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Die „Mttendorscr Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich 1 Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserat« werden mit io Pf. fiir di» Spaltzeil« b«r«chn«t Tabellarisch« Satz nach besodtrrm Tarts Lokalzeitung für dre Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Kroß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkilla. Nr. 9 Freitag, den 19. Januar 1906 5 Jahrgang Oertliches und Sächsisches Gttendorf-Dkrilla, den 16. Januar 1906 — Am Dienstag abend versuchte sich ein hier in Stellung befindliches Mädchen durch Erhängen das Leben zu nehmen. Durch hinzu kommende Personen wurde es an seinen Vor haben gehindert und ins Leben zurückgerufen. — Das letzte Vierteljahr s der Schulzeit hat für viele Knaben und Mädchen begonnen. Reichlich elf Wochen noch, dann wird der Schultornister zum letzten Male geschnallt und mit der schönsten Zeit des Lebens ists vorbei. Von traurigen Abschiedsgedanken wollen aber Konfirmanden und Konfirmandinnen nichts wissen; sie freuen sich jetzt vielmehr dem Schulzwange entwachsen zu sein, glauben auch mitunter das Lernen jetzt nicht mehr nötig zu haben, weil es mit der Schule jetzt bald vor bei sei. Doch eine Lässigkeit im letzten Vierteljahre rächt sich ost gar sehr. Die Ab- gangszensur aus der Schule wird im späteren Leben häufig verlangt werden, und gar mancher junge Bursche Hal sich diese schon durch mut willige Streiche am Schluffe der Schulzeit ver dorben. Die Reue nach Ostern kommt in der Regel zu spät; es dürste daher das Mahn wort an die Konfirmanden nicht unangebracht sein, gerade jetzt noch alle Kräfte zusammen zunehmen, um die in der Schule erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu bereichern und zu befestigen. Gute Schulkcnntnisse sind un bezahlbar, zuviel kann man davon nicht be kommen. — Im Jahre 1806 werden drei Sonnen finsternisse und zwei Mondfinsternisse statt finden, doch wird in unseren Gegenden nur die erste Mondfinsternis sichtbar sein uud diese nur zum Teil. Diese Finsternis ist eine totale und ereignet sich in den Vormittags stunden des 9. Februar. Sie beginnt um 6 Uhr 57 Min und endet 10 Uhr 37 Min. und wird in der westlichen Halste Europas im nordwestlichen Teile Afrikas, im Atlantischen Ozean, in Amerika, im Großen Ozean und auf der Ostküste Australiens sichtbar sein. Dresden. Großes Aufsehen erregen in Dresdner Börsen- und Finanzkreisen die Unterschlagungen des Beamten der Depositen- kafie eines hiesigen Privatbankhauses. Der ungetreue Beamte, namens Seligmann war seit längeren Jahren bei dem Bankhause Philipp Elimeier und Co. angestellt, hat sich aber, wie verlautet, in Börsenspekulationen eingelassen, die dann sehlschlugen. Der Beamte soll etwa 6000 Mk. veruntreut haben; er hat inzwischen das Weite gesucht und dürste sich bereits im Auslands befinden. Er stand sonst im Rufe eines soliden, gewissenhaften Mannes. — Vermittels gefälschter Quittung ist es vor einiger Zeit einem Gauner gelungen, an der Depositenkasse eines hiesigen Privat-Bank- hauses mehrere Tausend Mark zu erschwindeln Ein Angestellter der geschädigten Firma, der gegenwärtig bei einem auswärtigen Regiments seiner Militärpflicht genügt, ist nach seiner Vernehmung fahnenflüchtig geworden, wodurch er sich der Mitschuld verdächtig gemacht hat. — Eine gemeingefährliche Person treibt jetzt während der Abendstunden in den Straßen der inneren Stadt ihr Wesen Hier sind in letzter Zeit wiederholt Strpßmpaffanten die Kleider mit einer Säure begossen und daher unbrauchbar gemacht worden. Der Täter hat es insbesondere auf Damen aus besseren Ständen abgesehen. Der den