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Dresdner Journal : 25.01.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188201256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820125
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820125
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1882
-
Monat
1882-01
- Tag 1882-01-25
-
Monat
1882-01
-
Jahr
1882
- Titel
- Dresdner Journal : 25.01.1882
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20. Adoonvmeatoproior Iw ,«»«» ä,ot,«r»,o »«>«>»«: öLkrlicl»! .... 18 ttaric. '^^rtick: 4 Äark btt ?f. Lio^vIneXommorn: 1ttkk. »«uoorvald äe» Usotooboo ksicde, tritt kost- mut 8tompvl»u»ei>la^ bivro. lo»or»t«oprol»or kür 6su kaum siosr isss^tovvu kstitrsil» So kf. Ootor „LingosLn<tt" <I>« 2sits btt kf. Sei '?»d«IIeo- unct ASvro.atr btt H Auk»osil»z. Lrvekvla« r Dä-Iiob mit Xuonakms 6or Komi- uo6 L«i«rt»g* Xbsuä, Kr <i«o tolgooctsu " Mittwoch, den 25. Januar. Dres-ntrZourMl. Verantwortliche Redaction: Oberredaeteur Rudolf Günther in Dresden. 1882. Io»«r»t«a»no»tims »u»«Lrt»r L,tp«tss: LranUstettrr, OowmiwiionLr 6v» Drvxinvr tounlat»; L»mdllrg Ssrltu - Visa - l,«tp»ig L»»»I-Lre»^u ^rLakkürt ». N.: //aaskostsi« «0 koA/er,- lorlm-Vwu llLwdurx- kr»U-l,»ip»tU-Frankfurt ». N. Lüasdoo: Du</. LsrUo: Invukcierit/«»,;:, Lrsmvv: D Lra?!»»: I, Stani/e»»'» Lureai« ?rLokl«rt « 74: L ^aeAer'ovk« Uuetiktuutlung; Lvrli»: ö-. L/ütter,- Laaoovr: C. §c/tüs«ter, kart» N«-Ua-rrao^kurr a L- StaUgsrt: Daube <t Co., L«udnrg: Act. üteiuer. llvran»xeb«rr 80uigt. Lipsäitioo 6«» Dre^äner ^ouru»!», Orvoäoo, ^viozorstraso« Ho. 2V. Amtlicher Theil. Dresden, 1S. Januar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Geheime Hofrath, Professor vr. Friedberg an der Universität zu Leipzig, daS ihm von Sr. königl. Ho heit dem Großherzoge von Baden verliehene Commau- deurkreuz II. Slasse de« Orden« vom Zähringer Löwen annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Rentverwalter Herklotz auf dem Rittergute Purschenstein da« allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der BahnhofSinspec.or Wilhelm Gottlob Heinrich Winter zu Leipzig da« ihm von Sr. Hoheit dem Herzog von Sachsen-Altenburg ver liehene Ritterkreuz H. Classe de« Herzoglich Sachsen- Ernestinischen Hau«orden« annehme und trage. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichte». Berlin, Dienstag, 24. Januar, Nachmittag«. (Tel. d. Dre»dn. Journ.) In der heutigen Sitzung de« Reichstags brachte bei der dritten Lesung deS Etats der Abg. Hänel den Erlaß deS König» von Preußen vom 4. Januar zur Sprache. Der Reichskanzler Fürst Bi«marck erwiderte auf die Ausführungen de» Abg. Hänel, er bestreite dem selben nicht die Legitimation, al« ReichStagSabgeordneter hier den königlichen Erlaß zu besprechen. Der Reichs kanzler brauche hier gar nicht anwesend zu sein, nur die verbündeten Regierungen seien verfassungs mäßig berechtig», hier zu erscheinen. Der Kanzler werde vom Kaiser ernannt, der wiederum keinen Sitz im BundeSrath habe. Lr sei also al» königlich preu ßischer Bevollmächtigter hier und ergreife gern die Gelegenheit, die gehörten Angriffe abzuwehren. Der Erlaß habe nicht den Zweck, neue» Recht zu schaffen. Wenn der Borredner gesagt hat, der König von Bayern wollte Frieden mit seinem Bolle haben, so sage ich, der König von Preußen hat Frieden mit seinem Volke geschaffen. Einen Conflict wolle man nicht haben. Der Erlaß wolle nur Verdunkelungen de» alten Recht» verhüten und sei ein Ausfluß der Verfassung. Bei un» ist der Satz „!