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Nummer j4. Freitag, 6. März 1V14. 68. Jahrgang. Der Sach IW Lrzäljler Bischofswerdaer Tageblatt. I«serat» u»» Abo»«eme»is-Beftell»«gen nimmt entgegen in Bautzen: Weller'fche Buchhandlung, Schulstratze 9. Abonnements-Bestellungen werden angenommen in der Geschäfts stelle Altmarkt 15, sowie bei den Zeitungsboten in Stadt und Land, ebenso auch bei allen Postanstalten. — Nummer der Zeitungsllste 8587. — Schluß der Geschäftsstelle abends 8 Uhr. Mit de« Wöchentlichen Beilagen: dienstags: Belletristische Beilage; Donnerstags: Der Sächsische Landwirt; Sonntags: Illustriertes Sonntagsblatt. Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft, der Königlichen Schulinspektion und des Königlichen Hauptzollamtes zu Bautzen, sowie des Königlichen Amtsgerichts.und des Stadtrates zu Bischofswerda, und der Gemeindeämter des Bezirks. Anzeigeblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend, sowie für die angrenzenden Bezirke. Aeltche» Blatt im Bezirk. Erscheint seit sgqs. Telegr.-Adr.' Amtsblatt. Fernsprecher Nr. 22. Erscheint jeden Werktag abends für den folgenden Tag. Der Be« »ugspreir ist einschließlich der 3 wöchentlichen Beilagen bei Abholung en der Exprdtton vierteljährlich 1 Mk. 50 Pfg., bei Zustellung dm Hau« 1 Mk. 70 Pfg.; durch die Post frei ins Haus viertel« jährlich 1 Mk. l«2 Pfg., am Postschalter abgrholt 1 Mk. 50 Pfg. Einzelne Nummern kosten 10 Pfg. Anzeigenpreis: Die 5gespaltene Korpuszeile oder deren Rmrm 12 Pfg., für Inserate von außerhalb des Verbreitungsgebiete» 15 Pfg. Die Reklamezeile 30 Pfg. Geringster Inseratenbetrog 40 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt nach aufliegendem Tarif. Erfüllungsort für beide Teile Bischofswerda. Festbestellte Inseraten« Aufträge können nicht zurückgezogen werden. Dienstag, den 10. May 1914: Viehmarkt in Pulsnih. Das Neueste vom Tage Die Wahlprüfungskommission des Reichstags hat gestern beschlossen, die Wahl des Abg. Hoesch (Kons.) in Stendal- Osterburg für ungültig zu erklären. O Die Erste Ständekammer verhandelte am Mittwoch unter anderem über die Durchsührnng des Wassrrgesetzes. Dir Beisetzung des Kardinal-Fürstbischoss Dr. v. Kopp erfolgt am Dienstag in Breslau. In den von den griechischen Truppen verlassenen Gegen den Albaniens wurde ein unabhängiges Nordepirns prokla miert. (Weitere Nachrichten unter Letzte Depeschen.) Die Zukunft Etsatz-Lothringens. Wer erwartet hatte, daß die elsaß-lothringische Bevölke rung sich eines Besseren besinnen und die Vorkommnisse von Zabern und alles, was sich daran Unerquickliches anknüpfte, durch eine erhöhte Betonung der Zusammengehörigkeit zum Deutschen Reick)« und die Bekräftigung gutdeutschen Sinnes vergessen zu machen suchen würde, steht heute bereits Vor einer bösen Enttäuschung. Nicht nur die Hetze in der deutsch feindlichen Presse derHerren Wetterlö und Konsorten nimmt ihren Fortgang, sondern auch das elsaß-lothringische Parla ment zeigt nicht den geringsten guten Willen, einzulenkeu. Die Gründung einer „Gesellschaft zur Verteidigung Eisatz- Lothringens" gar läßt erkennen, daß man sich im Reichs lande fast in den Gedanken eingesponnen hat, man sei zu Unrecht von altdeutscher Seite angegriffen worden und be suche sich in berechtigter Verteidigung. Daß alles das bei der elsaß-lothringischen Bevölkerung, wenigstens bei dem Teile derselben, bei dem die Feindschaft gegen Altdeutsch land festgewurzelt und fast Prinzip geworden ist, eine üble Rückwirkung haben muß, ist selbstverständlich. Als schlagen der Beweis dafür können die in der letzten Zeit sich wieder häufenden Beschimpfungen der deutschen Uniform und die tätlichen Angriffe auf Militärpersoneu gelten, die in Straß burg bereits dazu geführt haben, daß die militärischen Posten außerhalb der eigentlichen Festung in Zukunft nur noch mit geladenem Gewehr ihren Dienst versehen, werden. Man geht kaum zu weit, wenn man Jagows Wort von dem „fast in Feindesland" heut« in dem Sinne nimmt, daß unsere Soldaten in Elsaß-Lothringen tatsächlich beinahe ebenso an gefeindet werden, als wenn sie sich in einem feindlichen Lande befänden. Daß derartige Verhältnisse nicht lange anüauern kön- nen, ohne