Betroffenen zugefügte Schaden b läust sich in einigen Fällen auf etliche hundert Mark- Bisher ist es nicht gelungen, des Menschen, vor dem hiermit gewarnt wird, habhaft zu werden. Großdittmannsdorf. Am Montag wurde dem Kirchschullehrer Karl Hermann Körner hier die ihm von Seiner Majestät dem Könige verliehene bronzene Lebensrettungs medaille vom Hern Amtshauptmann Dr. Uhle mann im Beisein des Gemeindevorstandes Knöfel und des Vaters des von Herrn Körner am 5. September 1905 vom Tode des Er trinkens geretteten Kindes Hillig ausgehändigt Köni gs brück. Auf dem Gefechssschießplatz bei Königsbrück wird in der Zeit vom 22. Januar bis mit 25. Januar d. I. täglich von 8 Uhr vorm. bis 4 Uhr nachmittags das Kgl. 2. Jägerbattaillon Nr. 13 Einzelgefechts- und Gruppenschießen abhalten, Kamenz. Unterschlagungen in Höhe von 700 M. beging der in einer Fabrik beschäftigte 17 jährige Kontorlehrling P. Als seine ^Straf taten ans Licht kamen, erhängte er sich im Turnzimmsr des Fabrikgebäudes. Ortrand. In der Angelegenheit der Er weiterung des Königsbrücker Schießplatzes sollen jetzt wiederholt Verhandlungen und Ver messungen stattgefunden haben. Die Aus dehnung des Schießplatzes soll bis dicht an die preußische Grenze erfolgen, z. B- soll Rohna eine große Fläche Land abgcben. Roda. In dem unweit unseres Ortes ge legenen Steinbruche ereignete sich am Dienstag ein bedauerlicher Unglücksfall. Bei dem Herausbohren einer nicht losgegangenen Sprengladung explodierte diese plötzlich und sie schlug dem Besitzer des Steinbruchö, Herrn Hertrampf, direkt ins Gesicht. Da das Augen licht stark gefährdet erscheint, machte sich seine Ueberführung in eine Klinik notwendig. Deuben. Am Dienstag wurde ein bei dem Gutsbesitzer Klügel in Deuben-Schweins dorf in Diensten stehender Knecht unter dem Verdachte, das Anwesen seines Brotherrn am Montag in Brand gesteckt zu haben, verhaftet und in das Amtsgericht Döhlen abgeliefert Er hat seine Tat bereits gestanden. Der Grund zur Brandstiftung soll die von ihm er betene, aber nicht bewilligte Entlastung aus seinem Dienstverhältnis sein. Pirna. Eine widerliche Familienszene, bei welcher sogar das Mester in Anwendung kam, spielte sich am Sonntag Abend auf der Zehistaer Straße in Pirna ab. Der in Dohna wohnende Grünwarenhändler D. war in Begleitung seiner Ehefrau und eines 16 jährigen Sohnes in einem Restaurant ein gekehrt und hatte sich, da die Frau zum Nachhausegehen gemahnt so aufgeregt, daß er diese auf der Straße mißhandelte, auf die Erde warf und darauf hinschleifte. Der Sohn suchte seine Mutter beizustehen, wurde aber vom Vater ebenfalls geschlagen, worüber der junge Mensch so in Aufregung geriet, daß er nach dem Mester griff und es seinem Vater in die Brust stieß. Der Verletzte, besten Ver wundung zum Glück nicht lebensgefährlich sein soll, mußte nach dem Krankenhaus gebracht werden, während der Sohn in Haft genommen wurde. -- Das Testament des Dresdner Fabrik besitzers Greif, durch welches der Stadt Pirna ein Vermögenswert von über 800000 Mark zustel, soll nach einer an den Rat zu Pirna gelangten Mitteilung angefochten werden, da sich der Erblaster nach der Behauptung der Verwandten bei der Abfassung der letztwilligen Bestimmungen nicht im vollen Besitze seiner geistigen Kräfte befunden habe. Riesa. Die Elbschiffahrt ist bergwärts wieder ausgenommen und in Laube, Schön priesen und Aussig ist mit den Ausladungen begonnen worden. Vor einigen Tagen ist der erste beladene Zuckerkahn in diesem Jahre von Aussig talwärts geschwommen, ein weiterer Zuckerkahn wird gegenwärtig am Nussiger Kai verladen. Teilweise wird Kohle in Rosa witz und Aussig verladen. Am Sonnabend wurden