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Echitlk sächsischer MinlsterprD-ent Mit 4« von SZ Stimmen gewählt Zur Stunde, da die entscheidende Landtagssitzung be ginnen sollte, liegt bas Haus noch stumm und leer. Die Parteien sind noch immer am Verhandeln und auch der Land tagsvorstand tagt. Ungewißheit über alles ist das Kenn zeichen der Lage. Gerüchte tauchen auf und werden von neuen abgelüst. Schieck — Richter — Auslösung — Beamten- kabtnett — Bestätigung der alten Negierung: alle Kombinationen der letzten Tage und Wochen wirbeln wirr durcheinander. Die Einigungsgrundlage, die am Montag im InterfrakttonellenAusschutz angestrebt mar, ist heute vormittag schon wieder zerbrochen. Bis dahin war die Kandidatur des Innenministers Richter an der Spitze gelegen. Seine Wahl schien schon gesichert, als eine Bombe der Nationalsozialisten plötzlich in die Schlußberatungen hineinplatzte. Sie bestanden auf der Wahl des Präsidenten Schieck unter Beibehaltung der bisherigen Kabinettsmitglteder. Logisch mar ihr Vor schlag wohl begründet, weil sich sämtliche bürgerlichen Parteien schon zweimal auf Schteck geeinigt hatten und in der wetteren Entwicklung kein Umstand aufgetreten mar, der gegen diese Kandidatur gesprochen hätte. Aber der nationalsozialistische Borstotz richtete sich gleichzeitig gegen die demokratische An regung auf Bildung eines reinen Beamtenkabtnetts, und über diese Schwierigkeit brach eine neue Krise in der Krise aus. In den Mittagsstunden verlautet, daß von den National sozialisten bis zu den Demokraten eine Einigung auf die Person des Präsidenten Schteck zustandegekommen ist, nicht aber über die Rtchtltnen, die tbm für die Zusammenstellung -er Regierung mttgegeben werden sollen. Bleibt es bei Len Männer» des. alten Kabinetts oder müssen die parteipolitisch Gebundenen au-scheiden? Ueber die Streitfrage wogt der Kampf der Meinungen noch hi» und her, aber es scheint doch, daß die Entscheidung in der Richtung auf die Bildung eines urüwlttischen Beamtenkabtnetts mit Schteck an der Spitze fallen wird. Diese Kennzeichnung der Lage wird bestätigt durch solgenbe Verlautbarung, die bet Beginn der Sitzung um 2 Uhr veröffentlicht wird: Die Fraktionen der Deutschen Volkspartet, der Wirt schaftspartei, der Deutschnationalen Volkspartet, der Land volkpartei, der Deutschen Demokratischen Partei, -er VolkS- rcchGartei und der Altsozialisttschen Partei einigten sich heute in einer gemeinsamen Besprechung zur Wahl des Minister präsidenten über folgendes: 1. Als Ministevprästdent soll ein Beamter gewählt werden, der ein unpolitisches Beamtenkabinett zu bilden hat. 2. Die Annahme der Wahl soll der gewählte Minister präsident erst dann erklären, wenn er sich mit denjenigen Parteien, die sich zu dieser Einigung bekennen, über die Zusammensetzung des Kabinetts verständigt und die Zu stimmung dieser Parteien erlangt hat. sGcmetnt ist damit die Nationalsozialistische Partei. Dt« Red.) 8. Als solcher Ministerpräsident soll Herr Schieck ge wählt werde». Während der Debatte wird eine Erklärung der National sozialisten abgegeben, nach der die Fraktion bei der Wahl des Ministerpräsidenten weitze Stimmzettel abgeben wird, weil sie der Meinung ist, daß die Entscheidung über das Schicksal des Kabinetts Schieck bei der Abstimmung über die Auflüsungsanträge fallen wird. Trotz dieser überraschenden Entscheidung der National sozialisten ist die Wahl des Präsidenten Schieck mit 48 Sttm- men der Bürgerlichen und der Altsozialisten gegen 44 Stim men der Opposition gesichert. Die nationalsozialistische Er klärung enthält aber die Drohung, datz trotzdem der Landtag aufgelöst wird. Darüber werden weitere Verhandlungen not wendig sein. ^ Der Sitzungsbericht 3«. Sitzung Dresden, den 6. Mai 1988. Der Sächsische Landtag tritt heute nach Beendigung der Osterpause wieder zur ersten Plenarsitzung zusammen, um die Wahl des Ministerpräsidenten vorzunehmen und die Leipziger K o m m n n i st e n u n r u h e n zu be sprechen, wofür Anträge und Anfragen von rechts und links vorliegen. Der auf 1 Uhr festgesetzte Beginn der Verhandlungen verzögert sich erheblich, da noch interfraktionelle Beratungen und eine Vorstandssitzung stattsindcn. Die dicht besetzte Tribüne wird auf eine lange Geduldsprobe gestellt. 