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Schönburger Tageblatt Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrs Otto Förster; inLallenberg bei Hrn. Strunks, wirk« Fr. Herm. Richter: in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wil helm Dahler; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Herm. Wilden hain ; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirste» scheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. «mahme von Inseraten fLr die nächster- Meinende Nummer bis Bormittags '/-H Uhr. Aa Abonnementspreis beträgt vierteljähr- M 1 M». KV Pf. Einzelne Nrn. ö Pf. Znstrate pro Zeile 10 Pf., für auswärts 1b Pf. tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. und Wal-enburzer Aasiger »»»«sprech,rNr. 9. Amtsblatt für d 6 rr StadLraL zu Valdenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lnnzena«, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenham, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Langen leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 96. Mittwoch, Neu 27. April 1904. Witterungsbericht, ausgenommen am 26. April, Nachm. 3 Uhr. Äarometerstand 764 mru reduziert auf den Meeresspiegel. Thermometerftand -f- 11° 6. (Morgens 8 Uhr > 6° 6. Tiefste Nachttemperatur -st 4,;" 6.) Feuchtigkeit-- tthalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 33"/«. Taupunkt — 4,5° 6. Windrichtung: Nord. Niederschlagsmenge in den letzten 84 Stunden bis früh 7 Uhr: 0,1 will. - Daher Witternngsansftchte« für den 27. April. Halbheiter. 'Waldenburg, 26. April 1904. Tie Frage, ob man die Weltausstellung in St. Louis be- suchen soll, werden Viele mit Nein beantworten. Aus den selben Gründen, aus welchen viele Kreise der deutschen In dustrie von dieser neuen Welt-Exposition nichts wissen wollten, lann auch das neugierige Publikum fortbleiben. Nicht allein die Zeit des großen praktischen Nutzens der Weltausstellungen ist vorüber, zumal wenn man an die nordamerikanischen Zoll-Chikanen denkt, cs ist auch jene Zeit vorbei, in welcher solche Schaustellungen wirklich belehrten und verblüfften. 3um guten Teil hat sich das schon in Paris gezeigt, wo Tausende sagten, die Spekulation aus die Erwartung der Massen sei tief gesunken. Und das war noch in Paris! Was bietet uns Saint-Louis? Ein Stück des überaus ein- sörmig gewordenen amerikanischen Lebens, aber keine wirk- liche Anregung. Zweifellos steckt die letztere in dem gewal- ligen nordamerikanischen Staatswesen in reichster Fülle, aber dies Erkennen des Volkes und seiner Leistungen lernt man uicht in der Ausstellungsstadt, sondern erst bei einem längeren Besuch Nord-Amerika's, den man zu jeder Zeit unternehmen iann, wenn man Lust hat, und wozu man sich nicht in St. Louis schröpfen zu lasten braucht. Tie Pariser Weltausstellung lockte durch die Eigenart von Paris, die sich auch auf die Ausstellung ausdehnte. Mannig- saltigkeit, Abwechselung, Berücksichtigung der Individualität sezierten da, man schaute und unterhielt sich. Nordamerika ist das Land der Massen-Fabrikation, die zwar großartig, aber doch nur einförmig ist, und des Mafscngeschmacks. Es kann Einer tausend Dollars den Tag ausgeben, der Andere nur zehn, der Geschmack und das Leben find gleich, wenn sie sich auch bei Einem luxuriös, beim Anderen einfach ge stalten. Was sollen wir, die wir auf charakteristische Eigen art hallen, dabei groß lernen? Und das bischen Phantasie, über die wir noch verfügen, abgewöhnen, auch im ganzen Leben dem Yankee nacheifern, wie wir es im Sport schon vielfach getan haben? Wir dächten, wir könnten das bleiben lassen. Nordamerika wird seine Gäste nicht durch Eingehen auf individuelle Neigungen fesseln, es wird ihnen imponieren, es bürd sie verblüffen wollen. Aber dies Verblüffen wird bald langweilig, vorausgesetzt, daß es überhaupt gelingt, wenn sonst nichts Rechtes für den modernen Menschen dabei ist. stnd dann muß noch daran gedacht werden, daß diejenigen, welche Neigung zum „Erd-Bummler" haben, schon so viel besehen haben, daß es mit dem Verblüffen nicht mehr so wicht ist. Unsere deutschen Großstädte bieten heute schon Tnlereffantes in Hülle und Fülle, ob nun etwas Großartiges bochmal so großartig ist oder nicht, macht am Ende auch bicht so viel aus. Ter Pariser Eiffelturm