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Nr. »V - IO. Jahrgang Tonnabend den IL. MSiz IVI1 iichslscheWlksmtung scheint täglich nachiu. mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Au Unabhängiges Tageblatt tu? Wahrheit, Ueeht nnb Freiheit B»Sg«be » ohne illutlriertc Beilage Hi, Dresden durch Boten »,IO Ha«S L.ikL in Oesterreich Inserat» werden die «gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 15 4. Reklamen mit 5V 4 die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt. Buchdruikeret, Redaktion nnd weschäftsstrlle! Dresden, Pillnitzer Strafte 4». — Fernsprecher 188« Jör Rückgabe nnvrrlangt. Schriftstücke keine Perbindlichkett Redaktions-Sprechstunde: 11 bis IS Uhr. Kskkee - Oenuli ist teuer, wortlos, gesunitksitsZcbLcligenit. Kakao - OenulL ist billig, wertvoll kür Lrnütirun^ uiicl Qosuncllioit, wolilsclimeckeiicl uncl bekömmlicli. V/ir ompkoltloii unsere Sporialsorron ru 80, 100, 120, 140—200 ?kZ. per lAunct. OerlinA Kock8troii, Oresclen. dliocterlugen ln sllon Ltaltttoilen. Jur kirchenpolitischen Lage. Dresden, den 10. März 10,1. Die kirchenpolitischen Debatten im preußischen Abge ordnetenhause fanden eine» ruhige» und friedliche» Aus gang, nochdent sie i» der Fori» überhmlpt konziliant ver- Iciufen wäre». Aber habe» diese scheinbare» Rosen nicht Dornen? Wir möchte» diese Frage bejahe» nnd komme» ,-» dieser Ueberzengnng hauptsächlich durch die Rede des Ministerpräsidenten p. Bethmann Hollweg, da die Stel lungnahme der Parteien keinerlei Ueberraschungen gebracht bat. Was aber die Negierung sagte nnd sagen ließ, das verdient ernste Beachtung in allen katholischen Kreisen; es ist auch geeignet, alle und jede Vertrauensseligkeit ab- znlegen. Man wird zngcben, daß der größte Teil der Rede . s Ministerpräsidenten von dem Bestreben getragen war, den, konfessionellen Frieden zu dienen und jede Erregung hint anzustellen. Kleine Entgleisungen kamen auch hier schon vor; denn ein Diplomat darf nicht den Papst auf Kostcu der Kurie loben, nicht erstercn als ungemein friedfertig, aber die Kurie als Friedensstörer ausehcn. Doch um solche Kleinigkeiten wollen wir uns nicht erst lange aufhalten, da wir bei zwei wichtigen Punkten der Kundgebung der Ne gierung einzusctzen haben und unser lebhaftes Bedauern über diese aussprechen müssen. Das ist zunächst die Stellungnahme zur Kinder- kommuuion. Es geht die preußische Regierung rein gar nichts an, was der Papst in diesem Weltgesetze für die Kinderkommunion festgesetzt hat. Die Annahme, daß die Schulaufsicht hiervon berührt wird, ist total falsch und die Erwartung des Herrn v. Bethmann Hollweg, daß der Papst sich vor dein Erlaß dieses Dekretes hätte mit Preußen verständigen müssen, ist ganz unhaltbar und bedeutet einen staatlichen Uebergriff in das kirchliche Gebiet, der »in so mehr verletzen muß, als die Ausführungsbestimmungen des preußischen Episkopates auch das letzte Bedenken beseitigen müssen. Der Papst als Hüter der Weltkirche kann nicht in solchen rein inncrkirchlichen Angelegenheiten erst in Berlin die Protestanten fragen, wie er die Kirche zu leiten hat, wenn es sich um die Spendung der heiligen Sekramente bandelt. Wir bedauern daher sehr lebhaft, daß der Mini sterpräsident eine solche Stellung einnehmen konnte. Aber die Bedenken wachsen, wenn man seine Ausfüh rungen zum M o d e r n i st e n e i d e liest. Man greift sich unwillkürlich an den Kopf nnd fragt, wie kann die Rede in der Theorie so zutreffend den Eid als eine innerkirchliche Angelegenheit bezeichnen nnd dann doch in der Praxis ganz unhaltbare Konseguenzen daraus ziehe»? Der Mi nisterpräsident gab nämlich uneingeschränkt seine Meinung zu erkennen, daß dieser neue Amtseid der Geistlichen eine inncrkirchliche Angelegenheit sei; er hätte also konsequent sortfahren müssen: dadurch ist sie der Kritik des Parlamen tes entzogen. Aber statt dessen schlug er sich selbst ins Ge sicht und leitete für einen