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Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.10.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188710197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18871019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18871019
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-10
- Tag 1887-10-19
-
Monat
1887-10
-
Jahr
1887
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.10.1887
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te HSHe«. »eilbädcr, e Fleisch, es Leben. - u. Flauen der Besuch ist Winter idseg. 2—4 Uh», hr. ker, zenstände tätt MölÄWK ZS, »lich zwei- rfelbutter, uggsndsi-g, rnsch unter »<n, A »« Sen Dienst«». Mi , 6», d«- > > Mil>rt«»t» » Nimöv »«»- , Ion«« N«» » ««Kat»«». » i» N«n d««»« » ^ voatr»I« » »IA»«n<j «<I » «oN»t de! » »»tl»««,>» » ionsrV»»»«« > I LntkrSk- mli»l»rtd d«- Orj-iwI»»», ttllnljung », i«l«K»«» NN» i«>So». sussto«, »Irl- SU«» »a» «ko» «>»- nU« uu>i V«r- »tiu«» »I»s «». M üllee, ater, tratze 10, rehrten Publi- ngen, Ab- »ge re. :sorgt dasselbe e Müller. ^Nr. 243. — 7. Jahrgang.— jeden Wochentag Mend (mit Datum ^folgende» Tage-) zur Versendung -„ende „Sitchfische Landes-««» ger" «It täglich einem besonderen Unter- i-lnm»sblatte und oiit dem Extrabeiblatt Wiaes Bilderbuch kostet bei den Ausgabe- gellen monatlich 7» Pfg., bei den Post» Walten 7b Pf.lZtgs.-PrciSliste Nr- StzbL.) gllrilbonnentencrscheintje einmal Im Jahr: ßemner-Etsenbahnfahttilanheft für Sachsen. «iaktt.Eisenbahnfahrplanbrft für Sachsen, zllastr. ratender »es Sächsischen Landboten. ZllnstrirteS IahreSbuch des Landes-ilnzeigers. Sächsischer iiiitts-Anstizer mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Mittwoch, IS. Oktober 1887. »«zeigen»«!-des „Stichs. L Raum einer schmalen Eoi Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnserti'onSbetrag (in Briefmarken) beifügen ge 8 Silben CorpuSschrift bilden ca. 1Zeile.i Annoncenannahme nur bi- Bormittag. Snln: MM Me, Buchdruckerei. Chemnitz. Theaterstrabe 6 (Fernsprechstelle Nr.lSH. Telegr.-Adr.: LandeS-Änzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — 5. Jllnstrirtes Unterhaltungsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch» Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 3051 die Firma Oskar Tschaplowltsch in Chemnitz (Friedrlchstraße) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Georg Oskar Tschaplowitsch daselbst, Besitzer eines Colonialwaaren-HandelSgeschäfts, ein getragen. Chemnitz, am l7. Oktober 1887. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 3050 die am 13. Oktober 1887 errichtete Firma Chemnitzer technische Bürstenfabrik Max Heinrich u. Müller in Chemnitz (Zschopauerstraße Nr. 36) eingetragen und zugleich vcrlautbart, daß der Kauf, mann Herr Mar Wilhelm Emil Heinrich und der Fabrikant Herr Friedrich Albin Müller, Beide in Chemnitz, Inhaber der Firma sind. Chemnitz, am 17. Oktober 1887. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 462 verlautbart, daß der Kaufmann Herr Hermanii, Georg Leuckart in Chemnitz die Firma H. Leuckart daselbst von dem bisheri gen Inhaber derselben zur Fortführung überlassen erhalten hat. Chemnitz, am 17. Oktober 1887. Königliches Amtsgericht. Das im Grundbuche auf den Namen August Johann Fauland einge tragene, allhier an der inneren Klostcrstraße gelegene, mit verschiedenen Wohn- und Geschäftszwecken eingerichtete» Gebäuden bebaute, aus 174,300 . geschätzte Grundstück Folium 79 des Grundbuchs, Nr. 343 des Flurbuchs und Nr. 307, I. Abth. des Brandcatasters für Chemnitz, in welchem die