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7L. ffahrsanv. Ae. «7 Donnerslag» tt. September isso Diahtanlchrlst: Nachrichten Dresden 8ern!prechcr-Eammelnuinmer: »Lütt Rur lür Rachtgetpräche Rr.»>X>lt SchrlsNeilnng ». HauvtoetchifltsteNe: Dresden - N. t. Martenstrabe Stt/t» Detuglgedahr »et Ulgltch zwetmaltger Anstellung monatlich «.tN Mk. leinichließlich «0 Vsg. sür Drilgerlohn,, dmch Postbezug S.tO Mt. einschltebltch »6 PIg. Postgebühr lohne Pojt«uslcllunft«ge!>ühr> bei 7mal «bchentlichem Perl and. Ltnzelnummer >0 Psg., außerhalb Lreedent lü Big. Anjeigeu- preiiei Die etnspaltige »o mm breit« Zeile »d Big., für aubwärlt «o Psg. Familtenan-eigen und Stellengesuche ohne Rabatt 15 Psg., außerhalb SS Psg., die «0 mm breite Reklame,eile S00 Psg, außerhalb SSV Psg. ossertengebühr »0 Psg. AurwLrtige «ustrüge gegen «orau»be,ahlung Druck ». Verlag: Liepsch t Reichardt, Dresden. Postschc^Klo. 1068 Dretde« tiachdruck nur mit deuU.Ouellenangab» lDreidn. Rachr.l zultissig. Unverlangt« Schriststücke werden nick- ausbewahrt GeMte um Gran-ls Abrelse aus Genf Skmonstksttioncli grmn Aalten In Belm» Berlin. 10. Sept. Pariser Zeitungen berichten heute, das, di« Abreise des italienischen Außenministers Grandi aus Gens mit einer außerordentlich ernste,» Verschärsung der Situation an der italienisch-jugoslawischen Grenze zusammen- HLnge. Die Pariser Blätter sind voll von Alarmnachrichten, wonach besonders in Laibach und Belgrad die anti- italienischen Demonstrationen ungewöhnlich heftige Formen angenommen haben, so daß es den Behörden nur durch ein Massenaufgebot von Truppen und Polizei mög lich gewesen fei, die italienischen Konsulate gegen die erregten Demonstranten zu schlitzen. In Belgrad sollen Tausende von Demonstranten, «. a. auch vor das deutsche Konsulat gezogen sein und dort unter Hochrufen ans Deutschland eine Sympathiekundgebuna zugunsten der nnterdrttckten Siidtiroler veranstaltet haben. Nach dem „Paris Midi" soll sich die jugoslawische Negierung bereits zur Schließung der Grenze veranlaßt gesehen haben. Der „TempS" be richtet über blutige Zusammenstöße zwischen Faschisten «nd Slowenen in dem Grenzbezirk von Postumia, dem ehemaligen Adelsberg. Allerdings liegen amtliche Be stätigungen dieser Alarmmcldunge« noch nicht vor. Ruhige Beurteilung in Italien Rom» IN. Sept. Die Abreise des italienischen Außen ministers und Ratsmitgliedcs aus Genf wird von den italienischen Sonderberichterstattern vollkommen ruhig kommentiert. Die „Stampa" begründet sie mit dem Hinweis, daß nach dem vorläufigen Abschluß der Natsarbeitcn die Außenpolitik eines großen Landes, die nach verschiedenen Fronten gerichtet sei, besser und organischer von der eigenen Hauptstadt a»S betrieben werden könne. Aehnlich schreibt der Genfer Korrespondent des „Journal d'Jtalia", die Tätig keit Grandis könne in Nom viel nützlicher sein, wobei nach Wiederaufnahme der Arbeiten dcS Notes im Falle politischer Fragen seine Rückkehr noch Gens nicht ausgeschlossen sei. Der Berichterstatter des „Popolo d'Jtalia" unterstreicht die Be deutung der A b r ü st u n g S s r a g e sür die jetzige Völker- bundsvcrsammlung. Seit Bestehen deS Rölkerbnndcs habe Frankreich in Genf Jahr für Jahr alles getan, um die Aufmerksam keit der Welt von diesem Problem und seiner Behand lung im Völkerbund abzulenken. BiS setzt sei es ihm auch immer geglückt, die unumgänglichen Probleme und unrealen Utopien der allgemeinen NbriistungS- pslicht voranzustcllen. Aber eines Tages werde der Völker bund sich entscheiden müssen, die Frage der Abrüstung end gültig zu lösen. Auch ohne die von He der son erwar teten Mitteilungen über den Ausgang der italienisch-französi schen Besprechungen habe die Völkerbundsversammlung die Pflicht, das Abrüstungsproblem zu behandeln. lim den .Balmwuk" lm Saargebiet Gens, 10. Sept. Heute nachmittag fand beim General sekretär des Völkerbundes eine