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Donnerstag. — Nr. 281. — 2. December 1858. QiPli<. Di, Ztitu»g n schnitt «tt *»«»»«>»« de« Oonntag« tilglich nachmittag« st» de» folgenden Tag. prei» st» da« Bieneljahe I'/, THIr.; jede «inzelne Nnmmer I Ngr DtiWk AllMckr Zcitniz. «Wahrheit und Recht, Freiheit »ud Gesetz!» Zn beziehe» dnrch alle P»e- tmter de« Zn- and Auslände«, sowie durch die lllpedttiou in Leipzig (Querstraße Sir. «I Lnsertio««gebühr fär den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschland. Frankfurt a. M., 27. Nov. Die Kasseler und die Mittelrheinische Zeitung enthielten gleichlautend die Nachrichten, in der letzten Bundestags- fitzung sei ein Antrag Hannovers auf Wiederherstellung Rendsburgs als BundeSfestung eingebracht worden und in den nächsten Tagen werde ein preußisches Regiment den Marsch nach Rastadt antreten. (Nr. 277.) Diesen Mittheilungen tritt daS Frankfurter Journal mit folgender Bemer kung entgegen: „Das Bundesrecht gestattet nicht, einem Bundesgltede gegen seinen Willen eine BundeSfestung zu octroyiren; Dänemark aber wird seine Einwilligung nicht dazu geben. Ein solcher Antrag ist von Hannover nicht gestellt worden. WaS die Einigung zwischen Oesterreich und Preußen über die rastadter Besatzungsfrage betrifft, so ist diese nür negativer Na tur. Oesterreich hat seinen Antrag auf Sanctionirung des faclisch bestehen den Verhältnisses durch die Bundesversammlung zurückgezogen, nicht aber die.Zustimmung zu Preußens Mitbcsatzung schon ertheilt." Preußen. Die Preußische Zeitung bringt folgenden Artikel: Die am 23. Nov. vollzogene Neuwahl des Abgeordnetenhauses hat unter günstigern Umständen stattgefunden, als sie bisher eine allgemeine Wahl in Preußen begleiteten. Die beiden .ersten Proben dieser Art in den Jahren 1848 und 1849 gingen unter der starken Pression der politischen Erschütterungen vor sich, welche den größten Lheil des europäischen Continents heimsuchten, und konn ten schon deshalb nicht als der ungetrübte Ausdruck der Stimmung des Landes be trachtet werden. Als die dringende Gefahr revolutionärer Umwälzungen beseitigt war, entwickelte sich, vielleicht aus dem unvermeidlichen Rückschlag, der solchen Zuständen nach dem politischen Naturgesetz folgen muß, eine steigende Beeinflussung der Wahlen durch gouvernementale Mittel. Die jetzige Verwaltung hat das Ihrige gethan, um die U»elstände, welche sich namentlich bei den Wahlen des Jahres 1855 herausgestellt hatten, zu beseitigen. Es sind, unsers Wissens, keine Klagen laut geworden, daß ungehörige bureaukratische Einwirkungen zu Gunsten des Mi nisteriums stattgehabt hätten. ES ist somit seitens der Regierung alles geschehen, um die diesmaligen Wahlen zum unabhängigen und unverfälschten Ausdruck der Stimmung des Landes werden zu lassen. Sie hat dabei mit vollem Vertrauen darauf gerechnet, daß der gesunde Sinn des preußischen Volks sich auch unter Ver hältnissen bewähren werde, welche eine unleugbare politische Bewegung hervor riefen. Sie hat sich damit begnügt, den moralischen Einfluß, der ihr Recht und zugleich ihre Pflicht ist, dadurch auszuüben, daß sie vor dem Lande ihren Stand punkt scharf bezeichnete und sich gegen jede Mißdeutung verwahrte, welche partei süchtige Bestrebungen und übertriebene Erwartungen, sei es von rechts oder links, ihrer Politik und ihren Absichten zu geben drohten. Das Ergebniß der Wahlen, so weit deren wirklicher Charakter sich jetzt übersehen läßt, berechtigt zu der An nahme, daß das von der Regierung geschenkte Vertrauen nicht getäuscht worden ist, daß dieselbe hoffen darf, in der jetzt gewählten Landesvertretung eine feste Unterstützung zu finden, die nicht auf politischer Abhängigkeit, sondern auf der gerechten Wür digung und dem richtigen Verständniß der von ihr verfolgten Zwecke beruht. Diese Hoffnung wird sich verwirklichen, wenn der Landtag die gegenwärtige Situation und zugleich die Aufgabe klar erkennt, welche durch das Wesen und die unveräu ßerlichen Grundbedingungen der preußischen Monarchie ihm zugewiesen wird. Es ist die