Volltext Seite (XML)
EMall und Aiyngcr. Hmtsblall der König!. Anilshanplumnnschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des StadtrathS zu Riesa. Druck und Lerlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. .1° 142. Sonnabend, den 1. December 1888. 41. Jahr-. ^riäeint in Ri eia wöchentlich dreimal: Dirn-tag, Donnerstag und Sonnabend-— Abonnemenspreis vierteljäbrlich I Mark 2b Psg. — Bestellungen nehmen alle Kaiser!. Postanstallen, Postboten, die lkxpeditionen in Riesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem ausgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finden, erbitten wir uns bis Montag, >esp. Mittwoch oder Freitag, Vormittags 9 Uhr. JnserttonSpretS die dreigespaltene SorpuSzeile oder deren Raum 10 Psg. - ' -- — — , — —— — Bekanntmachung. Die im Punkt 7 der Bekanntmachung vom 28. April 1885 — C 837 — in Nr. 53 des Großenhainer und Riesaer und in Nr. 36 des Radeburger Amtsblattes erlassene Bestimmung: „Alle aus den Chausseen, fiskalischen Straßen und Commumcations- wegen verkehrenden, beladenen oder leergehenden, zur Beförderung von Personen oder zum Transport von Gütern und Lasten bestimmten, mit Pferden oder anderen großen Zuglhieren bespannten Wagen oder Schlitten sind von eintretender Dunkelheit an, mit Ausnahme der mondhellen Nächte, mit Laterne» zu versehen, und zwar die der Personenbeförderung dienenden Wagen und Schlitten zu beiden Seiten, während bei den übrigen Fuhrwerken die geeignete Anbringung einer weit sichtbaren Laterne genügt" wird hierdurch erneut eingeschärft unter Hinweis darauf, daß Zuwiderhand lungen gegen diese Vorschrift, insoweit nicht härtere strafrechtliche Bestimmungen darauf. Andwentung leiden, neben der Abforderung des etwaigen Schadener satzes und der etwa aufzuwenden gewesenen baarcn Auslagen mir Geldstrafe bis zu 8V M. oder Haft vis zu vierzehn Tage» für jeden einzelnen Fall werden geahndet werden. Alle Polizeiorgane werden hiermit angewiesen, vorkommende Contraven- tionen sofort zur Bestrafung anher anzuzeigen. Königliche Amtshauptmaunfchaft Großenhain, am 26. November 1888. C. 2567. vr. Waentig. Tn. Mit Schluß dieses Jahres scheiden die Herren Hamntitzfch, Starke, Bretschneider, Hering, Lhost und Mühlmann aus dem Stadtver- ordneten-Collegiuin aus. Es sind daher 4 ansässige und 2 unansässige Bürger als Stadtverordnete zu wählen. Die ausscheidenden Herren sind wieder wählbar. Die Wahl soll den s. Dezember dieses Jahres in der Zeit von Vormittags 10 Uhr bis Nachmittags 2 Uhr im hiesigen Rathhaussaale stattfinden. Die Wahlliste liegt im städtischen Meldeamte, in der Münch'schen und Bretschneider'schen Restauration vom 15. November dieses Jahres ab 14 Tage lang öffentlich aus. Bis zum 22. November d. I. kann gegen etwaige Unrichtigkeit der Wahlliste bei uns Einspruch erhoben werden. Riesa, am 14 November 1888. Der Gtadtrath. Klötzer, Bm. I. Tagestzeschichte. Der dem deutschen Reichstage zugegangene Gesetz- eutzMss Mr^M Alters- und Invalidem Versicherung 'dss Arbeiter tsi sammt den begleitenden Motiven im Drucke ausgegeben worden. Der allgemeine Theil der interessanten Begründung beschäftigt sich hierbei haupt sächlich mit der Frage des Umfangs der Versicherung, M Renten und Beitragsbemessung und der Vertheidig- ung des für die Beitrags-Aufbringung der Arbeitgeber und Arbeiter gewählten Kapitaldeckungssystems gegen über dem Umlageversahren, sowie dann weiter auch noch mit dem Markensystem bezw.' der Gestaltung der QuittungSbücher uud der Organisationsfrage. — Nach dem berührten Markensystem geben die einzelnen Ver sicherungs-Anstalten für jede in ihren Bezirken ver tretene