Besprechung über die Rege lung der Frage des Bahnschutzeö im Saargebiet statt. Außer Dr. Curtius und Briand nahm der italie nische Delegierte SciaIoja, der an Stelle des nach Nom ge reisten italienischen Außenministers Grandi etngetrofsen ist, an der Besprechung teil. Es handelte sich darum, aus Grund der gestrigen Verhandlungen des Rates einen Vorschlag aus- zuarbeiten, auf Grund dessen der Rat seine Entscheidung über den Bahnschutz in einer der nächsten Sitzungen zu treffen hat. Die Teilnehmer an der Besprechung sind überein gekommen, an die Ncgicrungskommission des Saargebietes, die zur Zeit in Genf weilt, einige Fragen zu richten. Wie verlautet, hat die RegierungSkommtsfion heute vormittag eine Sitzung ab gehalten, in der die Frage gleichfalls behandelt wurde. Man glaubt, daß die Angelegenheit noch in dieser Woche geregelt wird. SaSMSslblalblirvberMikerbnnbSverlaimnlung Gens, 10. Sept. Die Bölkcrbundsversammlung hat heute nachmittag die Wahl deS PräsidtalbüroS vorgenommen. Zu Vizepräsidenten wurden gewählt: Neichsaußenminister Dr. Curtiuö, Brian d, Henderso», Matsudetra (Japan), Ouinoncs de Leon und Costa de Ncls (Bolivien). Die bisherige Gepflogenheit, zu Vizepräsidenten die Vertreter der Großmächte und zu Ansschußvorsitzcndcn Vertreter der kleineren Staaten zu wählen, ist diesmal inso fern durchbrochen, als der Vertreter Italiens den Vorsitz des ersten Ausschusses übernommen hat, dessen Hauptaufgabe der Beratung des Juristcnberichtcs über die Angleichung der Völkcrbundssatznng an de» Kclloggpakt gilt. Auf der vor läufigen Tagesordnung des dritten Ausschusses steht als wichtigster Punkt die Prüfung der Entwürfe des Sichcrheits- komitces. Dem vierten Ausschuß fällt u. a. die Behandlung der Reorganisierung des Völkerbundssekretariats zu. Dr. Curtius wird voraussichtlich erst in der nächsten Woche sprechen Mrende Wirtschaftler zu den Relchstagswahlen vraütmoickung uusoror Larltnor SokrUtlottuuo Berlin, 10. Sept. Eine Anzahl führender Wirtschaftler aller Gcwerbcgruppen und verschiedener politischer Richtung veröffentlichen zu den bevorstehenden Reichstagswahlcn einen Aufruf, in dem cs heißt: Die Wahl fällt in die Zeit bitterer Wirtschaftsnot und Unsicherheit, in eine in diesem Ausmaß bisher nicht erlebte Arbeitslosigkeit. Ursache dieser Nöte ist im Zusammenhang mit den Kriegstributverpslichtungen und den weltwirtschaftlichen Erschütterungen eine durch viele Jahre fortgesetzte Uebersteigcrung der öffent lichen Ausgaben und Ucbcrlastung der wirtschaftlichen Kraft. Um diese Krisis zu überwinden, muß endlich eine illusionSsrcie Politik der staatlichen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten durch- gefllhrt werden, die der freien Betätigung und der Krast- entfaltung der einzelnen Persönlichkeit möglichst Spielraum gewährt und die Gesetze der Privatwirtschaft beachtet, um auf volkswirtschaftlicher Grundlage die Voraussetzungen für eine Politik sozialer Gerechtigkeit und Wohlfahrt zu schaffen. DaS erfordert, daß jeglicher nicht unerläßliche öffentliche Aufwand vermieden wird, daß der Aufbau unseres Staats- und Ver- waltnngswcsenS vereinfacht, daß den wirtschaftlichen Unter nehmungen durch eine gesunde Finanz- und Wirtschaftspolitik Ertrags- und Kreditfähigkeit wiedcrgcgcbcn, Vertrauen ge weckt und so wiederum steigender Absatz und steigende Be schäftigung der Arbeitsuchenden ermöglicht wird, daß politische und wirtfchastliche Experimente vermieden und persönliche Verantwortung und Wirtschaftsführung gestärkt werden. Die Wahlen vom 14. September müssen sür eine solche Politik der Staats- «nd Wirtschaftsnotwendigkeiten die parlamentarische Grundlage schassen. Darum rufen wir Männer a»S den verschiedensten Zweigen der gewerblichen Wirtschaft alle auf. sich bet den Wahlen von nichts anderem lcUcn zu lassen, als von ernstestem staatlichem und volkswirtschaftlichem Verantwortungsbewußtscin, Wahlrecht