Schank- wirthschaft „zum Prälaten" betrieben wird, soll im hiesigen Amtsgericht zwangsweise versteigert werden und ist der 21. November 1887 Vormittags 10 Uhr als Anmeldctermi», ferner der 7. Deccmber l887 Vormittags 10 Uhr als Bersteigeriingstermin, sowie der 1b. December 1887 Vormittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung des Bertheilungsplans anberanmt worden. Die Realberechtigte» werden aufgcfordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rück stände an wiederkchrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen, spätestens im Anmeldetcrmin anzumelden. Eine Ucbersicht der aus dein Grundstücke lasten den Ansprüche und ihres Rangvcrhältnisses kann nach dem Anmcldetermine in der Gerichtsschrciberei des Unterzeichneten Amtsgerichts eingesehe» werden. Chemnitz, am 14. Oktober 188? Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 17. Oktober. Wien. Die Entrevuegerüchte werden diesmal hier ernster ge nommen, umsomehr, als auch die Meldung von der Hierhcrkunft der Zarin zum Besuche ihrer Schwester Thyra, Herzogin von Cumber- land, neuerdings bestimmt anftaucht. — Stransky ist hier eingetroffen, um die Verhandlungen wegen einer bulgarischen Anleihe wieder an zuknüpfen. König Milan empfing gestern den Grafen Kalnoky und hatte eine längere Unterredung mit ihm. — Heute finden fast unausgesetzt Berathungen des Tschechenclubs und Verhandlungen des Exccutiv-Comitees mit der Regierung statt; die Tschechen verlangen als Compensatio» für den Mittelschulerlaß die Aufhebung der deut schen Staatsprüfungen an der tschechischen Universität zu Prag und die Errichtung einer besonderen theologischen Facultät an letzterer; Gerüchte, daß Minister v. Gautsch sein Entlassungsgesuch cingereicht habe, werden nicht ernst genommen. Rom. Heute treffen hier die österreichischen Delegirten zur Aufnahme der Verhandlungen über den Handelsvertrag ein. Den Sitzungen präsidirt Crispi. — Heute verlautet, CriSpi wolle Nigra das von ihm abgelehnte Ministerium des Aeußcren nochmals an- bietcn; falls er annimnit, wird Nobilant wiederum Botschafter in Wien. Paris. Mit der Bereisung der Ostgrcnze durch Ferron fällt die Bewaffnung des sechsten Corps mit dem Lcbel-Repetirgewehr zu sammen. Vielfach wird angenommen, Ferrons Reise werde Garnisons verstärkungen nach sich ziehen. — Die Polizei ist Andlau auf der Spur. Madrid. In Barcelona wurden zehn Individuen verhaftet, die eine» Aufstand vorbereiteten; compromittircnde Papiere und über 1000 gestohlene recommandirte Briefe wurden bei ihnen be schlagnahmt. Die Veilchendame. Kriminal-Roman von Carl Görlitz. Fortsetzung. Nachdruck verboten. VI. Ungefähr zu derselben Zeit, als die arme Therese unter der Wucht ihres Seclenlcidens, geschwächt von Hunger und den beiden am Krankenbett ihres Kindes durchwachten Nächten auf der Straße zusammengcbrvchen war und mit blutiger Stirn und besudelten Klei dern unter dem Thorwege lag, zu dieser selben Zeit hatten die Passanten der Straße, in welcher der Bankier Ortmann wohnte, einen bezaubernden Anblick, eine glänzende Verkörperung raffinirtesten Luxus und höchster irdischer Glückseligkeit. Wie die Wohnung des Bankiers Ortmann auf der Schattenseite der Straße lag, reflektirten die Fenster der gegenüberliegenden Häuser dagegen den vollsten Sonnenschein, der heute vom Himmel hernieder strahlte. Ganz besonders funkelten die hohen Spiegelscheiben der Bel-Etage, welche Frau Lcssing gemiethet und die Gräfin Schönmark bewohnte, in diesen Sonnenstxahlen wie flüssiges Gold, so daß die Hinausblickendcn sich fast geblendet fühlten. Aber doch