schweren Schaden und Unheil zu stiften, liegt auf der Hand. Man wird ja der neuen elsaß-lothringischen Re gierung keinen Vorwurf daraus machen dürfen, daß sie nicht eine Politik ad irato im Reichslandc eingeführt und sofort die schärfsten Saiten aufgezogen hat, zumal noch der Statt halter an der Spitze der Regierung steht, unter dem sich die Dinge in Zabern ereigneten, aber man wird doch nachge rade erwarten dürfen, daß die Nachfolger der Zorn von Bu lach, Dr. Petri usw. der andauernden Verhetzung und ihrru zutage tretenden schlimmen Folgen gegenüber allmählich anfangen, das Wort des Reichskanzlers wahrzumachen, daß in Elsatz-Lothringen noch viel, sehr viel zu tun sei, um wie der zu normalen Verhältnissen zu gelangen, und dah nur eine gerechte aber feste Regierung eine gedeihliche Entwick lung des Reichslandes zu verbürgen vermöge. Die Erklä rung deS Staatssekretärs, dah an die elsah-lothringische Re- j gierung bis jetzt eine Anfrage wegen einer Verschärfung der geltenden Bestimmungen über die Presse und die Versamm lungen nicht erfolgt sei, ist von den deutsch-feindlichen Blät tern im Lande sofort als eine Art Zusicherung von Straf losigkeit aufgefaßt und — widerspruchslos — verwertet wor den, was natürlich nicht verfehlt hat, den Franzosenfreun- den Mut zu machen. Auch die Art und Weise, wie dieser Tage im Reichstage ein Vertreter der elsaß-lothringischen Regie rung die Frage der Mosel- und Saar-Kanalisation behan delt hat und dann dem als Chef der Verwaltung der Reichs eisenbahnen sungierenden preutz. Eisenbahnminister v. Brei tenbach entgegengetreten ist, war unseres Erachtens nicht ge eignet, die elsaß-lothringische Regierung als von dem Be wußtsein erfüllt zu zeigen, daß sich das Reichsland unter allen Umständen dem Reiche unterznordnen habe. Und wenn dieser Vertreter der elsaß-lothringischen Regierung — aller dings zunächst nur in Bezug auf die in Rede stehende wirt schaftliche Frage — davon sprach, daß das Reich die von El- saß-Lothringen dargebotene Hand leider nicht angenommen habe, so sind das Redewendungen, die gerade jetzt durchaus nicht angebracht sind, da sie nnr dazu beitragen können, die elsaß-lothringische Bevölkerung in ihrem Dünkel zu bestär ken und den Glauben bei ihr zu festigen, daß nicht sie dem Reiche, sondern das Reich ihr zu Dank verpflichtet sei. Wohin wir auf dem Wege der „Versöhnlichkeit" in Elsatz-Lothringen gekommen sind, das hat Zabern nnr zu deutlich gemacht; wohin wir mit einer Wetterführung dieser „Versöhnungspolitik" gelangen werden, das lassen die sich mehrenden Beschiinpfungen und Angriffe gegen Angehörige des Heeres erkennen. Es ist wirklich an der Zeit, daß die „gerechte, aber feste Regierung" in Elsatz-Lothringen das Staatsrudcr in die Hand nimmt, die uns der Reichskanzler verheißen hat, wenn nicht die ganze Zukunft des Reichslan des in Frage gestellt werden soll. Konsumvereins Gründungen. Triumphierend meldet die sozialdemokratische „Volks stimme" (Nr. 61 vom 1. März 1914), daß die neue Flei scherei des Konsumvereins Magdeburg am 27. Februar offiziell iu Betrieb genommen worden ist. „Tie Fleischerei", rühmt sie, „unzweifelhaft der größte Betrieb seiner Art in Magdeburg, ist untergebracht in einem großen neuen Gebäude von 803 Quadratmeter Grundfläche. Insgesamt haben die Fleischereiräume eine Nutzfläche von 1400 Quad ratmetern. Darüber hinaus stehen Neserveräume zur Er weiterung zur Verfügung. Ter Betrieb ist natürlich mit den modernsten Maschinen und Einrichtungen ausgerüstet." Es folgt dann eine genaue Schilderung der Anlagen und Ma schinen, der Ausstattung und des sonstigen Komforts. Bes seres und Schöneres könnte sich auch ein Großkapitalist nicht leisten. Mit einem Appell an die Mitglieder des Vereins schließt der selbstbewußte und klassenkampffrohe Artikel: „In wenigen Tagen wird die Fleischerei, deren Anlagekosteu rund 270 000 betragen, voll im Betrieb sein. In etwa 3 Wochen können auch die ersten Fleischerläden des Konsumvereins eröffnet werden. Die Fleischwaren werden natürlich auch durch die übrigen Lager des Vereins vertrie ben. An den Mitgliedern wird es nun liegen, dafür zu sor- gen, daß der Betrieb seinen Einrichtungen entsprechend auch glänzende Leistungen vollbringen kann." Wieder ist mit dieser Fleischerei eine von den vielen Unternehmungen der Sozialdemokratie ins Leben getreten, die den ausgesprochenen Zweck haben, nicht etwa bloß die tvirtschaftliche Kraft ihrer Anhänger zu stärken, sondern viel mehr den festesten Pfeiler der Autorität und der deutschen Gesinnung, den Mittelstand in der Stadt, zu erschüt tern und zu unterminieren. Di« Konsumvereins-Fleischerei in Magdeburg stellt sich als gefahrbringender Schädling des Mittelstandes neben die Konsumvereins-Bäckerei in Dessau, von welcher Abgeordneter Peus — es war am 25. Novbr. 