-« roi rdgn« waw ii uv gouvoru« piw" nicht anwendbar und steht im Wider spruch mit unseren Verhältnissen. Ich kann nur an nehmen, daß die Gelehrten, welche von einer constitutio- nellenHauSm ierei sprechen, mit getrübtem Blick gesprochen haben. Ebenso widersinnig sind die Redensarten von konstitutionellem Ministerabsolutismus u. s. w. E» ist bedauerlich, daß vom Könige so unehrerbietig ge sprochen wird, al» e» vorkommt. (Lebhafter Wider spruch links). Mein Name steht unter dem Erlaß. , Ich bin vom Krankenbett hierher geeilt, ihn deshalb zu vertreten. Der Erlaß ist vollkommen berechtigt und durch die bisher gehörten Angriffe nicht erschüttert. Ich bin mir meiner Verantwortlichkeit bei Unterschrift desselben voll und ganz bewußt gewesen. Ich bin verant wortlich für alle Handlungen de» Monarchen, ob ich sie gegenzeichne, oder nicht. Die Unterschrift de» Kö nig» ist immer die Hauptsache. Wenn man die Ver ehrung bi» in die Wolken treibe, so schädige man de» Königs Autorität. Durch den König und die zwei Kammern werde dar Land regiert. Der Minister sei nur Lückenbüßer. Die Stellung der preußischen Könige sei niemals vom Standpunkte der Reite, sondern vom Standpunkte der Pflichten aufgefaßt worden. Diese Tradition ist in dem Maße lebendig, daß im Ministerium der König befiehlt, die Minister ge horchen. Man habe ja eine Menge Minister auf Lager, die gern jede Verantwortlichkeit über ¬ nehmen würden. Da» konstitutionelle Leben be stehe in Compromissen. De»halb haben die Mi nister mannigfache Eoncessionen zu machen. Aber der wirkliche, faktische Ministerpräsident in Preußen sei der König. Die Könige von Preußen waren vor 1848 im Vollbesitze der Macht. Al» wir zuerst die preußische Verfassung beschworen, lag un» die Theorie der Mojoritätenherrschast überaut fern. Der hochselige König machte alle nur denkbaren Vorbehalte, um un» davor zu bewahren. Hät ten wir 1864 Parlament»politik getrieben, wir hätten ein zweite» Olmütz erhalten, und Sie Alle wären vielleicht nicht vorhanden. So hat der König au» eigner Erfahrung herau» die Ueberzeugung be festigen müssen, daß seine Politik allein die herrschende und maßgebende sein muß; ihr, nicht dem Parlamente danken wir, wa» wir haben. Unsere Monarchen ge winnen, wenn sie herau-treten, bei persönlicher Be kanntschaft; darin gerade liegen die Wurzeln unserer Erfolge. Sie wünschen da» Königthum durch einen Vorhang zu sehen I WaS können Sie unS Bessere« geben für unser kräftiges Königthum? Wa- würden wir haben, wenn Sie dasselbe zersetzt haben? Lasse man da« Königthum nicht durch Nichtgebrauch schwach werden! Die politische Brunnen- vergrftung betreffe doch immer nur die Minister, nicht den König. Eine andere Deckung gegen Angriffe, al« die eigene Brust brauche man nicht, also nicht etwa den König als Schild. In den sechziger Jahren habe ich wohl mit meiner Person den Monarchen gedeckt und dachte damals wohl daran, daß von einem geg nerischen Nachfolger mein Vermögen eovfiScirt werden würde. Ich brachte den Antheil meiner Kinder in Sicherheit. Den Borwurf der Feigheit kann mir Keiner machen (Lärm link»), oder (vortretend) wagt die« noch Einer? (Großer Lärm link«. Glocke de« Präsidenten.) Brün», DleuStag, 24. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Polizei nahm gestern eine HauSsnchung bei den Redakteuren der Arbeiter zeitungen „Lolttfreund" nnd „Gpravedevost" vor und beschlagnahmte viele Schriften nnd Bücher. Pari«, Montag, 28. Januar, AbendS. (W.T. B ) In der heutigen Sitzung, der Deputirtenkam- mer legte derAinauzminister daS Budget für daS Jahr 1888 vor. Die Sitzung wnrde dann sus- peudirt, um die Vorlegung deS Berichtes der 33er Commission abzuwarten. