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Srs ch eiut j»m Wochentag früh »Uhr. Inserate wer de« bi« Nachmittag« , Uhr für die nllchst- erscheinmde Nummer angenommen. t Freiberger Anzeiger - gespaltene Zeile oder der« Raum mit ö L> Tagevlatt. Amtsblatt -es König!. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie -er König!. Gerichtsamler un- -er Sta-träthe zu Freiberg, Say-a un- LrsnL. 129. Mittwoch, den ». Juni. 1858. Die Berathung des König!. Dekrets über den Bau -er Freiberg-Tharandter Eisenbahn in derU Kammer. (Fortsetzung.) Abg. Wunderlich sprach: Ich brauche eigentlich nich t über diese Angelegenheit zu sprechen, indem ich un längst bei Berathung eiaeS Eisenbahnbaues mein Glaubensbekcnntniß in der Kammer niedergelegt habe. Es ist auch nicht ncthig, indem die Depu- lation Alles sehr klar und wahr in ihrem Berichte herauSge- hoben hat, und der Herr Vorstand der zweiten Deputation, mein verehrter Herr Nachbar, in seiner vorigen Rede Alles sehr deutlich poch einmal gesagt hat. Jedoch erlaube ich mir, noch einige Worte zu bemerken. Ich freue mich, und werde stolz auf Sachsen sein, wenn der Bau der Bahn heute genehmigt wird, daß wir dadurch eine Bahn mitten durch unser ganzes Land bekommen, die von einem Ende bis zum andern so zu ! sagen das Herz durchstreift. Die Bahnen, die wir jetzt besitzen, § gehen nicht so recht eigentlich durch die Mitte des Landes, und , sind daher mehr nur als Grenzbahnen zu bezeichnen. ES kann > unS aber auch nicht schwer fallen, diese Bahn zu bauen, wenn ! wir an unsern letzten Rechenschaftsbericht denken. Sollte auch wirklich die Bahn zu Anfänge nur 2 Procent Zinsen geben, so würde doch vielleicht den Staatsbürgern indirekt 1 Procent und ! noch 1 Procent dem reksendm Publikum durch billigeres und rascheres Reisen direkt zu Gute gehen. Abg. Jungnickel: Nachdem nun schon seit einer langen Reihe von Jahren das Damoklesschwert über ter Frage: Soll j eine Eisenbahnverbindung zwischen Tharandt und Freiberg inS Leben treten? geschwebt hat; nachdem schon über ein Decennium hinan« wiederholt diese Frage in den Kammern zur Berathung, ! aber nicht zur Erledigung gekommen ist, so such wir abermals an dem Wendepunkte angclangt zu entscheiden über das Clin j oder Nichtsein der Freiberger Bahn. Uebcrblicken wir die ver- s schiedenen Kammerberichte und Kammerverhandlungen über diese Frage, seitdem Jahre 1839, vergegenwärtige ich mir die Gründe, die in Len verschiedenen Beraihungen für und wider diesen Bau ter Bahn vorgebracht worden sind, und fasse ich auch gleich zeitig ins Auge, wie im Lauft der Zeit, durch veränderte finan zielle Verhältnisse die dagegen erhobenen Bedenken in sich zu- j fammengefallen sind, während die Lichtpunkte für die Bahn heute noch nicht erloschen, ja noch glänzender hervorgetretcn sind, so sollte ich fast glauben, Laß bei der heutigen Berathung über diese Frage eine günstige Entscheidung unzweifelhaft erfolgen ! müsse. Wenn man berücksichtigt, daß in einem fast zwanzig* j jährigen Zeitraum dir Petitionen von Stadt und Land, von j Corporation«« und Gemeinden mit jedem Landtage sich vermehrten, ! der Ruf nach dieser Bahn in jeder Finanzperiode immer drin gender wurde, auch in der Kammer eine größere Ueber- zeugung von der Nothwendigkeit dieser Bahn Platz ergriff, ! daß sie Loch einmal gebaut werden müsse, so sollte ich doch glauben, Laß ein fernerer Aufschub der Frage fast nicht mehr ! denkbar sein könnte. Müssen doch die entschiedensten Gegner sich sagen, daß es in der Folge der 'Zeit unmöglich ist, den Bahnbau aufzuschieben; sie halten nur den gegenwärtigen Zeit- > punkt nicht für geeignet. Da möchte ich aber vor allen Dingen i saun die Frage an dieselben richten: Wann glauben Sic, daß ! der Moment gekommen sein dürfte, wo Sie cs cndlich für noth wendig erachten, daß dieser Forderung Rechnung getragen wer- ! den soll, und welche günstige Umstände halten Sie noch für er- forderlich, die für diese Bahn sprechen? Wann halten Sie den, Zeitpunkt sür nöthig, daß diese Bahn ins Leben treten Werve, damit endlich den Wünschen so vieler Tausende entsprpchen werde? Wenn zwanzig Jahre