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Erscheint täglich früh e'/. Uhr. lebactt»» »»t Lweittt», J»h«miSgafie 33. H«chß»»e» »n »r»«rN»,: vMMüvigs u>—12 Uhr. Nachmittag« «-« Uhr. der für die nächst- Nummer bestimmten o» vochentagm bis Nachmittag«, an Louu- »»Keftlagen früh bi«'/.« Uhr. I, n» Rttatt» fLr Z»s. Laaah»«: La» Klemm. Universitätsstr. 22, >Mt« Lösche, Kathannenstr. 18. p. «r »t« VF Uhr. Vch.nger.Tagedlall Anzeiger. OrM für Politik, Lrcolgeschichtt, HaudclS- und Geschäftsverkehr. Mek-A«flage 15,50V. L8»,»ni>r,I,»rtt» viertelt. 4V.ML, mcl. Bringerlohn 5 ML. durch die Post bezogen « NU. Jede einzelne Nummer 25 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gedüdreu sitr Lxlrabetlagen »hue PostbefVrderuug 3Ü Mt. mit Postbefvrderung 15 Mk. Ziiscrele bgesp. Petitzeile 20 Pf. Gröbere Schriften laut unserem Preisverzeichmß — Tabellanichrr Satz nach höberem Tarif »rciamri, »»«er »em »rtacltoaoLrtch die Spaltzeil« 40 Pf. Inserate find stets an d. GkPetttio» zu senden. — Rabatt wirb nickt gegeben. Zahlunapraamunon». <io oder durch Postvorscknb ^ 13«. Donnerstag den 16. Mai 1878. . 72. Jahrgang Bekanntmachung. Wir ftelen andurch drei voublScke an der Bismarck- der. Hanptmonn-, «orschner- und »a»id hrahe mit SS. in «eschlossener Häuserreihe, an der «ismarckftrahe unter velafsnng d»u IS «eter tiefen Sargöirte« zu behauenden Parteien, samie SU «tlenhlStze und r»ar: 1 an de» Sebostian-Bach- und Schreberftrahe, S an der Htler- bez. Tebaftian-vach Ttrahe, S an der Plagmttzer Stratze, 12 zwischen Bismarck-, Sebastian Vach- und Maschelesftratze, 2 rmischen vismarck-, Sebastian-Vach- und Plaämttzer Straße p»m vertanf mit dem vemerken, datz auch bar den «tlenplätren an der «tsmarckstratze 12 Meter tiefe vargSrten liegen zu lasten sind. PlSne, verkaufsbediugungen und vaubarschrtfteu sind auf unsere« vanamt einzusehen. vfferteu bi» mit «»«tag, den 2». dieses ManatS, a» «nsere Finantbepntati,n zu richten. Leipzig, den 11. Mai 1878. Der «ath der Stadt Leipzig. 1»r. Oaarxl. Wangemann. Bekanntmachung. Nachdem wir beschlossen haben, den 8- 4 der Contracts-Bedingungen, unter welchen unsere Deputation M der GasbeleuchtungS-Anftalt Leuchtgas an Private überläßt, dahin abzuändern, daß das verbrauchte Gas Mich dem 8- 2 normirten Preise stets allmonatlich zu bezahlen ist, so bringen wir solches unter Hinweis auf 1. ll der genannten Bedingungen mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß, daß vorstehende Abänderung des 8. 4 eit. mit dem 1. August d. I. in Kraft treten wird. Leizqig, den 30. April 1878. Der Nath der Stadt Leipzig. 0r. Georgi. Wangemann. Bekanntmachung. Sine Anzahl außer Gebrauch gesetzter Schulbänke, Pulte» sowie Fenster und dergl. aus hiesigen Schulen soll Sonnabend den 18. dsS. MtS. von früh S Uhr an Baarzahlung und unter den an Ort und Stelle bekannt zu machenden weiteren Bedingungen an die »elenden verkauft werden. Versammlungsort: Hof der 3. Bürgerschule, Grimma'scher Steinweg Nr. 17 und 18. Leipzig, den 11. Mai 1878. Der «ath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Bekanntmachung. Der am 1. Mai d. I. fähige zweite Termin der Grundsteuer ist nach der zum Gesetz vom 13. De- cember vor. JahreS erlassenen AuSführungS-Bervrdnung vom 4. dieses MonatS mit Zwei und ein Fünftheil Pfennige von jeder Steuereinheit zu entrichten und werden die hiesigen Steuerpflichtigen hierdurch aufgefordert, ihre Steuerbetraae nebst den städtischen «efäRen an 2» ^ von der Steuereinheit von genanntem Tage ab bis spätestens 14 Tage