Volltext Seite (XML)
^sc' 5-.UaU für für Erscheint wöchentlich r Mal Dienstag und Freitag AbonnemenrSpreiS vierteljährlich 1 Aart Eine einzelne Nummer kostet^lO Ps. Inseratenannahme Montags u. Donnerstag- bis Mittag 1» Mr Erschein! wöchentlich § Mal Dienstag und Freitag. ÄbennementSvrci« vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer k-ste^O Pj. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bi« Mittag 12 Ubr Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlchn und die Umgegenden Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Wierun-vierzigster Jahrgang. Nr. ?. Dienstag, den 22. Januar 1884. Bekanntmachung, das Ziehkinderwesen betr. Bon den mit Beaufsichtigung der Ziehkinder beauftragten Damen wird darüber geklagt, daß sie von dem Ab- und Zugang von Ziehkindern entweder gar nicht oder nicht rechtzeitig in Kenntniß gesetzt werden. Die Herren Gemeindevorstünde des hiesigen Bezirks werden daher hiermit wiederholt angewiesen, zu Vermeidung von 10 Mark —- Ordnungsstrafe von dem Ab- und Zugang von Ziehkindern den betreffenden Aufsichtsdamen, eventuell der König!. Ämtshauptmannschaft sofort Mittheilung zu machen. Meißen, am 15. Januar 1884. Königliche Ämtshauptmannschaft. - v. Bosse. Interessantes ans Luthers Leben. XI. Den Anlaß zu dem Mesenkamps, in welchen Luther nun verflochten wurde, gab der Papst Leo X. Das war ein kunstliebender Herr, der der Christenheit eine Kirche in Rom bauen wollte, schöner und größer als alle andern. Und dazu brauchte er Geld. Aber wie mans an seinem Hofe mit der Sittlichkeit und der Religion nicht sehr genau nahm, so auch nicht mit der Art und Weise, wie die nöthigen Gelder znm Bau dieser Kirche herbeigeschafft wurden. Wenn nur möglichst viel kinkam, das war die Hauptsache. Brauchte man doch außerdem für andere als Kunstgenüsse, für Gastmäler und daran sich Anschlie ßendes auch nicht wenig. Die beste Geldquelle aber war der Ablaß, der Verkauf der Sündenvergebung um klingende Münze. Aus ihr fing man jetzt wieder an mit vollen Eimern zu schöpfen. Freilich mit der Thüre ins Haus fiel man nicht bei diesem Geschäft. Hätte man gesagt: Her mit Eurem Geld, so werden Euch die Sünden ver geben, dann hätten die Leute wohl fein ihre Taschen zugehalten. Nein man fing die Sache klüglich an. Man sagte: Will Einer Vergebung i seiner Sünde, so muß er ein bußfertiges, zerknirschtes Herz haben und l dem Priester seine Sünden beichten. Dieser spricht ihm dann die Ab- j solution, die Vergebung der Sünden zu. Aber damit ist die Sache noch nicht abgemacht. Der Absolvirte hat nun noch Strafbüßungen zu leisten, welche ihm von der Kirche auferlegt werden und Züchtigungen zu erdulden, die ihm Gott auferlegt. Wenn er die nicht hier auf Erden erledigt, dann muß er, ehe er in den Himmel kommt, erst noch ins Fegefeuer. Aber die Kirche kann auch die schweren Strafen in leichte verwandeln, znm Beispiel in Geldabgaben zu Kirchenbauten. Denn die Kirche hat einen Schatz von guten Werken zur Verfügung, solcher nämlich, die Christus, die Apostel und die Heiligen über ihre Verflichtung gethan haben. Aus diesem ihrem Schatz guter Werke theilt die Kirche aus an die, welche den Erlaß, den Ablaß auferlegter guter Werke, Bußwerke, für Geld begehrt haben. Das war das hei lige Mäntelchen, welches man dem Äblaßverkauf umhängte. Wenns allerdings ans eigentliche Geschäft ging, dann schwieg man wohlweis lich davon, daß die Buße