Teil der Geistlichen unhaltbare Konjequenzen daraus ab mit den Worten: „Der Staat wird sich — auch darin bin ich mit dem Herrn Kultusminister völlig einer Meinung — in Zukunft gezwungen sehen, in der Regel darauf Verzicht zu leisten, Geistlichen, die den Eid geleistet habe», an Gymnasien Un terricht zum Beispiel im Deutschen, in der Geschichte neu zu übertragen. Ich drücke mich absichtlich exemplifikatorisch ans; denn niemand wird irgend ein Bedenken darin finden, derartigen Personen auch weiter den Unterricht in der Mathematik, im Griechischen und Lateinischen, vielleicht auch in griechischer, römischer nnd assyrischer Geschichte zu über tragen." Daran schloß sich dann noch die weitergreisende Bemer kung: „In ähnlicher Weise wird der Staat anch bei der Uebertragnng anderer Staatsäinter in Zukunft eine gewisse Zurückhaltung üben müssen." Der Zentrnmsführer Tr. Porsch hat den Wünschen aller Katholiken entsprochen, als er sein Befremden über diese Stellungnahme aussprach. Kultusminister v. Trott zu Solz suchte dann auch mit folgenden Worten eiuzulenkeu: „Der Vorredner wandte sich mit Entschiedenheit gegen die Auffassung, daß ein katholischer Geistlicher, der den Eid geschworen hat, nicht für befähigt gehalten werde, an unse ren höheren Lehranstalten in Deutsch und Geschichte zu unterrichten. Wenn der Vorredner annehmen sollte, daß diese Auffassung auch diejenige deö Ministerpräsidenten wäre, so würde er irren. Diese Auffassung hat der Mini- sterpräsident nicht vertreten, denn wenn er sie vertreten hätte, dann hätte er sich auch dafür aussprcchen müssen, daß diejenigen Geistlichen, die zurzeit schon diesen Nnterriclst bisher erteilt habe», daraus entlassen werden müsse». Das hat aber der Ministerpräsident nicht getan, er hat sich im Gegenteil dagegen ausdrücklich gewandt. Wenn wir aber in den gegenwärtige» Verhältnissen glauben, auf diesem Gebiete zurückhaltender sein zu sollen, wenn wir uns ins besondere eine größere Zurückhaltung bei der Anstellung von katholischen Geistlichen im Staatsdienste auferlegen, io ist dafür der Grund die Sorge für die Erhaltung des kon fessionellen Friedens." Das ist ein halber Rückzug, läßt aber die Bitterkeit be stehen, die die erste Rede hervorrief. Die Stellung der preußischen Regierung geht also dahin, daß wegen des Eides Geistliche im Staatsdienste selten angcstellt werde» sollen. Das wäre eine schwere Verletzung des großen Paritätsgc- setzes von 1869, das ist ein Eingehen ans die Wünsche der Freimaurerloge, als deren Sprachrohr schon am 18. De zember 1910 der Abgeordnete Schräder im Reichstage aus trat. Es muß die Katholiken überhaupt ungemein pein lich berühren, daß der Ministerpräsident auf die meisten Wünsche des kulturkäinpferischen Schräder eingegangen ist, ja daß seine Rede vielfach sogar »nr ein Echo dieser Logcn- forderungen darstellt. Diese Tatsache macht die Katholiken doppelt stutzig nnd findet selbst in protestantischen Kreisen Widerspruch. So wird der „Kreuzzeitg." von besonderer Seite geschrieben: , „Minder günstig wurden diejenigen Ausführungen des Ministerpräsidenten beurteilt, in denen er, den Wünschen der Linken entsprechend, schon jetzt es als gegebene Folge der Situation bezeichnete, künftig in der Regel von einer Anstellung von Lehrern, die als Geistliche den Modernisten eid geleistet haben, an den höheren Lehranstalten abznsehen, oder doch solchen Geistlichen den Unterricht im Dentschen und in der Geschichte nicht zu übertragen. Hier lag offen bar eine sachliche Abweichung von dem auch seitens des Knltnsministers in der Kommission dargelegten Stand punkte vor, wonach erst abznwarten sei, ob und welche von: staatlichen Standpunkte aus nicht zu duldende Konsequen zen sich aus dem Umstande ergeben würden, daß die Betref fenden jenen Eid geleistet haben. Die von dem Herrn Mi nisterpräsidenten gezogene Folgerung schien sich auch aus den Voraussetzungen nicht zu ergeben, die er selber