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Vermittlung HM im ElsenWnkonftitt PolilWe BMeünlM» mlt Mdknbmi (Drahtmcldung unserer Berliner Schristleltungl Das sozialistische Mehrprogramm Gelegentlich des parlamentarischen Kampfes um de» Panzerkreuzer liat die svzialdcmokraiischc Partei die in ihren eigenen Reihen ansgebrvchcnc Krise in einem Ansschuß zur Aufstellung eines sozialistischen Wehrprogrammö zu begraben versucht. Drei Seelen wohnen in ihrer Brust, so oft eine Frage der Welirpvlittk zur Erörterung steht: die Meinung der paar „Militärsrvinmen" aus dem rechten Flügel der Partei, der je nach der Angenblickskonjuilktnr schwankende Opportunismus des Gros und der ultrapazifisttsche Radika lismus, der linke» Gruppe, die in Tuchfühlung mit den Kriegsdienstverweigerern steht und sich mit lautem Geschrei in den 'Vordergrund drängt. Ans dieser Mischung gilt cs so etwas wie ein parteiamtliches Wchrprogramm znsamincnzn- branen, nachdem die auf Bejahung der nationale» Vcrteidi- gung eingestellten Richtlinien cincS Bebel und Janrds längst zum alten Eisen geworfen sind und anderseits die Rcgie- rungöteilnahme eine völlige und grundsätzliche Ablehnung des Wehrgrdankens unmöglich macht. Nun hat der unter dem Vorsitz Dittmanns arbeitende Ausschuss das dem Magdeburger Parteitag im März zu unter breitende Programm zur Welt gebracht. Der erste kritische Blick zeigt, dass cs ein für das praktische Leben untaugliches Kompromiß ist: weder Fisch noch Fleisch, nicht gehauen und nicht gestochen. Eine Lammlnng sich selbst widersprechender Gegensätze, die notdürftig geeignet sein mag zur theoretischen Ucbcrbrückung der inneren Widersprüche in der Partei, nicht aber als Grundlage verantwortlicher Reglerungspvllllk. Wenn man den revolutionäre» Phrasenschivail dnrchdringt, der als weicher Brei grundsätzlicher Friedenspolitik um den Kern des neuen Wehrprograinms gelegt ist, so stößt man ans einen Satz, der als Fortschritt erscheine» mag. weil damit die Notwendigkeit anerkannt wird, eine deutsche W e h r m acht zu schassen und zu erhalle n. Zweifel los wird dieses Bekenntnis der S. P D. neues Wutgeheul und nene:A»grisse von selten der Kvmmnnisten und der un belehrbaren Pazifisten cintragcn. Aber cs ist ja nicht ernst gemeint und der Aufregung nicht wert. Das beweisen die nachfolgenden Forderungen über die Umgestaltung der Reichs wehr. die als Entgegenkommen an de» radikalen Teil der Partei anfznsassen sind, und in ihrer Wirkung den Wert des positiven Mehrbekenntnisses auch dann anshebcn. wenn sic nur zum Gebrauch innerhalb der Sozialdemokratie bestimmt sind. Scho» dieBedingungen, unter denen sich die Sozial demokratie zu einem verwässerten Wchrgedanken zu be kennen bereit zeigt, sind lehrreich. Sie will selbst mit re volutionären Mitteln gegen jede Reichsregierung vorgehen. die cS etwa wagen sollte, unter Ablehnung eines Schiedsspruches kriegerische Schritte zu unternehmen. Nun ist ein solcher Fall in Deutschland kaum denkbar,- aber immer hin bedeutet dieser Grundsatz, das, eine einzelne Partei sich herauöninnnt. für sich allein Staatspolitik zu machen und ihren außenpolitische» Willen einer verfassungsmäßigen Re gierung auch mit verfassungswidrigen Mitteln aufzuzwingen. Selbstverständlich, dag die deutsche