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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188504094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850409
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850409
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-04
- Tag 1885-04-09
-
Monat
1885-04
-
Jahr
1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.04.1885
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Grfcbetnt täglich früh 6'/,Uhr. Hkstaction und Lrprditioa Iodanne«gaffe 8. Spttchlliiiidr» -rr Nrdicli-»: VorinittagS 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—6 Udr. lltlr die nn^el»ntl«r m«nuicr,»», sich »u »te»oui» »«»»»»tuh. Aanatz«» »er für stle nSchstfnlgende Nnmmrr bestimmten Inserate an Wochentagen bi» 5 Uhr Nachmittag«, an L«nn» nn» Festtagen früh »t«Uhr. 2n den FNialrn für 2ns.-Annahme-. Ott» Klemm, UniversitLt«strahe L. Lout» Lüsche, Kaihannenstr. 23, p. nnr bis '/,S Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage LS,SSV Adaannnentsprei» viertelj. 4'/, MH. iucl. Brtnaerlohn b Mk, durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nunimer 20 Pf. Belegezemplar 10 Pt. Orbadren für Lrtrabeilaaen fti, Tageblatt-Format gesalzt) ohne Vostbeiörderung 39 Mk. »it Poftbeforderuag 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut auf. PreiSoerzelchnib. Tadellanfcher ». Ziffernjatz nach höheru» Tarif. Kttlämrn unter dem Redaktion»strich die 4 gesoalt. Zeile 50 Pf., vor den Fomilie» nachrIchten die Kgefpaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stei» an die Expedition zu senden. — Rabatt wirb a cht gegeben. Zahlung prnonuwernniio oder dura, Post- Nachnahme. ^ SS. Donnerstag den 9. April 1885. 7S. Jahrgang. Amtlicher Tlicil. Vekannlmachung. Anher ergangener Berorbnung zufolge wird zu Ausführung der von der trigonometrischen und topographischen Abtheilung der LandeSc-ufnahme im Königreich Preußen projectirlen Bermessungen, welche innerhalb de- sächsische» Staatsgebietes im Besonderen auch in Beobachtungen aus der Station Leipzig bestehen werden, von dem mit der Leitung diese, Arbeiten beanslraglen königlich preußischen Oberst L I» suite dcS Generalslabes der Armee. Herrn Schreiber, und von den demselben unterstehenden Dirigenten, Osficieren. Trigo« nometern und Hilsstrigoiloinetcr» das Gebiet de» Königreichs Sachsen betreten und werden auf demselben die bezüglichen Arbeiten, welche Mitte de« Monat- April ihren Anfang nehmen sollen, vorgenommen werden. Wir bringen die- mit dem Ersuchen zur öffentlichen Kenntniß. die seitens gedachter Personen beansprucht werbenden Hilfeleistungen, für welche Vergütung ersolgt, bereitwillig zu gewähren und überhaupt die Ausführung beregter Arbeiten thunlichsl fördern zu Helsen. Es wird hierbei noch bemerkt, daß die betreffenden Personen durch offene Ordre legitimirt sein werden. Leipzig, am 2 April 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. ' ' Hi 1)r. Georgi. -cntschel. Vrkanntmachung. Die Schwellenlegung an der > 1. Bürgerschule ist ver geben, und werden daher die unberücksichtigt gebliebenen Herren Submittenten ihrer Offerten hiermit entbunden. Leipzig, am 2. April 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. 