wandten sich die Augen derselben nicht, im Gegcntheil erhoben sich immer mehr Blicke zu dem ersten Stockwerk jenes prächtigen Eckhauses, und zwar zu dem einzigen Fenster, das den Reflex des Sonnenlichts nicht zu rückwarf, weil seine beiden Flügel weit geöffnet waren. Dies geöffnete Fenster bildete den Rahmen zu einem Bilde, das in seiner Schönheit wirklich seines Gleichen suchte. Oben zeigte sich die thronartigc Draperie hcrabhängendcr, silberweißer Spitzcngardinen, die an den Seiten durch die weit geöffnete» Fensterflügel auseinander gehalten wurden. Auf dem Fensterbrett stand eine ganze Reihe von Blumentöpfen, in welchen nur Veilchen blühten, die ihre dunkelblauen Blumenhäupter in seltener Fülle aus dichten Büscheln saftgrüner Blätter erhoben. An diesem geöffneten Fenster saß in einen Sessel nachlässig zurückgelchnt die Gräfin Schönmark, deren rothblondc Lockenpracht in dem sie voll treffenden Sonnenschein so cigcnthümtich reizvoll strahlte, daß kein Pinsel, auch nicht des genialsten Malers, diese wunderbare Farbcnnuance hätte nachahmcn können. Die schöne Frau war wieder in Schwarz gekleidet. Hinter ihr stand der Blumen tisch mit dunkelgrünen Blattpflanzen, der von Frau Lcssing ursprüng lich dicht an das Fenster Plazirt worden war, den aber die Gräfin mehr in den Salon hincingerückt hatte, und zwar so, daß er, wenn sie an diesem mit Veilchentopfen dckorirten Fenster saß, ihrer Er- Politische Rundschau. Chemnitz, den 18. Oktober. Deutsches Reich. Aus Kopenhagen wird erneut gemeldet, Kaiser Alexander werde den deutschen Kaiser Ende d. M. besuchen und dann die Rückreise zu Lande machen. Ueber den Zusammen kunftsort fehlen alle genaueren Angaben. Unzweifelhaft würde eine Begegnung Alexanders III. mit Kaiser Wilhelm vor Swinemünde oder in Stettin vor fünf Wochen von großer politischer Bedeutung gewesen sein. Jetzt aber, nach dem Besuche Crispis in Friedrichsruhe, w ird eine solche Zusammenkunft, mag sie nun in Berlin oder anderswo stattfinden, immerhin im Allgemeinen den politischen Horizont Euro pas für eine Weile ein wenig aufhellen und, da sie das persönliche Verhältniß der Herrscher von Deutschland und Rußland wieder mit dem Glanz altgewohnter Freundschaft umgiebt, das Verhältniß der beiden Staaten vielleicht äußerlich etwas angenehmer gestal ten. Allein eine weitergehende politische Bedeutung wird der Besuch des Zaren nicht nach sich ziehen. Weder die allgemeine Lage Euro Pas, weder die Stellung der drei Centralmächte zu einander und zu Rußland, noch auch Deutschlands wirthschaftspolitische Stellung zum östlichen Nachbar dürfte eine Veränderung dadurch erleiden. — Für den überraschenden Entschluß des Zaren spricht unzweifelhaft die Ent wickelung der Dinge in Frankreich. Der Caffarel-Andlau-Boulangcr Skandal mag in dem seine eigene Politik machenden Selbstherrscher für jetzt die letzte Spur einer Neigung, ein Bündniß mit Frankreich gegen Deutschland einzugehen, vertilgt haben. — Der Minister von Puttkamer ist von Berlin nach der Rhein- Provinz abgereist. — Der Eisenbahnminister Maybach in Berlin hat die ihm unterstellten Behörden angewiesen, die Sommer- und Winter-Fahr pläne mindestens 14 Tage vor ihrer Einführung zu veröffentlichen. — Die Herzogin von Cumberland ist Sonnabend Nachmittag wieder in Schloß Penzing bei Wien, und zwar völlig genesen, ange kommen. — Wie aus Halle berichtet ^pird, weilte am Freitag der vorigen Woche in dienstlichen Angelegenheiten der königliche Polizei inspector Zahn aus Mühlhausen im Elsaß bei dem wegen Landes- verraths im Juli er. vom Reichsgericht verurtheiltcn