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Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträche zu Freiberg und Brand. F6S. Erscheint jeden Wochentag früh S U. Inserate werden bi« Nachm. 3 Uhr § für die nächste Nr. angenommen. Dienstag, den 24. März Preil »lerteljShrl. 20 Ngr. Inserate «erden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit S Pf. berechnet. 1868. 4- Freiberg, 23. März 1868. Mit der heute in Berlin erfolgenden Eröffnung des Reichs tages wird wieder mehr politisches Leben im norddeutschen Bunde sich entwickeln. Bisher war es sehr still und ruhig. Die betreffen den Ausschüsse der beiden Bundesrathe, nämlich die des Reichstags- und die des Zollparlament-Bundesrathes haben in der letzten Zeit zwar täglich Sitzungen gehalten, um die Vorlagen fertig zu bringen. Die bedeutendsten davon sind die Gewerbeordnung und das Lberrechnungskajmme r-Gesetz für den Reichstag und das Tabakssteuergesetz für das Zollparlament. Um die Tabaks- stcuer besser werschnupfen zu können, werden Vereinfachungen und Erleichterungen des Zolltarifs iu Aussicht gestellt; aber ein „Hab' ich'' ist besser als zehn „Hält' ich" und so wird auch das Zoll parlament wohl nichts anderes bewilligen, als gegen eine ent sprechende Leistung. — In Ostpreußen dauert die Noth noch fort. Pon einer sreisinnigeren inneren Politik ist auch jetzt, nachdem Graf Bismarck den Schmollwinkel verlassen und die Leitung des preußischen Ministerium wieder übernommen hat, nichts zu spüren. Wir setzten von vornherein keine große Hoffnung auf den Conflict mit den Conservativen und haben uns deshalb auch die Täuschung erspart. Die Nachrichten aus Oesterreich lassen keinen Zweifel mehr darüber, daß das Ministerium die Hoffnung aufgegeben hat, mit dem päpstlichen Hofe eine Abänderung des Concordats zu vereinbaren. In der festen Ueberzeugung aber, daß dieses Concordat für Oesterreich von unberechenbaren Nachtheilen ist, ja daß die Zukunft Oesterreichs durch die Beibehaltung desselben gefährdet ist, hat das Ministerium, unterstützt von der Stimme des Landes begonnen, durch Specialgesetze in die Bestimmungen des Concordats Bresche zu schießen. Das neue Ehegesetz, welches trotz der Agitationen der Ultramontanen durchgehen wird, beseitigt die Macht der Kirche auf dem Gebiete der Eheschließung. Die Publikation des Gesetzes wird möglicherweise die so- sortige Abreise des päpstlichen Nuntius aus Wien zur Folge haben, mit der schon jetzt gedroht werd. Aber auch dadurch wird sich die Regierung nicht beirren lassen, stützt sie sich doch bei ihrem entschiedenen Vorgehen nach Außen unzweifelhaft auf den gedeihlichen Fortgang, welchen die Durchführung ihres Verfassungs- werkes im Innern des Landes bis jetzt überall zu machen scheint. Zu den dcsfallsigen, bisher schon hervorgehobenen günstigen An zeichen tritt gegenwärtig auch die immer allgemeinere Zustimmung, welch« der Ausgleich mit Ungarn bei der kroatischen Bevölkerung findet. Ein Beweis dessen ist, daß die kroatischen Abgeordneten, welche den Agramer Landtag, als derselbe sich für den Ausgleich «ü Ungarn ausgesprochen, verlassen hatten Md deshalb ihres Mandates für verlustig erklärt worden waren, nirgends wieder gewählt worden sind. An ihre Stelle sind Candidaten getreten, welche der Einigung mit Ungarn günstig sind. Aus Italien, wo das Ministerium sich zu befestigen scheint, wissen die neuesten Meldungen davon zu berichten, daß die Stimmung dort an Zuversicht gewinnt. Man rechnet auf eine zufriedenstellende Lösung der römischen Frage, und spricht von dem demnächst bevorstehenden Abmarsch der französischen Truppen auS römischem Gebiete — ohne daß jedoch ein bestimmter Anhalt für diese sanguinische Hoffnung vorzuliegen scheint. In Frankreich hat nach dem Preßgesetze das Bereins- gesetz den gesetzgebenden Körper beschäftigt. Wie jenes ist auch dieses bestimmt, jede Möglichkeit einer freiheitlichen Entwickelung des französischen Volkes niederzuhalten. Das Ereigniß der letzten Tage aber ist das Erscheinen einer kaiserlichen Broschüre mit der Inschrift: „Vor pvpuU, vor vei," welche die Franzosen daran erinnert, daß sie selbst sich die. Napoleonische Dynastie gewählt haben. Der Kem der ganzen Beweisausführung findet sich m den Worten: „Vom Jahre 1799—l804 erhielt Napoleon k. 10 Millionen Stimmen. Von 1848—1852 erhielt Napoleon III. 20 Millionen. 