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ALoniglieh Sächsischer Staatsanzeiger. Verordnungsblatt der Ministerien «nd der Ober- und Mittelbehörden. Nr. 210. » Beauftragt mit der verantwortlichen Leitung: Hofrat DoeugeS in Dresden. Montag, den v. September 1907. Bezug-Pret-: Beim Bezüge durch die Expedition, Große Zwingerftraße 20, sowie durch die Pott im Deutschen Reiche 3 Mark vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. — Erscheint:'WerktagS nachmittags. — Fernsprecher Nr. 1295. j Ankündigungen: Die Zeile kl. Schrift der S mal gespalt. BnkündigungSseite 25 Pf., die Zeile größerer Schrift od. deren Raum aus 3 mal gesp. Textseite im amtl. Teile SO Pf., unter dem Redaktionsstrich (Eingesandt) 7b Pf. PreiSermäßigg. auf Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vorm. 11 Uhr. Amtlicher Teil. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im «eschSftdberciche des Ministeriums der Finanzen. Forst-Verwaltung. Entlassen: Zimmermann, Waldwärter aus Augustusburger Revier. — Ernannt: Pierschel, seither Wald arbeiter, zum Waldwärter auf Augustusburger Revier. Im «eschSftsbereiche des Ministeriums des Kultus u. Sffeutl. Unterrichts. Demnächst zu besetzen: an der mittleren Volksschule in Oetzsch bei Leipzig eine ständige Lehrerstelle Kollator: der Gemeinderat. Anfangsgehalt 1700 M. Zulagen aller 2 Jahre, die 1. und 3. beträgt je 200 M, die 2. und 4 je 100 M , 10 weitere Zulagen betragen je 150 M Höchstgehalt im 52. Lebensjahre 3800 M. In allen Gehaltssätzen ist das WohnungSgeld eingeschlossen Da dem zukünftigen Stelleninhaber der gesamte Turnunterricht über tragen werden soll, sind nur Bewerber erwünscht, die die Turnlehrer- prüfuna bestanden haben. Bewerbungen mit Lebenslauf und sämt lichen Zeugnissen sind bis 20 September bei dem Koll, einzureichen. (Behördliche Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hose. Dresden, 9. September Se. Majestät der König wohnte gestern vormittag dem Gottesdienste in der Schloß- kapelle zu Pillnitz bei und kam hierauf nach der Stadt, wo Allerhöchstderfelbe kurze Zeit im Residenzschlosse verweilte. Mittags besuchte Se. Majestät mit den Prinzen-Söhnen die JubiläumS-HundeauSstellung des Kynologischen Vereins „Rawyl" im Städtischen AusstellungSpalaste und nachmittags 2 Uhr nahm Allerhöchstderselbe mit den Prinzen-Söhnen an der Familientafel bei Ihrer Majestät der Königin-Witwe in Villa Strehlen teil. Heute früh 6 Uhr 50 Min. ab Niedersedlitz hat Sich Se. Majestät der König mittel« Sondcrzugs nach Wurzen begeben, um den Brigademanöoern der 3. Jnfanteriebrigade Nr. 47 beizuwohnen Nach beendetem Manöver wird Aller höchstderselbe nach Leipzig reisen und im König!. Palais da selbst absteigen. — Ihre Majestät die Königin-Witwe nahm gestern vormittag 11 Uhr in der König!. Villa Strehlen die Meldung des neu ernannten Kommandanten von Dresden, General majors v Seydlitz, sowie des Korpsarzte« de« XII. (1. K. S.) Armeekorps, Generalarztes vr. Selle entgegen. Vormittags '^12 Uhr besuchte Ihre Majestät in Begleitung der Hofdame Gräfin Reuttner v Weyl und de« Oberhofmeisters Wirkt. Geh Rates v. Malortie, Erzellenz, die Hundeausstellung. Dresden, 9. September. Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg haben am 6. d. M. Lugrin b. Evian in Obersavoyen, woselbst Höchst- dieselben bei Sr. Königl. Hoheit dem Grafen von Caserta auf Chateau Blonay mehrere Wochen zu Besuch geweilt haben, verlassen und sind nach Mailand und Venedig weitergereist Von hier aus werden die Höchsten Herrschaften die geplante Reise nach Dalmatien unternehmen. Bom diplomatisch" Korps. Dresden, 9. September. Der Kaiser!, und König!. Lsterrelchisch-Ungarische außerordentliche Gesandte und bevoll mächtigte Minister Frhr. v. Braun ist von Urlaub