1)r. Tröndlin. Gringmuth, Assessor. Vekanntmaihung. Die Ausführung dcr Macadnmisirungs- undPflasterarbeiten für die Herstellung dcS Platzes an der Kreuzung der Reitzen- haincr Chaussee mit der ehemaligen Verbindungsbahn soll an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung. RathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14. au- und können daselbst eingesehen cesp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: MacadamisirungS- und Pflastrrarbeite«» an der Reitzenhainer Chaussee versehen ebendaselbst und zwar bis zum , 16. April 18d5, Nachmittag» 5 Uhr, einzureichen. Leipzig, am 2. April 1885. DeS RathS der Stadt Leipzig Ttrastcnbau-Dcputatiou. Vckamilmachimg. In unserer Vermahl ung befindet sich ein Coupon schwarze» Tuch — circa 12 Meter haltend — welcher ain Abend de» 3l. März diese» JohreS von einem jungen Menschen (ungefähr 18 Jahre alt, von mittlerer schlanker Statur mit vollem, frischem Gesicht, bekleidet mit blauer gestrickter Jacke und dunkler Stoffmütze) m den Hos des Grundstücks Wicienstraße 20 geworfen worden ist. Mir vermutbcn. daß da» Tuch von einem Diebstahl herrührt, and bitten den Eigenthümcr, sich unverzüglich In oosrrer Criminal- abtheilung zn melden. Leipzig, den 4. April 1685. Das P-lizrtamt »er Stadt Leipzig. Bretschneidrr. vr. D. Bekanntmachung. Die Glaserreparattliarvenc» in den Kaiernen zu Leipzig und Mäckern. den fiScalischen Baracken und der Dampswajchanstalt zu TohliS ollen aus die Zeit vom 1. April 1885 bi» alt. März 18 an den Mindestfordernden vergeben werden. Reflektanten können die Bedingongen im Bureau der Unter zeichneten Verwaltung — Schloß Pleißenbnrg, Lhurmhau» Nr. 15 — einsehen und daielbst die Offerten bi» zum 14. April o.. Vor mittag- II Uhr. schriftlich und versiegelt unter der Aufschrist: „Plakerreparatnren betreffen»" abgebe-. Leipzig, am 7. April 1885. Königliche «arnisonverwaltnug. und Auktion. Dienstag, de« 14. April 1885 Donnerstag, »en 14. April 1885» »« - von Vormittags s lltzr ap. sollen im Grundstück- Borsußgäßchen Nr. 2 die zur Krzefky'schen Toucursmasse gehörigen Waarenvoriäthe, als: eine größere Anzahl Pseilerspiegel mit Tonsolen und Marmor. Vlatten, ferner Oeldruckbilder. Bilderrahmen, Spiegelglas, Hand spiegel, Pinlerspicgelradmen, Consolen.Marmorplattea, Gardinen Rosetten, sonne 43 Stück Gardinen-Gejimse, ca. 400 Stäbe Kehlleiftcn u. dergl., öffentlich an den Meistbietenden gegen sofortige Baarzahlung ver steigert werden. Leipzig, am 8. April 1835. Der «erichtspollzikher »es Küniglichen Amtsgericht». legis-vtruliethnng. In dem Universitäts-Grundstücke, Hainstraße Nr. 28. ist im Onergebäude, II. Oberqeichoß. ein Logis, au« Vorsaal, drei Etüden, vier »ammer«. Küche, Speisekammer »nd übrigem Zubehör bestehend, uud in demselben Grundstücke, Große Fletschergass« Nr. 3, ebenfalls im Onergebäude, M. Obergeschoß. ein Logis, eine Stube, zwei Kammer» und Küche, Voden und Kesterranm enthaltend, vom 1. Juli 1885 an aus drei Jahre und dann auf vierteljährliche Kündigung, jede» Loa>» für sich, meistbietend, jedoch unter Vor- behalt der An-wodl unter den Bietern, anderweit zu vermiethen. Re-ectanten werden ersucht. Mittwoch, den 15 April 1885, vormittog» 11 Uhr im UniversiliiS-Rentamte, woselbst die LicitationS-Bedingungen ein> gesehen werden können, z» erscheinen und ihre Gebote abzugeben. Leipzig» am 8. April 1885. Untverfftit«»«entamt. Gras. Rachprü S»,. Uhr. Mere Schule sür Mächen. chsunq und Prüfung Auswärtiger Montag, den vr. W. Ni 13. April Nöldckc. Im Lause der lestvergangeneu drei Monate stad die aachver- zeichneten Gegenstände bei dem Unterzeichneten Amte al» gesunden oder herrenlos abgegeben resp. angemeloet worden: drei goldene Ringe, drei div. Armbänder, eine goldene uud eine gewöhnliche Bruche, zwei goldene Medaillons und zwei dergl. mit den Kauischukstempeln: ,,kr. Tr. IKnul au» Ker>w- dur^" und „Oeorx i'cminl", eiae Korallenhalskette mit Kreuz und eine schwarze von Hartgummi mit 2 Schlüsselchen. rin Kästchen mit 2 Damenubrkelten, einem Schmuck und Kleinig keiten, eine vernickelte Uhrkette, klar Schützensestdenkmünze, eine Photographie in Mclallrahmen, ein Etui mit silbernem Flngerhut, zwei Cigarrenelut», zwei Tigarrenspitzen im Etui, zwei Brillen in Futteralen, ein Gesangbuch, eine Scheere, ein Metermaß, fünf Ta!