Pflicht des Ministeriums, die Prärogative der Krone und die monarchische Autorität zu wahren und zugleich die Gesetze und die in der Verfassung dem Lande ertheiltcn Rechte gewissenhaft zu beobachten. Dieser doppelte Gesichtspunkt zeichnet ihm und der Landfsvertretung die Regel ihre» beiderseitigen Verhaltens vor Der Regierung muß die selbständige Leitung der allgemeinen Politik und der Verwal tung Vorbehalten, bleiben. Sie kann sich hierin nicht von der Initiative politischer Parteien und dem wechselnden Hin und Wider, welches der Kampf derselben er zeugt, bestimmen lassen. Eine Parteiregierung ist gegen das Lebensgesetz der preu ßischen Monarchie, daS ebenso sehr aus dem ganzen Verlauf ihrer Geschichte ent springt, als eS durch ihr innerstes Wesen und durch ihre pölitische Stellung in mitten des europäischen StaatensystemS geboten wird. Diese Auffassung entspricht dem tiefsten Bewußtsein der preußischen Volks selbst, und-wir sind überzeugt, daß sie auch von der Mehrheit des neugewählten Abgeordnetenhauses gethcilt werden wird. Der LandeSvertretung bleibt ein reiches Feld der Wirksamkeit offen. Sie hat der Regierung gegenüber die Wünsche und Interessen deS Volks in allen all gemeinen LandeSangelegenheiten zum Ausdruck zu bringen, und außerdem gibt ihr die Verfassung die entscheidende Mitwirkung bei der Gesetzgebung und Besteuerung sowie die Control« des Budgets. Auf diesem Gebiet kann sie eine gedeihliche Lhä- tigkeit entfalten, zum Rutzen der Krone und deS Lande« sowie zu ihrer eigenen Ehre, ohne darüber hinauszustreben. Auf gegenseitiger Achtung ihrer Rechte und Pflichten beruht das einträchtige Zusammenwirken zwischen Regierung und Landes vertretung, und wir geben uns der Hoffnung hin, daß ein solche« zwischen dem Ministerium und dem Landtage sich herausstellen, daß auf diesem Wege die Ent wickelung unserer Institutionen zum Wohle de« ganzen Volks gefördert und ihr Bestand auf festem Grunde gesichert werden wird. Herlin, 30. Nov. Auf gewisse intime Beziehungen, welche zwischen gewissen Leuten und dem russischen Nord bestanden zu haben scheinen, wollen wir, obgleich wir ein MehrereS darüber wol sagen könnten, ab sichtlich nicht eingehen; wir begnügen uns, einfach zu constatircn, daß die Politik deS Hrn. v. Manteuffel in jenem russischen Blatte stets die wärmste Vertheidigung und Stütze gefunden hat, und daß, bei der Stellung, welche daS Blatt einnimmt, ein solches Verhalten wol schwerlich hätte stattfinden können, wenn die Petersburger Politik im allgemeinen nicht Ursache gehabt hätte, mit der Politik unser- frühern Premier zufrieden zu sein. Jetzt, dem neuen Minister deS Auswärtigen gegenüber, scheint das Verhältnis mit einem male ein anderes geworden zu sein, worüber wir uns durchaus nicht wundern. Ein fpecieller Grund, mit Preupen unzufrieden zu sein, möchte zwar noch nicht horlicgen; allein man scheint auf russischer Seite der Ansicht zu sein, daß man das neue Ministerium in Preußen, von rus sischem Standpunkte aus, schon an und für sich mit unzufriedenem Auge betrachten müsse; und hierin möchte man, je nachdem die Umstände sich in Zukunft etwa fügen, auch allerdings so ganz unrecht nicht haben. Man braucht sich in dieser Beziehung z. B. nur die bekannte Aeußcrung inS Gc- dächtniß zurückzurufen, die der jetzt wieder zum Kriegsminister ernannte General v. Bonin damals, als er ebenfalls Kriegsminister war, in einer Eommissionssitzung des Abgeordnetenhauses über die von einer Seite be sorgte Eventualität eines etwaigen Anschlusses Preußens an Rußland ge than hat. Wir haben darum auch gar nichts dagegen, wenn man es rus- sischerseitS geradezu zu verstehen gibt, daß man das vorige Ministerium lieber am Ruder gesehen habe als daS gegenwärtige; eS ist das eine An sicht, die Rußland für sich haben darf, während wir in Preußen uns ja eben darüber zu freuen haben, daß ein solcher Wechsel in der Leitung der - preußischen StaatSgeschäfte stattgefunden hat. Wenn man aber rufsischer- seitS weiter geht und bereits zu dem Mittel perfider Insinuationen gegen die neue Regierung