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und Anzeiger Meblatl und Aozcher). Lclegkamm-Adrrss« „r«geb!att*, Riesa. Amtsötatt Frrnsprechstrll« Rr. SV der König!. Amtshauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zn Riesa. 23S. Sonnabend, 13. Lctover 18S4, Abends. 47. Jahr«. DaS dtiejaer Tageblatt crichcnn irden Ta« Abend» mit Äusnabme de» Lolin- und Festtage. Bieneijährlicher Bezugspreis bei Abholung in den Expeditionen in Riesa und Strehla, den KuHgateßlAl»^ sowie am Schalter der lauert. Postanstalten 1 Mart 25 Ps., durch die Träger irei ins Haus 1 Mark 50 Ps., durch den Briesträger srei tnS Hau« 1 Mark SS Pf. Auzeigen-Atuulh», für R» R»W« de« Ausgabetages dis Vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Geschäftsstelle: Kastanienstraße 5S. — Für die Redaktion verantwortlich: -er«. Schmidt t» Riel«. Donnerstag, den 18. Oktober 1894, Vorn». 1« Uhr, sollen im Hotel zum „Kronprinz" hier 1 Handwagen mit eisernen Axen und 2 große Waarenschränke gegen sofortige Bezahlung meistbietend versteigert werden. Riesa, 13. Oktober 1894. Der Ger.-Vollz. des Kgl. Amtsgerichts. Sckr. Eidam. * »WDWWW--W-—-W—— —»»WW^^S Montag, den SS. und Dienstag, den SS. dieses Monats von Vormittags 10 Uhr ab sollen in der Trainkaserne zu Dresden-Albertstadt ea. 108 überzählige Dienftpferde des unterzeichneten Bataillons öffentlich meistbietend versteigert werden. Dresden, am 5. Oktober 1894. * Königliches Train-Bataillon No. 12. Tagesgeschichte. Die socialdemokratische Parleipresse veröffentlicht die Anträge, welche von den „Genossen" zu dem demnächst in Frankfurt a. M. stattfindenden Parteitage gestellt sind. Dazu schreiben die „Berl. Pol. Nachr.": „Zwei Kategorien dieser Anträge können Anspruch auf einiges Interesse erheben. D>e eine umfaßt die Vorschläge, welche zur Vertiefung und Aus« breitunz der Agitation auf dem Lande gemacht werden. Die Socialdemckratie nimmt bekanntlich den Mund stets sehr voll, und so konnte man denn auch in letzter Zeit in ihren Or ganen lesen, daß ihre Agitation auf dem Lande die besten Früchte gezeitigt hätte und daß es nicht mehr lange dauern würde, bis die ländlichen Arbeiter in ebenso großer Anzahl ihren Fahnen folgen würden, wie es die städtischen leider thun. Die Anträge, welche zum Parteitage gestellt sind, zeigen die ganze Unhaltbarkeit dieser Großsprecherei. Danach will man überhaupt erst die Grundlage schaffen, um eine Agitation auf dem Lande ins Werk setzen zu können. Allerdings ist damit, daß die socialdemokratische Agitation bisher auf dem Lande wenig Erfolg gehabt hat, nicht gesagt, daß dies nun immer so bleiben wn d. Eine andere Kategorie von Anträgen erscheint nun schon jedes Jahr, seitdem die socialdemokratischen Parteitage eingerichtet sind; sie betrifft die Gehälter der Parteiführer. Die große Mehrzahl der Letzteren führt be kanntlich auf Kosten der Arbeiter ein behagliches Leben. In weiten Kreisen der socialdemvkratischen Arbeiterschaft wünscht man deshalb, daß die Mittel aus den Arbeitertaschen dem Einzelnen nicht mehr so reichlich zufließen. In den jetzigen Anträgen hat man die Höchstgrenze der Bezüge aus der Parteikasse auf 3000 Mark jährlich festgesetzt. Solche Anträge sind wiederholt gestellt, aber natürlich von den Parteiführern niemals angenommen worden. Sie werden auch diesmal das gleiche Schicksal erleben. Sie zeigen jedoch aufs Deut lichste, wie wenig die