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„Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljiihrlich I M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-IkitW. Amtsblatt Inserate, welche bei de» bedeutenden Auflage det Blattes eine sehr wirk same Verbreitung^ finden, «erden mit 1V Pfg- di« Spaltenzeile oder verea Raum berechnet. — Ta bellarische und compkicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im reoaktionelum Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. für die Königliche UmishaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadtrathe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Nr. 72. Dem All-cuktu des hochscligkn Kaisers Friedrich. Zum zweiten Male steht die deutsche Nation in diesem Jahre am Grabe ihres Kaisers, und diese Thal sache allein bezeugt schon, welche erschütternde und tiefergreifende Tragik die kurze Regierungszeit Kaiser Friedrichs erfüllt hat. Bereits von unheilbarer Krank heit schwer getroffen, bestieg Kaiser Friedrich am 9. März 1888 den Thron seiner Väter und bereits nach 99 Tagen wurde er wieder von demselben abberufen. Welch' eine erdrückende Last körperlicher und seelischer Leiden hat der edle Monarch in dieser kurzen Zeit spanne neben den Sorgen um die Regierung eines großen Reiches tragen müssen und mit beispielloser Ergebung getragen! Bedenken wir noch, daß Kaiser Friedrich der Trost und die Stütze seines ehrwürdigen Vaters, des hochseligen Kaisers Wilhelm, in dessen hohem Alter war, und daß Kaiser Friedrich, berufen den mächtigsten Thron dieser Erde inne zu haben, weltberühmt als Feldherr, glücklich als Gatte und Familienvater, edel und groß in allen seinen Bestre bungen und Empfindungen, als Mensch von einer der furchtbarsten Heimsuchungen getroffen wurde, die es in Bezug auf Krankheit und Tod geben kann, so strahlt uns aus dem Leben des theueren Entschlafenen ein Charakterbild entgegen, wie 2s unter den Sterb lichen kaum ein zweites giebt. Der Wirksamkeit des Herrschers war bei Kaiser Friedrich freilich eine enge Grenze gezogen, doch fast Uebermenschliches hat der verewigte Hohenzollernfürst in der kurzen Zeit voll bracht. Er, der todtkranke. Tag und Nacht von seinem Leiden gequälte Kaiser führte unermüdlich die Regie rungsgeschäfte und trachtete auf dem Gebiete der Ver waltung und des Heereswesen Reformen einzuführen, deren Nützlichkeit Kaiser Friedrich in seinem langen erfahrungsreichen Leben als Kronprinz erkannt und erprobt hatte. Jedem Herrscher fällt neben der all gemeinen Aufgabe eine besondere zu und wie Kaiser Wilhelm I. in weiser Einsicht erkannt hatte, daß seine Mission hauptsächlich diejenige eines Gründers des Reiches sein müsse, so wollte Kaiser Friedrich in rich tiger Beurtheilung der Dinge ein Reformator des Reiches überall auf den Gebieten sein, auf denen die Reformen einer neuen Zeit noch durchzuführen waren und sind. Nach Gottes Rathschluffe war es indessen dem edeln Monarchen nur vergönnt, die nothwendigen Reformen nur im Plane zu entwerfen und das Wenigste davon zu vollenden. Doch auch als Staats mann wird sein Andenken ein großes und gesegnetes sein, denn er hat deutlich seinem Nachfolger gezeigt, auf welchen Gebieten die Reformen am nöthigsten er scheinen und hat auch der Nation und der ganzen Welt bewiesen, wie ein Hohenzollernkaiser seine Pflichten bis zum letzten Athemzuge zu erfüllen für nothwendig er achtet. Am 15. Juni, Vormittags 9 Uhr, am Sterbe tage des hochselig Entschlafenen, verlangte er, aus einem Halbschlummer zum letzten klaren Bewußtsein erwachend, noch nach seinen Depeschen; ein ergreifen der Beweis, daß dem todtkranken Kaiser Friedrich die Sorge um die Staatsgeschäfte erst mit dem letzten Athemzug verlassen hat. — Ist uns das Andenken dieses edeln Kaisers und Dulders heilig, so bleibt uns sein Ruhm und Stern als Feldherr und Mitbegrün der des Reiches unvergeßlich. Die Namen Königgrätz, Weißenburg, Wörth und Sedan sind