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SS. Jahrgang. N SS«. Freitag, 4. Dezember ISIS. Vezuz«-Setühr «1»rteII«hr>. lür Dr». de» d«> 1«P>4 I»«i. »»»wirlia« Annäh««- jikllin bl» b Lt M. »>i «tnma»»«r Z>^ stlümis durch dl« Post »u«1o»d: Oeftek« nich.Ungarn b 44 Nr., Cchweij ü.üb strt».. JlaU-n 7 17 Lire. — Nachdruck nur mit »«utlicher 0»«N»«- aoaad« <_r>rt»dn«r Nachr."»»liiN».-U«- derlangl« Schnflftll« mid. nlchtauldride^rt. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. ^eg^ür^Sst 18LV Druck und Verlag von Ltepsch L Reichardt in Dresden. Hauptgeschäftsstelle: Marienstrafte 28/^0. Sammelnummer für sämtliche Telephonanschlüsse: 25 241. Nachtanschlutz: ZV «11. klnzetgen-Preye «»nahm« »o» UrrtL». di,un,«n »t, «ch«. s Uhr Sonntai» mir Lt-r1e»Iti,h, w m» II dt» -/.I ll-r. LI« etnkxrMa« Atlle (etwa 8 Silbrn) iS P,.. di« »w«tläalti,« A«Ü« «f TutsrUr 70 Ps.. dt« zwrispalt. RrklamrZeüe Idv M. FamUl«». Nachricht«» »u» Dre». d«n di« -ink-ait. Zeit« »d P>. — In Nuin- mern »ach «»»». u»d Fkiarlasen «rhdhte Prri»chz«. — NuiwLr- tte« Nuskrllge nu, g«g« NoraurdtPldiuna. — 2«de»BcI«^lalU0W. Seklsklosigkeil nervösen Ursprungs E » »merillltn. valärian-crtrslkt. MO>FOlMO>D silssetie 1,25 unck 2 dlarlc. Versanck nach ausvärts. LüM. Lolspowvkv. Vrssüsll-L.. Seorzvator. vo7i2v/«c<sn raL20S/LS7Ä ÜMkUÄ , 20. öeleuck1un§8-Körper Kretr8ckmsr, KÜ8enber§ L Lo. Xönixl. SLcii». Noklieieranien l.»mp«n- unrl Xrvn!,uci>«,ri»I,rN< onk:»l>L!ni a ? a V. ^ ^clolk dlStei- LIL-LS; —> .. —> --l > --> ... . .. — ^ . . _ . Ae Kämpfe in Sst und West vor neuen Entscheidungen. Die allgemeine Kriegslage. — Die schweren Verluste der Franzosen. — Die englischen Verteidigungsmatznahmen. Die Wirkungen des Heiligen Krieges. — Neuer amerikanischer Protest gegen England. Weid, Man. Lrange, Selb. Dem deutschen Weißbuch, dem englischen Blaubuch, dem russischen Oranyebuch ist nunmehr ein französisches Gelb buch gefolgt. Auch die Pariser Regierung hat also das dringende Bedürfnis verspürt, ihre und der mit ihr verbündeten Mächte Haltung und Beweggründe aus Anlaß des Weltkrieges zu rechtfertigen. Die Liebesmühe der französischen Diplomaten und Staatsmänner, sich die „moralische Sympathie" der unbefangen urteilenden Mit welt und ein günstiges Urteil vor dem Weltgericht der Geschichte zu sichern, ist aber ebenso vergeblich, wie das gleiche Bestreben der Drahtzieher in London und Peters burg. Das Gelbbuch enthält im wesentlichen nichts weiter als eine mit einigen neuen Tatsachen verbrämte Wieder holung der bereits im englischen Blaubuche aufgetischtcn Unwahrheiten und verrät auf Schritt und Tritt die krampfhafte Beflissenheit, in engster Gemeinschaft mit den englisch-russischen Entstellungen der wirklichen Vorgänge die Verantwortlichkeit Deutschlands für den Weltkrieg zu behaupten, ohne auch nur die leiseste Spur eines Beweises für diese Beschuldigung beizubringen. Es genügt, einige besonders auffällige Verdrehungen der Wahrheit aus dem Gelbbuchc hcrauszuhcben, um den Charakter des ganzen Machwerks richtig zu kennzeichnen. Gleich das erste Kapitel enthält eine Sammlung von Schriftstücken, die nach der beigegcbenen amtlichen Erläute rung zeigen sollen, wie die „deutsche Militärpartci" angeb lich entschlossen war, einen Angriffskrieg gegen Frankreich zu entfesseln, wie von oben herab „die Einpflanzung und methodische Entwicklung einer kriegerischen Gesinnung in ganz Deutschland" gefördert worden sei. und wie „Wil helm II. sich aus dem Friedenskaiser von gestern in den Kriegskaiser von heute umgewandelt habe". Die bewußte Fälschung der Wahrheit, die in diesen perfiden Unter stellungen enthalten ist, übersteigt alles Maß. Bis zum letzten Augenblick waren der Kaiser, die Regierung und bas Volk in Deutschland friedfertig bis zum äußersten gestimmt, und kein Mittel ist von unseren leitenden Stellen unversucht