eigentlichen Arbeiter die Motive ver stehen, welche die Mehrzahl der Parteiführer zur Social demokratie geführt haben oder bei derselben halten. Deßhalb ist auch keine Aussicht vorhanden, daß die Arbeiter durch bloße Belehrung von den Parteiführern abwendig gemacht werden können." Außer den hier besprochenen Arten von Anträgen, die im Vordergründe der allgemeinen Aufmerksam- leit stehen, sind noch unzählige andere eingegangen, von denen wir nur einige hier erwähnen wollen. So richtet sich ein Berliner Antrag z. B. gegen die Neugründung von Partei geschäften. Auch für den Satz „Religion ist Privatsache" wird eine andere Fassung gewünscht, z. B. lautet ein Vorschlag: „Di: Socialdemokratie bekämpft aufs Entschiedenste die Ver treter der verschiedenen Religionsgemeinschaften, sowie die Religion selbst, wo ihre Lehren sich dem Befreiungskämpfe des Proletariats entgegenstellen." Schließlich wird ein wesent licher Bestandtheil der Tagesordnung auch die Auseinander setzung mit den bayerischen Socialdemokraten sein. Deutsches Reich. Die „National - Zeitung" theilt mit: Der Kolonialausschuß zur Begutachtung der Frage, in wieweit bei der gesetzlichen Regelung des Auswanderungs wesens auf Besiedelung der Schutzgebiete Rücksicht zu nehmen sei, nahm auf Antrag Scharlach-Hamburg den Standpunkt ein, daß die Uebersiedelung von Reichsangehörigen nach den Schutzgebieten anders zu behandeln sei, als nach dem Aus lande. Der Ausschuß wünscht Uebersiedelung im weitesten Umfange zuzulassen und sie nur den unumgänglich nothwendigen polizeilichen und sonstigen Beschränkungen unterworfen zu sehen. Dem preußischen Kultusminister war eine Eingabe zu gegangen, in der die Bitte ausgesprochen war, daß die Be strebungen zur Bekämpfung der Thierquälerei auch seitens der Volksschule Unterstützung finden möchten. In der hierauf ergangenen Antwort versichert der Minister, daß auch nach seiner Ansicht die Warnung vor Thierquälereien unter die Aufgaben der Schule falle. Da indessen bereits mehrfache allgemeine Verfügungen betreffs der Bekämpfung der Thier quälerei seitens der Schulverwaltung ergangen seien, auch bei der Auswahl von Lesestücken für Schüler und Schülerinnen die Angelegenheit in weitgehender Weise gebührend berück sichtigt sei, so glaube der Minister von dem Erlaß einer be sonderen Vorschrift im Sinne der Eingabe absehen zu dürfen. Der „Boss. Ztg." wird aus Paris gemeldet: Die An näherung zwischen französischen und deutschen Soldaten an der Grenze scheint höher» Orts hier sehr ungern gesehen zu sein. Der Kriegs Minister erließ an die Grenzcorps den Be fehl, den Soldaten der Garnisonen an der Grenze jedes nicht dienstlich begründete Verlassen des Ortes, sowie jede verein zelte Annäherung an die Grenze zu untersagen. Die Franzosen sind in allen ihre Eigenliebe berührenden Fragen unverbesserliche Schwärmer, die sich in beständigen Jllussionen gefallen. Diese Sucht nimmt mitunter geradezu lächerliche Formen an, wie neuerdings gegenüber dem Behring- schen Heilserum, das im „Figaro" und anderen Pariser Blättern hartnäckig für eine französische Erfindung ausgegeben und als die „geniale Methode des Dr. Roux" gefeiert wird. Ernster und bedenklicher gestaltet sich indessen diese Characrer- anlage der französischen Nation, wenn sie sich trotz aller gegen- theiligen Belehrungen das menschenfreundliche Bestrebe» ocs deutschen Kaisers, die deutsch-französischen