ist gewiß ein gewaltiger Koloß, aber man hat an der Seine genug und Übergenug Leute hören können, welche sich den modernen Turm von Babel doch noch weit mächtiger dachten, als er W Wirklichkeit vor ihnen stand. Tie moderne Reklame, welche gerade die Yankee's so Geisterhaft verstehen, hat nämlich auch ihre Schattenseiten: ^ie erweckt viel, viel größere Erwartungen, als befriedigt Werden können, und stumpft schnell ab. Die Amerikaner Men aus jeden schlauen Reklame-Trick immer von Neuem Mein, ein smarter Geschäftsmann erregt ihre größte Be- Zunderung. Ter Deutsche ist bei weitem nicht so „gerieben", Wie der Amerikaner, aber er ist dafür auch viel nüchterner Und mißtrauischer. Vor Allem, und nun kommt eine Haupt- ache, begreift er nicht und will es nicht begreifen, weshalb solche Sensations-Veranstaltungen, die nur im Interesse eines mächtigen Geldgewinns arrangiert werden, überhaupt botwendig sind. Nützlichkeitszwecke haben sie doch nicht. Do modern ist der Deutsche doch noch nicht geworden, daß über eine findige Spekulation aus seinen Geldbeutel nun einfach „baff" sein soll. Im Gegenteil, er merkt die Ab sicht und wird verstimmt. Es ist gern zu glauben, daß die Amerikaner mit wuch tigen industriellen Leistungen aufwarten werden, aber auch darin haben wir reichlich viel gesehen. Tie Düsseldorfer „eiserne" Ausstellung von 1902 war doch eine Mustersache, mit der Jeder zufrieden war. Ob nun die Maschinen noch ein Stockwerk höher, die Kanonen noch ein paar Meter länger find, ist am Ende egal. Der rmffisch japanische Krieg. Vom russisch-japanischen Kriegsschauplätze liegen bemerkens werte Nachrichten nicht vor. Tie Meldungen Londoner Blätter vom bereits erfolgten Uebergang der Japaner über den Yalu werden von amtlicher russischer Seite als unbe gründet bezeichnet. Ter Großfürst Wladimir ist vom Zaren für seine Ver dienste um die Armee durch die auf der Brust zu tragenden und mit Edelsteinen geschmückten Portraits einer Anzahl russischer Kaiser ausgezeichnet worden, sodaß er im Schmucke seiner Dekorationen einer wandelnden Ahnengalerie ähn lich sieht. Im deutschen .Reichsanzeiger" wird folgende Bekannt machung des Befehlshabers des russischen Geschwaders im Stillen Ozean veröffentlicht: Jedes Kriegs- und Handels schiff, das im militärischen Operationsgebiet bei Nacht ohne Lichter oder bei Tage ohne Flagge fährt und auf einen Kanonenschuß die Flagge nicht zeigt, wird als feindliches Schiff betrachtet und vernichtet werden. Der Hafen von Wladiwostok ist jetzt vollkommen eisfrei. Eine größere Anzahl japanischer Panzer und Kreuzer be reitet Pariser Meldungen zufolge einen Angriff vor. Japan möchte durch Unschädlichkcitsmachung Wladiwostoks verhindern, daß ihm von dorther gelegentlich des Valuüberganges Schwierigkeiten gemacht werden. Weitere Nachrichten aus Port Arthur besagen, daß Japan Vor der finanziellen Erschöpfung stehe und nicht lange mehr im Stande sei, die kriegerischen Operationen fortzusetzen. Darf man diese Angabe nun auch nicht ganz wörtlich auf- faffen, so ist es doch zweifellos, daß Japan eine längere Ausdehnung des Krieges etwa wegen der Geldfrage nicht würde ertragen können. Daraus folgt aber mit logischer Notwendigkeit, daß Rußland schließlich die Oberhand erhalten wird. Offenbar sind es gegenwärtig schon finanzielle Kala mitäten, die Japan an der Inangriffnahme großer Operationen gehindert haben. Politische R-rndschau. Deutsches Reich. Ter Kaiser, der seine Mitlelmeerfahrt schon am Mitt woch in Venedig beendet, reist an diesem Tage von dort mit der Eisenbahn zunächst nach Straßburg im Elsaß und nach der Hohkönigsburg, dann werden Karlsruhe, Mainz und Wiesbaden besucht. Am 2. Mai will der Monarch wieder in Potsdam sein. Oberst Dürr, der vor einiger Zeit als Ches des Marine expeditionskorps nach Südwestafrika ging, kehrt nun doch heim. Anfänglich war das bestritten worden. In zehn bis vierzehn Tagen wird er wieder in Deutschland eintreffen. Einige sprechen von schwerer Erkrankung, andere vermuten Meinungsverschiedenheiten zwischen Oberst Dürr und Gou verneur Leutwcin, deren Charaktere grundverschieden find. Eine Aussehen erregende Mitteilung machte am Montag im preußischen Abgeordnetenhause Minister Budde bei Be ratung des Etats des Eisenbahnministeriums. Der Minister