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wurde der Bericht verlesen und die Berathuug desselben auf Donnerstag festgesetzt. In dem Berichte wird die Aufnahme deS Listen- scrutiniumS in die Verfassung formell abgelehut; der Bericht stellt ferner die Vollmachten deS Con- greffrS als unbeschränkte hin, glaubt aber, daß mau trotzdem die Reformpuukte bezeichnen müsse, um dem Senat einige Garantien zu bieten. Limerick, Montag, 23. Jaavar, Nachmittags. (W. T. B) AuS einem hiesigen Magazine wurden gestern Abend gegen 700 Pfund Dynamit ge stohlen; der Diebstahl hat große Aufregung ver ursacht. Dresden, 24. Januar. Au» Italien lief vor Kurzem die überraschende Nachricht ein, daß eine Reihe hervorragender Zei tungen der Hauptstadt, darunter der officiöse „Di- ritto", welcher bisher als daS Organ deS Minister- deS Aeußrrn, Mancini, galt, plötzlich in französische und noch obendrein klerikale Hände übergegangen seien. Unsere Blicke werden hierdurch wieder auf jenen Punkt gelenkt, wo Politik und Finanzen sich unlösbar berühren und verwirren. Eine Depesche an» Pari« an da» in Rom erscheinende radieale Blatt „Capitale" meldete zuerst, daß da» Geschäftshaus E. E. Obleight in Rom, welche- sich hauptsächlich mit dem Annoncenwesen beschäftigt, die seit einiger Zeit in dessen Besitz übergegangenen Zeitungen „Diritto", „Fanfulla", „Bersogliere", „LibertL", „Italia" und den in Mailand erscheinenden „Pungolo" vor 2 Monaten an ein Eonsortium französischer clericaler Speculanten ver kauft habe. Die infolge dieser Entscheidung entstan dene Agitation veranlaßte Obleight, welcher selbst kein Italiener, sondern ein deutsch-ungarischer J-raelit ist, zu Erklärungen, welche nur sehr wenig ausklären, im Grunde aber die Richtigkeit der von der „Capitale" gebrachten Nachricht bestätigen. Die Erklärungen Obleight'- leugnen den Verkauf der genannten Zei tungen, bestätigen aber dabei gleichzeitig die Umwand lung seiner ^zsncs sie publicits in eine Actiengesell- schaft 8ooi6t6 general« italienns 6s Publicity (Ca pital 360000V FrcS. mit Actien zu 500 FrcS.), deren hauptsächliche Mitglieder der 6rääit äs kraue«, resp. die Pariser Lantus kranoo-romaius sind, welche mit clericalem Geld begründet wurde. Kein Sterbens wörtchen erfuhren die Redactionen von dem Abschluß de- Geschäfts. Die Phrase der Obleight'schen Erklä rung, welche den Blättern auch künftig volle politische Freiheit zusichert, ist eine papierne Redensart, von der nur Vie Entlassung der Redacteure zu erwarten steht, sobald dieselben den finanziellen und politischen Interessen ihrer neuen Brodherren entgegentreten sollten, was wohl in den meisten Fällen unvermeidlich sein wird, weil gerade die Obleight'schen Blätter, mit Ausnahme der „Italia", in der letzten Zeit geradezu franzosenfeindlich auftraten. Wenn Obleight der Be sitzer so vieler Zeitungen, die in den verschiedensten Parteifarben schillern, werden konnte, so haben die Blätter daran ebenso viel Schuld wie Obleight, der nur Geschäftsmann und nicht- al» Geschäftsmann ist und al» solcher seine Interessen wahrzunehmen hat. Regierung, Politiker und Journalisten, Alle waren kurzsichtig, al» sie e» für möglich hielten, die Würde und Bedeutung der pclitischen TageSpresse aufrecht erhalten zu können, sobald ein Speculant, so ehrlich derselbe auch sein mag, die unbegrenzte freie Ver fügung über große politische Organe der verschieden sten Färbung besitzt, deren Elgenthum er nur au» Gründen finanzieller Speculation an sich brachte, um sich ihrer zu entledigen an dem Tage, an welchem sie kein persönliche» Ziel mehr für den Eigenthümer zu erreichen haben. In Italien, wo wie in manchen an deren Ländern viele Leute sonderbarer Weise glauben, die Presse lasse sich mit geringen Mitteln nicht nur liierarisch werthvoll, sondern auch politisch einflußreich und unabhängig