hierher zurückgekehlt und hat die Leitung der Kaiser!, und Königl. Ge sandtschaft wieder übernommen. Mitteilungen aus der öffentlichen Verwaltung. * Am 15. September wird in Grüngräbchen (AmtS- hauptmannschaft Kamenz) eine mit der Postagentur vereinigte Telegraphenanstalt und öffentliche Fernsprcchstelle in Wirksamkeit treten. Die neue Telegraphenanstalt, die im Tele grammverkehre die Bezeichnung Grüngräbchcn führen wird, ist zugleich Unfallmeldestelle. Zeituugsschau. Der Redaktion de« „Vorwärts" hat, worüber an dieser Stelle schon einmal gesprochen wurde, Genosse Richard Fischer, der von sich selbst sagt, „er glaube der Redaktion nahe genug zu sein, um sie zu kennen", Entstellung der Wahrheit und skrupellose RedaktionSsührung vorgeworfen Wie sehr er mit diesem Urteil ins Schwarze getroffen hat, beweisen die Äußerungen KautSky« und BernsternS über den Stuttgarter Kongreß Der „Vorwärts" war sichtlich bemüht, die unter den deutschen Delegierten herrschenden Differenzen in den Fragen der Kolonialpolitik und des Militarismus als un-1 bedeutend, nebensächlich erscheinen zu lagen und dafür den Anschein zu erwecken, als ob im Grunde alles in schönster Eintracht und Einmütigkeit verlausen sei Wie aber sieht es mit dieser vielgerühmten Einigkeit in Wirklichkeit aus Kautsky berichtet: „Nicht minder sonderbar als all die Gegensätze (zwischen David, Südekum, Bernstein und van Kol in dek Kolonialfrage) war die Abstimmung, bei der Genosse David eine eigenartige Rolle spielt«. Die deutsche Delegation Halle in den Vorverhandlungen gar nicht mil der Möglichkeit gerechnet, daß etwa die Minderheitsresolution angenommen werden könnte. Als Singer über die Gesamt resolution abstimmen ließ, schrie David laut in den Saal hinein: „Die deutsche Delegation stimmt mit Nein!" DaS geschah auf eigene Faust, ohne Auftrag, im Namen der deutschen Sozial demokratie! Und Davids Auftreten war um so befremdender, als ihm Pfaunkuch vom Parteivorstand kurz vorher gesagt halte, die deutsche Delegation müsse sich unter Umständen der Stimme enthalten. Und seine Entschuldigung war noch schlimmer alS die Tal selbst: er habe daS nur gesagt, damit die deutsche Delegation wüßte, wie sie zu stimmen hätte! Die deutsche Delegation ist ihm also eine Hammelherde, die von dem Hirtenknaben David bald nach rechts, bald nach links geleitet werden kann. Es ist ein Skandal, daß die deutsche Sozialdemokratie in diesem Lichte erscheinen mußte Sie hat freilich David die gebührende Antwort gegeben, indem sie den noch mit Ja stimmte ' Und der Bericht des „Vorwärts" über eine Rede des „Genossen" Eduard Bernstein im sozialdemokratischen Verein zu BreSlau erwähnt folgende „Einzelvorkommnifse": „ES sei des Kongresses nicht würdig gewesen, wieder wie in Amsterdam eine Vertretung Indiens vorzuführen. In Amsterdam habe man den alten Indier Dadabei Naarodfie als Vertreter der hungernden Indier und gegen England svrechev lasten, obwohl man wußte, daß Dadabei Naarodjie seit 50 Jahren wohlsitnierter Kauf mann in der City von — London sei. (Heiterkeit) Schon Engels habe ihn jahrzehntelang gekannt, ebenso wie er ihm, Bernstein, seit langem bekannt sei. Gewiß achte und schätze er den Mann, allein den Eindruck, als käme er aus Indien, hätte man nicht erwecken dürfen In Stuttgart habe man nun gar eine indische Prinzessin vorgesührt WaS die erzählte, daS sei zum „aus die Bäume klettern" gewesen. Man sollte künftigen Kongressen nicht wieder so etwa- vormachen Bernstein legte alsdann eingehend dar, weshalb man den indischen Protesten gegen England nicht so großen Wen beilegen solle, und versuchte nachzuweisen, daß England Indien gegenüber seine Pflicht getan hab«. Allerdings könne es ohne Indien auskommen, und besser wäre es sogar, wenn England Indien