nach demselben an die Stadt-Steuer-Einnabme hier, Ritterstraße 15, Georgenhalle, 1 Trepp« links — zu bezahlen, da nach Ablauf der Frist die gesetzlichen Maßregeln gegen die Säumigen eintreten muffen. Gleichzeitig ist der von den Kirchen-Vorständen ausgeschriebene Grundsteuerzuschlag nach Höhe von Pfg. beziehentlich 0,,^, Pfg. für genannten Termin mit zu entrichten. Leipzig, am 29. Apnl 1878. Der Nath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Taube. Bekanntmachung. Am 3. Siwan, d. i. DienSlag den 4. Juni d. I.. als am Todestage des Herrn Schatze Frankel, soll die Hälfte der Zinsen der Schatze und Sara Frankel - Stiftung an einen würdigen, nicht durch eigene Schuld bedürftig gewordenen, in Leipzig wohnhaften älteren, womöglich über 80 Jahre alten Mann, ohne Unterschied der Konfession, deS Berufs u. s. w. vergeben werden. Wir fordern geeignete Bewerber hierdurch auf, ihre Gesuche bis zum Sst. Mai d. I. bei un« ein zureichen. Leipzig, am 2. Mai 1878. Der «ath der Stadt Leipzig. Or. Ge»rgi. Mefserschmidt. Bekanntmachung. Im Monat April d. I. gingen bei hiesiger Armenanstalt «in ». an «teschenken: 1 überwiesene Sachverständigengebühr von Herrn Louis Habeiucht Zu,. durch daS königliche Bezirksgericht, 2 - 40 - eine Differenz nut einem Kellner betreffend, durch Frau verw. Ronniger, t>. der «rmencaste gesetzlich zufallenden «cldern: 254 - 80 - für ertheilte Musikerlaubniß und Gestattung von Schaustellungen, 5 - — « Strafe wegen Sonntagsentbeiligung, durch daS königl. Bezirksgericht, lo - - dergl. wegen unerlaubten MusikhaltcnS durch dasselbe. 273 Außerdem wurden der Armenanstalt noch überwiesen 12 Stück Anweisungen, 4 auf je '/, Md. Rind fleisch, 8 auf je V, Pfd. Talg lautend, zur Vertbeilung an alte Arme, von Herrn Moritz Inner. Für obige Geschenke sprechen wir hiermit unfern Dank auS. Leipzig, den 10. Mai 1878. Das Armen-Direktorium. Scbleißner. Lange. ZUM Attentat. ä)re „N.-L- C." schreibt ltb«r daS Attentat: Die biS jetzt an die Oeffentlichkeit gelangten Ergeb- ,iffe der Untersuchung über daS Attentat sind noch lückenhaft; an den Motiven und dem Charakter de» Verbrechers bleibt Manches aufzuhellen. Fest cher steht jetzt bereits, daß Hödel ein durch die soäalistische Agitation verwilderter Mensch ist. Dir Thatsache, daß die socialdemokratische Partei sich vor Kurzem in aller Form von ihm losgesagt, lam daran Nichts ändern. Es würde vollkommen gleichgültig sein, wenn Hödel sich niemals stricte zudem Programm dieser Partei bekannt hätte; außer allem Zweifel steht, daß sein Jdeenkreis ein Product ist, wie es die cynische Weise, in welcher die soci russischen Theorien heutzutage vorgetragen werden bei rohen, zum Verbrechen angelegten Nature herbeisühren m u ß. Was will es be sagen, . enn ein socialdemokratisches Blatt be- lbeuert: „Wir bekämpfen wohl Systeme, niemals aver Personen!" Wenn man in unreifen und ungebildeten Köpfen den Classenhaß und andere Liechten Leidenschaften bis zur Siedehitze ent- lammt hat, was vermag dann noch solche llnter- chnvung? Den Führern der socialistischen Agitation glauben wir'S gern, daß sie an der ruchlosen That deS 11. Mai keine Freude, geschweige denn mit ibr etwaS gemein haben. Und ebenso sind wir überzeugt, daß die große Mehrzahl schlichter Arbeiter, welche der socialdemokratischen Losung bei politischen Wahlen und sonstigen Anlässen zu srlaen gewohnt sind, den Meuchelmörder mit Ent rüstung verurtheilt. Aber all diese Erwägungen Helsen nicht hinweg über die furchtbare Lehre, welche in dem Ereigniß vom letzten Sonnabend gelegen ist. So harmlos einzelne der Bieder männer sich ausnehmen mögen, welche die socia- Wche Sach« im Reich-tage vertreten, so gut- prchigers zumbeln — wir haben jetzt die Kehrseite gesehen, die Früchte, welche diese Bewegung, wenn auch nur erst vereinzelt, zeitigt. Nur der Blinde k-un den Abgrmid leugnen, der sich vor unser Aller Augen ausgethan. — Naturgemäß drängt !