lang ein Landes,heil und Kie p Lasige Bevölkerung mit ihrer Intelligenz und Industrie btzüW lich einer Eisenbahn immer auf künftige Zeit vertröstet undL auf bessere Finanzvcrhältnisse hinausgeschoben wird, wenn der Ruf jenes Landestheiles wiederholt nach einer Eisenbahn, auf welche er nach historischen und geographischen Zuständen Sach sens die nächsten und gerechtesten Ansprüche hat, vergeblich an die Ohren deS zweiten gesetzgebenden FactorS ertönt, ja wenn dieser Landestheil inzwischen andere Bahnen, die ihm so zw sagen LaS LebenSblut abgeschnitten haben, hat müssen bauen helfen und er selbst ist immer wieder auf die nächste Periode vertröstet worden, so muß die dasige Bevölkerung zu der Ansicht kommen, die Kammer will ihr keine Bahn bau»«, man will ihren billigen Wünschen kein Gehör geben. Nun sollte ich aber doch meinen, daß bei den jetzigen geregelten, ja sogar günstigen finanziellen Verhältnissen wohl der von der Kammer oft in Aussicht gestellte Zeitpunkt endlich eingetreten sein müßte, wo die alte Bergstadt Freiberg mit ihrem hundertjährig begründeten Ruft und schönen Schätzen endlich einmal in daS Eisenbahnnetz hineingezogen werden müßte. Ja ich bin so kühn zu behaupten, daß wir heute ein großes Unrecht diesem LandeLtheile gegen über gut zu machen haben. Ich kann füglich die Thatsachen übergehen, die so beredt für dieses Projekt sprechen, sie sind in diesem Saale wiederholt so schlagend und von der Presse in neuerer Zeit so klar hervorgehoben und von' der Regierung in Len verschiedenen Ftnanzperivden so ernstlich gewürdigt und auch von der Deputation im gegenwärtigen Bericht nochmals so gründlich auseinander gesetzt worden, Laß ich, um mich keiner Wiederholung schuldig zu machen, darüber schweige, ich setze dabei auch voraus, Laß jedes Kammermitglied diese gewichtigen Gründe bereits wohl erwogen haben wird. Auch die für die Rentabilität aufgestellten Zahlen und bereits dargelegten Evem- pel haben biS jetzt eine überführende Widerlegung nicht ge funden und cs ist wohl anznnehmen, daß die Regierung hei solchen Vorlagen die RechnungSexempel für die Einnahmen nicht zu hoch, im Gcgentheil eher niedriger stellt, als «S in dcr Wirklichkeit Ler Fall sein wird. Ich kann demnach auch über diese Zahlen hinwcggrhcn. Verfolge ich nun die Rich tung der Bahn, so hat auch hier die Deputation die unabweiS» lichen Momente für die unternommene Richtung trefflich hervor» gehoben; namentlich hat sie unter 5. die Strecke der Bahn an der Seerenbach entlang alS wesentlich mit bezeichnet, daß dann unausbleiblich bei dieser dort stattfindendrn erhöhten Wasser kraft Lies Thal dcr Sitz nicht unbedeutender Etablissements werden wird. Auch gedenkt sie der Erzgruben „Unverhofft Glück" und „Edle Krone", deren zunehmende Ausbeute, sowie ihr erhöhter BetricbSbedarf ein nicht unbedeutendes Gewicht für Liese Frage mit in die Wagschale legt. Verfolge ich Lie Linie weiter, so nimmt die Bahn ihren Lauf durch sehr umfängliche Ortschaften, als Colmnitz, Bobritzsch, Hilbersdorf, daran knüpf« sich nicht minder umfängliche Orte. Dies« völkerreiche Gegend dürfte wohl bei ihren verschiedenen Produktionen und ländlichen Erzeugnissen gewiß die Einnahme nicht unbedeutend erhöhen. Ich erwähne, um etwas inS Spcctelle «inzugehen, dir Butter- sabrikation im hohen Gebirge, Lie in großen Massen wöchent lich mit Ler Axe Dresden -ugesührt wird. Ich gedenke deS in neuerer Zeit in wichtigem Aufschwung« begriffenen Flachsbaues und der Zubereitung desselben nach der belgischen FlachSröstungS- melhode, wodurch dieser Gegenstand vollständig zu einem Han delsartikel geworden ist, nicht zu gedenken der Tausende von Schocken von Bretern, welche vom obern Gebirge in die Nie derungen entsendet werden. Andererseits wird aber auch dem Gebirge daS ihm immer mehr fühlbar wrrdend« Feuerungs material billiger zugesührt, kurz, eö wird auch ditse Bahn in lantwirthschasilichcr Beziehung von großem Nutzen sein und ich sollte fast meinen, daß keine Bahn soviel Chancen für sich hat, als gerade diese Freiberger. Es hat dies auch die StaatS- rcgierung im Dccrct Seite 3V1 aukgesprochcn. Ich glaube.