bemerkte: Ich habe eine Mitteilung zu machen, die für die Eisenbahner von größter Bedeutung sein wird. Eine De pesche des Königs ermächtigt den Herrn Finanzminister und mich, dem Hause eine Vorlage zu machen, durch die den Eisenbahnern 3 Mill. Mk. gespendet werden sollen, um aus dem Gebiet der Arbeiterwohlfahrt weiter vorzugehen. (Lebhaftes Bravo!) Die deutsch-österreichischen Handelsvertragsver handlungen haben mit dem Austausch der deutschen und österreichisch - ungarischen Forderungen nunmehr begonnen. Hoffentlich verlaufen sie glatt und gestatten bereits in abseh barer Zeit den Abschluß eines neuen Vertrages. Graf Pückler wurde am Montag von der Strafkammer zu Glogau in Schlesien wegen Beleidigung des Stations vorstehers in Klcin-Tschirne zu 50 Mk. Geldstrafe verur teilt. Er hatte in einer Beschwerde geschrieben, „der Mann macht einen sehr verbummelten und schlappen Eindruck." Der Angeklagte, der sich zunächst über seine in Berlin er folgte Verhaftung wegen Nichterscheinens vor Gericht be schwerte, meinte dann, in einer Beschwerde seien Ausdrücke, wie er sie gebraucht habe, nicht beleidigend. Er sitze jetzt zum siebzehnten Male auf der Anklagebank; die Behandlung, die er dort erfahren habe, sei unwürdig. Die Angelegenheit werde ungeheures Aufsehen erregen; sie schaffe mindestens 100,000 „Reichsfeinde". Auch er stehe jetzt der Regierung feindlich gegenüber. Der Staatsanwalt hatte 100 Mk. Geldstrafe beantragt, der Verteidiger die Freisprechung. Der Haftbefehl wurde aufgehoben. Der Ausstand der Berliner Bäckergesellen soll am heutigen Dienstag erklärt werden. Ein allgemeiner wird er aber wohl nicht fein, denn, wie es heißt, find etwa 1000 Arbeitswillige vorhanden. Oesterreich-Ungarn. Tas ungarische Abgeordnetenhaus ist am Montag vertagt worden. Damit hat die Regierung der Opposition, die ihr heftige Vorwürfe wegen der Haltung den Eisen bahnern gegenüber machen wollte, kurzerhand das Wort ab geschnitten. Die Mehrheit steht aber auf der Seite der Regierung. Tie Streikleitung richtet an die Eisenbahner die allerdings verspätete Aufforderung, sofort die Arbeit wieder aufzunehmen. Schon am Montag verkehrten nach offizieller Angabe sämtliche Eisenbahnzüge fahrplanmäßig mit Ausnahme einzelner Nachtschnellzüge. Der Ausstand der ungarischen Staatsbahnange stellten ist an der Festigkeit der Regierung gescheitert. Diese zeigte sich zuerst den Streikenden sehr entgegenkommend, da letztere aber verblendet waren, so brach die Regierung die Verhandlungen ab. Jetzt wollen die Ausständigen die Arbeit zu den alten Bedingungen wieder aufnehmen, jedoch die Regierung fagt: „Nein!" Der Betrieb ist im großen und ganzen wieder hergestellt worden und zwar durch Soldaten des Eisenbahnregiments, Reservisten und Ersatzkräfte, die sich in großer Anzahl gemeldet haben. Auch sind die Streikenden in Gnaden angenommen worden, die sich zur Wiederauf nahme der Arbeit rechtzeitig, vor Abbruch der Verhand lungen gemeldet haben. Tausende aber bleiben ohne Be schäftigung, und sie sind ebenso wie ihre Familien zu bedauern, denn die Streikenden sind offenbar irregeführt worden. Hätte die Streikleitung, hinter der wieder verschiedene oppo sitionelle Abgeordnete standen, beizeiten eingelenkt!, dann wäre ein erheblicher Teil der Forderungen erreicht worden. Auch dieser Streik bietet eine bittere Lehre. Zu blutigen Ausschreitungen kam es in Elesd in Ungarn während einer von der Kossuthpartei veranstalteten Volksversammlung. Man schoß, wobei ein Gendarmerie- sührer tödlich getroffen wurde. Nun feuerte auch die Gendarmerie, und es sollen 23 Personen getötet, 35 ver letzt worden sein. Italien. In ganz Italien züngelt das Strohfeuer der Begeisterung über den Besuch des Präsidenten Loubet in Hellen Flammen empor. Nicht nur in Rom, sondern auch in zahlreichen Städten des Landes finden zu Ehren des französischen Gastes festliche Veranstaltungen und Kundgebungen statt, so daß man wirklich sagen kann, ganz Italien befindet sich in einem Freudentaumel. Dabei denkt das italienische Volk in seiner großen Masse kaum an den praktischen politischen Gewinn des Besuches; nur dem Umstande, daß man cS in Italien noch nicht verlernt hat, den Augenblick zu genießen, und sich um die Zukunft nicht zu kümmern, ist es zuzuschreiben, wenn