<t>entncher, ein Kopskiffenübrrzug, ein Schuppenmuff mit Taschentuch, ein Kinderpelzkragen, zwei dergl. für Frauen, eine Feh-Boa, ein kleiner Muff, vier Stück Taillentücher, ein maiitelälmlicher Tuchumhang, ein Mann». Jaquel, eine schwarze Schürze, ein zugeschnitteae» Kinderkleid, -ein Paar Filzichuhe, ein Paar unverarbeitete Stiesrlschäste, ei» Geinuseney, eine Nähtischdecke, eine graue Handtasche, eine Reisedeckr, zwei Pserdedecken, ein Packet Gaze, ein Rest Fntter- leinwand, ein Geigenbogen, verschiedene Spozierstöcke und Regenschirme, ein Schellengeläute, zwei Sprossenleitern, rin zweirädriger Handwagen, ven'chiedene Messer, eine Anzahl Portemonnaie» bez. Geldtäschchen mit Beteägen bi» zu SO 96 -H. soivie verschiedene Baarbeträge bi» zu 40 ^l. darunter der Erlös sür eine« Sack Hasrr, und eudluh zwei Paste» ua- gestempelte deutsche Briesmarkeu. Die unbekannten Eigenihümer der vorgcdachtea Gegenstände werden hierdurch ausgeforderi, sich zur Empsaagnahme derselbe» in unserem Commifsarial zu melden, anderusall» iu Gemäßheit vou 8 239 deS Bürgerliche» Gesetzbuch» über die Fuudsachru verfügt werden wird. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche im ersten Quartale 1884 Fnudgegenstände bei un» abgegeben haben, deren Eigenthümcr nicht zu ermitteln gewesen sind, aus, diese Gegenstände zurückzusorderu, andernsall» auch hierüber de» Rechten gemäß verfügt «rrdru wird. Leipzig, am 8. April 1885. Das Poltzelamt »er S1a»t Leipzig. r. Michael. Bretschaeidei Birbstahls-VekaiilUmachllns. Gestohlen wurden allvier eritalterer Anzeige »usotge: 1) ein Ltoff-Iaqurt. ziemlich neu, schwarzblaa- und gelbmrlirt, mit schwarzem Futter, zwei Seiteniaschru uud einem Billettäschchr», einer äußeren und inneren Brusttasche, au» einer Wohnung in Nr. 11 der Windmühlengaffe. am 27. vor. Mt».: 2) ein Rest schwarzer Stoff mit grauen Fäden durchwirkt, zu rmem Jaquet bestimmt, au« einer Mohuuug in Rr 5 der ThomastuS- straße, vom 1. vor. M». bi» 1. ds». Mr».; 3) ein Opernglas mit weißem Gestelle, ans einem Fenster «U! Borraume des ersten Range» in« Neuen Theater, am 29. vor. MtS.; 4) 15 Stück verschiedene Taschenmesser, 2 Ligarrentüstter von Weißblech, 8 Feuerzeuge aus Meiall, lhetl» mit Lederüber zug, auS einem verschlossenen AnShängekasteu am Hause Nr. 50 der Windmühlenstraße, am I. dsS. MtS.; 5) 1'/, Dt;», verschiedenfarbige Lhlipse, 2 Paar graue und schwarze Wildleder Handschuhe, 2 Paar braune und graue Glacö- hauvschnhr, zwei roch- und grün gehäkelte Portemonnaies, drei braiinc ui,d schwarze Leder-Portemonnaie-, eine Tntmi- kette, 2 Paar Maiilchrttriikiiöpse in Form eine» Markstück«, eine Anzahl Brochc», ein Latz olivensarbige seidene Onaftrn, ein Pack t Leide und eine Karle mit einer Anzahl verschiedensarbigeu Knöpfen, aus zwei Schaukästen am Hause Nr. 43 der Windmühlen- straße, am 1. dss. MiS.; 6) ein ichwarzlcderncs Portemonnaie mit ca. 24 -Al Inhalt, in einem Zehnmarkstück, einem Fünfmarkschein, zwei Thalerstücken und kleinerer Münze, aus einer Wohnung in Nr. 44 d der Frauk- surlcr Straße, am 2. dis. MtS.; 7) ein Paar säst neue Hosen von Kammgarnstoff, aus de» Knöpfe» die Firma „I-aakorn sr VVolanke", au» einer Wohnung in Nr. 2 der Turncrstraße, vom 2. bi» 4. dss. MtS. