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MM s« «iMjj UN- Amgegen- Amtsblatt j «6. Jahrg Dienstag, den 2. IM 1»»7 No. 7« Erscheint wöchentlich dreimal and zwar DienStagS, Donnerstags and Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Ml. 30 Pfg., durch die Post bezöge» 1 Ml. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adrefse: Amtsblatt Wilsdruff. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Psg. pw viergespalteue Korpuszeile. Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdruff 20 Psg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 "/<> Ausschlag. Mr die Kgl. Amtshauptmannschaft Weihen, Mr das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie Mr das Kgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttauueberg, Birkenhain, Blankenstein, BraunSdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruno bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kefselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdors Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kefselsdorf, Steinbach bet Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wtldberg. Druck mld Verlag vou Zschunke L> Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion und den amtlichen Teil verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in MlSdmff. politisch* Rnndscha«. Wilsdruff, 1. Juli 1907. Deutsches Reich. Der neue Regent von Braunschweig. Nach der ganzen Persönlichkeit des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg war eS zu erwarten, baß er als Regent des Herzogtums Braunschweig sich bald die Achtung und die Neigung seiner neuen Untertanen erringen würde. Da ist denn scheinbar auch schon eingetreten W-nigstens läßt sich der „Hann. Cour" aus Braunschweig berichten, daß der Herzog schon jetzt populärer sei, als der frühere Regent es je war- Das genannte Blatt bringt eine sehr hübsche Charakteristik des Regenten, der wir folgendes entnehmen: Besonders stark tritt die N:Igung des Herzogs zu völlig zwanglosem Verkehr in der Oeffentlich- keit hervor. Sie ist ja schon von Schwerin her bekannt, fällt aber hier um so mehr auf, als sie im entschiedensten Gegensätze zu den Gewohnheiten seiner beiden Virgänger steht. So wandelt er zuweilen in Zivil durch die Straßen, wobei er freilich jetzt schon meist erkannt und gegrüßt, leider auch von neugierigen Ktnderschwärmen verfolgt wird, so daß ihm diese Jnkognitogänge bald verleidet sein dürften. Man spricht übrigens davon, daß er, um stets die un mittelbare Fühlung mit dem Volke zu haben, wie in Mecklenburg in jeder Woche einen öffentlichen Audienztaz für jedermann einzurichten gedenke. Häufig ist er auch am Vormittag auf dem Mischeroder Exerzierfelv zu staden, von wo er dann an der Spitz: der Truppen heimzukehren liebt. Von den Sehenswürdigkeiten der Stadt gibt es schon jetzt kaum noch eine, die er nicht bereits in Be gleitung seiner Gemahlin besichtigt hätte. So findet er Zeit zu allem, und doch soll es keinen fleißigeren Arbeiter geben als ihn. Hierbei fördert ihn natürlich seine notorische Neigung zum Frühaufstehen; beiläufig gesagt, die einzige, der die Schloßdienerschaft mit gemischten Gefühlen gegenübersteht. In den so gewonnenen Morgenstunden werden nicht nur laufende Geschäfte erledigt, sondern auch gründliche Studien getrieben. Der Herzog strebt eifrig danach, auch in das geschichtliche Werden dec heutigen Verhältnisse unseres Herzogtums einzudringen, um so aus der Kenntnis der Vergangenheit heraus das Verständnis