wieder loS wäre. Obendrein aber auch noch zu versuchen, eine Resolution für Indien und gegen England beim Kongreß durchzudrücken, daS sei direkt herabwürdigend! — Lebhaft wandte sich Bernstein alsdann gegen Ledebours Angriffe gegen van Kol in der Berliner Versamm lung vom Dienstag van Kol habe auch in der Kolonialfrage seine volle Pflicht und Schuldigkeit getan, und es sei unerhön, was Ledebour ihm unterstelle (Zustimmung) — Auch gegen die Bericht erstattung des „Vorwärts" über Stuttgart wandte sich Bernstein und führte verschiedene Mängel und Unrichtigkeiten an. Einer solchen Unrichtigkeit sei auch der Leitartikel der . Volksmacht' gegen ihn entsprungen. Ter Jubel des „Vorwärts" über die Annahme der Kolonialresolution mit 127 gegen 108 Stimmen sei deplaciert gewesen. Eine Mehrheit habe noch lange nicht recht, nur weil sie die Mehrheit sei. (!) Man hätte der Wahrheit die Ehre und ruhig zugeben sollen, daß die Abstimmung der deutschen Delegation einer Blamage sehr ähnlich gesehen habe." Hat nun jener Genosse, der die Vorwärts-Redaktion genau kennt, recht oder hat er nicht recht, wenn er ihr Entstellung der Wahrheit vorwirft? Uneinigkeit und Unwahrhaftigkeit, das sind die Eindrücke, die der Stuttgarter Kongreß und seine Behandlung in der sozialdemokratischen Presse hinterlassen haben Der „Vorwärts" aber wirft sich trotz alledem in die Brust und den Ger osten Fischer mit einer verächtlichen Hand beweguna zu den „illoyalen Debattern". Höchst bequem! Ob aber auch vornehm und ehrlich — das steht auf einem andern Blatt! Deutsches Reich. Der Kaiser an der Nordsee. (W T B) Wilhelmshaven, 8. September. Gestern abend um 7 Uhr fand im hiesigen Offizierskasino bei Sr Majestät dem Kaiser Paradetafel statt, in deren Verlauf Sich der Monarch zu folgendem Trinkspruch erhob: Ich wiederhole noch einmal auS ganzem Herzen Meine« Dank, den Ich Ihnen heute ausgesprochen hab« für Ihre geleistete Arbeit, für Ihre Treue, für Ihr zielbewußteS Wirken, da» zu so schönen Resultaten geführt hat Ew. Königl. Hoheit danke Ich, daß Sie in dem Sinne Meiner Befehle und KabinettSordcrS die Flotte so au- gebildet haben, wie Ich «S Mir gewünscht habe Ich weihe diese» Gla» Meiner Marine, der Hochseeflotte und ihrem erlauchten Chef, dem Stolz deS Vaterlandes, der Zierde Meine» Hause». Meine Herren! die deutsche Marine, die Hochseeflotte und ihr Chef! Hurra, Hurra, Hurra! Auf den Trinlspruch des Kaisers erwiderte Prinz Heinrich von Preußen folgende«: Im stolzen Bewußtsein, vor dem strengen, kritischen, ab«r ge rechten Auge Ew. Majestät bestanden zu haben, mit den Gefühlen de» allertiesst empfundenen und tief im Herzen sitzenden DankeS gegen die geliebte Person Ew. Majestät sind wir von dem einen einzigen Ge danken beseelt, unsere Pflicht zu tun zur Ehre des Vaterlands und zur Ehre Ew Majestät Person. Gott schütze, Gott segne Ew. Majestät! So denkt das Seeosfizierkorps, so denkt der Geringste unter uns. Erheben Sie Ihre Gläser, m. H., legen Sie alle Ihre edelsten Gefühle in den Rus hinein: Se. Majestät, unser aller gnädigster Kaiser, unser oberster Kriegsherr Hurra, Hurra, Hurra! Se Majestät der Kaiser hielt heute um 10 Uhr Gottes dienst auf der Jacht „Hohenzollern" ab. Nach Beendigung des Gottesdienstes besichtigte der Kaiser die neue Kaiserbrückr Um 12 Uhr erfolgte die Abreise des Kaiier« nach Cassel bez Wtlhelmshöhc Der Kaiser in Wilhelmshöhe. (W TB) Cassel, 8 September Se Majestät der Kaiser traf beute abend 7 Uhr 30 Min auf dem Hauptbahnhof ein und oegab Sich im Automobil nach dem Residenzschloß, wobei Er von den angesammelten Menschenmengen jubelnd begrüßt wurde Im Residenzschlosse fand bei Sr Majestät ein Festmahl für die hrer anwesenden fürstlichen Manöoergäste und fremdherrlichen Offiziere statt, an dem