>ch in diesem Augenblicke die Frage aus die Lippen: wie soll geholfen werden? Wir sind nicht über rascht. von zahlreichen Stimmen dieselbe Antwort Zu kören, welche bereit- vor einigen Jahren in ber bekannten Novelle zum Strafgesetzbuchs gegeben dar. UnS dünkt eS nicht wobwethan, in diesen Tagen allgemeiner Erregung sofort wieder diese Streitfrage in die Nation hineinzuwersen. Wahr lich mcbt auS „krankhaftem Mitleid" mit einer gegen die Grundlagen der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Bewegung, sondern lediglich aus der Erkenntniß heraus, das; diese Be- demmg in ihrer Wurzel weder durch präventive, «ch durch repressive Unterdrückung von Seiten brr Staatsgewalt bemeistert werden kann, hat da- «al» der Reichstag mit einer an Einstimmigkeit prmvlden Majorität die Vorschläge der Regierung bbtzrlihut. Fürst BiSmarck hat selbst gelegentlich zugegeben, daß das Wirksamste zur Verhinderung der Ausbreitung socialistifcher Anschauungen leine bessere Belebrung und die selbstthätige Arbeit aller Nicht- socialisten sein werde. Haben wir aber in dieser Beziehung Alle« gethan, waS hätte gcthan werden können? Auf diese Frage giebt cS leider nur ein entschiedenes Nein. Alle Vereine, die sich mit der Verbreitung einer gesunden Volksbildung beschäf tigen, klagen über geringe Betheiligung, über Man gel an Opferwilligkeit auf Seiten gerade Der- zenigen, welche an der Bekämpfung der Lehre von der Aushebung des Privateigenthums vaS größte Interesse haben. Trotz alles Predigen- der Presse hat bas deutsche Bürgerthum im Großen und Ganzen noch gar keine Vorstellung von der wirk lichen Gefahr der socialistischen Bewegung, ge schweige denn das Gefühl der eigenen Verantwort lichkeit gegenüber derselben. Welche Erfahrungen muß man bei jeder neuen RcicbstagSwahl machen! Thäten die nichtsocialistischen Wähler ihre Schul digkeit, kein einziger Socialdeinokrat säße auf den Bänken des Reichstags. Statt besten sehen wir biedere Bürger aus allgemeinem oder besonderem Miß vergnügen. und sogar adlige Herren aus Antipathie gegen die nationalen Parteien für die socialdemokra- tlschen Canvidatcn stimmen! Jeder Vernünftige er kennt, daß der planmäßigen Untergrabung von Staat und Gesellschaft gegenüber die feste Zusammenfas sung aller erhaltenden Kräfte geboten sei. Dagegen sehen wir gerade in jüngster Zeit diese Kräfte sich unter einander verfeinden, als ob man von dem Dritten, der fröhlich die Hände reibend zur Seite steht, gar keine Ahnung hätte; sehen wir in den volkSwirthschaftlichen Anschauungen und Hoffnun gen gcfliffentlich eine Verwirrung erzeugt und ge nährt. die nothwendig der Theorie von der Ver derbtheit unserer heutigen GesellschafSordnung zu Gute kommen muß; sehen wir,Männer, welche die Regierung ein Jahrzehnt hindurch uneigennützig unterstützt haben, vor der Nation der selbstsüchtig sten Beweggründe angeklagt! Und die Kirchen, deren erste ^orge in unseren Tagen die Erhaltung der Grundlagen der Ordnung sein sollte? Die eine liebäugelt lieber mit den Socialdemokraten als mit den Conservativen, und die andere setzt ihre Kraft an die Verfolgung derjenigen ihrer eigenen Angehörigen, welche