigen Freitag hervorgeht, werden dieselben von heute, Mon tag, bis mit Donnerstag stattfinden, und wird sich Freitag Vormittag >/»I0 Uhr die öffentliche Entlassung der Konfirmanden daran anschließen. Indem wir darauf aufmerksam machen, wollen mir nicht unter lassen, zu recht lebhaftem Besuche der Prüfungen, bez. der Entlassungsfeier aufzufordern. Es kann Lehrern und Schülern nur erwünscht sein, wenn sie ihr Wirken durch die Theilnahme der Eltern und wohlwollende Schulfreunde beachtet sehen, wenn man nicht kalt und gleichgiltig links liegen läßt, was zum Wohl der Heranwachsenden Jugend seitens der Schule geschieht. — Die laudwirthschastl. Winter schule in Frei berg wurde im Schuljahre 1883/84 von 10 Schülern aus der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde besucht, die sich auf die 9 Orte Ammclsdorf, Börlas (2), Bur kersdorf, Dippoldiswalde, Hirschbach, Luchau, Nassau, Obercarsdorf und Obercunnersdorf vertheilen. — 31. März. Das am gestrigen Abend im Schieß- haussaale allhier stattgefundene „Künstlerconcert" ge währte dem etwa 180 Personen starken Publikum in sofern einen Hochgenuß, als der Zithervirtuos, Herr Leopold Gruber aus Wien, in meisterhafter Weise, mit staunenswerther Technik, wunderbarer Klarheit und gemüthvollem Ausdruck sein Instrument in Komposi tionen mannichfacher Art vorführte, wofür ihm das Publikum den wohlverdienten Dank in so reichem Maaße darbrachte, daß sich Herr Gruber zu zwei ebenso schön ausgeführten Zugaben herbeilieb. Die aus früherer Zeit schon hier wie allerorts rühmlichst bekannten Leistungen des kgl. Kapellmeisters, Herrn Fr. Wagner aus Dresden, fanden ebenso großen Bei fall, sodaß auch Herr Wagner eine Pieye (Zwei Aeuglein braun, von Gumbert) wiederholte und am Schluß eine zugab. Die Vorträge des „deutschen Damenguartettes" aus Dresden ließen uns erkenne», daß unsere einheimischen (Dippoldiswaldaer) Gesangs kräfte denn doch recht hoch zu schätzen sind. — In Zinnwald ist der Typhus in einigen Häusern recht hart aufgetreten und ganz besonders sind 2 Familien schwer heimgesucht. Der Buscharbeiter Will). Querner, der vor 9 Jahren abbrannte und da bei fast alle Möbel und Betten verlor, ist mit 3 von 7 Kindern seit ca. 6 Wochen krank. Der Vater und die 3 kranken Kinder liegen in den 3 Betten, die die Familie besitzt, die Mutter und die 4 gesunden Kinder müssen ihr hartes Lager theils auf der Diele, theils auf der Bank suchen. Aehnlich geht es dem Busch arbeiter August Schelle, der, weil brustkrank, wenig Lakakes und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die Einladungsschrift zu den an hiesiger Stadtschule stattsindenden Osterprü- fungen und der Entlassungsfeier (die Einladung des Lehrerkollegiums zu denselben befindet sich in voriger Nummer) bespricht in ihrem ersten Theile das Thema: verdient und dem 2 Kinder von 4 krank sind. Thut da nicht Hilfe noth? Frauenstein, 29. März. Die Bemühungen der hiesigen Zigarrenabschnittesammler sind mit herr lichem Erfolge gekrönt worden. Die Ablieferungen der Spitzen ergaben das respektable Gewicht von 25 Pfund. Es dürfte von Interesse sein, zu erfahren, welche ungefähre Zigarrenzahl nöthig gewesen ist, diese Abschnitte zu liefern. Auf Grund einer Abwiegung und Auszählung von 5 Gramm Zigarrenabschnitten ist zu konstatiren, daß die genannte Menge