Fabrikanten Grebert in der dortigen Strafanstalt. Grebert soll, wie man vcr nimmt, drasti'che Enthüllungen über die Spionage in Elsaß-Lothringen gemacht haben. Herr Zahn war bekanntlich u. A. mit Hauptzeuge gegen Grebert. — Die>„Nordd. Allg. Ztg." schreibt, daß von keiner Seite ein Protest gegen das deutsche Vorgehen in Samoa erhoben sei. In Kamerun ist die Wirkung der letzten Strafexccution auf die Einge borenen eine durchaus günstige gewesen. Sämmtliche bedeutende Häuptlinge im Abo- und Wuri-Gebiet haben dem kaiserlichen Gou verneur ihre Zustimmung und Ergebenheit ausdrückcn lassen und waren nach den letzten Nachrichten eifrig damit beschäftigt, neue Friedensgesetze für ihre Untcrthanen zu machen, Widerspenstige zu bestrafen und durchgreifender, als dies in letzter Zeit geschehen ist, für Ruhe und Ordnung in ihren Ortschaften zu sorgen. Die Eingeborene» Kameruns haben volles Verständniß dafür, daß es ihnen unter deutscher Herrschaft nicht gestattet ist, sich gegenseitig straflos zu be rauben und umzubringen. — Der Regierungs-Assessor Falkenthal, bisher Commissar für das Togvgebiet in Afrika, ist der Regierung in Stettin überwiesen worden. Oesterreich-Ungarn. Handelsminister Baquehem wird vom Reichsrathc die Ermächtigung verlangen, provisorische Vereinbarungen mit Deutschland und Italien bctr. der Regelung der Handels beziehungen zu diesen Staaten abzuschlicßen. — In Wien ist die Nachricht cingcgangcn, daß die russischen Truppen an der österreich ischen Grenze bedeutend verstärkt seien. scheinung das vortheilhafteste Relief gab. Wundervoll hob sich ihr schöner Kopf und der obere Theil ihrer herrlichen Büste von dem durch die Blattpflanzen gebildeten dunkelgrünen Hintergründe ab, während sie andererseits sich aus den vor ihr blühenden Veilchenbüschcn wie die Fee berauschender Frühlingslust zu erheben schien. Unbedingt mußte es in der Absicht der Gräfin liegen, Aufsehen erregen zu wollen, Aufsehen um jeden Preis, selbst auf Kosten ihres eigenen Wohlbehagens, denn sie konnte sich in diesem grellen Sonnen schein, der ihre Angen blendete, unmöglich wohl befinden. Wer diese seltsame Frau, deren Schönheit in ihrem Genre nicht übcrtroffc» werden konnte, vor zwei Abenden in der Loge des Opern hauses gesehen und sie jetzt in dieser raffinirt interessanten Bl umen- Umgebung am geöffneten Fenster sich allen Blicken wieder prcisgebcn sah, der konnte nicht im Zweifel bleiben, daß sie mit dieser Schau stellung ihrer Person einen bestimmten Zweck verbinden mußte. Aber welchen? Das blieb räthselhaft. Niemals senkte sie ihren Blick auf die Straße hinab, noch viel weniger lag ans ihrem Gesicht ein Zug von Freundlichkeit oder Ermuthigung, der für irgend ein Entgegenkommen gehalten werden konnte. Die Hände der Gräfin ruhten über einem Buche gefaltet, das auf ihrem Schooße lag. Ihre Gedanken schienen sich aber nicht mit dem Buche zu beschäftigen; schon mehrere Male hatte sie eine kleine Uhr aus dem Gürtel gezogen und das Fortschreiten des Zeigers auf dem Zifferblatt derselben verfolgt. „Noch immer nicht," murmelte sie leise vor sich hin, „die Bör- scnzcit naht, sollte er die Börse eben so wenig besuchen wie vorgestern die Oper? Dann wäre ich schlecht unterrichtet worden." Sie hatte sich etwas aufgcrichtet und fühlte hierbei das Buch unter ihren Händen. „Ja so," sprach sie weiter zu sich selbst, „ich vergesse Eins über das Andere." Dann schlug sie das Buch auf und fing an, in dem selben zu blättern. So seltsam und räthselhaft Vieles bei der Gräfin war, so merkwürdig war auch die Lektüre, welche sie sich gewählt hatte. Das