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DK. ,M«Ihtritz-Z«llung' rrschetnt wöchentlich drei- mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denMenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern w Pfg. — Alle Postan- galten, Postboten, sowie «nsereAusträgernehmen Bestellungen an. Wcheritz-Mmg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate werden mit I» Pfg., solche aus unsere» Ämtshauptmu i mschaft mit 12Pfg.die Spaltzelle oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierte Inserat« mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Umishauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrat zu Dippoldiswalde. , MN achtseitigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtfchaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Irhne. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Nr. 74. Donnerstag, den 1. Juli 1909 75. Jahrgang. Einige Ergebnisse der Berufszählung. Wenn man das Hauptergebnis der im Jahre 1007 veranstalteten Berufszählung mit dem Resultat der letzten vorhergegangenen Zählung im Jahre 1895 vergleicht, so zeigt sich zunächst ein überaus starkes Anwachsen der Arbeiterbevölkerüng. Die Zahl der Arbeiter mit ihren An- gehörigen und einschließlich aller Dienenden für häusliche Dienste, die im Jahre 1895 noch 26081 103 betrug, stellte sich im Jahre 1907 auf 33969497, sie hat also umrund 8 Millionen Köpfe zugenommen. Wenn man die Arbeiter bevölkerung mit der übrigen Bevölkerung in Vergleich stellt, so ergibt sich, daß die Arbeiterbevölkerung, die im Jahre 1895 schon um etwa 6,35 Millionen Köpse stärker war, im Jahre 1907 die übrigen der Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gewerbe zugehörigen Bevölkerungs schichten um nicht weniger als 14,80 Millionen Köpfe überragte. Nach den verschiedenen Berufen, in denen die Arbeiter erwerbstätig beschäftigt waren, gab es 1895 in der Landwirtschaft 5 627794, 1907 aber 7283471 Ar beiter; in der Industrie 1895 5955711, im Jahre 1907 8 593 125 Arbeiter; im Handel und Verkehr im Jahre 1895 1233047, im Jahre 1907 1959525 Arbeiter; häusliche Dienstboten Im Jahre 1895 1366223, im Jahre 1907 dagegen nur noch 1274 861. Bemerkenswert ist hier die Zunahme der landwirtschaftlichen Arbeiter und das Zurück gehen der Zahl der häuslichen Dienstboten, welch letzteres zeigt, wie sich das dienende weibliche Personal immer mehr anderen Erwerbsarten zuwendet. Interessant ist auch das starke Anwachsen der sonstigen Angestellten in den verschiedenen Berufszweigen, deren Zahl sich von 621825 im Jahre 1895 auf 1290728 im Jahre 1907 vermehrt, also verdoppelt hat. Am geringsten hat sich dieses Anwachsen in der Landwirtschaft gezeigt, deren An gestellte von 96173 im Jahre 1895 nur auf 98812 im Jahre 1907 gestiegen sind. Dagegen stieg die Zahl der industriellen Angestellten von 263745 im Jahre 1895 auf 686 007 im Jahre 1907 und die Zahl der in Handel und Verkehr beschäftigten Angestellten von 261907 im Jahre 1895 aus 505 909 Im Jahre 1907. Auch sonst zeigt die letzte Berüfszählung wichtige Verschiebungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung. So ist der An teil der Erwerbstätigen im Hauptberuf an der Gesamt bevölkerung stark gestiegen, während der Anteil der An gehörigen ohne Hauptberuf nahezu in demselben Verhält nis abgenommen hat. Dies ist ein Zeichen dafür, daß die Intensität der beruflichen Tätigkeit erheblich gewachsen ist. Es müssen nicht nur in der Landwirtschaft wegen der Leutenot die Familienangehörigen überall