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Sachen oder den T Haler sind ungesäumt bei unserer Lriminal- Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 6. April 1885. Tas Polizei-Amt »er Etadt Leipzig. Bretschneider. k. Nichtamtlicher Theil. Das neue französische Ministerium. Nach einer Zwischenzeit von acht Tagen ist e« endlich den vereinten Bemühungen von Briffon und Freycinet gelungen, ein neues Ministerium zu Stan.e zu bringen. Der Grund gedanke, welcher bei Bildung deS Ministeriums vorwaltele, war die Versöhnung zwischen den einander feindlich gesinnten republikanischen Fractivncn. Diese ist gelungen bis auf die äußerste Linke, welche sich nach Art aller Unversöhnlichen jeder Neugestaltung der Verbällnisse widcrseht, in welcher sie nicht den Ton angiebt. Unter den übrigen Fraktionen der Re publikaner ist eine Einigkeit hergestcllt, wie sie bisher noch nickt bestanden bat. daS beweist schon der Umstand, daß Brisson und Freycinet in einem Cabinet Zusammenwirken, in welchem der frühere Finanzminister Allain Targv daS Porte feuille dcS Innern verwaltet und der vorletzte Krieg-minister Campcnon wieder das Ruder ergriffen hat. DaS Schwer gewicht des neuen CabinetS neigt freilich ein wenig weiter nach links, denn die Opportunisten hoben nicht mehr die Oberhand wie unter Ferrh, sondern die Radikalen, wie schon daraus hervorgebl, daß Brisson die Leitung de- Cabinet» übernommen hat. Brisson, der bisherige Präsident der Kammer, Hot während der verhällmßmäßig langen Zeit seiner Amtsführung einen Grad von Zurückhaltung bewahrt, welcher durch die Hoff nung seine Erklärung findet, dereinst an Grevy'S Stelle da« Präsidium der Republik zu erkalten. Nach Gambctta'S Ernennung als Conseilpräsivenl zum Vorsitzenden der Kammer ernannt, ist er während der ganzen Zeit der Lei tung der Geschäfte der Kammer nur ein Mat au» seiner Reserve herausgekreten, und zwar bei der Bestattung Gam- detta'S. Bei diesem Anlaß bat rr eine Leichenrede gehalten, welche von Haß gegen Deutschland überfloß »nd den Ver- geltnngSselbzug sür l870/7l al» die Hauptaufgabe Frankreichs bezeichnete. DaS machte damals großen E» druck und bücd auch in Dculschland nicht unbemerkt, aber seitdem hat Brisson durch seine geschickte Fübrung der parlamentarischen Geschäfte sich die allgemeine Achtung nickt nur der Franzosen, sondern auch keö Auilandes erworben. Auch in der sür Ferrh so verliängnißvoll gewordenen Sitzung der Kammer vom 30. März bat Brisson nickt versäumt, die Heißsporne zu er»; lnien. daß sie die Wurde der Kammer durch ihre Ausschre.tungen nickt verletzen mögen. Es ist wahrlich keine lenkte Ausgabe, die 700 Vertreter Frankreich» im Zaume zu halten und ibnen stets zum Bewußtsein zu bringen, welche Pflichte» sie al» die Erwählten de» Volkes zu erfüllen haben. Brisson hat daS mit ungewöhnlichem Tact getroste» und in schwierigen Momenten den Vorsitz in der Kammer so geführt, daß man ihm die Anerkennung nicht versagen konnte. Daß man nach dem Sturze Ferry's zuerst an ihn als die geeignete Persönlichkeit zur Bildung de» EabinetS dachte, ist ein Zeichen, daß die Franzosen seine guten Eigenschaften zu würdigen wissen, andererseits aber auch das Eingeständniß, daß nach Ferrh Brisso» die letzte Aussicht aus Rettung au» dem Chao» gewährt. Brisson