Herstellen, wundert man sich nun, daß Da», waS man nicht selbst auSzubeuten versteht, von Anderen auSgebeutet wird. Nur zu spät ist man jetzt erst zur Einsicht gekommen, daß die Concentrirung der Presse in einer und noch obendrein ausländischen Hand die größten Gefahren in sich birgt. Aber Regierung, Parlament und Presse sind darüber seit Jahren sorg los hinweggegangen Die Leichtfertigkeit war so weit getrieben, daß man während deS vorigen Ministerium», dessen Mitglied schon damals DepretiS war, nahe da ran war, dem Hause Obleight auch die officiöse Tele graphenagentur Stefani abzutreten, wa» unzweifelhaft geschehen wäre, wenn nicht der Justizministrr Villa, welcher diese» Geschäft befürwortete, mit Cairoli ge fallen wäre. Immerhin ist Obleight dennoch auch bei dieser Agentur betheiligt. Da» Aufsehen, welches die Sache macht, ist begreiflicher Weise ein enorme-, und man sieht mit Spannung ihrer Abwickelung entgegen. Die nicht verkauften Journale, u.a. auch die „Ri- sorma", schlagen natürlich Lärm, daß die Regierung eiuer Angelegenheit, welche da- öffentliche Leben Jta- Feuilleton. Nrvizirt von Ott» Banck. A n u i« a. Novelle»« von -täfln Agne» Klinckowsträ«.*) Die Uhr auf Sanet Marien hatte vier geschlagen, und au- den umliegenden Schulen ergoß sich Vie Jugend wie ein brausender Strom in die brütende NachmittagSsonne hinau» und in die Straßen der Stadt, die, vorher still und menschenleer, jetzt von dem unruhigsten Leben erfüllt waren. Andere Ströme kamen ihnen entgegen, da» war ein Wogen und Lärmen, ein Streiten und Lachen, ein sinnlose» Schreien, wie e» eben nur au» einer Kinderbrust zu kommen vermag, die vom langen Schulzwang erlöst, selbst die Gluth der Augüsisonne mtt Jubel begrüßt. Wehe Dem, der um diese Zeit etwa einen Ge schäftsgang in die Stadt zu machen hatte und unter die Schaar dieser Bürger und Bürgerinnen der Zu kunft gerieth. Sein Fuß ward bei iedem Schritt ge hemmt, sei e» durch kleine einander verfolgende Kampf hähne, sei eS durch eine Reihe von drei bis vier Arm in Arm ehrbar dahinwandelnder niedlicher Mädchen, nicht zu rechnen die Stöße, welche man durch Bücher taschen und die scharfen Ecken der Schiefertafeln zu erdulden hatte. Die Straßen waren daher um diese Zeit gemieden. Um so mehr war die kleine Welt erstaunt, an die- se« erstickend heißen Nachmittag ein fremde» Element *) Unb«rtchtigter Nachdruck verboten. unter sich zu sehen. In der That fremd, denn ein solche» Gesicht ward hier in der guten Stadt selten geschaut. Die Züge de» feingliedrigen schlanken Mäd chen» zeigten unverkennbar italienischen Lypu», ohne jedoch einen Anflug de» Zigeunerhaften verleugnen zu können. Der schützende Hut war ihr vom Kops geglitten und hing im Nacken, und mit ihm die reichen aber wirren schwarzen Flechten. Sie achtele e» nicht. Offenbar war sie ermüdet, denn sie hielt den Kopf gesenkt und schritt langsam über die heißen Pflaster steine dahin. Die Harfe, da» Zeichen ihre» Gewerbe», hing lässig über ihren Rücken. Sie mochte ihr schwer sein, denn sie griff zuweilen nach dem Trageband, um e» zu lockern, wenn e» zu schmerzlich auf den un beschützten. nur mit einem Hemd bekleideten Schultern drückte. Bon dem zweifelhaften Weiß de» groben Hemde» hob sich in Hellem, bräunlichem Ton die jugendfrische Haut ab, und die Form der schlanken Glieder ward durch die leichte Hülle de» ausgewach senen dürftigen Wollröckchen» eher hervorgehoben al» verhüllt. E» lag ein Hauch von Poesie und uncivili- sirter Grazie über der Gestalt der Landstreicherin, während chr etwa» älterer Begleiter schon dem Begriff deutschen BagabundenthumS nahe kam. Die Beiden bahnten sich mühsam ihren Weg durch die