schärfer zur Mitarbeit herangezogen werden, um einen Teil der früher vorhandenen bezahlten Kräfte zu ersetzen, sondern auch in der gewerblichen Tätigkeit werden die Arbeitskräfte vieler Familienmitglieder in neuerer Zeit ganz anders ausgenutzt als früher. Man denke nur an die Steigerung der Er- werbstätigkeit des weiblichen Geschlechts. Ungemein stark gestiegen ist die Zahl der berufslosen Selbständigen und ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Es ist dies einmal auf die Fortschritte der sozialen Fürsorge und sodann auf die Zunahme des Wohlstandes zurückzusühren, die es vielen ermöglicht, früher, als dies sonst der Fall war, sich von der Erwerbstätigkeit zurückzuziehen und von Renten, Pen sionen usw. zu leben.' Besonders beachtenswert ist der andauernde Rückgang der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung: Während bei der Berufszählung von 1882 noch Landwirtschaft und Industrie sich ziemlich genau die Wage hielten, ist im Jahre 1907 die Landwirtschaft nur noch mit einem Drittel an der Berufsbevölkerung beteiligt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Zu den in voriger Nummer er- wähnten Einweisungen des Herrn Kantor Schmidt wird uns noch folgendes berichtet. In der I. Schulklasse richtete am Sonnabend nach dem Gesänge eines Chorals Herr Oberschulrat vr. Prietzel, die durch Erkrankung ver- ursachte Abwesenheit des Herrn Schuldirektor Ebert be dauernd, gewichtige Worte an Herrn Kantor Schmidt aus Grund des Spruches Matth. 10, 39d: „Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden", dahin deutend, wie der Wert des Lebens darin besteht, nur sür andere zu arbeiten und zu schassen. Herr Kantor Schmidt habe nun in seinem Amtsleben einen Höhepunkt erreicht, von dem au» er noch mehr denn bisher seine Kräfte in den Dienst seiner Mitbürger stellen könne. Nachdem der stellv. Bürgermeister, Herr Stadtrat Reichel, dem Einge wiesenen die Vokation überreicht hatte, wurden letzterem von Herrn Stadlrat Standfuß im Namen des Schulaus schusses und von Herrn Oberlehrer Buckel namens des Lehrerkollegiums, wie auch von Herrn Superintendent Hempel herzliche Glück- und Segenswünsche dargebracht. Der also Beglückwünschte dankte allen Behörden und seiner Mitarbeiterschaft aufs innigste und versicherte, treu zu bleiben seinem Wahlspruch: „Wie die Gestirne ohne Hast, doch ohne Rast drehe sich ein jeder um seine Last". Mit Gesang des Segens schloß die Schulfeier. — Am Sonn tag hatten sich im Hauptgottesdienst die Mitglieder des Kirchenvorstandes mit dem neuen Herrn Kantor auf dem Altarplatze versammelt. Nach der 2. Vorlesung nahm Herr Superintendent Hempel die Einweisung des Herrn Kantor Schmidt in seine kirchlichen Aemter vor. Auf Grund von 1. Petri 5, 11: „Demselben sei Ehre und Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen!" führte er in markiger Rede und in schwungvoller Weise aus, wie ein Kantor und Organist durch die Harmonie der Töne im Orgelspiel und Chorgesang mithelfen kann, die Gemeinde zu erbauen, die Trauernden zu trösten und die Verzagten aufzurichten. Nachdem er dem Herrn Kantor die Instruk tion überreicht, und dieser das Gelöbnis treuer und ge wissenhafter Pfl chtersüllung abgelegt hatte, löste der Kirchenchor unter Leitung des Herrn Oberlehrer Buckel die Gebetsstimmung aus in der lieblichen Motette „Christus, der Herr" von Alb. Becker. Nunmehr übernahm Herr Kantor Schmidt in einem längeren Vorspiel zum Haupt- liede die musikalische Leitung des Gottesdienstes. Seinem Wirken wünschen wir