bat da» natürliche Bestreben, nicht ohne Nolh vorzeitig seine Kraft abziiiluycn: wenn er also jetzt dem an ihn ergangenen Rufe Folge geleistet hat, so muß er selbst den Zeitpunet als den geeigneten erkannt haben, um dir Stellung innerhalb seine» Wirkungskreises zu erreichen, welche ihm seine Fähig keiten und sein Ckarakter al» Ziel bezeichnen. Brisson hat zurrst die Bildung deS Cabinet» abgelebnt und erst dann seine Meinung geändert, al» er sah. daß Freycinet mit der Aus gabe nrckt zu Stande kam. Tie Kampfe, welche der Hcr- itellung de» neuen Ministerium» vorangingen, gewahrten eine» Einblick in die wahre Lage der Verhältnisse mehr als alle vorhergegangenen Abstimmungen, welche mit dem Siege Ferry's über seine Widersacher endeten. Die Anhänger der legitimen Monarchie, de» Kaisertum» und die Unversöhn lichen von der äußersten Linken haben da» gemeinsame Interesse, die Republik zu bekämpfen; sie streben einen Zustand an. welcher mit dem bisherigen wenig oder nicht» gemein hat. und deshalb konnte nur eine Negierung aus Dauer rechnen, welche mit diesen Gruppen nicht» zu thuu hatte. Eine Combinalion, welche zu weit nach rechts oder nach link» griff, war unbedingt verfehlt, und einer solchen konnte Briffon seine Mitwirkung nicht leihen. Die Möglich keit zum Ausgleich war nur durch den Eintritt der Oppor tunisten in daS neue Cabinet geboten, und diese wurde durch Freycinet vermittelt. Ursprünglich war den Opportunisten die maßgebende Stellung in dem neuen Cabinet zugedacht, aber der Zwang der Verhältnisse erheischte die zweite Rolle für die bisher herrschende Partei. Sie hat sich diesem Zwang ^gefügt und dadurch die Befestigung der Republik angebahnt. fDa» war der Moment, welcher Brisson den Eintritt in daS Ministerium und zugleich die Leitung desselben ermöglichte, fmd deshalb verdient auch da» neue Cabinet weder den Namen iGekchästSministerium noch LiauivationSministcrium. Es ist >»ichl oic Ausgabe de» neuen Ministeriums, die Geschäfte des mite? weiter zu führen und nach den Neuwahlen zurückzu treten, um neuen Männern daS Feld zu räumen, sondern den neuen Zustand zu vermitteln und dann die Leitung desselben zu übernebmen. So wenigstens fasten Briffon und Freycinet ihre Ausgabe aus, sonst würden sie sich nicht zu der neuen großen Unternehmung vereinigt haben, die Neugestaltung der'.Kammer »nd deS Präsidiums der Republik unter ihre Obhut zu nehmen. Man pflegt in der Regel persönliches Interesse und Interesse sür die Sache zu trennen; daS ist unseres ErachlenS ein Fehler und eine Unwahrheit. Beides gehört untrennbar zu sammen. Wer sich für eine Sache so eifrig interessirt, daß er seine ganze Person dafür einsetzt, der thut da» stet» in der vielleicht unbewußten Absicht, daß auch seine Person dabei irgend welche hervorragende Rolle spielt. Ehrgeiz ist gewiß keine niedrige oder unedle Empfindung oder Regung, und dennoch ist sie von dem Wunsche nicht zu trennen, die Ver- bältniffe zu beherrschen und zu lenken, welche den Eifer deS Ehrgeizigen anspornen. I» diesem Falle befinden sich Briffon und Freycinet. Beide sind französische Patrioten von un- zweiselkaslem Werthe, aber sie haben Beide da» Bedürsniß der persönlichen Anerkennung ihrer Anstrengungen und Ver dienste um da» Vaterland. ES giebt auch aus diesem Gebiete grundsätzliche Unterschiede. Wer die Macht und den persönlichen Einfluß nur als Mittel betrachtet, um sich zu bereichern, der huldigt einer Sorte von Ehrgeiz, welche aus diesen Namen keinen berechtigte» Anspruch hat; wer sich