Schuljugend, welche, nachdem da» erste Erstaunen überwunden war, sie zu necken und zu höhnen be- aann, und im Nu waren sie der Mittelpunkt eine» Knäuel» lachender, schreiender KrauSköpfe, die ohne Müleid schovung»lo» ihren kecken Kinderwitz über sie ergossen. Der jung« Mann, dessen schäbige abgerissene Kleidung wohl einmal bessere Tage gesehen haben mochte, nahm die Geige sest unter den Arm und trat vor da» Mädchen hin, um ihm den Weg zu bahnen und die Buben zurückzuscheuchen. Aber die kleinen Peiniger stoben wohl für eine Secunde vor seinem drohenden Arm auseinander, um sich aber gleich darauf wieder zu einem hohnlachenden Knäuel zu sammenzuballen. Da» Mädchen schritt ruhig und gleichgiltig Wetter, al» habe sie nicht» mit den Schimpf reden und Neckereien um sie her zu thun, nur um ihre feinen Lippen zuckte e» bisweilen, al» einzige» Zeichen, daß sie verstand, wa» gesagt wurde. Hinter ihnen ber kam ein Mann die Straße her auf, der mit kräftigem, festen Tritt sich durch die Schuljugend Bahn brach und da, wo man ihm nicht willig Raum gab, mit deutlicher Handgreiflichkeit sich Platz verschaffte. „Der Kapellmeister Halmir," flüsterten die Kinder und wichen zurück, um den Künstler hindurchzulassen, der in hohem Ansehen stand und den groß und Nein in ver Stadt kannte und bewunderte. „Wa» geht hier vor?" rief der Herzog!. Kapell meister, „und wen habt ihr da? Ei, seht doch, rin hübsche» Handwerk, da» ihr betreibt, arme ehrliche Ehristenmenschen, die ermüdet ihre- Wege» ziehen, zu quälen. Packt euch nach Hause, ihr Schlingel, und sagt euren Aeltern, sie möchten euch die Erinnerung an Zucht und anständige» Betragen recht deutlich aus euren Rücken einprägen." Die Kinder schwiegen beschämt, nur einer der Bor lautesten rief: „E» sind Landstreicher, > welche die Straßen unsicher machen und dem GerichtSvogt über wiesen werden sollten." lien» in so hohem Grade interessirt, nicht die gehörige Aufmerksamkeit schenkt.— Der „Diritto" entgegnet darauf, e» sei beklaqen-werth, daß sich keine hervor ragenden Deputirten fänden, welche zur Unterstützung po litischer Blätter Geld hergeben wollten. Die Lage der italienischen Zeitungen sei eine sehr traurige. Eine eigentliche nationale Presse habe man überhaupt gar nicht; die römischen Blätter seien in schlechterer Lage, al- die großen Provinzialblätter. Wenn nun ein Ban kier 4 oder 5 römische Blätter und 10 bis 15 Provin zialzeitungen an sich bringe, so könne da» Niemand hindern; e» wäre aber zu bedauern, wenn die Redac teure derselben von ihm abhängig würden. Ja, e» würde sogar ein Wunder sein, wenn sie e» nicht wür den. Jetzt liege noch keine Gefahr vor; aber wenn solche künftig drohte, so trügen daran allein die Schuld die politischen Parteien oder vielmehr deren Gleich, giltigkeit, Unerfahrenheit und Ohnmacht. Die Erklä rung der Redaction de» „Diritto", welche einem voll ständigen Anklageact gleichtommt, ist jedenfalls nur eine platonische Ehrenerklärung. Ein osficiöseS, ja so gar hochosficiöseS Blatt, wie den „Diritto", in sran- zösische Hände übergehen zu sehen, ist allerdings urkomisch. — Die Redacteure der „Liberia", deS„Fan- fulla", de» „Bersagliere" und de» „Pungolo" machen bekannt, daß in der politischen Richtung dieser Zeitun gen nicht» geändert werden würde. — Der„Nazione" wird über diese Angelegenheit berichtet, da- Ministe rium werde den allgemeinen Unwillen, der dadurch her- vorgerufen worden, nicht mit Stillschweigen übergehen können und beabsichtigt, etwa» zu thun, um die Ge- müther wieder zu beruhigen. Der Handelsminister habe seinen Untergebenen anbefohlen, etwa eingehende Gesuche um Genehmigung der 8o«ü«t» 6i padlicita mit oder ohne Namen ihm sofort