von demjenigen des damaligen preußischen Kronprinzen und späteren Kaiser Friedrich unzertrennlich. Das Feldherrnglück, die Soldatentugenden, die herzgewinnende Leutseligkeit „unseres Fritz" war bei dem „deutschen Volke in Waffen" sprichwörtlich geworden und nächst dem ehr würdigen Heldenkaiser Wilhelm gab es in und aus den großen Jahren, in welchen das Deutsche Reich mit deutscher Kraft geschaffen wurde, keine beliebtere und verehrter« Person als Kaiser Friedrich. So gefürchtet Kaiser Friedrich als kronprinzlicher Kriegsheld war. Donnerstag, den 21. Juni 1888. indem überall, wo er erschien, die Feinde bald die Flucht ergreifen mußten, so beliebt war der edele Held als Mann des Friedens und der Versöhnung, wenn es galt im Vaterlands einen Streit zu schlichten oder im Auslands eine diplomatische Verstimmung beizu legen. Kaiser Friedrichs Herz glühte überhaupt für alles Gute und wahrhaft Schöne auf dieser Welt, er förderte und trieb im Verein mit seiner erlauchten Ge mahlin ebenso die Künste und Wissenschaften wie die Werke der Humanität. Und fassen wir Alles, was uns das Leben des entschlafenen Kaisers Friedrich Großes und Edeles gezeigt hat, in einem kurzen Ur- theile zusammen, so können wir mit dem Dichter von ihzn ebenfalls wie beim Hinscheiden Kaiser Wilhelms sagen: „Er war ein Mann! Nehmt Alles nur in Allen! Die Welt wird niemals seines Gleichen seh'n!" Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 80. Juni. Morgen ist Som mers Anfang. Die Sonne tritt für die Erdbewohner in das Zeichen des Krebses; sie erreicht für uns den höchsten Stand, und wir haben den längsten Tag; übermorgen bereits nehmen die Tage wieder ab. Das ist der ewige Kreislauf der Dinge; ein fort währendes Wogen, ein Aussteigen zur Höhe, ein Hinabsinken zur Tiefe — ein Bild der Ereignisse im Menschen- und Völkerleben mit seinem unaufhörlichen Wechsel, an den wir gerade jetzt wieder so augen scheinlich und erschütternd gemahnt worden sind. Aber über den Veränderungen allen waltet ein ewiges Ge setz, ein heiliger Wille, dem sich beugend und auf den vertrauend, wir allein den festen Pol finden, um den sich unser Dasein bewegen muß, wenn cs dem Ziele näher zu kommen strebt. Viele, viele haben dieses Ziel erreicht; sie sind dem irdischen Ringen und Kämpfen entrückt, aber das unsichtbare Band der Liebe verknüpft die Vollendeten mit den Ueberlebenden, und in solcher Jahreszeit, in der Zeit der Rosen und des frischen Blumenschmuckes, regt sich das Gefühl der Sehnsucht nach den Geschiedenen lebhafter als je. Die heidnische Sitte der Sonnenwendfeuer ist dem deutschen Volke mit verschwindenden Ausnahmen ab handen gekommen; ein frommer Brauch aber ist an seine Stelle getreten: das Bekränzen der Gräber un serer Lieben, besonders in der Zeit, wo das Jahr seinen Höhepunkt erreicht hat. Da mögen sich die Friedhöfe zu Gärten gestalten, da prange in ihnen nicht nur die duftende Gabe aus dem überquellenden Füllhorn der Flora, da möge in ihnen aufbrechen die Blume des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung — dann werden sie wahrhaft sein Stätten der Saat, qesSct von Gott, Am Tage der Garben zu reifen. Laßt uns das beachten und am kommenden Johannis tage auf unseren Friedhöfen einen recht segensreichen Tag „Allerseelen" begehen. Wie wäre es, wenn der Trauergottesdienst für unseren entschlafenen Kaiser Friedrich mit der am Johannistage üblichen Andacht verbunden würde? Es müßte gerade dieser Tag zur Erhöhung des Eindrucks auf die Herzen wesentlich beitragen! — Der regnerische Montag und Dienstag, deren Gaben wir übrigens mit Freude und Dank dahinge nommen haben, riefen die Erinnerung wach an die gleichen Tage des Jahres 1883, wo unsere Gewerbe- Ausstellung stattfand und am 19. Juni Se. Majestät der König unter strömendem Regen hier anlangte und mehrere Stunden verweilte. Vor abermals genau 5 Jahren (am 18. Juni 1878) feierten wir die Silberne Hochzeit des verehrten Königspaares unter Anderem auch durch Pflanzung der Alberteiche und der Karola- linde, die also nunmehr 10 Jahre stehen und kräftig gedeihen. Von beiden Bäumen waren Zweige in die Blumensträuße gebunden, die 1883 Sr. Majestät von 54. Jahrgang. 