aber mit der Aner'ennnna seiner Mlibürger begnügt und sich nach Erfüllung seiner Ausgabe ohne materiellen Gewinn im geeigneten Augenblick rurück- zichl, der hat da» Höchste erwählt, wa» unter menschlichen Verhältnissen erreichbar ist. Da' Ministerium Briffon ist in schwerer Zeit und unter Umständen aus dem Schauplatz erschienen, welche große Anforderungen an seine Mitglieder stellen. Frankreich war aus dem Puncte, der Spielball der politischen Leidenschasten zu werde», ein Moment, aus wel chem ersabrungSgcmäß immer nur die Feinde der staatlichen Ordnung Nutze» ziehen. Dieser Moment ist durch die Bil dung de« Ministeriums Briffon glücklich überwunden worden, Prinz Napoleon kann nach dem 6. April vorläufig nickt zu Worte kommen. Ein Act der Klugheit und deS PalrioliSmuS bezeichnet daS erste Auftreten dcS neuen Ministerium«. Briffon hat vor der Kammer die Bewilligung dcS von Ferry vor- geschlagenen 2i>0 Mill. CreditS beantragt, und die Kammer hat den moralischen Werth dieses Antrages durch die Zu stimmung mit großer Mehrbeit anerkannt. Wenn der Friede mit China unter ehrenvollen Bedingungen abgeschlossen werde» soll, dann darf er nickt alö das Ergebniß der Furcht oder der Verlegenheit erscheinen, dem ist durch die Bewilligung der 200 Millionen vorgebeugt. * Leipzig, 9. April 1885. * Am ersten Ostertage Vormittag- gab der Staats- secretair Oe. v. Stephan im Haupttelegrapbenamt den kienstlhuenden Beamte» und Gehilfinnen Kenntniß von nach stehendem Erlaß deS Fürsten Reichskanzlers: „Euerer Exccllenz gefällige Mitkdeilung über den gestrigen Tclegranim- vcrtehr hat mich von Neuem von der Zweckmäßigkeit unserer telegraphischen Einrichtungen und der Tüchtigkeit der Beamicn Ihre» Refforl» überzeugt. Euerer Excellen; und Ihren Be amten fühle ich mich »m so mehr verpflichtet, sür ihre an gestrengten Leistungen in den letzten Tagen zu danken, al» dieselben durch meine Person veranlaßt worden sind."— Wir bemerken hierzu, daß aus Anlaß der Feier dcS 70. Geburts tage» de» Kanzlers nahezu dritlehalbtauscnd Telegramme niit etwa 100,000 Worte» auS säst allen Tbeilcn der Well eiii- gelauseii waren. Ter Herr Slaatssccretair schloß die Mit- tbeilung mit einem in den Herzen der Hörer begeisterten Widerhall findenden dreimaligen Hock aus den obersten Cbes de« ReichS-Telrgraphenwesen», Seme Durchlaucht den Fürsten Reichskanzler. * Wie die „Neue Zeitung" au» zuverlässiger Quelle er fährt, sind nunmehr die Verhandlungen wegen de» von Herrn Lüde ritz erworbenen Colonialbcsitze» in SUdwestafrika soweit gefördert, daß bereit» am 4. d. Mt», der Vertrag mit Herrn Lüderitz abgeschlossen werden konnte, wonach derselbe alle seine Rechte an die Delegirten eine» deutschen Consor- tiuni» abtritt. Die Ankäufer beabsichtigen eine tandrcchtliche Corporation mit königlicher Genehmigung zu bilden und glauben die rechtlichen Schwierigkeiten, welche der Anwendung dieser Form auf den vorliegenden Fall ent gegen stehen, in Folge der bereitwilligen Unterstützung, welche sie bei der königlich preußischen Staatsregierung fanden, überwunden zu haben. DaS Statut wird in den nächstenTagen zur allerhöchsten Genehmigung eingereichl werden. Es bezeichnet als denZwcck der Corporation dicErwerdung.VerwallungunbNutzbarmachungder unter deutsche Schutzherrscbaft gestellten colonialen Besitzungen in Südwestasrika. Da» Capital, in Höhe von 1,200,000 »ckl festgesetzt, wird durch Einlagen von ze 1000 -ckl ausgebracht bezw. eingezahlt und ist sowohl seiten» der Einlegenven wie seitens der