Sozialdemokratie damit wieder einmal allein dastcht, ivcil allen anderen Gliedern der Internationale das Interesse des Vaterlandes über den Beschlüssen des Brüsseler Kongresses steht. Ten gleichen Geist atmet der zweite Abschnitt des Entwurfs, der nach einigem Wehklagen über die mangelhafte Abrüstung der anderen der deutschen Republik die „historische Mission" zu meist. Vörlämpscri» der internationalen Abrüstung zu sein, und offenbar zu diesem Zwecke daraus verzichtet, die uns i» Versailles anserlcgtc» Rüstnngsmöglichkcitcn „ohne Rücksicht ans Ihre politische und militärische Zweckmäßigkeit" anözn- schövfcn. Hinter diesem Bekenntnis verbiigt sich der Wunsch, auch weiterhin in der Rcgicrnngsverantivvrtnng jede ein zelne Wehrsordernng abznlchncn mit Lchcingründcn, um die „die Sachverständigen" der Partei im Einzelsalle nicht ver lege» sein werden. So sollen die Notwendigkeiten der Agita tion und der Wille »ach Machtansllbnng vereint werde», wenn auch die Wehrmacht darüber in die Brüche geht. Die Hauptsache neben all den Redensarten und Tctl- zugeständnisscn an die gegenwärtige politische Lage bleiben der Sozialdemokratie die parteipolitischen Forde rungen nach Umgestaltung der Reichswehr, die in dnö Programm eingeslvchten sind. Sie setze» sich zwar in ihren Einzelheiten ans ältesten Ladenhütern und abgedroschenen Phrasen zusammen, bedeuten aber in ihrem Endergebnis nichts anderes als die Zerstörung und völlige Entmachtung des Heeres. In zehn Geboten wird da eine Sammlung von M-'ßnahmcn empfohlen, mit denen man ans unserer schlag fertigen Reichswehr eine Art von Gewerkschaft machen und Ser Bes«» beS bMiWn Minislerpräsidenikn Berlin, 20. Dez. Zum Besuch des bayrischen Minister präsidenten Dr Held beim Reichspräsidenten verlautet noch: Obwohl dem Berliner Aufenthalt des bayrischen Minister präsidenten nach amtlichen Auslassungen keinerlei politische Bedeutung beigcmessen «erden soll und cs auch zutrisst, daß der bayrische Gesandte in Berlin, Herr v. Preg er, am Tage vor dem Eintreffen Dr. Helds in Urlaub gegangen ist, halten sich in politischen Kreisen hartnäckige Gerüchte, nach denen die Berliureise T«. HeldS doch nicht ganz unpoliti scher Natur sein st-ll. Diese Gerüchte werden durch eine In formation aus gut unterrichteten bayrischen Kreisen gestützt. Sie besagt, daß Dr. Held Auskünfte über den Zweck seiner Reise mit dem Hinweis abgelchut hat, er werbe erst nach seiner Rückkehr nach München der Presse mitteilen» was über seinen Aufenthalt in der Rcichshanptftadt zu sagen sein würde. In politischen Kreisen werden übrigens zwei Ver sionen verbreitet. Rach der einen soll der bayrische Ministerpräsident einen Vermittlungsversuch in dem Ncichsbahnkonflikt zwischen der Reichsregicrung und den Ländern unternommen haben, zumal dieser nach wie vor ungelöst ist und infolge der Haltung der Reichsregicrung an Schärfe nur zunchmcn kann. Nach der anderen Version soll durch Dr. Helds Vcsnch beim Reichspräsidenten eine seit längerer Zeit bestehende persönliche Verstimmung zwischen Hindcnburg und ihm noch vor Iahrcsschlntz aus der Welt geschasst worden sei». Der bayrische Ministerpräsident mar nämlich gelegentlich einer Einladung des Reichsprä sidenten offenbar irrtümlicherweise übergangen worden und