gelassen worden, um einen Frieden in Ehren ausrechtzuerhaltcn. Gerade in der letzten Zeit hatte bei uns die allgemeine friedliche Gesinnung eine» derartigen Umfang angenom men, daß ernste Patrioten, und nicht etwa bloß Militärs, offen ihrer Befürchtung über eine Abnahme der kriege rischen Tüchtigkeit in unserer Nation Ausdruck gaben, falls diese Entwicklung gewisse Grenzen überschritte. Im Lager unserer Gegner ist aber jahraus, jahrein eine stets sich steigernde wilde deutschfeindliche Hetze betrieben worden, die alle leidenschaftlichen Instinkte skrupellos aufpeitschte und alle Stimmen der Vernunft und Besonnenheit brutal zum Schweigen brachte. Und dabei weiß das französische Gelbbuch kaltblütig die Dinge geradezu auf den Kopf zu stellen und von einer „kriegslüsternen deutschen Militär partei" zu fabeln, die es nie und nimmer gegeben hat! Ebenso windig ist es, wenn der unmittelbar vor dem Kriegsausbruch erfolgte Kurssturz an den deutschen und österreichischen Börsen .bezeichnend" genannt und daraus gefolgert wird, daß Deutschland und Oesterreich bereits frühzeitig zum Kriege entschlossen gewesen seien. Um gekehrt wird ein Schuh draus! Die Kursstürze an den beiderseitigen Börsen waren ein Anzeichen dafür, daß in der Berliner und Wiener Hochfinanz der letzte Glaube an die Friedfertigkeit unserer Gegner geschwunden war. Eine weitere grobe Lüge enthält das Gelbbuch in der Behauptung, die Pariser Regierung besitze einen geheimen deutschen Be richt über den Weltkrieg, worin Deutschland seine Slbsicht bekunde, die Kleinstaaten zur Teilnahme am Kriege zu zwingen. Heraus mit dem Bericht! Das ist die deutsche Antwort auf die niedrige Verdächtigung. Die Veröffent lichung kann aber natürlich nicht geschehen, weil dann sofort von deutscher Seite die plumpe Fälschung eines der artigen Dokuments bewiesen werden würde. Ferner wird auch die bereits im englischen Blaubuch und im russischen Orangebuch verbreitete Mär erneuert, daß Deutschland im letzten Augenblick die österreichisch-serbische Einigung durchkreuzt habe, um den Krieg zu erzwingen. Dem gegenüber stellt das deutsche Weischuch fest, daß die Ver tretung der deutschen auswärtigen Politik ihre Ver mittlungsversuche bis zum äußersten fortgesetzt und in Wien geraten habe, jedes mit der Würde der Monarchie vereinbare Entgegenkommen zu zeigen. Vollends ver nichtend für die Wahrheitsliebe des französischen Gelb buches ist der Umstand, daß eS des berüchtigten englisch- belgischen Abkommens mit keinem Worte gedenkt und über die zerschmetternden deutschen Beweise für die jahrelang betriebenen sorgfältigen Vorbereitungen zu einem aus belgischem Boden zu führenden Kriege gegen Deutschland stillschweigend hinwegglcitet. Hiernach gehört die ganze, bei unseren Gegnern in so hoher Blute stehende Fähigkeit, zu lügen, ahne zu erröten, dazu, um den Ver fassern des Gclbbuches zu ermöglichen, den Schlußsatz zu drechseln: „Der allgemeine Eindruck geht dahin, daß die gegenwärtige Krise eine Folge der schroffen Politik Deutsch lands ist, das sich seit zehn Jahren bestrebt, seine Vorherr schaft zu sichern, Rußland zu erniedrigen, dem Dreiver band entgegenzuwirkcn und, falls diese Ziele nicht erreicht werden sollten, den Krieg herbeizuführen." Das Gegenteil ist richtig. Seit Eduard VII. hat der Dreiverband gegen Deutschland an allen Ecken und Enden der Welt gehetzt und gewühlt, bis wir völlig eingekreist waren und uns nicht mehr rühren konnten, und als dann der räuberische Ucberfall von unseren Feinden gegen uns ins Werl gesetzt wurde und unsere gepanzerte Faust sich zu gewaltiger Ab wehr erhob, da mußten wir auch noch die trübe Flut der Verleumdung, als wenn wir die Friedensstörer mären, über uns ergehen lassen. Sei's drum! Wir vertrauen aus unsere gute und gerechte Sache, die offen und klar zutage liegt, und wir haben es darum auch nicht nötig, die Er eignisse zu färben, wie cs Engländer, Russen und Fran zosen in ihren Blau-, Orange- und Gelbbüchern tun. Wir legen einfach die Wahrheit schwarz auf weiß dar, und diese Wahrheit wird sich endlich doch allgemein durchbohren. In dieser Zuversicht lassen wir uns nicht irre machen. Die Kriegslage im Westen. Dem „Lok.