Beziehungen nach Möglichkeit besser zu gestalten, durchaus in ihrer Art zurccht- zulegen sucht. Kürzlich hatte ein Pariser Boulevardblatt die Ente ausfliegen lassen, daß Kaiser Wilhelm einem französischen Besucher Berlins gegenüber seine Absicht ausgesprochen habe, im Jahre 1900 zur Weltausstellung nach Paris zu kommen. Jetzt benützt der bekannte chauvinistische Dichter Franyois Coppse diese Erfindung, um dem deutschen Kaiser zu erklären, daß er nur dann nach Paris kommen könne, wenn er zuvor Elsaß-Lothringen zurückerstatte. Diese Zumuthung ist ebenso dreist, wie in ihren Folgen bedauerlich, da dadurch immer von Neuem bei den Franzosen die Wahnvorstellung genährt wird, daß sie Elsaß-Lothringen jemals ohne Schwertstreich zurückerlangen könnten. Solange auf ihrer Seite dieser „Jrr- thum" besteht und von mehr oder minder gewerbsmäßigen Chauvinisten geflissentlich aufrecht erhallen wird, ist natürlich an eine dauernde Besserung der deutsch-französtschen Be ziehungen leider nicht zu denken. Die „Nordd. Allg. Zrg." schreibt: Die im „New-Aork Herald" aus Berlin, 8. Oclober, veröffentlichte und in aus ländischen Blättern abgeoruckte Depesche über eine angebliche Meuterei unter Reservisten des 80. Regiments ist ebenso vollständig erlogen, wie die hieraus bezüglichen Meldungen eines inländischen Blattes. Der „Vorwärts" schreibt: „Die socialdemokratische For derung eines Milizheeres an Stelle des stehenden Heeres ist so vernünftig und einleuchtend, daß es den Molochprlestern ganz angst und bange wird. Ein „Militär-Schriftsteller" namens Hönig hat deshalb den Auftrag erhalten, eine Schrift zu schreiben, in welcher eine Miliz für unmöglich erklärt wird. Ein Milizheer sei militärisch nicht einzurichten und koste zu viel. Wir werden dem „Militär-Schriftsteller", der gleich den meisten Fachleuten Scheuklappen neben den Augen hat, gelegentlich des Eingehenden antworten. Heute begnügen wir uns damit, ihm zu sagen, daß das „unmögliche" und unerschwingliche Milizsystem in der Schweiz nicht nur durch geführt ist, sondern auch, bei doppelter Wehrbarmachung des Volkes, nur zwei Drittel so viel kostet, wie unser Heeres- system, — also weit wirksamer und zugleich weit billiger. ES gehört wirklich eine große Unverfrorenheit dazu, angesichts dieser weltkundigen Thatsache von einer „Unmöglichkeit" zu reden." — Die „B. B.-Z." bemerkt hierzu sehr richtig: Wer Hauptmann Hönig ist, braucht für Menschen, die unserer militärischen Entwickelung Interesse widmen, nicht gesagt zu werden. Für diejenigen aber, die nicht zu urtheilen vermögen, wäre es am Platze, im „Vorwärts" selbst eine Abhandlung über die strategische Bedeutung der Berge der Schweiz und darüber zu veröffentlichen, daß ganz Europa die Schweiz in ihrer Neutralität beschützt, daß dieses Land sonach aus doppelten Gründen mit einem Milizheere auszukommen vermag. In einem ernst?« Kriege würde dieses „billige" Milizhcer trotz der Berge und Schluchten seine Unzulänglichkeit zu spät bekunden. Vielleicht erörtert der „Vorwärts" die Frage auch von dieser Seite und weist uns durch eine militärisch-wissen schaftliche Entgegnung nach, daß wir zu beschränkt sind, um das Vernünftige der svcialdemokratischen Forderung nach einem Milizheere zu erfassen. Schweigt das Blatt, so dürfen wir wohl annehmen, es weiß uns nichts zu entgegnen, und ge braucht das Schlagwort vom Milizheer wie alle anderen