als unabweisbare Wahlpflicht '« empfinden und auSziiüben und die Stimme den Männern und Frauen zu geben, die aus dem Boden der Verfassung ge mäß den hier aufgezeigten Richtlinien in positiver Mitarbeit sür die Rettung des Staates, sür die Stärkung der Volks wirtschaft einzutrctcn gewillt sind. Zu den Unterzeichnern dieses Aufrufs gehören u. a. Ernst v. Borsig, Berlin. Kommerzienrat Colsmann. Fried- irtchshafen. Dr. Hugo Eckener, Friedrichshafen, Geheimrat Karl Dulsberg, Abraham Fr owein, Kommerzienrat Louis Hagen, Karl Hantel, Gcheimrat Kastl, Kom merzienrat Krumbhaar, Franz v. Mendelssohn, Gcheimrat Stimming, Bremen, Gustav Heinrich, Dresden, Hermann Kästner, Dresden, Richard Wolf, EoßmannSdorf, Wilhelm Wittke, Niedersedlitz, Friedrich Nebel, Plauen, usw. WeWe und Belker wleber ln Saft genommen Altona, 10. Sept. Oberstaatsanwalt Dr. Gollnick stellte in der heutigen Sitzung des Bombcnlegerprozesscs den Antrag die Angeklagten Becker und Wcschke, die in den letzten Tagen oft in Versammlungen gesprochen und auch für heute eine solche angekündtgt haben, in Hast zu nehmen. Rechtsanwalt Dr. Lütgebrnne nimmt das zum Anlaß, mit längeren juristischen Ausführungen einen Gegenantrag zu begründen. Er sagt, es lasse sich darüber streiten, ob das Tun der Angeklagten geschmackvoll oder taktvoll sei, aber das verfassungsmäßige Recht der freien Meinungsäußerung dürfe nicht angetastet werden. Zudem sei cs nicht richtig, daß Weschkc und Becker Versammlungen „aubcraumt" haben. Oberstaatsanwalt Dr. Gollnick verteidigt nochmals seinen Antrag, und nach mehr akS einstünbiger Beratung wird der Beschluß verkündet, Weschke und Becker neuerdings in Haft z« nehmen, da aus ihrem öffentlichen Auftreten geschloffen werden müsse, daß sie Zeugen beeinflussen wollten. , Gin feiner Kommuniftenführer Berlin, 10. Sept. Wie aus Budapest gemeldet wirb, wurde in der Wohnung des kürzlich verhafteten kommunistischen Organisators Paul Fölbcs, der eigentlich Fcldmann heißt, fcstgestellt, daß dieser merkwürdige Kvmiuunistenfiihrer über nicht weniger als 40 feinste Anzüge, 45 Paar Schuhe und Riesenmengen von Scidenwäschc verfügt. Seine Sekretärin und Geliebte, die frühere Erzieherin der Prinzen Windisch- grätz. Emma Fink, hatte Uber 50 Kleider, 53 Paar Schuhe, 4 Pelzmäntel, 18 Hüte usw. Das Geschäft eines kommu nistischen Agitators scheint also seine« Mann zu ernähren. Vergeudete Stimmen Nicht weniger als 24 Parteien buhlen auch in diesem Wahlkampf um die Gunst der Wähler. Seltsame Gestalten nahen sich wieder, die in den Sumpfncbcln des Parlamen tarismus ihre Geschäfte machen möchten. Politische Sektierer, Ehrgeizlinge und Schwärmer, die auf die Dummheit ihrer Mitmenschen mit allzu gröblichen Mitteln spekulieren. Da tritt allen Ernstes in einigen Wahlkreisen die „deutsch-krist- liche mittelstandS-folkspartci" des „wandcrpredigers und tempelwächters son gottes gnaden" gustav naget auf. Da gibt es eine Partei, die den Intellektuellen, den Professoren und Doktoren, an den Kragen will, die „Ncichspartei des volks- schulgebilbeten Staatsbürgers". Für die Trinker gibt es eine feucht-fröhliche Alkoholipartet, und für die Mäßigen hat in dem „Sündenbabel" Berlin die „Partei gegen den Alkohol" Listen etngereicht. Dazu kommen noch die „Mcnschheitspartei", die „Partei der Parteilosen", die JBD., die Idealistische Be wegung Deutschlands für altruistisches Herzdcnken, für Natur heilbewegung. naturgemäße Lebensweise, Paneuropäische Union, Pazifismus, Körperkultur, Esperantismus, neue Sach lichkeit, Ncugeistlcrtum, Okkultismus, Lebcnskunst, Edel- und Vollmenschentum. Uff! Man muß schon einmal Luft schöpfen, wenn man die Litanei der Stammtische und Kaffeekränzchen politischer Klatschweiber beiderlei Geschlechts mit ihren lebens fremden und lendenlahmen Bekenntnissen zu einer schönereu Welt in einem Atemzuge hersagen will. Ueber ihrem Pro gramm steht