-Anz." wird Uber die Kriegslage aus Genf gemeldet: Das noch in der Note Joffres vom Mittwoch als bedeutsamer französischer Gewinn bczeichnete Grurie im Argonner Walde ist dank den vereinten Angriffen der mincnlegendcn Genietruppen und des württcmbergischen Kaiscr-RegimentS ein deutscher Stützpunkt ge worden. Zu spät erkannten die Franzosen, daß sie dort in eine Falle gegangen waren. An anderen Stellen des Argonner Waldes, namentlich bei Fontainc- manadc, Cvurtethausse und St. Hubert, dauern die deut schen Anstrengungen, die französischen Laufgräben zu nehmen, fort. Auffallend knapp äußert sich die Jossre-Note über die Vorgänge bei Dirmuidcn: sie verschweigt, in wessen Händen das westlich Dixmutden gelegene Lamper- nissc geblieben ist. „Daily Chronicle" meldet aus Amsterdam vom 3. De zember: Gestern früh fand ein allgemeiner Angriff der Deutschen aus die Aser-Stellungen der Verbün deten statt. Der Kamps hatte auf der ganzen Front mit einer furchtbaren Kanonade begonnen. Unter dem Schutze größerer Kanonen, die von den Deutschen bisher noch nickt verwendet wurden, wurde ein gewaltiger Sturmangriff unternommen. Spät nachts zogen große Truppcnmassen in Eilmärschen nach Südwesten, wo der Kamps am heißesten getobt hat. Die großen Verluste der Franzosen. Der Korrespondent des „Cvrricrc della Sera" in Nordfrankreich berechnet, daß bisher daö franzö sische Heer mindestens 50 Prozent an Toten. Verwundeten, Vermißten und Gefangenen habe. Dies gelte Übrigens nur für die Linien und die jüngere Re serve. Wo die Territorialtruvpen allein sich schlagen mußten, seien ihre Kontingente fast völlig aufge rieben worden. Aus Benttmtglia wird berichtet, daß in den Kasernen an der Riviera von Nizza bis Men- tvne insgesamt über 3000 Rekruten, Farbige aus dem Senegal, untergebracht sind, die das rauhe Klima in Nord- Frankreich nichl aushalten können. Englisches Urteil über die Schlacht in Flandern. Der militärische Mitarbeiter der „Times" schreibt, nach den Verlusten zu urteilen, sei die Schlacht in Flandern die grüßte in der Weltgeschichte gewesen. Die Berluste auf seiten der Engländer werden auf 50 000 Mann geschätzt. Der Grund, weshalb die Verluste der englischen Truppen so unverhältnismäßig groß waren, sei in dem Umstand zu suchen, daß ihnen, namentlich den Indern, die Aufgabe zugeteilt war, den heftigsten deutschen Angriffen, besonders in den ersten Tagen der Schlacht, zu widerstehen. Seit AuSbruch des Krieges hätten die Eng länder einen gesamten Verlust von 84000 Mann au Toten, Verwundeten und Gefangenen gehabt. Die Typhusepidemic in Ealais. Tie britische N o t e - K r c u z - G e s e l l s ch a s t hat zur Bekämpfung der T y p h n s e v i d c m i e in Calais 10 000 Pfund Sterling >200 000 Mark) bewilligt. Belgische Deserteure in Frankreich. Dem „Echo de Paris" zufolge wird amtlich ein Ucber- eiukommen zwischen Frankreich und Belgien veröfsent licht, wonach in Frankreich befindliche belgische Deserteure von der französischen Gendarmerie gesucht verhaftet und den belgischen Behörden ausgeliesert werdcr sollen, solange sich die belgische Negierung in Havre de findet. Die französischen Kriegslasten. Amtlich wird in Paris ein Bericht Nibots über dic Kriegs kosten veröffentlicht. Diese betragen, wie schon gemeldet, im November OlO Millionen Franken. Außer dem werden Million sür die provisorische Negierung in Bordeaux und 50 000 Franken sür die belgische in Havre gebraucht. Täglich belaufen sich die Kriegskosten auf rund 30 Millionen Franken. Diese Ziffer hat