der Gegenwart zr verliefen. Gleich am Tage nach seinem Einzuge lief be MG einer hiesigen Buchhandlung eine summarische Bestellung WM sä Mich er Werke ein, die sich mit braunschweigischer Profan- Kultur- oder Kunstgeschichte befassen, und seine Gespräche ollen verraten, daß er daraus schon manche Kenntnis ge- chöpft hat. Von der großen Schlichtheit seines Wesens, mit dem die einfache Natürlichkeit seiner Gemahlin in der erfreulichsten Weise harmoniert, wird viel Hübsches erzählt. Er hat seine Umgebung auf bescheideneren Fuß gesetzt, die Leib dienerschaft beschränkt und von dem täglichen Mittagsmah zwei Gänge gestrichen. Jüngst ließ der Herzog unsern Ehrenbürger Wilhelm Raabe zu einem Besuch einladen, wobei, um die Gewohnheiten des alten Herrn nicht zu stören, zartfühlend betgefügt wurde, Zeit und Anzug blieben dem freiesten Ermessen des Besuchers überlassen Der greise Dichter stellte sich ein, wurde von dem herzog lichen Paare wie ein alter Bekannter begrüßt, und in eine Unterhaltung verwickelt, die sich weit über die übliche Audienzzeit hinaus erstreckte. Beim Abschied bekam der Besuch das Geleit bis zur Treppe und wurde schlich bürgerlich zu baldigem Wiederkommen eingeladen. Bei all dieser Natürlichkeit seines Auftretens weiß der Herzog aber trotz alledem, wo er es für notwendig hält, die Würde seiner fürstlichen Stellung zu wahren Jüngst standen auf der Salzdahlumerstraße drei Männer zusammen, die — sicher auf Abrede — mit dem Hut au dem Kopfe, der Zigarre tm Munde und den Händen in der Tasche, den vorübecziehenden Regenten angafften. Da ritt dieser ruhig an sie heran und griff mit einem ironischen „Guten Morgen, meine Herren", höflich an seine Kopfbedeckung. Dies einfache Mittelchen wirkte, wie Augen zeugen berichten, überaus drastisch. Im Nu war die sozialdemokratische GesinnungStuchtigkeit gebrochen und der alte Soldatendrill regte sich wieder. Schon war der Herzog weitergerttten, als unser Kleeblatt immer nock wortlos stand und ihm nachstarrte; jetzt natürlich ent- blößten Hauptes und mit zusammengeschlagenen Hacken Fürstliche Berlobung in Sicht? Vor einiger Zeit tauchte die Mitteilung auf. der Prinz Georg von Griechenland werde sich mit der Prin zessin Marie Bonaparte verloben. Von einer Seite, die dem Vater der Prinzessin, dem in Paris lebenden Prinzen Roland Bonaparte, schwerlich sehr fern stand, wurde die Nschricht energisch dementiert. Trotz dieses Dementis hört man hier und dort, daß eineeheliche Ver bindung der Prinzessin M irie Bonaparte geplant sei, und mau nennt als ihren künftigen Verlobten und Gatten diesmal einen deutschen Fürstensohn, den Prinzen Her mann von Sachsen-Weimac. Das ist insofern interessant, als dieser Prinz, der erst vor Kurzem von dem Garde-Kürassiec-Rgiment in Berlin, finanzieller Schwierigkeiten wegen, an die Grenze, in das 1l. Ulanen- Regiment nach Saarburg, versetzt wurde, Aussicht hat, einmal Großherzog von Sachsen-Weimar zu werden, — vorausgesetzt nämlich, daß sein Vetter, dec regierende Gcoßherzoz Wilhelm Ernst, kein; zweite Eh: schließ: und inderloS bleibt. Auffällig ist, daß der junge P.inz Hermann von Weimar — er steht im 22. L-aensj ihee — ich gegenwätig mit Urlaub in Paris aushält, wo er an den Vergnügungen der vornehmen Welt lebhaften Anteil nimmt. Fast täglich verzeichne« die Gesellschaftsberichte der Boulevardblätter seine Ailw.s-nheit auf einem Tanzfeste rei der Fürstin X, einer Garden-party bei der Gräfin A., oder einem Diner bei Madame de Z Die Pünzessin