Corporation unkündbar. Die IahreSuberschüffc gelangen unter den Einlegenden zur Dertheilung. sofern und soweit die StaatSregicrung die Genehmigung giebt. Mit glieder der Corporation sind diejenigen Besitzer der Einlagen, welche die Mitgliedschaft beantragen, sowie Personen, welche wegen ihrer Verdienste und Leistungen um die Interessen der Corporation von der letzteren dazu ernannt werden. Als Organ sungirt ein au» drei Mitgliedern bestehender Vorstand und ein Verwallung-rath. Bi» jetzt sind etwa 650,000 Einlagen gesichert. * In Betreff de» in Aussicht stehenden Weißbuchs über die Congo-Conserenz wird den »Hamburger Nachrichten" Folgendes mitgelheilt: „Wenngleich die demnächst zu erwartende Publicotlon der Arten- stücke, betreffend die Eongosrage, naturgemäß einen retrospektiven Charakter haben muß, so dürste dieselbe doch mit zu den interessan testen gehören, welche beiher deulscherseit» der Oeffentlichkeir über geben worden sind. Zunächst sehen wir abermals, wie die Reich»- regierung überall die größte Wachsamkeit den Jutereffen des deutschen HandeiSstandc» widmet, und dann, wie der deutsche Handelsslai-.d bemüht ist, überall festen Fuß zu fassen, der heimischen Production immer neue Absatzgebiete zu schaffen. Kaum war der Inhalt des am 26. Februar 1884 abgeschlossenen englisch - pormgic- fischen BertrageS, betreffend den Congo und Zambesifluß und das an der Westküste von Afrika zwischen dem 8. Grad und 5. Grab 12. Linien sübl. Breite belegene Gebiet, bekannt geworden, als auch schon die deutsche Reich-regteruno Berichte von ihren Beamten einsorderte und al-bald die deutschen Handelskammern sich mit Eingaben au den Reichskanzler wandten, tu «eichen alle die Ge- sahcen des englisch - portugiesischen Vertrage» sür den deutschen Handelsstand dargelegt wurde». Voran stand die Handels kammer in Hamburg, dann kam die Handelskammer des Kreise» Solingen, und ihrer Eingabe schloffen sich alsbald an: die Handelskammern zu Lhemnitz, Planen, Limburg a. d. L-, Psorzheim, Hannvver, Nürnberg. Altona, Elberfeld, Dortmund, Stolberg. Mainz. München, Offenbach, Wesel, Köln a. Rh., Har- bürg, Frankfurt a. M. und Wiesbaden. Auch seitens des Senat» von Bremen, sowie von der Hande»kammer in Mannheim liefen Beschwerden ein. Hieran knüpfte sich eine weit umfassende diplomatische Actiou de« Reich»kanzler». Am 26. Juni, also genau 4 Monate nach Abschluß de» englisch-portugiesischen BertrageS, lies die Rachricht hier ein, daß England den Coagovertrag nicht ratificirt habe. Wettere 8 Monate später, am 26. Februar 1885, warde die Generalactc der Tongoconferenz in Berlin unterzeichnet. Ja der in Rede stehenden Publikation sehen wir eine vollständig abgeschlossene diplomatische Action nebst positivem Endresultat vor uns, während bei einigen vorhergegangene» Weihbuch-Publicationen da» Schluß resultat ln Folge der augenblicklich noch stattfindenden Verhandlungen mit England nicht verzeichnet werden konnte. Man dars wohl an- nehmen, daß diese Weißbücher eine Vervollständigung «rsahren werden, sobald jene Verhandlungen zum besnedigendeu Abschluß gcsührt haben. Die zwischen dem deatsLen Reiche und der inter« nationalen Congo-Gesellschaft abgeschlossene Uebcreiokunst hat den nachstehenden Wortlaut: Art. 1. Die internationale Gesellschaft des Tonga verpflichtet sich, in ihren gegenwärtigen und zukünftige» Besitzungen in dem Becken des Tonga und des Niadir-Kwilu-Flusse», sowie in den angrenzenden Küstenländern de» Atlantischen OceanS von den ein- ychenden oder