auch die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden Cassels tc:lnahmen Die Stadt war festlich geschmückt Nach Beendigung des Galadiners fuhr der Kaiser im Automobil, von den Hochrufen der Menge begleitet, nach Schloß WilhelmShöhe Wilhclmshöhe, 9 September Se Majestät der Kaiser begab Sich heute früh ',6 Uhr im Horzug nach dem Manöver gelände Tie fürstlichen Gäste und die fremden Offiziere folgten um 6 Uhr im Sonderzug Zu Ven Kaiscrmanövcrn. (W T B) Hörter, 8. Sevtember Die allgemeine Kriegslage lautet: Eine rote Armee wurde am 5 und 6 d M zwischen Dülmen und Lünen von einer blauen Armee geschlagen und gegen den Teutoburger Wald zurückgedrängt. Tie genannten Orte liegen südlich von Münster Rot ist das verstärkte 10 Armeekorps mit der Kavallerredivision 8, Blau das verstärkte 7. Armee korps mit der Kavalleriedivision X. Von ver Flotte. (W T « ) Wilhelmshaven, 8. September Zu Konteradmiralen sind befördert worden: Kapitän zur See Kalau vom Hofe, bis her zweiter Admiral der Aufklärungsschiffe, und Kapitän ^nge- nohl, Kommandant der Kaiserjacht „Hohenzollern" Weiler erhielten den Charakter als Konteradmiral Kapitän zur SeeTerzewski und der Kommandant von Helgoland Kapitän zur See EmS- mann Ferner find ernannt worden Vizeadmiral Schmidt zum Direktor des Allgemeinen Marinedepartement« im Reich«- marincamt, Konteradmiral Pohl zum Inspekteur der Küsten artillerie, Konteradmiral Schröder wurde mit der Führung des 2 Geschwader« beauftragt. Zum Parteitag ver Freisinnigen Voltspartei. Für den Parteitag der Freisinnigen Volköpartei haben die Abgg Gyßling, Ablaß, Cassel, vr. Müller-Meiningen und Gen folgenden Antrag gestellt: ,D«r Parteitag wolle beschließe«: Der Parteitag erklärt es für notwendig, bei den dringend erforderlichen und vom Reichskanzler zugeiagtcn Justizreformen vor allem folgende Forderungen zu ver treten: 1. Beibehaltung der Schwurgerichte und Ausdehnung ibrrr Zuständigkeit auf politische und Preßvergchen; 2 Erweiterung der Mitwirkung des LaienelemenlS bei der Rechtsprechung, insbesondere auch bei der Rechtsprechung der Strafkammern; 3. den Geschworenen und Schöffen eine angemessene Vergütung für Zeitversäumnis in der Form von Tagegeldern aus Landesmitteln zu gewähren und die Heranziehung minder bemittelter Staatsbürger zum Schöffen- und Geschworenendienste zu erleichtern; 4 Einführung der Berufung gegen die Urteile der Strafkammern "n ein Höhere-Gericht; 5 Abschaffung des ZeugniSzwavgS der Ptesse; 6 Neuregelung der Voruntersuchung unter Erweiterung der Rechte deS Angeklagten und des Verteidiger-; 7. Klarstellung bez Erweiterung deS Rechtes der ZeugniSverweigerung auf Mitglieder deS Reichstag-, eine- Landtag- oder einer Kammer eine» zum Reiche gehörigen Staates in Ansehung desjenigen, wa» ihnen in dieser ihrer Eigenschaft anvertraut ist; 8. da» erstinstanzliche Verfahren in bürgerlichen Recht-streitigkeilen zu vereinfachen, ver billigen sowie zu beschleunigen " Neunter vertretertag der nationaUiberalerr Iufttndvcreine. Kaiserslautern, 8 September Gestern wurde in einer nicht öffentlichen Setzung der neunte Vertreterlag de« Reich»- verbande« der nationalliberalen Jugend, zu dem ungefähr 60 Vereine Delegierte entsandt halten, durch den Vorsitzenden Rechtsanwalt Fischer (Cöln) eröftnct Im Namen der national- liberalen Partei der Platz und de« Zentralverbande« der nationalltberalen Partei begrüßte unter lebhaftem Beifall Justiz rat vr Neumayer die Versammlung Hieraus erstattete der Vorsitzende den Geschäftsbericht Danach gehören dem Reich«- verbande jetzt 82 Vercme an, die am 1 Avril 14 098 ordent liche Mitglieder zählten Von den Vereinen befinden sich 43 in Preußen, 11 in Württemberg. 15 m der Pkalz, 6 in ReichS- baycrn, 3 in Baden, 3 im Elsaß, 2 in Sachsen rc.