ca. 70 Ab schnitte enthält. Zu einem Pfund Abschnitte sind also 7000 Zigarren erforderlich, zu dem hierorts gesam melten 25 Pfunden demnach 175000 Zigarren. Rechnet man durchschnittlich das Stück zu 4 Pfg., so repräsen- tiren dieselben einen Werth von 7000 Mark, bei 5 Pfg. Durchschnittswerth erhöht sich diese Summe auf 8750 Mark. Und diese Abschnitte sind nur vom etwa fünften Theil der gerauchten Zigarren gesammelt! Die 25 Pfd. Abschnitte sind für 21 M. 25 Psg. verkauft worden. Durch die Freundlichkeit und Mildthätigkeit einiger hiesiger Ortsbewohner flössen weitere 8 M. 80 Pfg. zu, und von dem Gesammterlös sind drei hiesige Kon firmanden mit Kleidungsstücken versehen worden. Möchte der Eifer für jenen guten Zweck bei den bisher Thätigen fortbestehen und Diejenigen, welche dem Zigarrenabschnittesammelverein noch fern gestanden haben, anfeuern, forthin für dessen edle Zwecke mit thätig zu sein. Dresden. An« 2. und 3. April werden in dem Verbrennungsofen des Landhauses in Dresden 20118 Stück in den Jahren 1880 und 1881 baar eingelöste Staatspapiere im ehemaligen Werthe von 11747475 M. verbrannt werden. — Die Besserung des Prinzen Georg schreitet in erwünschter Weise fort; bereits einige Stunden des Tages befindet er sich außer Bett. — Der landwirthschaftliche Kreisverein zu Dresden genehmigte in seiner Sitzung am 27. März u. A. die Anträge der Bienenzüchter-Vereine im Bobritzschthale und zu Dippoldiswalde, um Beiträge zum An käufe von Bienenvölkern in der Höhe von je 50 Mark. Ein Gesuch des Weidenzüchters R. Klein in Ober- bobritzsch bei Frauenstein um Gewährung einer Unter stützung dieses nützlichen Zweiges der Landwirthschaft wurde auch mit 50 Mark einstimmig genehmigt. Der Antrag des landwirthschaftlichen Vereins zu Mui da auf Gewährung eines außerordentlichen Beitrags zum Ankäufe eines Nassebullen gab Veranlassung zu einer langen und äußerst lebhaften Debatte, schließlich wurde aber gegen nur wenig Stimmen ein außerordentlicher Beitrag von 75 Mark genehmigt. — Wie inan mittheilt, wird sich das behaarte Asfenmädchen Krao — genannt „das fehlende Glied" —, welches seither in Berlin so große Sen sation machte, vom l. April ab im Zoologischen Garten zu Dresden präsentiren. Der erwähnte Beiname hat seine volle Berechtigung, da das ganze Aeußere des Mädchens sammt seinen Bewegungen an das Affen geschlecht erinnert und auch der Bau der einzelnen Gliedmaßen dem letzteren entspricht. Krao stammt aus den Wildnissen von Laos im Norden von Siam, und gar viele Mühe kostete es seinerzeit, den siamesischen Herrscher zu überreden, daß er die seltsame Kleine aus dem Lande ließ. Großenhain. Das hier gamisonirende Husarcn- Negiment Nr. 18 feiert am 18. April d. I. das Fest seines I50jährigen Bestehens. Das Regiment wurde am 14. April 1734 zu Pillnitz errichtet und war zuerst ein Chevauxlegers-Regiment, welches den damals noch in der Wiege liegenden Prinzen Carl zum Chef erhielt; die Uniform war zeisiggrün und roth, bewaffnet war es mit langem geraden Pallasch und gezogenem Kara biner mit Bajonett. Es ist das älteste leichte Reiter regiment des heutigen XU. (königl. sächs.) Armeekorps Inserat«, welch« b«i der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werde» mit 1V Pfg. die Spaltenzeile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg.