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Weißeritz-Zeitms Verantwortlicher Redacteur: Carl Ahne in Dippoldiswalde 51. Jahrgang Sonnabend, den 6. Juni 1885 Nr. 66 luni. ien. il. d. :ichs- aues Be- mpe le- !r- S- m t. »ein Pf., ädt. r. is n H n ele- lvch- tbe- Blatt hat indessen in letzter Zeit bezüglich des englisch russischen Streitfalles schon mehrfach Nachrichten ge bracht, die sich hinterher als nicht wahr erwiesen und so wird denn auch die Bestätigung seiner jüngsten Meldung abzuwarten sein. Gleichzeitig ist in London ein Blaubuch über den Zwischenfall von Pendjeb und die sich an den russischen Vorschlag, den deutschen Kaiser zum Schiedsrichter zu wählen, anknüpfende Korrespondenz zwischen London und Petersburg ver öffentlicht worden. Da englischerseits gegen die Wahl des Kaisers Wilhelm keinerlei Einwendungen gemacht worden sind, so erscheint es einigermaßen verwunder lich, daß das Schiedsrichteramt trotzdem dem dänischen Herrscher übertragen werden soll. ilatz rsse. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die jüngste Erkältungskrank heit des Kaisers hat einen ziemlich langwierigen Charakter, was wohl in erster Linie den anormalen, ewig wechselnden Witterungsverhältnissen mit zuzu schreiben ist. Auch traten bei dem hohen Herrn in folge eines Rückfalles die Schmerzen im Halse und im Unterleibe wieder etwas stärker hervor; indessen kann heute die erfreuliche Mittheilung gemacht werden, daß der Zustand Sr. Majestät durch die letzten wieder holten stärkenden Nachtruhen sich bedeutend gebessert hat und konnte der Kaiser am Dienstag wie am Mittwoch die regelmäßigen Regierungsangelegenheiten in ge wohnter Weise erledigen. Außer den Mitgliedern der königlichen Familie und den Personen des unmittel baren Hofdienstes, wie den Chefs des kaiserlichen Civil- und Militärkabinets rc. hat der Kaiser während seiner jetzigen Krankheit nur den Fürsten Bismarck empfangen, mit welchem er mehrfach konserirte, ein Beweis, wie der greise Monarch den Regentenpflichten und dem Wohle des Staates selbst die Schonung seiner eigenen Gesundheit hintenansetzt. — Tieferschütternd hat auf den Kaiser die Trauerkunde von dem am Dienstag Vormittag zu Sigmaringen erfolgten Ab leben des Fürsten Karl Anton von Hohenzollern ge wirkt, was bei der engen persönlichen Freundschaft, welche den Kaiser mit dem Verstorbenen verband, nur erklärlich erscheint. Der Verstorbene, über den wir schon in letzter Nummer einige Notizen brachten, über nahm am 6. November 1858 das Präsidium im so genannten Ministerium der neuen Aera und am 2. Dezember auch im neuen Staatsrath, schied aber-im März 1862 wieder aus dem Ministerium, worauf er Anfang 1863 zum Oberkommandanten in der Rhein provinz und Westfalen ernannt wurde. Später wurde der Fürst General der Infanterie und stellvertretender Präses der Landesvertheidigungskommission und lebte, vermählt mit Prinzessin Josephine vou Baden, seit 1873 in Sigmaringen, wo das erlauchte Paar am Äl. Oktober vorigen Jahres unter allgemeinster Theil- nahme das Fest seiner goldenen Hochzeit beging. — Fürst Karl Anton hat in schwierigen Lagen dem deutschen Vaterlande wichtige Dienste geleistet, unter denen sein hochherziger Verzicht auf das Fürstenthum .Hohenzollern zu Gunsten Preußens keineswegs einer der am wenigsten ersprießlichsten ist. Einen hervor ragenden Antheil an der Reorganisation der preußischen Armee hat der Verschiedene, indem er dieselbe in seiner früheren hohen militärischen Stellung überhaupt einleitete und auf der von ihm geschaffene» Grundlage brauchte der Kriegsminister v. Noon dann nur weiter zu bauen. Wenn es ihm nicht beschieden mar, während Heiner Ministerpräsidentschaft große und bleibende Er folge zu erringen, so wird ihm doch das Verdienst des edelsten Wollens in der Geschichte Preußens unge schmälert bleiben und wird sein Andenken als das eines warm fühlenden Patrioten in Deutschland immerdar in Ehren gehalten werden. Die Beisetzung der fürstlichen Leiche erfolgt am Sonnabend in der Familiengruft zu Sigmaringen. Oesterreich-Ungarn. Der Haupttag der öster reichischen Ncichsrathswahlen, der