Buch, das auf ihren Knicen lag, enthielt nicht einen für die Unterhaltung berechneten modernen Sensationsroman, cs war auch kein Gebet- oder frommes Erbanungsbuch, mit welche» schlaue Jn- Irignantinnen zu kvkcttircn lieben, sondern cs war das ncnestc — Adreßbuch, welches die Namen und Wohnungen sämmtlichcr Einwoh ner der Residenz enthielt. Sie schlug mehrere Blätter um und durchlief mit den Blicke» schnell und aufmerksam einige Spalten ans denselben. Italien. Die französischen Pilger, die ohne Ruhestörung in Rom eingezogen sind, sind vom Papst empfangen worden. Der französische Graf de Mun verlas eine Adresse, auf welche der Papst kurz antwortete. — Der italienische Commandant von Mafsauah, Saletta, hat seine Abberufung verlangt und erhalten. Der neue Oberbefehlshaber San Marzano geht noch in diesem Monat dahin ab. Anfang November folgen neue Truppensendungen. — Die Cholera ist beim Eintreten der kälteren Witterung jetzt allenhalben im Er löschen begriffen. — Der Papst hat den deutschen Maler Ludwig Seitz in Rom zum Jnspector der vatikanischen Gemälde ernannt. Frankreich. Präsident Grsvy hat am Montag das Dekret unterzeichnet, durch welches der General Caffarel zur Verfügung deS Civilrichters gestellt wird. Wahrscheinlich bleibt er bis zur Gerichts verhandlung in Freiheit. — Ein Gesuch BoulangerS, trotz seines Arrestes mit seinen Divisionsgcnerälen die Aufstellung der Avance- mentslistc ausarbeiten zu dürfen, ist abschlägig beschieden. — Bezüg lich Wilsons gilt jetzt allgemein für ausgemacht, daß er thatsächlich in mehreren Fällen seine Gläubiger durch Dekorationen abgefunden hat; doch scheint er nicht wirklich Orden an Kunden der Frau Ratazzi verkauft zu haben. Bei seinen Vernehmungen vor dem Untersuchungs richter ging cs stürmisch zu. Die Polizei gedenkt übrigens, gegen alle Ordensvermittelungsgeschäfte in Paris streng vorzugehen. — In Clermont sollte eine Demonstration für Boulangcr stattfinden. Bei dem schlechten Wetter wurde aber nichts daraus. — In Coleah, Algerien, meuterten einige hundert Zuaven-Reservisten, welche man drei Tage lang ohne Strohsäcke und Decken auf bloßer Erde hatte liegen lassen. Sie rissen ihre Zelte nieder und riefen: Hoch, Bou- langer! Truppen wurden, mit dem Befehl scharf zu feuern, den Zuaven entgegengcschickt. Darauf trat Ruhe ein. — Die Pariser Anarchisten hielten eine Versammlung zu Gunsten ihrer in Chicago zum Tode verurtheilten Gesinnungsgenossen ab. Auf der Straße ge- riethen Anarchisten und Polizisten aneinander. Erstere feuerten Revolverschüsse ab und verwundeten zwei Schutzleute. — Ueber Schnäbele hatte die „Köln. Ztg." eine Nachricht gebracht, welche be sagte, er treibe sein Spionagegcschäft noch fort. Nach der „Lothr. Ztg." ist das unbegründet. Er ist Lehrer in Nancy, hat 3000 Fr. Gehalt und führt ein ganz ruhiges und behagliches Leben. In Belgien haben am Sonntag die Gemeindewahlen statt- gesunden. Die liberale Partei sowohl, wie die katholische behaupteten im Großen und Ganzen ihren Besitzstand. Größere Unruhen find nicht vorgckommen. Brüssel, Antwerpen und Gent wählten liberal, in letz terem Orte erlangten auch die Sozialdemokraten eine größere Stimmen zahl. In Lüttich und Mons wurden theils katholische, theilS liberale Kandidaten gewählt, m Luxemburg und Ipern siegte die katholische Partei. — König Leopold hat den deutschen Afrikareisenden Wißmann in längerer Audienz empfangen. England. Sonntag fand in London wieder eine große Ar beiterversammlung statt, die von Trafalgar Square mit Polizei- bedccknng nach der Westmiiister-Abtei zog und sich dort