in Aussig 64, und am Montag 69 Waggons Kohle zur Elbe bereitgestellt. Der günstige Wasterstand, der eine volle Aus nutzung der Tragfähigkeit der Frachtschiffe ge stattet, ist der Aufnahme der Schiffahrt über aus günstig gewesen. Gröba. Am Montag wurde durch den Gemeinderat das von der Firma Leopold und Hurttig in Königswusterhausen erbaute Ge meindegaswerk übernommen. Die technische Prüfung des Gaswerkes, des Straßenrohrnetzes und der öffentlichen Straßenbeleuchtung war vorher durch den Sachverständigen der Ge meinde, Stadtbaurat a. D. Pflücke in Dresden erfolgt und hatte die Betriebstüchtigkeit der Anlage ergeben. Die lebhafte Beteiligung in der Gasabnahme beweist, daß die Gemeinde mit diesem Werke einem großen Bedürfnis Rechnung trägt. Oschatz. In hochgradiger Nervosität stürzte sich in Oschatz der im 37. Lebensjahre stehende Familienvater Richard Merz aus einer Höhe von ca. 18 Metern in den Hof seiner Be hausung herab. Der Unglückliche, der in eine Nervenheilanstalt verbracht werden sollte, war sofort tot. Grimma. Im Sommer 1905 verschwand bekanntlich von Grimma der Wirt der „Gatter burg", Riefe. Er unterließ es dabei, vorher mit zahlreichen Geschäftsleuten abzurechnen. Auf einen Ozeandampfer einer Afrikalinie fand er eine zeitlang schützende Aufnahme, bis er einem Landsmanns begegnete, und diesem sein Geheimnis anvertraute. Sein Aufenthalts ort wurde bekannt und im Hamburger Hafen wurde Riefe vom Schiff weg verhaftet. Jetzt hatte er sich wegen betrügerischen BankerottS vor dem Landgericht Leipzig zu verantworten. Das Urteil lautete auf 1 Jahr 3 Monate Gefängnis. Freiberg. Die städtischen Kollegien haben beschlossen, an den Reichstag eine Petition gegen die zur Beratung stehende Tabaksteuer zu richten. Freiberg isi verhältnismäßig stark an der Tabaksteuer interessiert, da etwa 1000 Zigarrenarbeiter in Frage kommen. Es wird befürchtet, daß bei Annahme der Vorlage die Fabrikation der 5- und 6-Pfennig- Zigarre auch in Freiberg nicht mehr möglich sein wird. Dies wäre um so empfindlicher, als schon durch das Abrüsten des Bergbaues die Stadt geschädigt ist, — Ein bedauerlicher Unfall hat sich im Freiberger Feuerwehr-Depot. Als ein Hand arbeiter mit dem Reinigen von Feuerwehr- Gerätschaften beschäftigt ^war, erhielt er beim Einfahren einer Leiter ins Feuerwehr-Depot einen Stoß gegen die Brust, die seinen so fortigen Tod herbeiführte. Hainichen. Hier wurde am Mittwoch abend auf dem Schweinehändler Krätzschmar ein Raubanfall ausgeführt. Krätzschmar wurde auf offener Straße von einem Unbekannten angesprochen. Plötzlich warf ihm dieser einen Riemen um den Hals und suchte ihm zu er würgen, dies gelang ihm allerdings nicht, der Räuber konnte Kretzschmar aber doch ein Portemonnaie mit 12 Mark entreißen, während er eine Summe von 200 Mark, auf die es offenbar abgesehen war, nicht erlangen konnte. Der Räuber ist geflüchtet. Leipzig. Der Leichnam des auf Rittergut Lauter bedienstet gewesenen Lorenz Pfeil ist im Elstermühlgraben zu Knautkleeberg aufgefunden worden. Keiner der Wertgegenstände fehlte, sodaß sich der Mordverdacht glücklicher Weise als gänziich unbegründet erweist. Der Zimmer mann Glöckner, welchen man verhaftet hatte, wurde dereits am Freitag entlassen, °da sich besten vollkommene Unschuld schon vor der Auffindung der Leiche Pfeils herausstellte. — Auf der Marschallstraße sprang Dienstag vormittag eine in der Leipziger Vorstadt wohnende 25 Jahre alte Frau kurz vor dem an der Gerichtsstraße befindlichen Haltepunkte von einem Straßenbahnwagen herab und fiel zu Boden. Sie erlitt eine Gehirnerschütterung und eine Quetschung der linken! Gesichtsseite und mußte in das Johannstädter