30 Millionen Stimmzettel gezeichnet vom franzö sischen Volte: Dies sind die Titel der Napoleonischen Dynastie., Die Opposition wird den beabsichtigten Eindruck des SchristchenS durch eine Gegenschrift von dem deutschen Nationalökonomen Horn beantworten, welche, „Die Bilance des Kaiserreichs betitelt, nach weist, welche finanziellen Rückschritte Frankreich" unter Napoleons Regiment gemacht hat. Das Büchlein trägt daS treffende Motto: „Regieren Zahlen die Welt? Nein, aber sie zeigen wie sie regiert wird!" , In England, wo die Neubildung des Ministeriums unter Disraeli's Leitung erfolgt ist, ist es gleich in den Flitterwochen deS neuen Ministeriums zu einem Conflict mit der Opposition - gekommen, welcher höchst wahrscheinlich den baldigen Sturz des Ministeriums zur Folge haben wird. Den Anlaß dazu bot die irische Frage, welche durch die fortwährenden Putsche der Fenier auf die Tagesordnung der englischen Politiker aller Parteien ge drängt worden ist. Die gegenwärtige englische Regierung, welche aus den Tories hervorgegangen, aber aus solchen mit liberal - kon servativer Färbung, glaubt sich mit der Sache durch ein Gesetz ab finden zu können, welches den irischen Pächtern die Entschädigung für die auf dem Grundstück angebrachten Verbesserungen, Werth erhöhungen rc. weiter garantirt, wenn ihnen der Besitzer den Pacht kündigt. Diese Entschädigung soll ferner in einer solchen Weise ein gerichtet werden, daß der Besitzer sich nicht leichthin zur Kündigung entschließen wird, weil damit Ausgaben verbunden find, die er in ihrem vollen Betrage von dem neuen Pächter schwerlich wieder er halten würde. Sehr ernsthaft lauten die Nachrichten aus Japan. Dort haben die großen Vasallen, die Daimio's, dm weltlichen Herrscher, den Taikun, vollständig geschlagen. Obwohl nun der geistliche Herrscher Mikudo, zu dessen Gunsten der Aufstand erfolgt war, an die Gesandten der fremden Mächte eine Note gerichtet hat, in welcher er erklärt, daß die mit denselben abgeschlossenen Verträge werden gehalten werden, scheint es doch, als wenn das letzte Ziel ^des Aufstandes die Verjagung der Fremden wäre. Schon wird — freilich nur gerüchtweise — gemeldet, daß es zwischen den Einge borenen und den dort ansässigen Franzosen und Amerikanern zu Feindseligkeiten gekommen sei; von japanesischer Seite ist an geblich auf amerikanische Kriegsschiffe geschossen worden; die Frem den sollen sich in Hiogo zur Abfahrt rüsten. Tagesgeschichte. Berlin. Die Commission deS Bundesraths zu Ausarbeitung des Entwurfs einer Civilprozeßordnung für das Gebiet des nord deutschen Bundes hat sich für die Aufhebung der Personalschuldhast im Princip entschieden und ist mit Entwerfung eines dahin gehenden Gesetz-Vorschlages beschäftigt. — Den Officieren der Welfenlegion ist (wie der „A. Z." ge schrieben wird) die Erlaubniß ertheilt worden, ihren Aufenthalt in Paris zu nehmen. — Der deutsch-schweizerische Postvertrag stellt für Frankatur- briefe durch das Gesammtgebiet der betheiligten Staaten den Porto satz von 25 Centimes (2 Sgr.) fest, fiir unfrankirte von 50 Cen times. (4 Sgr.) AuS Köln wird dem preußischen Handels - Archiv geschrieben': Im Monat Februar hat sich das Verträum im Handelsstande etwas gehoben, denn wem auch im Allgemeinen noch Klagen laut wetdea,