Montag, an welchem 61 Abgeordnete gewählt worden sind, hat der deutsch liberalen Partei namentlich in Bezug auf die Wiener Wahlen unangenehme Ueberraschungen gebracht. Der 5., 6. und 8. Wahlbezirk gingen an die Demokraten verloren, den 6. eroberte der Führer der Antisemiten, Pattai; in den übrigen Bezirken wurden die liberalen Kandidaten gewählt, resp. wiedergewählt. Die Wahlen gingen in der Reichshauptstadt mit einer Lebhaftigkeit vor sich, welche man dem auch in politischer Hinsicht sonst so gemüthlichen Wien gar nicht zugetraut hätte; Ha, im 2. Bezirke, Leopoldstadt, kam es zwischen den Anhängern des liberalen Kandidaten, des Prof. Süß, -und denen des antisemitischen Kandidaten Schneider I. Es Anserate, welche der der bedeutenden Auflage d«S UlntteS eine sehr wirk same Aerbreitnngfinden, werden mit 10 Psg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionell«» Theile, die Spaltenzeil« MPfg. sogar zu ernsten Naufhändeln, bei denen die Polizei wiederholt einschreiten mußte. Etwas tröstlicher klingen für die Deutschliberalen die Wahlnachrichten vom Montag aus der Provinz; zwar mußten sie Baden- Mödling an den Antisemiten Fiegl abtreten, dafür nahmen aber die Liberalen den Klerikalen den Städte bezirk Wels ab, welcher Erfolg dadurch besonders markant erscheint, daß in Wels Niemand geringerer regierungsseitig kandidirte, als der Ackerbauminister Graf Falkenhayn, für welchen natürlich der gesammte Negierungsapparat arbeitete; gleichfalls bemerkenS- werth erscheint, daß in Steyr des Handelsminister Baron Pino trotz der lebhaftesten regierungsseitig be triebenen Agitation, seinem liberalen Gegenkandidaten unterlag. Auch die Salzburger Städtegruppen wählten wiederum liberal und in der Bukowina verlor die Regierungspartei den Städtebezirk Suczawa an die Liberalen. In den böhmischen Landgemeinden haben die beid m Hauptparteien, die Czechen und die Deutsch - liberalen, einander gegenüber ihren Besitzstand im All gemeinen gewahrt. Dagegen sind auf deutscher Seite einige bemerkenswerthe Veränderungen zu verzeichnen; die Tetschener Landgemeinden ließen vr. Herbst, welcher sie 25 Jahre im Neichsrathe vertrat, fallen und wählten einen Mann der „schärferen Tonart," I)r. Pickert, und im Leitomischler Landgemeindebezirke drang ein Repräsentant der neuen, czechisch-antisemi- tisch angehauchten, böhmischen Wirthschaftsgruppe durch. Am 3. Juni haben die böhmischen Städtegruppen ge wählt, ihnen folgen am 5. die Handelskammern und am 6. der Großgrundbesitz Böhmens. Ein Gesammt- resultat der österreichischen Neichsrathswahlen wird sich erst Mitte Juni übersehen lassen, indessen kann man schon jetzt erkennen, daß die Musterkarte der Partei- gruppirungen im Neichsrathe durch deutschnationale, demokratische, antisemitische und „wirthschaftliche" Ab geordnete vermehrt worden ist. In Kärnthen wurde im Bezirke Völkermarkt-Klagenfurt Minister Pino ge wählt, die drei anderen Kärnthner Landgemeinden wählten liberal. Die mährischen Landgemeinden wählten 3 liberale und 8 konservative Abgeordnete. Die krainischen Städte wählten Hohenwart und Po- klukar wieder. In den Landgemeinden von Steier mark behaupteten die Parteien ihre bisherigen Be zirke; nur in Judenburg unterlag der bisherige kon servative Vertreter seinem liberalen Gegner. Die galizischen Landgemeinden wählten meist die vom polnischen Komitö empfohlenen Kandidaten, unter ihnen den Minister Ziemialkowski einstimmig. Frankreich. Ja Paris ist die Leichenfeier für Viktor Hugo in einer der Bedeutung des großen Todten durchaus würdigen Weise verlaufen. Die Trauerfeier trug lediglich den Charakter einer groß artigen französischen Nationalkundgebung und die zahl reichen revolutionären Elemente, welche Paris be herbergt, besaßen merkwürdiger Weise so viel Takt gefühl, diesen allgemeinen Trauertag der französischen Nation nicht durch mindestens unpassende Kund gebungen zu stören. Auch die von der Polizei während des Trauerzuges vorgenommene Konfiskation von einem Dutzend rother und schwarzer Fahnen hat nicht den geringsten Zwischenfall herbeigesührt und kann somit die Regierung mit dem Verlaufe der