zerstreute. Unruhen kamen nicht vor. — In Woodford in Irland veranstaltete der Abgeordnete O'Brien eine große Protestversammlung, trotzdem dieselbe von den Behörden verboten war. Nach einer donnernden Philippika gegen die britische Regierung verbrannte der Revner feier lich das Decret, durch welches die Versammlung verboten wurde. Darauf ging Alles ruhig auseinander. Die Polizei schritt nicht ein. — Gestern, Montag, Morgen fand wiederum auf dein Trafalgar Square ein Meeting beschäftigungsloser Arbeiter statt. Eine Depu tation ging zu dem Lordmayor, um Beschwerden vorzubringcn. In Abwesenheit desselben empfing sie ein Alderman; derselbe äußerte, keine Arbeit namens des Lordmayors versprechen zu können, die Ar beiter möchten sich an die Gemeinde um Unterstützung wenden, wozu sie das Recht hätten. Unzufrieden mit dieser Antwort, wollten die etwa 4000 Versammelten nach der City ziehen, wurden hieran aber durch einige hundert berittene Schutzleute mit Mühe verhindert. Bei „Sein Name ist nicht darin," seufzte sie leise, „es muß eine falsche Spur gewesen sein, die mich getäuscht hat; freilich bliebe mir noch übrig — nein," sagte sie plötzlich fast laut und sehr bestimmt, indem sie das Buch wieder zuklappte, „ich darf ihm nicht auf dieselbe Weise nachforschen wie Jenem." Sie richtete sich dabei wieder auf und wandte den Kopf, welchen sie auf das Buch gesenkt gehabt hatte, nach der Straßenseite. Plötzlich ballten sich ihre beiden Hände krampf haft zusammen, sie mußte einen Eindruck gehabt haben, der sie stark erregte, aber keine Miene ihres Gesichts zuckte; die Gräfin wollte also ihre Gemüthsbewcgnng nicht merken lassen; aber wem nicht merken lassen? Sie befand sich allein im Zimmer. Hatte sie irgend einen Beobachter auf der Straße entdeckt, trotzdem sie die Vor gänge auf derselben doch so gleichgültig, beinahe hochinttthig zu ignoriren schien? Der Geist einer klugen Frau ruht nie, und wenn sie scharf mar- kirte Gleichgültigkeit zur Schau trägt, beweist sie damit nur, daß sie eine ganz bestimmte Absicht zu verbergen hat. So war es auch hier. Ein flüchtiger Blick hatte der Gräfin drüben an dem Fenster des Ortmann'schen Privatkontor's ein furcht bares Gesicht mit zwei unnatürlich großen, rabenschwarzen und dabei funkelnden Angen gezeigt, wie sie nur dem Kopfe eines Ungeheuers angchören konnten; diese furchtbaren Augen schienen aus sie gerichtet zu sein. Die Gräfin erschrak aber nicht, sie erkannte sogleich, daß diese scheinbaren Augen von riescnmäßige» Dimensionen die schwarzen Gläser eines großen Opernglases waren, durch welches sie beobachtet wurde. Augenblicklich ging mit ihr eine große Veränderung vor; ihre bisher so ruhige würdevolle Haltung machte einem lebhaften koketten Benehmen Platz. Nicht, daß ihre Koketterie direkt jenem mit dem Opernglase Bewaffneten gegolten hätte, durchaus nicht, sie sah wie absichtslos in die blaue Luft empor, stützte den Kopf in ihre weiße Hand, gab dann ihren Locken einen andern Wurf und pflückte zuletzt »ach und nach mehrere Veilchen ab, die sie dann, wie in gedanken loser Spielerei, zum Fenster hinauswarf. Dies Alles wurde zwar mit nnnachahmlicher Grazie ausgcführt, war aber in seinem ganzen To- talcindruck so bizarr, daß der Nimbus des Vornehmen vollständig von der Gräfin schwand. Wenige Minuten mochte» vergangen sein, als sich drüben die Glasthüre des Bankicrlvkals öffnete und Ortmann, vollständig zum Ausgehcn angeklcidet, heranstrat. Er blieb dicht vor der Thüre stehen und zog sich die Handschuhe an; die grüne Brille markirts
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