reichen Segen. — Am Dienstag abend versammelten sich in der „Reichskrone" auf Einladung des hiesigen Männergesang vereins etwa 100 Personen (Mitglieder des obengenannten Vereins und des Gesangvereins „Eintracht", sowie Ver treter der städtischen Kollegien) behufs einer Aussprache und prinzipiellen Beschlußfassung darüber, ob der in Frage kommende Vertreter sür den nächsten Sängertag ermächtigt werden soll, mit allen Mitteln dafür einzutreten, daß das nächste Sängerfest des sächsischen Elbgau- Sängerbundes in unsrer Stadt abgehalten werde. Nach eingehender Aussprache entschieden sich die Anwesen den mit überwältigender Mehrheit durch Abstimmung mittels Stimmzettels dafür. Der altbekannte Dippoldis- walder Gemeinsinn und die oft anerkannte Opferfreudig keit unserer Bürgerschaft aber lassen mit Sicherheit er warten, daß, wenn der Sängertag in diesem Sinne ent schieden haben wird, im Interesse unseres ganzen Gemein wesens niemand sein „Ja" zu bereuen hat, wenn sich auch jeder darüber klar ist, daß den zu erwartenden „frohen Festen" sehr, sehr „saure Wochen" vorausgehen werden. Lied hoch! (Näheres über das zll einem Sängerfest „Nötige" bringen wir in nächster Nummer.) — Vor Ablauf des 5. Juli sind bei den Kollekteuren die Lose der 156. König!. Sächsischen Landeslotterie zu erneuern, deren zweite Klasse am 14. und 15. Juli gezogen wird. Schmiedeberg. Am vergangenen Sonntags fand hier die diesjährige Hauptversammlung der Militärvereine des Bundesbezirks Dippoldiswalde statt. Nach einem gemeinsamen Mittagessen und einer Vorbesprechung der Vereinsvorsteher im Gasthofe stellten um 2 Uhr die Vereine vor dem Hotel zur Post zum Umzuge, um geschlossen unter Milführung von Fahnen nach dem Eotteshause zu marschieren, wo eine Gedächtnisfeier für die im verflossenen Jahre verstorbenen Kameraden abgehalten wurde. Die zu Herzen gehende patriotisch durchglühte Gedächtnisrede hielt Pastor Hemmann-Hennersdorf. Nach 3 Uhr eröffnete Bezirksvorsteher vr. Braeutigam-Possendorf im Saale des Gasthofes die Hauptversammlung mit Begrüßung der er- schienenen Ehrengäste Superintendent Hempel-Dippoldis walde, Präsidialmitglied Tennert-Dresden usw. und der Kameraden. Jubelnd stimmte die Versammlung in das auf Se. Majestät den König ausgebrachte Hoch ein. Die Feststellung der Präsenzliste ergab die Anwesenheit von 42 vertretenen Vereinen. Verpflichtet wurden acht neu- gewählte Vereinsvorsteher. Dem Jahresberichte zufolge gehören dem Bezirke an 4 Bezirksehrenmitglieder, 2 Ehren bezirksvorsteher, 75 Ehrenmitglieder und 3700 Verelns- mitglieder. Kaiserliche Fahnengeschenke erhielten die Vereine zu Reinholdshain, Kreischa und Reinhardtsgrimma. Kamerad Richter Großölsa erhielt das silberne Vorsteher zeichen mit Ehrendiplom für verdienstvolle 25 jährige Vorsteherschaft. Bei der Besprechung der Tagesordnung der diesjährigen im Juli in Chemnitz stattfindenden Bundes- Generalversammlung wurde der Bezirksvorsteher ermächtigt, die Inkreisen des Bezirks nach eigenem Ermessen zu ver treten. Die von den Vereiusvorstehern vorgenommenrn Wahlen ergaben die Wiederwahl des bisherigen Bezirks- Vorstehers und die Neuwahl des Kamerad Burgardt- Ruppendorf zum Kassierer. Nach Erledigung des geschäft lichen Teiles betrat Herr Professor vr. Bassenge-Dresden die Rednerbühne. Es war ein hoher Genuß, seiner schwung vollen, von edelstem Patriotismus getragenen Ansprache zu lauschen. Anknüpfend an die Worte eines römischen Kaisers an seine Feldherrn: „Die Deutschen überläßt man am besten ihrem inneren