die Hauptsache sei, denn da hätten sich wohl die Leute am Ende gar mit ihrer Buße begnügt und ihr Geld gespart, sondern da wurde der Nachdruck vor Allem aufs Zahlen ge legt. Nun vollends für die im Fegefeuer, da brauchte blos gezahlt zu werden. „So bald der Groschen im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt." Für die einzelnen Sünden gabs eine Taxe. Für Ehebruch wurde 6 Dukaten gezahlt. Für einen großen Theil Deutschlands war der Ablaßhandel dem Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg in Kommission gegeben. Der hatte dem Papste für sein Amtskleid, das Pallium, 30,000 Gulden zahlen müssen, und die hatte er sich erst bei dem Bankhaus der Fugger in Augsburg geborgt. Bei seiner glänzenden, üppigen Hofhaltung blieb nun freilich Nichts übrig und doch drängten die Fuggers. Da wurde nun abgemacht, er solle die Hälfte der Ablaßgelder behalten und davon seine Schul den bezahlen. So kams, daß hinter den Ablaßkrämern immer die Agenten der Fuggers standen, die gleich ihren Antheil einstrichen. Die Ablaßkrämer, Tetzel, der dreisteste und geschickteste obenan, verstandens Übrigens meisterhaft, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Mit o^Msn, Kerzen, Glockenklang und Psalmensang zogen dem Ablaßkrä mer die Priester und Mönche entgegen, hinterher die Magistrate, Schulen und Schulmeister, Männer, Weiber und Kinder. In feier licher Prozesston gings qjx K^che, aus der die Orgeltöne mit vol lem Brausen chr entgegenhallten. Vor den Hochaltar wurde ein großes rothes Kreuz gestellt, an welchem eine seidene Fahne hing mit dem päpstlichen Wavpen darauf. Vor dieses Kreuz wurde die eiserne Geldtruhe gesetzt. Und nun gings os. Täglich wurde gepredigt, gesungen, ums Kreuz herumgezogen, um die Menge herbeizulocken. Umstanden sie dann in dichten Haufen die Geldtrnhe, dann wurde sie tüchtig bearbeitet; Tetzel verstand das am besten. So sagte er oft: Sehet die lieben Heiligen, wie sie ihre Leiber haben peinigen lassen, um in den Himmel zu kommen, und Ihr wollt nicht einmal eine kleine Gabe geben, Eure armen Eltern, die aus dem Fegefeuer Euch flehend schreiend die Arme entgegenstrecken, zu erlösen? — Das zog bei gar Vielen. Wehe aber dem, der etwas l gegen den Ablaß sagen würde. Dem wurde angekündigt, daß er be- ; reits aus der Kirche ausgestoßen sei und daß er nur durch den Papst > oder dessen Bevollmächtigten wieder in die Kirche ausgenommen wer den könne. ' Taflesfleschichte. Aus der neuen preußischen Steuervorlage kann sich mög- licherweffe ein neuer Konflikt entwickeln. Die Regierung hat durch einen Kommissar erklären lassen, der Erlaß der dritten und vierten Steuerstufe stehe für sie obenan. Ein einheitliches VeranlagnngSver- fahren sei nicht zu erreichen ohne deren Aufhebung. Auch an der Besteuerung der Aktiengesellschaften müsse die Regierung festhalten; die hiermit bedingte Doppelbesteuerung der Aktienbesitzer könne man zwar bedauern, vermeiden lasse sich dieselbe nicht; jeder dahinzielende Versuch begegne unüberwindlichen Schwierigkeiten. Ebenso müsse die Regierung an dem Paragraphen, der die Deklaration des Lohnes der Bediensteten durch den Arbeitgeber ausspricht, festhalten. Die Vor lage ist einer Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen worden. Sämmtliche Angehörige der nationalliberalen Partei im Preußischen Landtage hatte dieser Tage der Fabrikbesitzer Seyffardt aus Crefeld zum Festmahle