sich jedoch riesig durch die deutschen Reguisitivaen und Kontributionen in Nordsrankreich gesteigert. Ein neues französisches Justizvcrbrecheu. Nach einer Meldung des „Temps" aus Casablanca wurden durch das dortige Kriegsgericht der ehemalige deutsche K o n s u l a r a g e n t Brandt und sein Geschästs- teilhaber Zell zum Tode verurteilt, well sie spio niert und den Eingeborenen Waffen verkauft haben sollen. Der K o n s u l a r a g c n t Brandt, der nach der Mit teilung des „Temps" zum Tode verurteilt worden ist, ge hört zu den vierzehn deutschen Staatsangehö rigen, die, wie berichtet, bald nach Kriegsausbruch fest- genvuimen, zunächst nach Oran geschleppt und sodann nach Casablanca zurückgebracht wurden sind, um dort wegen an geblicher Verschwörung gegen das französische Protektorat von einem Kriegsgericht abgcurteilt zu werden. Brandt ist Großkausmann, Ebef einer alten, wohlbegründeten Firma, der seit einem Menschenalter im Lande ansässig ist und zu den angesehensten Männern des ganzen Sultanats gehört. Ans die Kunde von der Verhaftung dieser 14 Deutschen hat die deutsche Regierung die Vereinigten Staaten von Amerika, welche die deutsche» Interessen in Marokko ver treten, ersucht, der französischen Regierung mitzuteilcii, daß „die deutsche Regierung sür jedes wider rechtliche Vorgehen gegen die an geschuldig ten Deutschen in der rücksichtslosesten Weise Rechenschaft fordern werde". Da in Casablanca selbst ein amerikanischer Berufskonsul nicht vorhanden ist. so hat der dortige italienische Konsul die deutschen Inter essen wahrzunehmen. Die Namen der anderen vor das Kriegsgericht in Casablanca gestellten Deutschen sind: Max Witt, Waetgen, Fünnies, Leyfcrt, Nchkorn, Mohn, Mano. Grundier, Gcysen, Dubliert, Bazlc», Ficke und Kratc. Der in der obigen Depesche ermähnte Name Zell findet sich in dieser Liste, die in der amtlichen Mitteilung der deutschen Regierung vom 23. Oktober d. I. enthalten ist, nicht. — Nun hat unsere Negierung das Wort. Die englischen VerteidignngSmaftnalimcn. Der „Cvrriere della Sera" erfährt aus London: Seit Beginn dieser Woche treten die neuen, vom Parla ment in der vorigen Woche ausgestcItcn Normen in Kraft, die unter dem Titel „Akte zur Verteidigung des König reiches" veröffentlicht morden sind. Die Regeln versetzen England in eine Art Belagerungszustand. Die Admiralität und die Heeresleitung haben ohne Einschrän kung die Erlaubnis, Maßregeln für dic nationale Sicher heit zu treffen. Alle Rechte des Privateigentums verlieren ihre Unantastbarkeit. Die Autorität kann sich jedes Bau werk aneigncn, dasselbe zu Zwecken der Verteidigung Her richten oder zerstören: sie kann die Sperrung einer jeden Fabrik, jedes Geschäftes anvrdnen, ebenso wie dic Räu mung jeder Oertlichkcit und die Beschlagnahme von Fahr zeugen und Lebensmitteln. Die Regierung hat die un beschränkte Macht, Untersuchungen anzustellen und Ver- hastungcn vorznnehmcn, den Besitz von Waffen und Explo sivstoffen zu kontrollieren. Schließlich kann jeder bestraft werden, der von der Freiheit zu starken Gebrauch macht, und zwar von der Wortsrcihcit. Die Schwierigkeiten der englischen Nekruteuausbildung. Aus einem „Times"-Artikel geht hervor, daß die 80 000 Kanadier noch immer im Lager in der Salisbury Ebene eingeübt werde». Eine Anzahl Unerwünschter, die sich zuchtlos zeigten und dem Trünke ergeben waren, sind nach Kanada zurückgesandt worden. „Niemand weiß noch," so schließt der Artikel, „ob die Kanadier vor dem Frühjahre aus dem Festlande verwendet werden." Ein englischer Brtgadcgencral schreibt in einem gleichfalls in der „Times" veröffentlichten Briese, daß er mit der Beschaffung geeigneter Offiziere auf große Schwierig keiten stoße, weil sämtliche Regimenter schwere Ver luste an Offizieren erlitten haben und man mit dem besten Willen der Welt keinen auch nur während einiger Monate