hatte dann, als diese in letzter Minute nachgcholt wurde, ab gesagt. Welche von den beiden Versionen oder ob überhaupt eine von ihnen zutreffend ist, läßt sich bei dem strengen Stillschweigen, das allerorts gewahrt wird, nicht mit Sicherheit scststcllcn. Daß der bayrische Ministerpräsident nicht wie sonst üblich in der bayrischen Gesandtschaft abgcstiegen ist, sonder» bei seiner in Berlin verheirat etenTochtcr wohnt, besagt an sich nichts gegen die Möglichkeit, daß zwischen Rcichsstellen und ihm mehr als Meihnachts- und Neujahrsglückwünsche gewechselt worden sind. Im übrigen interessiert auch ln diesem Zusammenhang eine Wiener Meldung, nach der die seit kurzem zu beobachtende Vertiefung der Beziehungen zwischen der sie zu einem Instrument des sozialistischen KlasscnkampfeS gestalten könnte. Die geforderte „Kontrolle des Reichstages über alle Verträge der Heeresverwaltung" bedeutet, das, die Heeresleitung unter Kuratel der gerade herrschenden Parteien gestellt werden soll. Ein Verbot, gewisse Arten vvn Landesverrat zu verfolgen und zu bestrafe», soll den in der Sozialdemokratie so beliebten Denunziationen über „illegale Rüstungen" Tür und Tor öffnen. Der vom jetzigen Offiziers, korps noch gepflegte Geist der alten Armee soll gebrochen werden durch „Beseitigung des Bildungsprivilegs der Offi ziere und Festsetzung eines Mindestkvntingcnts siir den ans dein Mannschastöstand stammenden Osfiztcrsersatz". Eine dreiste Verdrehung der Tatsachen, weil es ein Bildnngs- privilca für Offiziere in diesem Sinne überhaupt nicht gibt. Zur militärischen Führung sind nach wie vor Leistung und Eigyüng Voraussetzung, und Liese sind bei den heutigen An forderungen der Strategie untrennbar mit einem gewissen, mit Recht hochgeschraubten Bildungsgrade verbunden. Wer Ihn erworben hat, kann auch nach den heutigen Bedingungen Offizier werden, nur mlt dem natürlichen Unterschied, daß der Aspirant mit Untversitätsretse einen kürzeren Weg zu- rückzulegen hat al» der einfache Soldat. Eine Reihe von weiteren Forderungen bezweckt die re st. lose Politisierung her Armee, so der Nus nach „Sicherung einer unparteiischen Rekrutierung", womit die Qualifikation durch das Parteibuch gemeint ist. Auch die Soldatenräte unseligen Angedenkens solle» wieder ansiebc» in einer von den Soldaten gewählten Persvnalvertretnng, und im übrigen soll mit.der «Demokkgtisirrtulü des Tiszi- ChristlichsozialenParteiOcsterreichsnudden Rcgierungskrciscn «nd der Volkspartei in Bayern auch in einem Münchner Besuch zum Ausdruck kommen soll, den Bundeskanzler Dr. Seipel im Januar der Landeshauptstadt abstattc» wird. Seipel wird bei dieser Ge legenheit zwei Vorträge in Münchner politische» Vereinigun gen halten. BminhkilMmig »er jiirtstiWn Normung Berlin, 2V. Dezember. Im nächsten Jahre wird eine von den deutschen Landesregierungen beschickte Kommission unter Beteiligung der zuständigen Reichsministerien über die Aus. gestaltung und Vereinheitlichung der juristische» Vorbildung beraten. Im Zusammenhang damit steht die angestrebte Frei zügigkeit der Rechtsanwälte. Es ist auch eine Verbesserung der juristischen Ausbildung in der Rich. Hing der stärkeren Betonung der öffentlich-rechtlichen und volkswirtschaftlichen Schulung in Aussicht ge nommen. «aus über