Ortsklasse Marken auS, welche sich unter einander durch die Bezeichnung der Ortsklassen, sowie durch die Bezeichnung und die Ordnungsnummer der einzelnen Anstalten unterscheiden. Derjenige, welcher Beiträge zu entrichten hat, kauft einen enisprechendcn Betrag der für seinen Betrieb gellenden Marken und klebt dieselben in ein Quittungsbuch ein. Der Arbeit geber zieht die Hälfte des entwertheten Betrages von seinen Arbeitern bei der Lohnzahlung ein. Wenn die Ouittungsbücher keinen Raum mehr bieten, werden sie durch Behörden ausgerechnet, und dabei wird festgestellt, wie viel Beträge in jeder Ortsklasse an die einzelnen Versicherungs-Anstalten im Lause der einzelnen Jahre entrichtet sind. Eine Nachweisung hierüber wird dem neuen Quittungsbuch vorgetragen; die alten Quitt ungsbücher dagegen werden geschloffen und bis auf Weiteres aufbewahrt. Die QuittungSbücher bilden einen Nachweis über den Betrag der von dem In haber in jeder Ortsklasse zu den einzelnen Versicher ungs-Anstalten entrichteten Beiträge, bezw. über die Höhe seines Anspruchs und die Belastung der Ver sicherungs-Anstalten. Geht ein Quittungsbuch verloren, so kann dasselbe wiederhergestellt werden, sofern nur ein ausreichender Beweis für den Inhalt der verlorenen Urkunde erbracht werden kann. Ist Letztere» nicht mög lich, so hat der Verlust eines Quittungsbuches aller dings die nachtheilige Folge, daß der Arbeiter für die jenige Zeit, für welche das verlorene Buch Marken enthielt, die Entrichtung von Beiträgen nicht beweisen kann, und sich demgemäß bei der dereinstigen Fest stellung der Rente eine entsprechende Kürzung derselben wird gefallen lassen müssen. Diese Benachteiligung aber erstreckt sich immerhin, nur auf eine geringe Zeit, da für die Borjahre der Gesammtbetrag der in den selben geleisteten Beiträge und damit die Höhe deS An spruchs des Arbeiters aus den ausbewahrten älteren Büchern sich ergicbt. — Nach den vorstehenden Dar legungen sollen die „QuittungSbücher" also nur für die Beziehungen des Versicherten zu den Versicherungsan stalten eine Bedeutung haben. Der Erstere soll auS dem Quittungsbuch ersehen, daß, in welchem Betrage und zu welcher Versicherungsanstalt für ihn Beiträge entrichtet sind; die Letzteren sollen aus dem Quittungs buck nur entnehmen, für welche Beschäftigungsdauer sie dem Inhaber desselben verpflichtet sind, und sie haben außerdem nur noch Interesse daran, zu controliren, daß für den Inhaber, so lange er in ihren Be zirken beschäftigt ist, die durch diese Beschäftigung be dingten Beiträge ordnungsmäßig entrichtet werden. Zu anderen Zwecken soll das Quittungsbuch nicht drenen; insbesondere ist aus demselben Alles fern zu halten, was dem Arbeitgeber etwa einen Einblick in die Führung oder in die Arbeitsleistung des Inhabers während seiner früheren Beschäftigung gewähren könnte. Das Quittungsbuch soll lediglich ein Versicherungs-, aber in keiner Weise ein Arbcitsausweis sein. Es soll dem Bortheil des Arbeiters dienen, aber niemals zu einer Beschränkung der Arbeitsgelegenheit seines In habers gemißbrauchl werden dürfen — Zur Frage der Organisation im Großen und Ganzen entwickelt dann der Entwurf, daß es von dem Gesichtspunkt der wünscheuswerthen Einfachheit aus nahe zu liegen scheine, die Alters- und Jnvaliditätsversicherung einer einzigen ! großen Versicherungsanstalt für das gesammte Reichs gebiet zu übertragen. Es lasse sich nicht bestreiten, das gerade auf dem Gebiete des Versicherungswesens eine möglichst weite Kreise umfassende, einheitliche Centralisation gewisse Vortheile biete; allein auch hier erweisen sich, sobald man der praktischen Ausführung näher zu