durchgehenden Maaren und Handelsartikeln keinerlei Zölle zu erdeben. Diese Zollsreiheit erstreckt sich insbesondere auch auf diejenigen Maaren oder Handel-artikel, welche aus den um die Congo- Katarakten gebauten Straßen befördert werden. Art. 2. Die Angebörigen de» deutichen Reich- sollen befugt sein, sichln dem Gebiete der Gesellschatt aufzuhaltcn und niederzulassen. Dieselben sollen hinsichtlich de» Schutzes ihrer Perlon und ihre« Eigenlhum», der freien Ausübung ihrer Religion, der Verfolgung und Vertheidigung ihrer Rechte sowie in Bezug auf Schifffahrt, Handel und Gewerbebetrieb den Angehörigen der meist begünstigten Nation einschließlich der Inländer gleichgestellt sein. Insbesondere sollen sie das Recht habe«, in dem Gebiete der Gesell schaft belegene Grundstücke und Gebäude zu kaufen, zu verkausen und z» vernilethen. Handelsdäuser zu errichten und daselbst Handel sowie die Küstenschifffahrt unter deutscher Flagge zu treiben. Art. 3. Die Gesellschaft verpflichtet sich, den Angehörigen einer anderen Nativ» niemals einen Vortheil zu gewihren, der nicht zugleich auch aus die Angehörigen des deutichen Reiche» erstreckt würde. Art. 4. Bei Abtretung de» gegenwärtigen oder zukünftigen Gebiels der Ge- sellschast oder eines TheilS desselben gehen aste von der Gesellschaft dem deulschcn Reich gegenüber emge-angenen Verpflichtungen auf den Erwerber über. Diese Verpflichtungen und die dem deuischen Reich und seinen Angehörige» von der Geselschost emgriäuinien Rechte bleiben auch noch der Abtretung einem jeden neuen Erwerber gegenüber in Giltigkeit. Art. 5. Da» deutsche Reich erkennt die Flagge der Gesellschaft — btaue Flogqe mit goldenem Stern in dcr Mitte — als diejenige eines befreundeten Stnate» an. Art. 6. DaS deutsche Reich ist bereit, diejenige Grenze de« Gebiet« der Gesellschaft und deS zu errichtenden Staate», welche ans der a»l,egenden Karte verzeichnet ist, seinerseits anzuerkennen. Art. 7. Diese Uebereinkunst soll ratificirt »nd sollen die Ratification-urkunden in möglichst kurzer Frist zu Brüssel autgetauscht werden. Die Uebereinkunst soll un mittelbar nach Austausch der Ratificationen in Kraft treten. So geschehen in Brüssel, de» 8. No»rmber 1884. (D. 8.) gez. Gras Brandenburg, (l» S.) gez. Strauch. * Die .Nationalliberale Eorrespondenz" schreibt zur parlamentarischen Laar: Unter den gesetzgeberischen Entwürfen, welche in der gegenwtrtigen Session au» der Mitte de» Reichstag» hervor- qegangen sind, ist keiner prmciviell charakteristischer al» der neue Antrag Ackermann. Seit 7 Jahren sind wir au» de» Acaderungen an der Gewerbeordnung gar nicht herauSgekommen. Jndeß, s» sehr diese Arbcit in der letzten LegiSIaturperipde eine den Grund sätzen der Gewerbesreibeit entgegengesetzte Richtung einschlug, so konnte doch ibr tbatiSchl-ches Ergebniß al« ein wirklicher Sieg de» gewerbe- politischen Rückichritis kaum betrachtet »erden -, auch hoben dessen eisrigsic Vcrsechtcr stet» versichert, nicht die rtgeniliche Reaciiou, sondern nur eine vernünsiige Reform zu wollen. Ganz ander» da- Auftreten der unter dcr Fakne Ackermann versammelte» Schaar im gegen, wärtiqen Reichstage. Allgemein hatte man angenommen, daß mit der Novelle von 1883, welche zugleich eine neue Redaction der gelammten Gewerbeordnung vorichrieb, die „Verbesserungen" an dem Werke vo > 1869 aus längere Zeit zum Abschluß gebracht sein würden. Wenn 1884 noch die unter dem Namen der len Ackermann bekannte Ergänzung de?
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