MarieBonapacte, eine dec reichsten Erbinnen Europas, ist um vier Jahre älter, als der Prinz von W.imar. Sie wurde am 2 Juli 1882 geboren und ihre Geburt kostete ihre Mutter das Leben. Ihre Mutter hieß mit Mädchennamen Mademoiselle Marie Blanc, und sie war eine Tochter des Monsieurs Blanc, des Spielpächters von Monte Carlo, dessen Kinder alle in die Aristokratie übergegangen sind; eine andere Tochter vou ihm ist die Gemahlin des Prinzen Konstantin Radziwill und sein Sohn, der bekannte Sportsmann Edmond Blanc, der auch in der Deputiertenkammer gesessen hat, darf sich des Gcafen- titels bedienen, den ihm, wenn wir nicht irren, der Vati- kan verliehen hat So stammen daher die Millionen der Mitgift der Prinzessin Marie Bonaparte von den Tischen des Roulette und Trente-et-Qaaraute her. In übrigen macht ihr Vater, Prinz Roland Bonaparte, von seinen Reichtümern einen gemeinnützigen und geschmackvollen G:- brauch. Er fördert wissenschaftlich: Bestrebungen auf jedem Gebiet, am meisten auf dem der Erd- und Naturkunde, in welcher er sich selbst durch zahlreiche Schriften und Vorträge ausgezeichnet hat. Sein Pariser Palais in der Avenue de JSna ist eine Zierde der französischen Haupt stadt, und seine Bibliohtek darin die grüße private Bücher sammlung Frankreichs. Es wäre immerhin eine sonder bare Fügung, wenn einmal eine Prinzessin aus dem Stamme Nopoleons die Gemahlin eines deutschen Bundes fürsten sein sollte. Auch fragt es sich, wie es mit der Eben bürtigkeit stehen würde, da der Peinz Roland Bonaparte dem Zweige Lucien Bonapartes, seines Großvaters, ange hört, und Napoleon III. den Nachkommen seines großen Oheims nicht oie Stellung von Mitgliedern der kaiserlichen Familie eingeräumt hat. Amtliche Reichstagsberichte. Einer Berliner Korrespondenz zufolge besteht die Absicht, künftig während der Reichstagstagungen einen kurzen, amtlichen Bericht erscheinen zu lassen, der sowohl den Abgeordneten wie den Zeitungen gratis abge- geben wird. Diese Einrichtung besteht bereits seit längerer Zeit in Frankreich. Bayern in Gefahr! Der preußische Eisenbahnminister Breitenbach, der seit seinem Amtsantritt noch keine Gelegenheit zu persön lichen Anssprachen gehabt hat, ist auf seiner Uclaubsreise in München eingetroffen und war mit dem bayrischen Verkehrsminister und seinem Ministerialdirektor für die Eisenbahnabteilung beim Pcinzregenten zur Tafel geladen. Man mißt den vertraulichen Besprechungen der beiden Minister große Bedeutung bei. Sie galten den schwebenden Fragen derSchiffahrtsabgaben, berPersonentartf- resorm und der Betriebsmittelgemeinschaft. Die partikularische Presse Bayerns ist sehr beunruhigt: Zuerst Krätke, der Postmann, dann Breitenbach, der Eisenbahnminister, in München! ruft das „Vaterland". Eine Mitteilung der „Münchener Neuesten Nachrichten", daß Verkehrsminister v. Frauendorfer außerordentlich befriedigt sei vou der Begegnung, wird durch die auf Breitenbach gehend: Bemerkung d:s Blattes gewüczt: „Ec weiß stets, was er will!" Ausland. Aus dem Wetterwinkel Europas. In einem aus Cetinj:, der montenegrinischen Haupt- stadt, datierten Berichte der „Pall Mall Gazette" heißt es, die europäischen diplomatischen Vertretungen in der Hauptstadt der Schwarzen Berge beobachten mit steigendem Interesse die Bewegungen des Fürsten Nikolaus und ins besondere seinen längeren Aufenthalt in W en, der mit Gesundheitsrücksichten nichts zu tun habe. Im weiteren wird dann aasgeführt, der Fürst von Montenegro, der lange nichts weniger als