Hader, der wird sie schon selbst vernichten", geißelte er den Parteienhader in den Zeiten der deutschen Geschichte und in der Gegenwart, bedauerte den Mangel an deutsch-nationaler Gesinnung, wies hin auf die Mahnungen Bismarcks zur Einigkeit und forderte auf, eine bessere Jugend heranzuziehen und mit dem Feuerbrand der Vaterlandsliebe den alten Erbfehler der Zwietracht und des Haders auszubrennen. Ein Beifall- sturm dankte dem Redner am Schlüsse seines Vortrages. Mit Erledigung einiger inneren Bezirksangelegenhelten endete gegen 6 Uhr die Versammlung. Bärenstein. Am Sonntag war die hiesige Vereinigte Innung mit den Mitgliedern der Liebstädter Schneider innung, welche ihren Sommerausflug nach hier gemacht hatte, in Gietzelts Gasthof zusammen, wo bei Theater und Tanz die Stunden nur allzuschnell entschwanden. Lockwitz. Montag vormittag fuhr ein Wagen der Elektrischen Bohn in einen gerade aus dem Mühlen grundstücke fahrenden schwerbeladenen Mehlwagen der Firma P. Blischke hier. Durch den sehr heftigen Anprall wurden beide Wagen schwer beschädigt. i- Dresden. Der neue sächsische Minister des Innern und der Auswärtigen Angelegenheiten Gras Christoph Vitzthum von Eckjtädt ist am Dienstag vom König ver pflichtet worden und hat sein neues Amt angetreten. — Der letzte Sonntag war für zwei Dresdner Kunstgrößen von großer Bedeutung, nicht minder aber auch für die gesamte Kunst- und Literaturwelt. Kammer sänger Karl Perron, der geschätzte Baritonist der Dresdner Hofoper, beging die Wiederkehr des Tages, an dem er vor 25 Jahren seine Bühnenlaufbahn begann, während der in Dresden lebende Schriftsteller August Niemann seinen 70. Geburtstag feierte. ji — Eine Reklamemarke sür das Erzgebirge ist vom Sächsischen Erzgebirgsverein verausgabt worden. Die Marke, welche in den Landesfarben ausgeführt worden ist, trägt die Aufschrift „Sächsischer Erzgebirgsverein" und erfreut durch ihre geschmackvolle Ausführung. Aus dem Erlös der Marke sollen für die Auskunftsstelle in Berlin große Photos aus dem Erzgebirge beschafft werden. — Die Universität Leipzig zählt in ihrem tausendsten Jubelsemester 4581 Vollstudenten und 821 Hörer, zusammen 5402 Besucher, eine Zahl, die, so lange es eine Universität von Leipzig gibt, noch nie erreicht worden ist. Von den Vollstudenten stammen 4014 aus dem Deutschen Reich, 2491 aus Sachsen. Daneben zählt man 222 Russen, 51 Bulgaren, je 19 Rumänen und Serben, ferner 103 Oesterreicher und Ungarn, 44 Schweizer, 25 Briten und nur 5 Franzosen. 330 Theologen, 847 Juristen und 577 Medizinern gegenüber umfaßt die 4. Fakultät derPhilosophie nicht weniger als 2740 Studierende, die sich auf alte und neuere Sprachen, Philosophie, Mathe- mathik und Naturwissenschaften ziemlich gleichmäßig — etwa je 400 — verteilen. Pädagogen gibt es 173, Pharmazeuten 191. — Ein Schauspiel eigener Art spielte sich aus dem Schützenplatz in Oelsnitz in der Menagerie von Barum ab. Während der Hauptoorstellung erboten sich zwei Herren, der Varieteedirektor Bruno Bemme aus Chemnitz und Restaurateur Schneider (Restaurant zum „Deutschen Herz" in Oelsnitz), sich während der Dressur der Löwerr in den Käsig zu begeben; dies wurde den beiden Herren seitens der Menageriedireltion auch gestattet, jedoch ohne Verbindlichkeit. Die genannten Herren wohnten im Käsig dem ganzen Dressurakte bei, was um so mehr hervorzu heben ist, als vor kurzem einer der Löwen gelegentlich der „Käth" in Annaberg seine Dresseuse überfiel und sie schwer verletzte. Als die Herren den Käfig verließen,