greift, so muß dem wenigstens insoweit entgegengetretcn werden, als nöthig ist, um das Publikum über die Tendenz dieser Insinua tionen aufzuklären. Das Mittel dazu geben die angeblichen Besorgnisse Oesterreichs für seine italienischen Provinzen, resp. seine angeblichen Bemü hungen ab, für dieselben eine Garantie bei den deutschen Regierungen und namentlich bei dem diesseitigen Cabinet zu erwirken. Wir halten es an und für sich durchaus nicht für unwahrscheinlich, daß Oesterreich ein solches Ziel mehr oder weniger wirklich verfolge. Wir können das indessen auf sich beruhen lassen, da es in dem vorliegenden Fall nur auf die wunderliche Insinuation ankommt: Hr. v. Manteuffel habe für die betreffenden Wünsche Oesterreichs immer ein taubeS Ohr gehabt; darum freue man sich in Wien denn so sehr über die Entlassung deS Hrn. v. Manteuffel. Selbstverständlich schließt das die Andeutung in sich, daß man in Wien Ursache zn haben glaube, Hrn. v. Schleinitz für die österreichischen Wünsche günstiger gestimmt zu finden. Hrn. v. Manteuffel, den starken Mann, der bekanntlich immer einen Schritt zurückwich, Hrn. v. Schleinitz als ein Muster preußischer Energie und Festigkeit gegenüberstellen wollen — ist das nicht vollkommen lächerlich? Wir denken, Hr. v. Schleinitz sowie die neuen Minister überhaupt werden hinsichtlich der Festigkeit ihrer Amtsführung und der ihnen obliegenden Wah rung preußischer und deutscher Interessen einen Vergleich mit Hrn. v. Man teuffel schließlich wol aushalten können, auch wenn sie vom Kaiser von Ruß land keine Porzellanvasen zum Geschenk erhalten sollten. Mag indessen die lächerliche Seite der Insinuation ebenfalls auf sich beruhen; unser Zweck geht zunächst nur dahin, die hämische Verdächtigung zu constatircn, welche man auf diese Weise gegen die neue Regierung hat zu Tage fördern wollen. Wir thun dies in gewissem Sinne mit großem Vergnügen, denn es kann uns natürlich nur die größte Befriedigung gewähren, wenn man auf russischer Seite glaubt, der gegenwärtigen neuen Regierung den Hrn. v. Manteuffel als Muster entgegenhalten zu müssen; wir wollen indessen einem bekannten, von der russischen Regierung engagirtcn und besolde ten Schreiber, welcher die bezüglichen Correspondenzen von hier auS für den Nord besorgt, entschieden anrathen, für seine Dienstleistungen ferner nicht mehr den Deckmantel einer angeblichen Vertretung Preußischer und deutscher Interessen zu borgen. Denn wenn derselbe Schreiber z. B. fort fährt: „Was liegt daran, daß Oesterreich seine italienischen Besitzungen ver liere und so eine Züchtigung erhalte für sein Verhalten in den letzten Jahren?" so ist daS eine Phrase, deren Verwirklichung allerdings in den Wünschen der russischen Diplomatie liegen mag, gegetr welche aber vom all gemeinen deutschen Standpunkte der entschiedenste Protest erhoben werden muß. AuS allen diesen Gründen müssen wir uns auch entschieden dafür bedanken, daß der Nord in der rastadter Besatzungsfrage daS Interesse Preußens bei dieser Gelegenheit nochmals vertreten wolle. Preußen wird sein Recht und sein Interesse ohne die Hülfe des Nord zu wahren wissen; was das russische Blatt eigentlich will, das ist nicht das Preußische Interesse, sondern Uneinigkeit zwischen Preußen und Oesterreich, welche Uneinigkeit stets die Vorbedingung des russischen Interesses ist. Im übrigen ist eS hier eine bekannte Sache, auf welche Person die Unterstützung, welche der Nord und die Kreuzzeitung sich zu einem von jedem Kinde gekannten Zweck in der letzten Zeit gegenseitig leihen, zurückzuführen ist. t Herlin, 30. Nov. Wie wir andeuten hören, dürften die Berathun- gen in Betreff des EheschridungsgesctzeS, welches dem bevorstehenden Landtage vorgelegt werden soll, demnächst beginnen. ES möchte wol anzu- nehmen sein, daß, während das Abgeordnetenhaus mit Wahlprüfungen be schäftigt sein wird, das Herrenhaus bereits auf die Vorberathungcn dieses Gesetzes eingehen werde. Wie aus allem hervorzugehen scheint, ist die Zahl der Vorlagen für den Landtag in der diesmaligen Sitzungsperiode keine