im An fänge seiner Rede bei Beurteilung der Natur jener Eides leistung ausgestellt hatte. Ta sich die konservative Fraktion durch ihre» Redner nur dem Standpunkte des Kultus ministers angeschlossen hatte, so liegt hier zu»., mindesten eine offene Frage vor, deren Aufrollnng unseres Erachtens besser unterblieben wäre nnd zn der die konservative Frak tion sich ihre Stellung jede falls wird mindestens Vorbehal te» müssen. Es würde somit dem Eindruck des Ganzen nach den verschiedenste» Nicht»u wn hi» dienlicher gewesen sein, wenn dieser Exkurs vermieden worden wäre. Dieser Ein druck ist auch durch die Bemühungen des Herrn Kultusmini sters in der Sitzung am Mittwoch, der Sache eine etwas andere Wendung zu geben, nicht wesentlich geändert worden." Das ist auch unsere Auffassung der Sache. Der Mini sterpräsident hat also b'diglich den Liberalen zuliebe jene Unhaltbaren Sätze ansgestellt, jenen Liberalen zuliebe, die sich i» den höchsten Tönen entrüsten, wenn ein I » denicht Reserveoffizier wird, es aber als selbst- v e r st ä » d l i ch anseben , daß man katholis ch e G e i st l i ch e v o m Staatsdie n st e (Oberlehrer, Kreis schulinspektoren nsw.) a n s s ch l i e ß t. Wir bedauern diese Scltankelpolitik ans das lebhafteste und finden sie nicht dazu angetan, die Befürchtungen der Katholiken zn zerstreuen. Es will uns vielmehr scheinen, daß es jetzt erst recht gilt, ans der Wacht zn sein und in geschlossener Einnnitigkeit sich um die Bischöfe und um Rom zu scharen, aber anch dafür zu sorgen, daß ei» starkes Zentrum erhalten bleibt, denn dieses hat sich wieder allein als ein Hort für die katholischen VolkSinteressen erwiesen, Gedächtnisfeier des 40jähr. Bestehens k er Zentrumsfraktionen des deutschen Reichs tages und des preuß. Abgeordnetenhauses Die Zcntriuusfraktione» des deutsche» Reichstages und des preußischen Abgeordnetenhauses haben beschlossen, am 21. März in, Reichstagsgebände zur Feier ihres lOjäluigen Bestehens eine festliche Zusammenkunft (Festmahl) zn ver anstalten. Zn diesem Zwecke haben die Fraktionsvorsitzen den Freiherr v. Hertling und Dr. Porsch folgendes Ein ladungsschreiben an die Zentrumsfraktionen nnd die Lan desorganisationeu der Zentrumspartei in alle» dentschen Bundesstaate», sowie an die Provinzialorganisationeu i» Preußen ergehe» lassen: „Am 18. Januar 1911 konnte das deutsche Volk mit berechtigte». Stolze auf -10 Jahre steten Friedens nnd wach sender Blüte seit Wiedererstehung des Deutschen Reiches durch die Kaiserproklainatio» zu Versailles zurückblicke». Fast gleichzeitig »lit dem Deutschen Reiche entstand anch diejenige politische Partei, die in besonderem in ihrer Zu- sanunensetzung eine Vertretung aller Stämme des deut schen Volkes mit seiner bundeSstaatliclfen Gliederung und seine» verschiedenen Berufsständen darstellt. Am 14. De zember 1870 erfolgte die Begründung der Zentrumsfraktiou des Preußischen Abgeordnetenhauses, am 11. Januar 1871 erging der mit öl Unterschriften Unterzeichnete Aufruf zur Begründung der Zentrnmsfraktion des deutschen Reichs tages und am 81. Mürz trat die Reichstagssraktion zum ersten Male zu ihrer Konstitution zusammen. Diesen hoch- bedeutsamen Tag im Rückblick aus vier Jahrzehnte ruhm vollen Kampfes nnd erfolgreicher Arbeit zum Wohle des Vaterlandes festlich zu begehen, ist für die Zeutrumspartei des Deutschen Reiches und des preußischen Abgeordneten hauses eine Herzens- und Ehrensache. Sie wünschen sich jedoch zu dieser Feier mit den Vertretungen der Zentrums partei in alle» deutschen Landen und Gauen zu vereinigen und laden diese daher hiermit ebenso herzlich als dringend zur Teilnahme ein. In allen Teilen des Reiches haben sich die Anhänger der Zentrumspartei zu dem Kampfe für Wahrheit, Recht und Freiheit ans dem Bode» des gemein samen Programms znsammcngeschlossen und es bilden die Zentrnmsfraktionen und die Organisationen der Zentrums partei in allen deutsche» Ländern ein