2 Schulkindern für sich und die Königin überreicht wurden. Dippoldiswalde. Nach einem vorläufigen Plane finden aus Anlaß der diesjährigen Truppenübungen (Hinmarsch) Verquartierungen statt, wie folgt: am 27. August: Pretzschendorf, Beerwalde, Obercunners dorf, Höckendorf und Ruppendorf mit Abtheilungen vom Schützen-Regiment Nr. 108, Reichstädt und Dip poldiswalde mit Abtheilungen vom Feldartillerie-Re giment Nr. 28; am 28. August: Dippoldiswalde, Reichstädt, Beerwalde, Ruppendorf, Ulberndorf, Berreuth, Oberhäslich, Reinberg, Reinholdshain, Nieder- und Oberfrauendorf und Luchau vom 3. Infanterie-Regi ment Nr. .102, Frauenstein, Reichenau, Ammelsdorf, Friedersdorf, Röthenbach, Hartmannsdorf mit Neubau und Steinbrückmühle, Kleinbobritzsch, Hennersdorf, Sadisdorf. Obercarsdorf, Naundorf und Schmicdeberg vom 4. Infanterie-Regiment 103; am 29. August: Hartmannsdorf mit Stab der 46. Jnfanteriebrigade; und am 30. August: Dippoldiswalde, Beerwalde, Ber reuth und Reichstädt vom Feldartillerie-Reg. Nr. 28. — Am 18. Juni Abends wurde in der Nähe des Kalkofens an der alten Dippoldiswalde-Reichstädter Straße ein Erhängter ansgesunde"- 3" seiner Tasche fanden sich Papiere, aus welchen hervorgeht, daß der selbe der wandernde Zimmermann Heinrich Ludwrg aus Breslau sei. Auf einen unter den Papieren be findlichen Zettel hatte er die Absicht und den Grund seines Selbstmordes ausgeschrieben. Nach polizeilicher Aufhebung wurde der Leichnam der Ana^uue zu Leipzig zugesendet. — Die heiße Zeit ist die Zeit der kältesten Ge tränke, die immer mehr zum unheilvollsten Feinde der Menschheit werden. Freilich ist es angenehm, das Bier so frisch als möglich dem Körper zuzuführen, allein die Folgen äußern sich in den verschiedensten Krankheiten, namentlich aber im chronischen Magen katarrh. Von zehn Menschen leiden mindestens fünf jetzt an dieser Krankheit, die bei guter Diät zwar den Patienten wenig belästigt, aber doch den ganzen Orga nismus dauernd schädigt. Selten wird ein chronisch gewordener Magenkatarrh wieder gänzlich geheilt und die wesentlichste Folge ist, daß die daran Leidenden nicht nur viele Speisen gar nicht genießen dürfen, son dern auch von den gestatteten wiederum nur wenige leidlich verdauen. Daß dadurch aber die Beschaffen heit des Blutes immer unnatürlicher werden und an dere Krankheiten erzeugen muß, liegt zu Tage. Es giebt aber dagegen nur den einen besten Schutz, daß man die Eisgetränke, so verführerisch sie auch locken mögen, energisch vermeide, da sie allein die Wurzel dieses Uebels, wie vieler Hals- und Zahnkrank heiten sind. — Angesichts der Thatsache, daß mit dem 1. Juli d. I. das Reichsgesetz über den Vogelschutz in Kraft tritt, haben die Behörden Anlaß genommen, auf den hauptsächlichen Inhalt des Gesetzes hinzuweisen. Da nach wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft, wer Nester zerstört oder Eier und Junge ausnimmt, wer solche Nester, Eier oder Junge feil bietet und verkauft, wer Vögel zur Nachtzeit mittels Leims, Schlingen, Netzen oder Waffen fängt oder er legt, wer Vögel fängt, so lange der Boden mit Schnee bedeckt ist, wer Vögel mit Futterstoffen fängt, denen giftige Bestandtheile beigemengt sind, oder mittels ge blendeter Lockvögel, wer Vögel mit Fallkäfigen, Fall kästen, Raufen, Schlag- und Zugnetzen sängt, wer in der Zeit vom I. März bis 15. Oktober überhaupt Vögel fängt oder erlegt. Ausgenommen sind das im Privateigenthum befindliche Federvieh, die jagdbaren Vögel, Raubvögel, Uhu, Würger, Kreuzschnabel, Sper linge, Kernbeißer, Raben, Wildtauben, Wasserhühner, Reiher, Säger, Möwen, Cormorane und Taucher. Krammetsöögel dürfen vom 21. September bis 31. Dezember, wie bisher üblich, gefangen werden. Wer -