10 Minuten vor 3 Uhr ruft die Hupe die Abgeordneten in den Saal, und Präsident Weckel eröffnet die Sitzung. Abg. Ferkel sSoz.» fehlt entschuldigt. Abg. Renner iKomm.) fordert, daß heute an erster Stelle die Anträge auf Auflösung des Landtages behandelt werden. Da hiergegen Widerspruch erhoben wird, erledigt sich die kommunistische Forderung. Abg. Dr. Blüher <DV.) gibt nun die an anderer Stelle mitgeteiltc Erklärung der bürgerlichen Parteien zur WahS -es Ministerpräsidenten ab Abg. Edel sSoz.) äußert, daß die Sozialdemokratie zu Verhandlungen bereit gewesen sei, im Interesse der Arbeiter- klaffe ei»«» Kurswechsel tu Sachse» herbete-fUhre», «der »1« Sozialdemokratie sei nicht bereit zur Uebernahme der Regie rung um jeden Preis. Daher sei eine andere Lösung der Krise nicht gefunden worden. Zwei Bedingungen habe die Sozialdemokratie gestellt: Soziale Gestaltung des Staats haushaltes und Belastung der tragfähigen Schultern. Da es sich gezeigt habe, daß eine einigermaßen anständige Regie rung nicht zustande komme iHeiterkeit), hätte nach parlamen tarischem Gebrauch an das Volk appelliert werden müssen. Bei dem überparteilichen Beamten kabinett handle es sich um eine Phrase Es verberge sich dahinter weiter nichts als der Jnteressenstand- punkt des Bürgerblocks. Der übliche Umsall der Demokraten zeige, wie schwach die Demokratie innerhalb der bürgerlichen Parteien sei. Das groteske Gebilde der neuen Regierung müsse bald wieder scheitern an den inneren Gegensätzen. Die Sozialdemokratie werde auch noch da sein, wenn cs sich darum handle, die Interessen der werktätigen Masten zu vertreten. Abg. Renner sKomm.) beschäftigt sich auch mit den Demo kraten, von denen die oberen Schichten zum Bürgertum, die unteren zur Sozialdemokratie übertreten. In der bekannten Kutsche, in die sie htnetngtngen, werde zukünftig nur der Kutscherbock besetzt sein. sGelächter.) Abg. v. Sillinger (Nat.-Soz.) erklärt, daß seine Fraktion der Erklärung des Abg. Dr. Blüher nicht restlos zu stimmen könne. Die Nationalsozialisten würden bei der Wahl des Ministerpräsidenten weiße Zettel abgeben. Ueber bas Leben und Sterben einer eventuellen Regierung Schieck und über das Schicksal -eS Landtags werbe der nächste DbnirerStag entscheiden. -tg. Kaiser iWtrtschaftSp.) macht den Vorschlag, den Präsidenten des Staatsrechnungshofes Schieck zum Minister präsidenten zu wählen. Die Sozialdemokraten schlagen den Abg. Fleitzner, die Kommunisten den Abg. Renner vor. Der Wahlakt 96 Stimmzettel werden abgegeben. Unter großer Span nung des Hauses erfolgt die Auszählung. Es entfallen aus Schieck 46 Stimmen. Aleihner 32 Stimmen. Renner -- 12 Stimmen. fünf Zettel sind weiß. Präsident Weckel erklärt, daß somit der Präsident de» Staatsrechnungshofes. Schieck. ;om sächsischen Ministerpräsidenten gewählt sei. (Bel Schluß der Redaktion dauert die Sitzung an.) O Sie RatienaWtMlen warten dir NegienmgSbiltlms ab Wie wir vom nationalsozialistischen Reichstagsabgcord- neten Straffer erfahre«, bebeutet die Stellungnahme der Nationalsozialisten nicht die Auflösung des Landtages. Die endgültige Stellung der Nationalsozialisten soll vielmehr davon abhäugen, w i e das Kabinett Schieck gebildet wird. Kampf um den Neuer Kvnfliktsstoff