Krankenhaus übergeführt werden. — Die Polizei beschlagnahmte bei mehreren Anarchisten einen größeren Posten des „Revolutionär", Organ der anarchistischen Förderation Deutschlands, 2. Jahrgang, Nr. 2 vom 13. Januar 1906, auf Grund der Paragraphen 110, 111, 130 des Reichastraf gesetzbuches. — Mit einer leeren Flasche betrat ein Spitzbube ein in der Ritterstraße gelegenes Geschäft mit dem Ersuchen, ihm Petroleum zu verkaufen. Während die Flasche gefüllt wurde, zog der Dieb die Ladenkaste heraus, um mit derselben zu verschwinden. Resolut aber packte ihn die Geschäftsinhaberin sodaß er die Kaste wegwarf, nachdem er dieser etwa 20 Mark entnommen hatte. Leider entkam der freche Dieb- — Eine achtzehnjährige Verkäuferin aus Berlin stahl ihren dortigen Verwandten 800 M. Auf der Reise nach Leipzig wurde ihr jedoch das Geld wieder gestohlen und sie selbst fest genommen. Glauchau. Der 62 jährige Gärtner Kindler stürzte von einem etwa 8 Meter hohen Baume, als er auf diesem Aeste absägen wollte, herab und erlitt so schwere innere Ver letzungen, daß er bald darauf verstarb. Zwickau. Die Bergarbeiterbewegung in Sachsen scheint im Sande zu verlaufen. Wie noch erinnerlich, waren in den letzten Berg arbeiterversammlungen, in denen man sich mit den von den Werksverwaltungen zugestandenen Teuerungszulagen nicht zufrieden erklärte, die Arbeiterausschüste der einzelnen Werke be auftragt worden, an Stelle der vom Verein für bergbauliche Interessen nicht anerkannten Kommission des Bergarbeiterverbandes die in den Versammlungen beschlossenen Forderungen bei ihren Werksverwaltungen mit allem Nach druck aufs neue anzubringen. Wie nun mit geteilt, wird ist nur auf zwei Werken in den Bergrevicren Lugau-Oelanitz und Zwickau der Arbeiterausschuß in der gedachten Weise in Tätigkeit getreten, ohne aber besonderen Nach- druck auf die Forderung zu setzen. Auf den übrigen Gruben hat sich keiner der Ausschüsse gerührt. Die Werkbesitzer sind deshalb auch gar nicht in die Lage gekommen, über An nahme oder Ablehnung der Bergarbeiter« sorderungen sich schlüssig machen zu müssen. Im übrigen hat ja der Verein für bergbau liche Interessen seine in der Gewährung oer Teuerungszulage gipfeln den Entschließungen bereits bekannigegeben und begründet. Roche wisch. Der von uns gemeldete Ver« giftungöfall des Herrn Gemeindevorstandes Enders und besten Frau ist noch keineswegs aufgeklärt. Der Grund zur Vergiftung ist nicht in den genossenen Fleischwaren zn suchen. Herrn Kgl. Bezirksarzt Dr. Forster-Plaueu sind Speisereste zur Untersuchung etngesandt worden. Plauen i. V. Die Gehilfen im Stein setzgewerbe in der Kreishauptmannschaft Zwickau verlangten in einem neue» Lohntarife die Einführung der zehnstündigen Arbeitszeit. Von der hier abgehaltenen Hauptversammlung der Steinsetzer-Innung der Kreishauptmannschaft wurde jedoch der neue Lohntarif aus unan nehmbar bezeichnet Die JnnungSmeister schlagen selbst einen neuen Tarif vor, der auf elfstündige Arbeitszeit beruht, und einige sonstige Zugeständnisse enthält. Da die Ge hilfen mit den Anerbieten nicht einverstanden sind, steht ein Streik zu erwarten. Reichenbach. Die hiesige Staatsanwalt schaft hat nun ebenfalls ein s Verfahren gegen Beteiligte in der am 3. Dezember v. I. er folgten Demonstration eingeleitet. Angeklagt wegen Vergehens gegen 13 und 33 de» Vereins- und Versammlungsgesetzes sind zehn Genoffen. , Oberwiesenthal, Welche Schneemassen in den höheren Lagen vorhanden sind, geht aus einem großen, geräumigen, in den Schnee getriebenen Tunnel an der Straße nach Gottesgab hervor. Der Tunnel ist al» Restaurant eingerichtet und wird vom Berg- schlößchenwirt bewirtschaftet.