vorzulegen, weil er selbst darüber entscheiden wolle. Bi» heute sei ein der artige» Gesuch noch nicht eiugereicht. Wie die Sache endigen würde, sei nicht vorherzusehen; e» handle sich um da» Ansehen und den Credit der italienischen Presse. Man müsse daher hoffen, daß die Angelegenheit auf irgend eine derselben würdige Weise, ohne die Rechte von Privatpersonen zu verletzen, ihre Lösung finde — Dagegen bringt der ministerielle „Popolo romano" einen Artikel über jene Angelegenheit, worin der Be weis geführt wird, daß gegen den VerkaufScontract kein gesetzlicher Einspruch statthaft ist. Damit fallen die Hoffnungen Derjenigen, die meinten, die italienische Regierung würde dem Unternehmen Hindernisse in den Weg legen. Die Chefredacteurd deS „Diritto" und der „Liberta", Torraca und Arbib, haben nun einen parlamentarischen Ehrenrath zusammenberufen, welchem sie die Frage vor legten, ob sie al- gute Söhne der italienischen Nation ebenso unbedenklich imDienste französischer Capitalisten inPolitik machen könnten, wie im Sold? eine- ungarischen Is raeliten. In einem Saale de» Monte-CitoriopalasteS waren nämlich am 19. d. Bormittag- dir Deputirten Spaventa, Tenani, Tajani, Rudii i, Billia und Comin zusammengetreten, um folgende, ihrer Entscheidung un terbreitete Frage zu beantworten: .Können die Lirrctoren de« .Diritto' und der. LibertL' nach der neuen Lage, die diesen Journalen durch den von Hrn. Obleight geschloffenen Lontracl geschaffen worden, laut welchem derselbe da- Ligenlyumirecht dieser und anderer Blätter einem französischen Lreditinstitute abgetreten hat, mit Ersolg, mit Würde und Unabhängigkeit ihre Pflichten al» Publieiftrn dem Lande gegenüber erfüllen?" Die Entscheidung des Ehrenrath«- liegt noch nicht vor, doch meldet man der „N. ft. Pr." au» Rom, sämmtliche Redacteure de» „Diritto" und der „Liberta" seien bereit» zurückgetreten, und man erwarte, daß die jenigen der anderen drei Zeitungen diesem Beispiele folgen werden. Die „Opinione" vom 21. d. brachte Enthüllungen, nach welchen der Ankauf italienischer Zeitungen durch Herr Halmir ergriff den Schreier und schüttelte ihn tüchtig. „Wenn ich Jemand dem Gericht»vogt über werft, so bist du e» wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Straßenunfug. Kindern steht kein Urtheil und kein Eingriff in die Gerichtspflege zu; merke Dir das, mein kluger Bursch, und wenn Du Dich nun nicht augenblicklich nach Hause verfügst, werde ich Dich MoreS lehren." Die kleine Schaar ging eingeschüchtert und still schweigend auseinander und der Kapellmeister blieb den müden Wanderern gegenüber stehen. Er war eine breite und trotz seiner Jugend, denn er zählte höchsten» achtundzwanzig bi» neunundzwanzig Jahre, zur Corpulenz neigende Gestalt, wie denn auch sein volle» Kinn und die starken, aufgeworfenen Lippen Neigung zum Wohlleben verriethen. Niemand hätte sein Gesicht mit den breiten Formen und der unedle» Nase hübsch genannt, obgleich reiche» braune» Haar in welligen Massen Stirn und Schläfen umgab, aber wer in die tiefliegenden, dunkeln Augen blickte, vergaß über dem ihnen innewohnenden Strahl die ganze übrige Erscheinung de» jungen Meister». Energie, Klugheit und Genialität waren in diesen Augen ver eint, die seine ihm untergebenen Musiker beherrschten und auch jetzt ihre Wirkung nicht verfehlten, denn die großen, schwarzen Augen de» Mädchen» hoben sich unter dem durchdringenden Blick wie von unsicht barer Macht gezwungen und schauten ihn müde und bittend an. Ihr Begleiter zog den Hut und sagte gewohnheits mäßig die eingelernte Phrase: „Ern armer, reisender Musiker bittet um eine Unterstützung."
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