vrabtinalcknog noaorar KarUnor Svbrittloltung Berlin, 6. Mai. Der Haushaltausschuß des Reichstages hat heute mit der Beratung des Wehretats für 168» begonnen, dessen Gesamtausgaben rund 718 Millionen be tragen und um 4» Millionen höher sind als der vorjährige Wehretat. In den weiteren Beratungen wird sich sehr bald Herausstellen, ob Zentrum und Demokraten mit ihrer Erklärung, daß -sie gegen eine Anerkennungsgebühr für das Panzerschiff 8 seien, Ernst machen. Auch in diesem Punkte kann sich unter Umständen «ine Kris« für daS ReichSkabinett entwickeln Bekanntlich hat der ReichSrat die Einsetzung einer ersten Rate von zwei Millionen für dieses Panzerschiff be schlossen. DaS ReichSkabinett hat sich der Stimme enthalten und die Entscheidung damit in die Hände der Parteien gelegt. Wird nun von der Rechten im Reichstag ein Antrag ein- gebracht, die Beschlüsse des Retchörats im Reichstag wahr zu machen, so kann eS sehr wohl möglich sein, daß dieser Antrag mit Hilfe der Sozialdemokraten. Demokraten und des Zentrums zu Fall gebracht wirb. Wenn wir recht unter- richtet ß»L. wirb tu Liese« -«K, Der neue Minifterprasi-ertt Walther Schteck ist Dresdner, geb. am 24. August 1874 als Sohn des leiteirden Arztes der Dresdner Taubstummenanstalten, des Geheimen Sanitätsratcs Dr. Jul. Schieck. Nach Besuch des Bitzthumschen Gymnasiums studierte er Rechts- und Staatswissenschaften auf den Universitäten Heidelberg. München und Leipzig. Bon 1868 bis 1903 war er als Referendar bei verschiedenen Amtsgerichten und Rechtsanwälten tätig und wirkte dann als Assessor bis 1906 bei der Generaldirektion der Sächs. Staatseisewbahnen. In diesem Jahre wurde er als Hilfsarbeiter in das Finanz ministerium berufen und rückte dort 1911 zum Finanzrat» 1918 zum Oberfinanzrat, 1919 zum Geheimen Finanzrat und Vortragenden Rat auf. Er bearbeitete als Referent Eisenbahn-, Hochbau-, Straßen- und Wasserbaufragen und solche der all» gemeinen Finanzverwaltung. Ueber das Personalreferat rückte er dann in kurzer Zeit zum 1. Etatreferenten auf und aus dieser Stellung wurde er 1923 in das Amt als Präsident des Staatsrechnungshofes berufen. Als Einjährig-Freiwilliger diente Ministerpräsident Schieck 1894/96 beim 1. Kgl. Sachs. Ulanen-Regiment Nr. 17. Im Krieg war er als Rittmeister der Landwchrkavallerte Adjutant der Kommandantur des Truppenübungsplatzes Königsbrück und der Inspektion der Kriegsgefangenenlager des 12. und 19. Armeekorps -ugeteilt. Wehretat l»r« die deutschnationale Fraktion sofort ei» Mißtrauensvotum einbringen, und es wird sich dann unter Umständen dasselbe Schauspiel einer an den Fingern abzuzählenben Mehrheit loder Minder heit) darbieten, wie man es bei den Steuer- und Agrar- programmabstimmnngcn vor Ostern oft genug erlebt hat. Gerettet könnte dann das Kabinett Brüning nur durch die S o z t a l b c m o k r a t ie werden. Die Nennungen des SauSdaltauSschuIleS vradtmolckung uaooror SorUnor SodrilUolinn» Berlin, 6. Mat. Im Haushaltausschuß des Reichstags be gannen heute die Beratungen über den Haushalt des Reichs- wehrministeriumS. Berichterstatter war der Sozialdemokrat Stückle«. der daraus htnwies. daß die im Vorjahre vorgenommeneu Streichungen keine wirklichen Ersparnisse gewesen seien, weil der Minister diesen Streichungen nur zugestimmt habe unter der Voraussetzung, daß im nächsten Jahre entsprechend mehr bewilligt werde. Ersparnisse in umfangreichem Maße seien nur möglich, wenn man von dem Grundsatz abgehe, die Möglichkeiten des Versailler Vertrags voll auszuschöpfen, und wenn man das ungesunde Verhältnis zwischen Infanterie und Kavallerie dadurch ändere, daß mehrere Regimenter Kavallerie abgelchaft werden. Im vorliegenden Etat beansorucht die ReiHSmehr eine» effektive» ReichSsnfchAp vp» 662 Milione».