großes einheitliches Ganzes, dessen Mitglieder in Freud und Leid, wie im Stre ben nach den gemeinsamen Zielen treu und fest mit einan der verbunden sind. Wir dürfen deshalb freudige Anteil nahme an unserer Gedenkfeier bei allen Körperschaften der Zeutrumspartei voraussetzen und beehren und demzufolge den verehrliche» Vorstand ganz ergebenst einzuladen, recht viele Mitglieder zu der Festfeier des 21. März nach Berlin in die große Kuppelhalle des Reichstages zu entsenden. Die Namen der dem Vorstände mit der Vertretung beauftragten Herren bitte» wir uns unter der Adresse des Landesaus schusses der Zentrumspartei Berlin >V. 9, Köthener Straße 37, gütigst so bald als möglich, spätestens aber bis zunr 10. März zn nennen, damit wir denselben noch nähere Mit* teilnnqen machen können. Im Aufträge der Zentrumsfrak- tion des dentschen Reichstages: Der Vorsitzende Dr. Frei herr v. Hertling. der Zentrnmsfraktion des preußische» Ab geordnetenhauses: Ter Vorsitzende Dr. Por'ch " Außerdem sind zur Teilnahme au der Feier aufgefor dert worden die ehemaligen Mitglieder der beiden Frak tionen ans si scheren Legislaturperioden, befreundete Mit glieder der Ersten Kammer der deutschen Bundesstaaten, weiter die Mitglieder des Augnstinnsvercins für die deutsche Presse. Die Hauptveranstaltung wird ein um 8 Uhr abends beginnendes Festmahl in der großen Kuppelhalle des Reichstages bilden. Die Fraktionen geben sich der Hoffnung hin, daß ihrer Ansforderung die Parteifreunde nnd ehemaligen Kampfgenossen ans allen dentschen Gauen in großer Zahl Folge leisten werde», und daß die Gedenk- seier in der stolzen Erinnerung an die -10jährige ruhmreiche Geschichte der Partei, ihre Leiden nnd Sorgen, Kämpfe und Siege, die Einigkeit der Parteigenossen noch fester begrün den nnd den jetzt im Kampfe stehenden die Zuversicht aus das fernere Wachsen und Blühen der Partei stärken wird. Die Festteilnehmer werden schon von Sonntag an Gelegen heit finden, an Beratungen nnd Zusammenkünften der Par tei teilzunehmen. Außer der am Sonntag de» 19. nachmit tags stattfindenden LandeSansschnßsitznng der preußische» Zeutrumspartei ist auf den Abend des gleichen Tages eine Vorstandssitzung des Angnstinnsvereins anberaumt. Am Montag den 20. vormittags 10 Uhr treten im preußischen Abgeordnetenhanse die Mitglieder des Angnstinnsvereins mit den Abgeordneten der beiden Parlamente zur Beratung der politischen Lage nnd aktuellen Fragen zusammen. In dieser Versammlung werden die Festteilneluner herzlich willkommen sein. Am Montag abend soll eine Beratung der Parteiführer aus allen Bundesstaaten in engerem Kreise stattfinde». Zn gleicher Zeit werden gesellige Zusammen künfte der Mitglieder des Reichstages nnd des Abgeord netenhauses mit den Parteifreunden an verschiedenen Orten Gelegenheit zn srenndschastlicher Anssprache gewähre». Zur Führung durch die Sehenswürdigkeiten Berlins stehen die Fraktionsmitglieder den auswärtigen Festteilneluner» zue Verfügung. Tribünenkarten znm Besuche der Reichskags- und der Abgeordnetenhandsitznnge» werde» am 19. und 20. März bereitgehalten. Zur Vorbereitung der Feier ist aus Mitgliedern der beiden Parlamente ei» Festausschuß zu- sainmeugetreten, der zu näheren Auskünfte:: bereit ist. Schriftliche Anfragen sind an das Laudesansschußbureau der preußische» Zentrumspartei Berlin , Köthener Ztraße 87, zn richten. Der 90. Geburtstag des Prinzregenten Luitpold. Die offizielle Feier des 90. Geburtstages des Prinz regente» wurde am 9. d. M. abends mit einer Galavorstel lung im festlich geschmückte» Hoftheater zu München eröff net. Als der Prinzregent mit der Prinzessin Ludwig die große Hofloge betrat, wurde er von den begeisterten Hoch rufen der Gäste begrüßt. Bei der große» Feier der Landeshuldigung im Thron saale der Residenz am 9, d. M. war ganz Bayer» vertreten. Prinzregcnt Luitpold war von fast sämtlichen Mitgliedern des königlichen Hauses umgeben. Der Prinzregeut zeigt«!