an, eifrigsten bemüyt sind, die Gebildeten in der Kirche festzuhalten! — Bedarf es noch weiterer Reflexionen Uber die» Bild? Wir denken nickt. ES ist hohe Zeit, daß ein jeder Einzelne an feine eigene Brust schlage, daß wir ehrlich bekennen: „Wir sind allzumal Sünder!" DaS Ereigniß vom 11. Mai ist eine ernste Mahnung an Alle! Beherzige sie ein Jeder zunächst für sich selbst, bevor er gegen Andere Vorwürfe erhebt! Auch die „Post" fordert zur Einigkeit auf und richtet eine ernste Mahnung an die Fortschritts partei: „Bon ihr wird eS zunächst abhängen, ob die Parte,leidenschast in den Kreisen, die wenigstens soweit zusammenstebcn, daß sie sich nock zu einen, Hoch aus den Kaiser vereinigen (da« Symbol dafür, daß sie auf dem Boden de« Staate- stehen), sick etwa» mäßigen wird, um gegen den gemein samen Feind Front zu machen. Alle aber wollen und muffen wir unS erinnern, daß auch wir .fiannichsach gefehlt haben. Der Zustand, welchen unS die Soclaldemokratie bereitet hat, kann durch Gewaltmittel nicht geheilt werden. Dazu bedarf es einer gründlichen Heilung von innen heraus: Religion und Monarchie, Liebe rum Vaterlands, das sind die Grundlagen, auf welchen die Besserung erfolgen muß, und vielleicht haben wir Alle, wenn wir auch nicht gleichgültig gcHen diese Dinge waren, doch nicht die rechte Liebe, die rechte That- kraft entfaltet. Möge der Ernst dieser Tage eine Wendung zum Besseren herbeiführen." Der „Weser-Ztg." meldet man auS Berlin, 11. Mai: Der Mlnisterrath scheint nock keine bestimmte Beschlüsse über etwaige anläßlich deS Attentats zu ergreifende Maßregeln gefaßt zu haben. Abgeordnete sprechen von der Eventualität einer Verschärfung deS Strafgesetzbucke» im Abschnitte „Vergehen gegen die öffentliche Ord- nung" sowie strenger Handhabung des VereinS- und PreßgesetzeS. Zur Charakterlsirung des Attentäters theilt die socialistische „Berl. Fr. Pr." folgenden Brief mit, der ihr von einem Freunde des L. zugeht. Der selbe schreibt: Berlin, 12. Mai 1878. Sehr geehrter Herr! Ich fühle mich verpflichtet, Ihnen, so viel ick von meinem Freund, dem „Attentäter" Lehmann weiß, wahrheits getreu mitzutbeilen. Ick lernte denselben im Ar- oeiterbildungsverein Leipzig kennen, wir nahmen beide deutschen Sprachunterricht: sein Geschäft betrieb er nicht, er colportirte socialdemokratische Sckriften; die Behauptung des Tageblattes, er habe dort (?) Versammlungen einberufen oder abae- halten, ist unwahr. Am letzten Neuzahr erzählte er mir im „Thüringer Hoff" in Leipzig, er habe an Herrn Stöcker nach Berlin geschrieben, um Probe nummern deS „StaatSsocialist"; darauf erhielt er zehn Stück, welche er in der Socialiftenversammlung bei Michael, Windmühlenstraße, unentgeltlich vertheilte. Darauf schrieb er um mehr und erhielt 200 Stück Probenummern nebst einem sehr schmeichelhaften Brief, den er mir zu lesen gab, und in welchem der Schreiber die Bitte aussprach, den Lehmann per sönlich kennen zu lernen. Am 20. Januar d. I. bin ich von dort wieder hieher übergesiedelt und traf meinen Freund wieder, als ich mich beim Leichen begängnis unsere» Dentler betheiligte. Er schritt un gefähr 50 Mann hinter mir. Noch ehe sich der Leichenzug in Bewegung setzte, kam er zu mir und stellte mich mit heftigen Worten zur Rede, warum ich den „Vorwärts" nicht mehr hielte, die Abonnenten wären jetzt auf rMOO gesunken; ick sagte ihm, daß ich die „Berl. Fr. Presse" hielt, woraus er erwiderte, letzt genannte Zeitung sei ein reines Bourgevisieblatt. gab mir jedoch seine Absicht kund, Abonnenten