ganzen Feier zufrieden sein. — General Courcy, der neue französische Oberkomniandirende in Tonkin, ist daselbst am Montag Abend gelandet und wird sich demnächst nach Hue begeben, dessen Garnison verstärkt werden soll. Inzwischen nimmt die friedliche Auseinander setzung zwischen Frankreich und China den erwünsch testen Fortgang. England. Das Interesse an dem englisch-russi schen Konflikte, welches gänzlich einzuschlasen drohte, ist durch die Nachricht der „Daily News", daß die Pendjeb-Affaire nun doch noch dem König von Däne mark zur schiedsrichterlichen Entscheidung unterbreitet werden soll, wieder geweckt worden. Das genannte «Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Vergangenen Dienstag fand unter sehr zahlreicher Betheiligung der Geistlichen unserer Ephorien die diesjährige Hauptkonferenz im Saale des Nathhauses statt. Herr Pastor Klein- paul-Altenberg hielt die Ansprache, worin er sich auf Grund von II. Tim. 3,,»—4,s (und unter Anlehnung besonders an die Worte: u) „die Schrift kann dich unterweisen zur Seligkeit", b) „Predige das Wort, sei's zur Zeit oder Unzeit", o) „ich werde schon ge opfert") in allgemein fesselnder Weise sich 1. über das geistliche Schöpsen, 2» über das geistliche Schaffen, 3. über das geistliche Schweigen verbreitete. Auf den sich hieran schließenden geschäftlichen Theil folgte das Referat „über die Perikopen" (namentlich die sächsischen, 1. und 2. Reihe) von Herrn I-io. tkeol. Pastor Zimmermann aus Seifersdorf. Der Herr Referent unterwies mit Hinweis auf ihren homiletischen und liturgischen Zweck die Perikopen der Evangelien- und Epistelreihe einer eingehenden Kritik, und es ward ihm für die Anregung und Verbreitung auf eine etwa auftauchende Perikopenfrage allgemeiner Dank gezollt. Als 4. Theil stand auf der Tagesordnung „Protest und Antrag zur Bibelrevision". Der Herr Ephorus stellte, nachdem er einige Bemerkungen über Ursprung, Wesen, Bedürfniß und Gefahren der Bibelrevision vorausgeschickt, folgende 4 Themen auf: 1. Protest gegen das Ueberwiegen des germanistischen Elements (veranlaßt durch die Schrift Schlottmann's „wider Kliefoth und Luckhardt", welche das allgemein ange fochtene sprachliche Vorgehen Fromanns vertheidigt), 2. Protest gegen die Einmischung der Politik (veran laßt durch die Vorschläge in Zittels Schrift „die Re vision der Lutherbibel"), die Revision dem Oberkirchen rath in Berlin zu übertragen, 3. Protest gegen das Bangemachen mit Zerrüttung des kirchlichen Bestandes durch Separation infolge der Bibelrevision, 4. Antrag betreffs Erweiterung des Registers zur Erläuterung alterthümlicher und wenig bekannter Wörter, welchen Thesen sich die Versammlung nach lebhafter Debatte im Allgemeinen anschloß. Auf Anregung des Herrn Pastor Böttcher-Pretzschendorf beschloß man, das hohe Landeskonsistorium zu ersuchen, „eine Verlängerung der Nevisionsfrist zu befürworten und die Herausgabe eines der Bibelrevision dienenden Organs unter Auf sicht der Kirchenregierungen zu erwägen." — Nach ein genommenem gemeinschaftlichen Mittagsmahl, woran auch die Damen Theil genommen, begab man sich nach der Nikolaikirche, wo durch die bewährte Sanges kunst einiger Damen unter gütiger Begleitung des Herrn Kantor Hellriegel den Anwesenden ein erheben der Genuß geboten wurde. — An verflossener Mittwoch fand auf dem Schieß stande der hiesigen Schützengesellschaft das diesjährige Gendarmerie-Probeschießen der Amtshaupt mannschaften Freiberg und Dippoldiswalde statt. Die beiden Herren Amtshauptleute, sowie Gendarmerie- Oberinspektor Major v, Heygendorf, wohnten demselben bei, und es errangen die drei ausgesetzten Prämien als beste Schützen folgende Herren bei je 6 Schuß: Hofmann-Dippoldiswalde erste Prämie mit 63 Punkten, Dl« Welßerih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei, man DienStag, Donners, lag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Psg-, zweimonatlich 84 Psg-, eimnonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan- jialten, Postboten, sowie die Agenten Nehmen Ve> . . Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadtrathe zu Dippoldiswalde und Irauenstem