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Voiglländisä)cr Anzeiger. Amtsblatt für das Köniqliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Mnsundsiebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnement-prei-, welcher pr«««- l--mcko ;u entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingebcn, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpusZeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei lHerrn Rathskellerpachter A. Oschütz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Lhausseegelder-Tinnehmer Holzmüller. Zeitungen. 8 a ch l e u. Se. Majestät der König hat am 2 t. die Werdauer Waldung, nach der Rückkehr in die Stadt Zwickau aber die Marienkirche, die Strafanstalt, die BereinSbrauerei, die Caserne, das Rathhaus, wo eine locale Gewerbausstellung veranstaltet war, den Schwanenteich (zu Fuß) und das Kreiskrankenstlft besucht. Abends fand Fackelständchen und theilweise Illumination statt. Die Decoration der Stadt war reich, die Begrüßung seitens des Volkes äußerst herzlich und lebhaft. Abend ist Se. Maj. über Werdau, Gößnitz und Chemnitz wieder nach Pillnitz zurückgekehrt. Der erste Landdiaconus in Plauen, Herr Wagener, ist zum Pfarrer in Görnitz bei Lobstädt (wo einst Dinter wirkte), befördert worden. In Altenberg im Erzgebirge und den dortigen umliegenden Dörfern sind die Masern epidemisch aufgetreten und haben namentlich aus den Dörfern Augenübel bei Kindern hinterlassen. Der Psycholog Bossard — „zum Wohle der Menschheit"— scheint in Meißen, wo er während des dortigen Vogelschießens gegenwärtig seinen ,,Tempel der Weisheit" neben einem, wie er klagt, „zehnmal größern und mit dem besten Platze bedachten Affen-Circus" aufgeschlagen hat, schlechte Geschäfte zu machen, indem er in drei Tagen nur 35 Neugroschen eingenommen zu haben öffentlich kund giebt und bittet, ihm die zwei letzten Tage seines dortigen Aufenthalts „doch einige Gunst als Vater und Mensch" zukommen zu lasten rc. Württemberg. Stuttgart, 25. Juni. Heute früh 5 Uhr ist Se. Majestät König Wilhelm I. von Württemberg auf dem nahen Schlosse Rosenstein gestorben. (König Wilhelm I. war geboren am 27. September 1781 und trat die Re gierung am 30. October 1816 an. Der Thronfolger, Kronprinz Karl, ist am 6. März 1823 geboren. Derselbe ist mit Großfürstin Olga von Rußland vermählt und weilt gegenwärtig in Kissingen.) Oesterreich. Wien, 23. Juni. Am verflossenen Montag bereits eröffnete Kaiser Na poleon dem Lord Cowley, daß er das Amt eines Schiedsrichters, falls es ihm etwa angetragen werden sollte, nicht übernehmen könne; gleichwol sah daS eng lische Kabinet, trotzdem es auch fast gleichzeitig erfuhr, daß die deutschen Mächte sich weigern würden, über ihre Forderungen durch einen Schiedsrichterspruch entscheiden zu lassen, nicht ohne Hoffnungen der Mittwochs-Sitzung der Con- ferenz entgegen, denn es durfte voraussetzen, daß man wenigstens sich darüber einigen werde, eine freundschaftliche Vermittlung anzunehmen und damit noth wendigerweife den Waffenstillstand. Das englische Kabinet war dießmal am wenigsten darauf gefaßt, daß alle seine Pläne von dänischer Seite durchkreuzt werden würden, denn ein Handschreiben des Königs Christian an die Königin Victoria, welches dieser Tage in London einlief, sprach die Geneigtheit zu TranS- actiou.n in unzweideutigen Worten aus. Aber das Ministerium ist mächtiger als der K^nig. Während der dänische Conferenzgesanvte, Herr von Quaade, gestern die Conferenz mit seinen neuen Instructionen überraschte, händigte Herr v. Bille, der ständige Gesandte Dänemarks, der Königin ein zweites Hand schreiben des