das Motto: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen." Und tatsächlich, es klingt nichts so irrsinnig, cs finden sich immer wieder Leute, die dafür ihre Stimme zum Fenster hinauswerfen. Aber neben diesen Parteien der Antialkohol-, Mensch- heits-. Versetzten- und Lcbensrcformkomplexe gibt cs noch andere Splittergruppen, die sogar durchaus vernünftigen Menschen gefährlich werden können. Solchen Wählern näm lich, die einen politischen Dornröschenschlaf halten und die nun am Wahltag die Liste der Parteienauswahl durchgehen und dort ihr Kreuz einzeichnen, wo sie in harmloser Einfalt aus dem klingenden Namen sich die Vertretung ihrer Inter essen versprechen. Da gibt es beispielsweise im Wahlkreis Ostsachscn eine völlig belanglose Haus- und Grundbesitzer- Partei und einen Reichsbund des Mittelstandes. Hinter beiden Parteien steht nur ein ganz kleiner Kreis und keineswegs die großen Berufs- und Stanbesgruppcn, von denen stolz ihr Name zu künden scheint. Mancher unpolitische Wähler läuft nun Gefahr, seine Stimme an diese Parteien zu vergeben, weil er in völliger Unkenntnis darüber sich befindet, daß die Hausbesitzervereine und die Führer des Mittelstandes vor solchen Splitterparteien cinbringlichst gewarnt haben. Zu welchen Grotesken sich dieses politische Sektierertum einiger Stammtische auswachsen kann, dafür hat der Wahlkreis Schlesien ein Beispiel geliefert. Einige Leutchen kamen auf den Gedanken, eine Hausbesitzerpartei mit Zentral heizung zu bilden. Kaum war dieser höchst schlaue Gedanke geboren und der Ocffentlichkeit bekannt geworden, da bildete sich auch bereits eine neue Partei der Hausbesitzer ohne Zen- tralheizung. Mit Recht haben sich die Hausbcsitzervereine und die Mittelstandsvertretungen scharf gegen diesen groben Unfug gewandt, denn s i e haben ja den Schaden, wenn poli tische Einspänner auf diese Weise zahlreiche Stimmen zur Unwirksamkeit verurteilen. Bedenklich ist, daß die Zersplitte rung von Wahl zu Wahl gestiegen ist. Bei der Reichs tagswahl 1028 haben die Eigenbröteleien der oben gekenn zeichneten politischen Stammtische und Sekten nicht weniger als 830000 Stimmen gekostet. Das sind fast vier zehn Rcichstagssihe, die auf diese Weise glatt unter den Tisch gefallen sind. Das ist um so bedauerlicher, weil dieser Stimmvcrlust zum allergrößten Teil auf Kosten der nationalen Parteien geht. Die Angehörigen der marxi st Ischen Parteien leisten der Zersplitterung, wie sie aus dieser Seite von Oppositionsgruppcn gegen die offiziellen Parteileitungen auch schon versucht worden sind, keinen Vorschub. Man wählt auf der marxistischen Seite einfach keine Absplitte rungen. Das überläßt man denjenigen nationalen Wählern, die immer noch nicht missen, daß jede verlorene Stimme rechts ein Gewinn für die Linke sein m u ß. Die Zersplitterung in kleine und kleinste Parteien ist viel fach der Unkenntnis über die Erfordernisse der Mandatsver- tctlung zuzuschreiben. Man weiß zwar, daß sür ein Mandat 60 000 Stimmen benötigt werden. Aber vielfach ist man sich nicht darüber klar, daß diese 60 000 Stimmen nicht in ganz Deutschland, sondern in einem einzigen Wahlkreis aufgebracht werden müssen. Auch die Neichölisten, aus denen die Rcststimmen verwertet werden, kommen nur größeren Parteien zugute. Denn jede Partei erhält nur soviel Mandate auf der Retchsltstc angcrcchnct, wie sie in den Wahlkreisen erobert hat. Ein Beispiel zeigt das: Die VvlkS- rcchtpartet, die sich der geschädigten Rentner »nd Lparerannahm, hat gewiß sür ihre Agitation eine» günstigen Nährboden in ganz Deutschland während der letzten Neichstagsivahl gefun den. In der Tat gelang es ihr auch, 482 165 Stimmen zu erreichen. Das wären normalerweise acht Rcichslagssitzc. Bekommen hat die Volksrechtpartet aber nur zwei Mandate. Warum? Weil sie nur im Wahlkreisvcrband Sachsen die nötige Stimmenzahl von 60 000 erreichte. Also konnte sie zu