SeutWuudS Stellung -u Rußland Wie», 2g. Dez. In einem Gespräch mit einem Mitarbeiter der „Neuen Freien Presse" erklärte der Vorsitzende der Zcntrnmspartei, ReichstagSabgeordnetcr Dr. Kaas u. a.: „Die deutsche Anßenpvlitik kann und darf sich den freien Weg zu Rußland nicht verbaue» lassen. Damit ist eine positive Haltung gegenüber dem 2iig-Milliv»cn-Reich ganz von selbst gegeben. Diese Haltung gegenüber Rußland bedingt aller dings nicht ein zustimmendes Werturteil gegenüber dem dortigen Regime. Sv bedeutsam die Funktion sei» mag, die Deutschland als Brücke zwischen Osten »nd Westen znfallen kann, so selbstverständlich ist cs, daß diese Funktion nicht in duldsamem Nachgebc», sondern in der geistigen Ueber- Windung dessen bestellen muß, was in dem System des radikalen Bolschewismus drohend vor den Tore» Europas steht. Ob Deutschland im stande sein wird, diese Funktion ansniübcn. hängt weniger von ihm ab. als von den Lebens- und Entwicklungsmöglichkelten, die seine frühere» Gegner ihm lassen. Ein verarmtes und in sozialen Kümpfen erschüttertes Deutschland wird nicht imstande sein, in der geistigen Uebcrwiiidnng des Bolschewismus die ihm zukallendc Aufgabe zu erfüllen. Der Leidtragende einer solchen Entwicklung wird die gesamte westliche Knlturwelt sein." Uebcr de» Anschluß äußerte sich Dr. Kaas folgender maßen: „ES gibt Grenzen zwischen unseren Ländern, aber er gibt keine Grenze» zwischrn unseren Herzen. Wir sind uns bewußt, daß Ocsterreich, wie es heute in Europa dasteht, n i ch t l e b e n s f ä h i g ist. Wir müssen fordern, daß das Rechi der Selbstbestimmung siir alle Völker gilt." plinarrechts" und mit der Einführung „republikanischer Lehr kräfte und Lehrbücher" der Geist des Sozialismus im Heere vorherrschend und alleinberechtigt werden. Nach Durch führung dieses Programms märe eigentlich der letzte Punkt, das „Verbot der Verwendung militärischer Kräfte bei Kon flikten zwischen Kapital »nd Arbeit" überflüssig: den» ein so politisiertes Heer würde in jedem inneren Konflikt von vorn herein einseitig Partei ergreifen. Immerhin ist aber auch diese Forderung bemerkenswert: zeigt sic doch, worauf die Sozialdemokratie mit ihrem Kampf, der nicht mehr gegen, sondern um die Reichswehr tobt, hinaus will Sic soll narb außen hin nur noch gegen „rückständige", d. h. „faschistische" Staaten anstreren können, »ach innen aber als die Haupt macht des Staates bet bürgerlichen Konflikten überhaupt auS- geschaltct werden, damit der auch im neuen Weyrprvgrami» gepredigte sozialistische Klasscnkampf ungehindert zum Siege geführt werden kann. Wie immer in der Vergangenheit, bleibt es also auch in der Zukunft bas Hauptziel der sozialdemokratischen Wehr Politik, die deutsche Widerstandskraft nach jeder Richtung hin zu lähmen. Das ist der tiefste Sinn der „Richtlinien" mit denen sich die Partei jetzt auseinandersetzen wirb. Wie auch die Kämpfe ausgeben, die innerhalb der Sozialdemo kratle darüber entbrennen werben, und wie auch die cnb gültige Formulierung des sozialistischen Wehrprogrammc auSsehcn mag. ans jeden Fall bleibt es nach wie vor die Aufgabe der bürgerlichen und insbesondere der Rechtsparteien, die deutsche Wehrmacht zu schützen vor den roten Reformen, die gleichbedeutend wären mit ihrem Untergang.