Schlagworte eben als Agitationsmittel, bei denen es Neben sache ist, wie weit sie — vernünftig sind. China. Von den unglaublich verrotteten Zuständen in China gicbt der nachfolgende Pekinger Brief eines Bericht erstatters des „Standard" eine drastische Schilderung. Schon beim Ausbruche des Krieges war China militärisch vollkommen hilflos. Nirgendwo befand sich Kriegsbedarf, obgleich nach den Frachtbriefen ungeheure Vorräthe vorhanden sein mußten. Von den Kanonen auf den Futscheuforls waren nur noch die Rohre vorhanden, alles Uebrige war gestohlen. Die Be satzungen bestanden nur in den Soldlisten und die Artilleristen waren der Billigkeit halber durch Kulis ersetzt worden. Da zu wird die Autorität Li-Hung-Tschangs, des einzigen chine sischen Staatsmannes, der diesen Namen verdient, untergraben durch die Entdeckung der Unterschlagungen, in die seine eigenen Kreaturen und Verwandten verwickelt sind. Letztere ließen sich im Anfang dieses Jahres vom Vizekönig einen Zollfrei paß ausstellcn für zwei Reislieferungen, die angeblich zur Minderung der Noth in Kirin bestimmt waren, tbatsächlich aber nach Japan wanderten. Natürlich ermangelten Li-Hung- Tschanzs zahlreiche Feinde nicht, ihm persönlich diese Dinge zur Last zu legen. Eine große Enttäuschung wartete noch der Freunde Chinas beim Auftreten der sogenannten „Pekinger Feldarmee", welche die Elite der berühmten Bannermänner darstellen sollte. Diese Armee trat 1860 ins Leben, um eine Wiederholung des damaligen Unglücks zu verhüten; sie war nach europäischem Muster einexerzirt und bewaffnet. So hieß es wenigstens. In Wirklichkeit aber boten die Truppen ein wirklich jammervolles Schauspiel dar: schmutzige Greise und Knaben, in bunte Lumpen gehüllt und mit alten Musketen bewaffnet, zu deren Abschießcn wenigstens zwei Männer nolhwendig si ld. Das Ganze — so meint der Berichterstatter — wäre bloßes Kanonenfutter, wenn es nicht sicher wäre, daß diese Fallstaff - Rotte beim ersten Anzeichen von Gefahr auj dem kürzesten Wege nach der Heimath aus reißen würde. Angesichts dieser Zustände ist es nicht zu ver wundern, wenn schon in der zweiten Augusthälfte in Peking alle möglichen Gerüchte über die Flucht des Kaisers und die Bergung der Palastschätze durch die Luft schwirrten und wenn damals schon von der Sicherstellung der Gesandtschaften und der Ausländer im Allgemeinen gesprochen wurde. Leider sollen, wie der „Times" aus Tientsin mitgetheilt wird, die Gesandten selbst es an der nöthigen Einigkeit und Thatkraft ermangeln lassen. Ein gemeinsamer Druck auf den Tsung- li-Aamen würde bald den Straßenanfällen ein Ende machen; aber jeder einzelne Gesandte überläßt es seinen Kollegen, die Kastanien für ihn aus dem Feuer zu holen, um es mit der chinesischen Regierung nicht zu verderben. Derselbe Vertreter der „Times" hat soeben drei Tage lang die chinesische Flotte besichtigt, um die Ursache der Niederlage am Aaluflusse fest zustellen. Da ergab sich denn, daß die zwei 1881 bei Arm strong gebauten Kreuzer „Tschao-Aong" und „Aang-wei" wegen völliger Abnutzung der Dampfkessel durchaus schlachtunfähig waren ; sie mußten daher beim Angriffe zurückbleiben, und da ihren Kanonen zugleich brauchbares Pulver fehlte — das vorhandene war 13 Jahre alt — so fielen sie der chinesischen Flotte nur zur Last. Die „Aang-wei" wurde, als sie schon in Flammen stand, von der fliehenden „Tsching-Auen" an gerannt.