für die „Berl. Fr. Presse" zu sammeln. Bei dieser Gelegen heit hatte er eine Nummer vom „Vorwärts" und eine Nummer vom „Staatssocialist" in der Tasche. Ich schließe hiermit und bleibe ganz der Ihre. Karl Simpich. So daS socialdemokratische Blatt, »velcke- sich schließlich eifrig bemüht, den Mordbuben von den Rockschößen der socialdemokratischen Partei abzu schütteln. Er bleibt nun einmal trotz alledem mit der einen Hand am Rock der Socialdemokraten, mit der anderen an dem der Christlich-Socialen hängen. u» Zeitz, 14. Mai, wird der „Magd. Ztg." geschrieben: Unsere Stadt genießt den zweifelhafte Ruhm, mehrere Jahre lang die Heimath det Atten täters Max Hödel, genannt Lehmann, gewesen zu sein. Derselbe befand sich nämlich in der Zeit von 1870 — 72 als Zögling in hiesiger Lehr- und Er ziehungsanstalt, von wo aus er zu dem Klempner- Ester Härtling Hierselbst in die Lehre gebracht wurde, der ihn jedoch im Jahre 1874 entließ, weil er einen Gesellen mit einem 5, Pfund schweren Schlageisen bedroht hatte. Der Anstaltsgeistliche brachte den Hödel darauf für kurze Zeit bei dem Klempnernieister Stengel hier unter, von dem er zum Gärtner Baum kam. Später ging er zu einem Klempnermeister in Kayna und von diesem Meister kam er wieder hieher zum Klempnermeister Nagel, welchen er 1875 nach absolvirter Lehrzeit verließ, um auf die Wanderschaft zu gehen. Bemerkenswert ist, daß Hödel am Vorabende deSAttentatS, am Freitag, der von der christlich socialen Partei veranstalteten Versammlung in der Brünnerstraße beiwohnte. In dieser Versamm lung fand sich beim Oeffnen de« Briefkastens der angeblich von Hödel herriihrende Fragezettel vor: „WaS ist Anarchie?" In eingehender Weise beantwortete Hofprediger Stöcker die Frage. ES ist bekannt, daß Hödel sich bei allen Verneh mungen als Anarchist au-gicbt. Unter seinen mit Beschlag belegten Sachen ist auch eine Schrift Bakunin'S gefunden worden. — Hödel soll sich bei den Äer hören überaus frech be nehmen und den Untersuchungsrichtern oft inS Gesicht lachen; er bleibt trotz aller Zeugenaus sagen dabei, er habe nicht den Kaiser, sondern sich erschießen wollen. Als ihm dieserhalb im Proto koll Feigheit vorgeworfen wurde , weigerte er sich anfänglich, dasselbe zu unterschreiben. Die Unter suchung dürfte wohl einige Zeit in Anspruch neh men. da sich demnächst Commissarien nach Italien, der Schweiz und Frankreich, wo Hödel sich einige Zeit aufgehalten hat, zur näheren Nachforschungen begeben werden. DaS Urtheil über den Verbrecher wird von dem StaatSgericht-hofe (also ohne Zuziehung von Geschworenen) gefällt. Dieser Hof besteht auS zwei Senaten de- KammergerichtS, deren einer über die Versetzung in den Anklagestand zu beschließen, der andere auf Grund mündlicher öffentlicher Ver handlung über die Schuld deS Angeklagten und die Anwendung des Gesetzes zu erkennen hat. Der Anklagesenat besteht auS sieben, der UrtbeilSsenat, gegen dessen Urtheil nur die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig, auS zehn Mitgliedern. Die gerichtliche Untersuchung gegen den Attentäter begann bereits am DienStag früh 9 Uhr; dieselbe wird dem Vernehmen nach Stadt- gericktS-Rath Johl, der erste Untersuchungsrichter beim königlichen Stadtgericht, zu Ende führen. Vor den Untersuchungsrichter waren zu DienStag vor mittag zehn Zeugen geladen, d« sämmtlich mit 1. richtet hatte. — Bon so vielen gegen ihn sprechen- ^ den Beweisen erdrückt, änderte Hödel sein System ^ und meint nun: wenn er auf den Kaiser ge schossen hätte, dann sei er verstand«!»-