treten suche, die entstehenden Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten als unverhältnißmäßig groß. Aus solchen praktischen Gründen habe sich denn nun auch der Bundesrath für den Vorschlag einer „decentrali- firten Verwaltung" entscheiden müssen. Der Entwurf steht die „Errichtung mehrerer besonderer Versicherungs anstalten mit selbstständiger juristischer Persönlichkeit für örtliche Bezirke" vor. Die Abgrenzung dieser Be zirke soll der Genehmigung des Bundesraths unter liegen. In der Regel sollen die Bezirke der Ver sicherungsanstalten der politischen Eintheilung der ein zelnen Bundesstaaten und ihrer weiteren Communal- verbände entsprechen; doch muß auch die Bildung ge meinsamer Versicherungsanstalten insbesondere für solche Bundesstaaten Vorbehalten bleiben, welche für sich allein eine dauernd leistungsfähige, für eine zuverlässige AlterSgrvppirung ausreichend große und stetige Ver sicherungsanstalt zu bilden nicht vermögen. Vor der Angliederung an die Berufsgenossenschasten oder Kraokencaffen dürften diese Anstalten jedenfalls den Vorzug haben, daß nunmehr an jedem Orte sämmtliche versicherten Personen ohne Unterscheidung des Berufs derselben Versicherungsanstalt angehören. Hieraus ergeben sich zugleich für die Durchführung des Gesetze» und insbesondere für die Erhebung der Beiträge sehr willkommene Erleichterungen, weil eben an jedem Orte, solange nicht für einzelne Berufszweige verschiedene Sätze festgestellt werden, immer nur ein einheitlicher Beitrag zu erheben sein wird, während sonst an jedem Orte soviel verschiedene Beitragssätze zur Erhebung gelangen würden, als Versicherungsanstalten in dem selben Vertreter, sind. Die Anzahl der Mitte des Jahres 1889 als versicherungspflichtig anzusehenden Personen wird schließlich in einer der Vorlage beige gebenen Denkschrift über die Höhe der finanziellen Be lastung, welche durch dieselben voraussichtlich hervorge rufen werden dürfte, auf insgesammt 11018 000, davon 7 322 000 männliche und 3 696 000 weibliche Personen, angegeben. Deutsches Reich. Der Kaiser, welcher einer leichten Erkältung halber noch immer das Zimmer hütet, hatte am Mittwoch eine längere Conferenz mit dem Staatssekretär Grafen Bismarck. — Am Mitt woch wurde auch das Reichstagspräsidium von der Kaiserin empfangen. Kaiserin Friedrich wird dem Vernehmen nach ihren Aufenthalt in England bis ins neue Jahr hinein aus dehnen. Die Anwesenheit in ihrer Heimath und in der Nähe der Mutter, sowie der Umstand, daß sie dem Schauplatze des Leidens ihres Gemahls entrückt ist, hat offenbar bereits einen wohlthuenden Einfluß auf das Gemüth der hohen Frau geübt und zur Linderung ihres Schmerzes ersichtlich beigetragen. Vom Reichstag. Am Mittwoch setzt- der Reichstag die erste Etatberathung vor schwachbesetztem Hause fort. Als erster Redner griff der Sozialdemo krat Liebknecht den Etat, die Politik und den Aufbau des ganzen Deutschen Reichs heftig an; er bedauerte, daß daS auf demokratischer Basis gegründete Reich mit der „preußischen Pickelhaube" gekrönt sei, und beklagte die Haltung der Regierung gegenüber der Sozial demokratie als eine Demüthigung dem Auslande gegen über. Wie immer, erklärte er Namens seiner Partei genossen, gegcn den ganzen Etat stimmen zu wollen. Gleich nach ihm erhob sich Staatssekretär v. Bötticher, um, wie auch später Abg. v. Bennigsen, die Grund losigkeit der sozialdemokratischen Beschwerden zu zeigen; dieselben würden lediglich zu agitatorischen Zwecken vorgebracht. Der letzte Redner gab an der ersten französischen Revolution ein abschreckendes Beispiel der Zustände, wie sie unter einem sozialdemokratischen Re-