persona grata in W:en gewesen, habe neuerdings eine starke Schwenkung nach der österreichischen Seite hin gemacht, die sich hauptsächlich dadurch erkläre, daß man in C:tinjr, besonders seit dem Austausche der Besuche zwischen den Häfen von Ron und Athen, recht ungehalten über den italienishen Shwiegersohn gewesen sei. In der Besorgnis, von den Italienern im Stich: gelassen zu werden, habe der Furst dann eine Annäherung iu Wien gesucht und gefunden, über deren Ergebnisse er sehr befriedigt sei. Wahrscheinlich werde Oesterreich-Ungarn in Zcknnft Montenegro den jährlich:« Zuschuß zahlen, den Rußland im vorigen Jahre noch weiter zu liefern sich geweigert habe. Auch gehr in CUinje das Gerücht, Oesterreich habe versprochen, zu rechter Zeit die Kandidatur des Prinzen Mirko für die Gmeralgouoerasurstelle von Makedonien zu unterstützen. Es sei aber noch von anderen Deutungen der Erfolge des Fürsten in Wien inCetinjedi: Rede. Der serbische Thron sei fortwährend stark im Wanken, und man halte ta Serbien ziemlich offen und öffentlich nach einem NachfolgerUmschau. Der Fürst von Montenegro sei einer von dea beiden tm Volke belt ebteste« Kandidaten. Oesterreich scheine keine Einwendungen gegen die Möglichkeit der Kandidatur eines englischen Prinzen im Fall: der Thronerledignag zu haben, wäre aber sehr entschieden gegen die Erhebung des Fürsten Nikolaus auf den serbischen Thron. Sehr gut unterrichtete Persönlichkeiten seien der Ansicht, Fürst Nikola«? sei hauptsächlich deshalb nach Wien gegangen, um die Vor urteile, die man am Ballhausplatze gegen ihn gehegt, zu zerstreuen. Falls ihm das gelungen sei, könne man merk würdigen Entwickelungen in Serbien entgegensetzen. Eines von den Ergebnissen des Wiener Besuches werde in der Errichtung einer montenegrinischen Gesandtschaft in Wien bestehen. Es sei auch schon seit einiger Zeit von der Errichtung einer Gesandtschaft in London die Rede, doch habe die parlamentarische Krisis bisher dem Fortschritte dieses Planes im Wege gestanden. Aus Stadt und Land. Mitteilungen ans dem Leserkreise für diese Rubrik uehmm wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 1. Juli 1907. > — Der König hat den vortragenden Rat im Finanz ministerium Geheimen Finanzrat Dr. Wahle unter Ver leihung des Titels und Ranges eines Geheimen Rates zum Ministerialdirektor ernannt und ihm die Leitung der zweiten Abteilung im Finanzministerium übertragen. — Staatsregiernug «nd Fleifchpreise. Das „Dresdner Journal" veröffentlicht folgendes zu diesem Thema: Im Königreich Sachsen wie in anderen deutschen Ländern ist vielfach darüber geklagt worden, daß dem starken Rückgänge der Viehpreise, insbesondere der Schweine- Preise, ein entsprechender Rückgang der Fleifchpreise nicht gefolgt sei, daß vielmehr die Fleischpreise seit der Zeit des Viehmangels und der damit zusammenhängenden Vieh- und Fleischteuerung nur wenig gewichen seien. Da un berechtigt hohe Fleischpreise insbesondere die minderbe mittelte Bevölkerung unnötig belasten, den Fleischver bruch eiuschränken, damit auch die Entwickelung der ein heimischen Viehzucht beeinträchtige« und einer erneuten Fleischteuerung Vorschub leisten, so hat die sächsische Regierung Anfang Juni an den Hauptorten Feststellungen darüber veranlaßt, 1. in welchem Umfange sich dort eine auffallend große Spannung zwischen den Vieh-und Fleisch preisen zeige, 2. auf welchen Ursachen sie beruhe und 3. wie auf die Herabsetzung ungerechtfertigt hoher Fleisch preise hingewtrkt werden könne.