Königs ein, worin er erklärte, so schwer eS ihm falle, so müsse er doch sein früheres Schreiben widerrufen; er vermöge nichts als sich bereit erklären, dem Frieden Europa's das Opfer seiner Krone zu bringen! — Da- regierende Ministerium in Kopenhagen will den Krieg. Sei eS drum! Die Verhängnisse werden sich also erfüllen und über Schleswigs Geschicke durch das Schwert entschieden werden. Dann kann aber wenigstens von der Theilung Schleswigs keine Rede mehr sein. Preußen. Berlin, 25. Juni. Der heutige Tag wird darüber entscheiden, ob die Würfel des Krieges aufs Neue rollen müssen, und das Bewußtsein, daß der neu entbrennende Kampf wahrscheinlich über die Dimensionen deö bisher geführten weit hinausgreifen wird, läßt uns mit höchster Spannung das Resultat dieser „auf Janus' Schwelle" gehaltenen Conferenz erwarten. Es ist kürzlich wieder holt darauf hingewiesen, daß ein Krieg zwischen Deutschland und England diesem schwerere Wunden schlagen werde, als uns, daß die Blokade unserer Küsten eine Waffe sei, die England gegen uns zücken, aber im eigenen Fleische schmerzhaft empfinden werde, während unser Handel zum großen Theile den Weg mittelst der Eisenbahnen über Holland, Belgien und Frankreich nehmen dürfte; daß England seinen dänischen Schützling aber mittlerweile werde zu Grunde gehen sehen, da die Occupation des dänischen Festlandes und dessen Heranziehung zu Contributionen mit aller Strenge, und ohne daß die verbündeten Inselmächte eS hindern könnten, werden durchgeführt werden. Es ist weiter, und mit vollem Rechte, daran erinnert, daß wir schwerlich den Kampf mit England lange ohne Bundesgenossen auf unserer Seite zu bestehen haben möchten, und daß, wen« die nur zu gegründete Befürchtung, Oesterreich könnte sich passiv verhalten, zur Wahrheit würde, nur um so rascher Frankreich, vielleicht auch Rußland gegen die perfide und zur See übermächtige Inselmacht Front machen dürfte. Eia Anlaß, eine günstige Gelegenheit ist erwünscht, wenn tief gefühlte Gründe lange zum Entschlusse gedrängt haben. In Tunis stehen sich Frankreich und Eng land scharf gegenüber, die orientalische Frage drängt mehr und mehr, in Egyptea bekämpfen sich die entgegengesetzten Interessen der beiden Mächte, Mexico, Pole» und der abgelehnte Cougreß-Vorschlag fordern Frankreichs Haß gegen den ränke süchtigen Nachbarn heraus und während in ganz Europa die Fürsten gegea Britannien Groll hegen, weil es der Freiheit mit Worten dient, blicken die Völker mit Mißachtung auf die Meerbeherrscherin, die niemals wagt, mit der That ihre Worte zu vertreten. Auf diesen Punkt aber wollten wir Hinweisen. Es ist so hergebracht, das „Land der Erbweisheit" als die Feste des Liberalismus und daS einzige Bollwerk Europa's gegen die Wiedererstehung eines tyrannischen Absolutismus oder Aristokratismus zu betrachten, und England hat gewrß, in dem eS drei Jahrhunderte lang gegen die Pläne einer europäischen Universal- monarchie und päpstlichen Zwingherrschaft gegen die furchtbaren Kraftanstrenguogen der romanischen Mächte siegreich Stand gehalten hat, sich ein hohes Verdunst um die Menschheit, eine gewaltige Ehrenkrone in der Geschichte erworben. A^er im neunzehnten Jahrhundert ist nicht mehr die Sache der Freiheit von ein-m einzelnen Staate abhängig. Die Völker Europa» haben jetzt ein jede- de- Selbstbewußtseins und der Erkenntniß eigendster Krast genug, um au- sich selbst Dienstag. 1«» SS. Juni 181». Mit Nr. 1V3 beginnt ein neues Quartal. Wir ersuchen unsere geebrten Abonnenten, ihre Bestellungen rechtzeitig zu machen, damit keine Unterbrechung in der Zusendung eintritt. Die Vxp. des Boigtl. Anz.