geladen. Es geschah zu Ehren eines neuen Mitgliedes, des Pastor Pfaff, des Nochfolgers Bennigsens. ! Pfaff sagte: Wir dürfen niemals vergessen, daß wir eine nation al- l liberale Partei sind, wir müssen immer zuerst fragen: was frommt der Nation? Da? Wohl des Vaterlandes muß uns stets höher stehen als das Interesse der Partei. In der Nacht zum Mittwoch meldete einer von den Posten in den Gängen des Berliner Schlosses, er habe die „weiße Frau", das bekannte „Hausgespenst der Hohenzollern" feierlich den Korridor entlang schreiten sehen. Wie der Soldat darauf kam, die weiße Frau zu sehen, bedarf noch der Aufklärung. In Neuenkamp (Rheinprovinz) ist ein vierfacher Mord, darunter ein Selbstmord, verübt worden. Ein Mann, Namens Fuchs, tödtete ein junges Mädchen und dessen Mutter und Vater theils durch Schnitte in den Hals, theils durch Schüsse, und als er den eiligst von Opladen herbeigeholten Gendarm erblickte, tödtete er sich selbst durch einen Schnitt in den Hals. Ein neuer Postdieb stahl wurde in Budapest entdeckt. Eine Sendung nach Temesvar mit dem angeblichen Inhalt von 14,OM Gulden ist abgängig; dieselbe wurde wahrscheinlich gestohlen. Der Betrag dürfte noch größer sein, als angegeben wurde. Die Hinterlassenschaft des Ingenieur Fr. Siemens in"London beläuft sich auf 180 Millionen Mark. Siemens starb kinderlos; einen Theil seines Vermögens vermachte er gemeinnützigen Zwecken. Rom, 18. Januar. Der Generalabt Cesare des Benediktiner klosters auf dem Monte Vergiuo wurde in der letzten Nacht in seiner Wohnung ermordet und die Wohnung ausgeraubt. Zwei Bedienstete wurden verhaftet. Wie aus Petersburg unterm 16. ds. berichtet wird, beabsichtige das Kommunikationsministerium, die Eisenbahnbauten im fiska lischen Interesse künftig durch Eisenbahn-Bataillone ausführen zu lassen und den Chef des Militär-Eisenbahnwesens, General Annen kow, mit der Bauleitung von ca. 3000 Werst geplanter Eisenbahnli nien zu beauftragen. Wie aus Kiew gemeldet wird, soll behufs Be endigung des im vorigen Jahre begonnenen Baues der Poleßje-Bahn anfangs April je ein Eisenbahn-Bataillon von Kiew, Riga und War schau beordert werden, weiche die Arbeiten zum 1. Oktober beenden sollen. Man schreibt aus Petersburg: Der Polizeibeamte, welcher den Oberst-Lieutenant Sudeikin auf dessen Gang in den Tod begleitet und bei dem Attentate auf diesen gleichfalls verwundet worden war, ist nun doch im Spitale seinen Wunden erlegen. Er hatte vor seinem Tode noch genug Bewußtsein und Kraft, um über die Vorgänge am betreffenden Abende wichtige Mittheilnngen zu machen. Wie nun be kannt wird, ist einer der Meuchelmörder während des Kampfes im Gesicht verwundet worden. Es sind siebzehn Verhaftungen vorgenom men worden; einer der Verdächtigen wurde ergriffen, als er in einem Schlitten über die kleine Sadowaja-Straße fuhr. Bisher Haven je doch die Verhaftungen keinerlei bestimmtes Resultat zu Tage gefördert. Wie immer, wenn die Polizei unter dem Eindrücke einer Panik steht, wurden auch diesmal einige durchaus willkürliche Verhaftungen vor- genommen. Oberst-Lieutenant Sudeikin hat über die nihilistischen Bewegungen chiffrirte Noten hinterlassen; da der Chiffern-Schlüssel jedoch fehlt, ist man bis zur Stunde nicht in der Lage, von diesen Schriftstücken Gebrauch zu machen. Die von der egyptischen Regierung beabsichtigte Räumung des Sudan hat in den Handelskreisen Kairos und Alexandriens eine