1913 — im Reichstag, als er das hohe Lied sozialdemokrati scher Wirtschaftspolitik sang, lobend hervorhob, daß sie zwar 30—40 Bäckermeister um die Existenz gebracht, aber 4000 Arbeiterfamilien jährlich je 10 Ersparnisse beschert habe. Nicht zufrieden damit, eine Million organisierter Ge nossen neben mehr als drei Millionen von Mitläufern um das blutrote Banner des Umsturzes gesammelt zu haben, nicht zufrieden damit, auch die Freunde des Radfahrens, Singens, Ruderns, Kegelns, Turnens, soweit sie Sozial demokraten sind, in besonderen sozialdemokratischen Sporr- nnd Vergnügnngsvcreinen von dem Bürgertum abgesondert zu haben, strebt die Sozialdemokratie nach einer kapitalistisch begründeten wirtschaftlichen Macht. Ihre freien Gewerkschaften stellen 2s,4> Millionen organisierter Arbeitnehmer als festgefügtes KampfeSheer den Arbeit gebern entgegen und zwingen ihnen, zumal den kapitalschwa chen „Selbständigen" im Mittelstände, ihre harten Bedin gungen auf. Gerade der Mittelstand, der unter den Lasten der Sozialpolitik schier znsammcnbricht, der, falls er nicht in der Selbstversicherung ohne Staatshilfe, ohne Zuzahlung seitens anderer eine Rente sich sicherstellte oder Ersparnisse machte, auf seine alten Tage auf Almosen angewiesen ist, darauf Verzicht hat leisten müssen, Herr im eigenen Hause zu sein. Diesen „Machtkitzel" haben ihm die freien Gewerk- fclmften mit ihren 80 Millionen Mark Vermögen nnd ihren 82 MÜllionen Mark Jahreseinnahmen längst auSgetrieben; und wenn er dig Charybdis des Boykotts glücklich vermieden, gerät er uni so sicherer in die Szylla des Streiks mit seinen: Terror gegen Arbeitswillige. Aber nicht bloß seine Autori tät, seine Selbständigkeit, seine Freiheit verkümmern ihm die erbarmungslosen Schachzüge der Sozialdemokratie, auch seine Existenz, seine Konkurrenzfähigkeit setzt sie mit ihren K o n s u mvereins g r ü ndunge n matt. Ter Mittelstand, der auf der einen Seite einen erfolg armen Kampf auf Leben nnd Tod mit den übermächtigen Konkurrenzbetrieben des Großkapitals zu führen hat, muß also auf der anderen Seite ebenso schwer ringen mit der ständig wachsenden Wirtschaftsmacht der Sozialdemokra tie. Ob die Ttaatsregiernng, welche jetzt Schluß gemacht hat mit der Sozialpolitik, die dem Arbeiterstande zugute kam, nun großzügig mit einer zielbcwußtcn M i t t c l st a nd s p o l i t i k den Anfang machen wird? Versprochen hat sie es, alle rechtsstehenden Parteien werden ihr zur Seite stehen, sobald sie damit Ernst macht. Sowohl gegen die Ucberinacht des Grotzspekulantentums muß der Gesetzgeber den Mittelstand schützen, wie gegen die Ueber- macht und den Uebermut der Sozialdemokratie, deren Füh rer Peus an den: gleichen Tage, was nickt oft genug wieder holt werden kann, brutal, aber ehrlich erklärte: „Es ist wirt schaftlich und sozial durchaus kein Unglück, wenn die arm seligen, durch und durch abhängigen, elenden wirtschaftlichen Eristenzen des sogenannten kleinen Mittelstandes verschwin den." DerMcker ReichStsq Zu Beginn der Mittwochs-Sihung des Reichstages gab Kriegsminister v. Falkenhayn bekannt, daß die Duell-In terpellation im Laufe der nächsten Woche beantwortet werde. Nachdem dann noch, übrigens bei ziemlich mäßiger Besetzung des Hauses, die Abstimmungen zum Marine- und Reichs- eisenbahnotat vorgenommen waren, die keinerlei Ueberra- schlingen brachten, wurde die Beratung deS Postetats bei fast leerem Hause fortgesetzt. Das Bild war im allgemeinen das- selbe wie gestern. Staatssekretär Kraetke erntete allgemein Anerkennung, untermischt mit einer Reihe von Wünschen,