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Sächsische OliMung. Amts- und Anzeigeblatt für das Königs. Gerichtsamt und den Stadtrath zn Schandau nnd den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zcltung" erscheint Mittwoch lind Sonuabcnd und ist durch eile Postaustaltcn, sowie durch die Erpedttton diesro DinttrS kiir Ist Nur. vicrtcl- lährltch zu bezicheu. — Inserate siir das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh !> Nhr, für das Sounabeudsblalt spätestens bis Freitag früh !> Uhr er beten j später eingehende Inserate können erst in der darauf folgenden Nummer Aufnahme finden. — Auswärts werden Inserate für die Elbzeiiuug angenommen in Hohn stein bei Hrn. Hefte, in Dresden in den Annoncen-Burcaur der Herren W. Saalbach und M. Ruschplcr, und Hassenstein L Vogler u. H. Engler in Leipzig. 1871. Schandau, Mittwoch, den 8. März Zur Lage. Als Ler Ehrs der Ereculivgcwalt im hculigcu Frankreich am 28. Februar die Tribüne der Na tional-Versammlung in Borveaur bestieg, um den Antrag auf Annahme Ler in Versailles paraphirlcn Friedenspräliminarien zu stellen, übermannlc Herrn ThierS die Mach! Ler Empfindung. Er mnßle, un- ter ThräNen erstickend, ans dem Saale geleitet wer den, und Banhülemy Sain«-Hilaire übernahm eö, der Versammlung die Präliminarien vorzulescn. Die Erregung der sranzösischcn Staatsmänner, von welcher schon die Haltung JuleS Favrc'S bei der Verhandlung in La Ferriürcü Zeugniß gab, ist be- greisttch. Je mehr daS Ehrgefühl, daü RuhmeSbc- wustlsein, der Stolz Frankreichs seit vierzig Jahren durch seine Dichter, Schriftsteller, SlaaiSmännrr und Ncdncr gefeiert wordeu, desto mächtiger must die Empfindung der erlittenen Niederlage rragiren. In solcher Weise hat Frankreich zu keiner Zeit sei ner Geschichte die Folgen einer Niederlage über sich ergehcii lassen müssen, sa diese Fucdensprälimina- rie» find namentlich durch ihre DetailbestlMinungen, durch die Bedingungen, welche an ihre AnSsührung geknüpft find, einer der furchtbarsten Schlage, eine der härtesten Prüfungen, welche Frankreich jemals erfahren. HoniS Napoleon und seine Knechte, die diese Katastrophe über das Land gebracht haben, find in diesem Augenblicke in Frankreich fast verges sen, daS null in den Herzen seiner Bewohner eine Krise sondergleichen durchmacht. Die Kränkung der Ehre, die Dcmülhigung deS Stolzes schmerzt mehr und tiefer als feder Verlust, jede andere Wunde. Mit dem 28. Februar ist die Gröstc der Niederlage dem französischen Volle erst klar geworden. ES hielt sich für unüberwindlich und sieht sich seht nie, drrgewörfcn und wehrlos; cS hielt sich für die erste unter den civilismen Nationen und muß sich nun krümmen wie ein getretener Wurm unter den Para graphen der ihm anferlegten Friedenspräliminarien. Auü allem ist zu entnehmen, daß voll den ursprüng lichen, im deutschen Hauptquartier prvfcciirtcn Frie- dcnSbedingungen so viel wie gar nichts abgelassen wurde. Man hat burchgesext, waS man füglich wollen konnte. Im Jahrc 1815 ward Frankreich eine Kriegölosten-Emschädigung in der Höhe von 700 Mtllionen aufcrlegt, die der Aachener Eongreß drei Jahre später auf 250 Millionen rcducirte. Eine ähnliche Ncduciion steht heute nicht in Aussicht, denn damals hatte Frankreich einen Freund und Schützer an Rußland. Diesmal schenn Rußland diese Schühcrrollc nicht übernehmeii zu wollen, und die Art und Weise, wie der Czar den Dank des deutschen Kaisers für die Neutralität Rußlands jüngst erwiderte, „welche größere Dimensionen des Krieges verhindert hat", läßt, so lange Kaiser Alexander in Rußland regiert, eine französisch-russische Allianz nicht besorgen. Frankreich wird aller Wahr scheinlichkeit nach den bitteren Kelch bis auf die Neige leeren müssen und, den Umständen Rechnung tragend, seine etwaigen Nachcplänc auf Zeiten zu vertagen gezwungen fein, die glücklicherweise durch die Zeit so weit von einander geschieben sind, wie Waterloo von Sedan. Tagcöqeschichte. Sachsen. Schandau. Nach dem Eintreffen der srohcn Kunde von der Unterzeichnung der Frie denspräliminarien am 27. Febrnar haben hier und in der nächsten Umgebung die Friebensfcierlichkeiten bis Montag den 6. März ohne Unterbrechung in überraschendster Weise abgewechscli. Au das an schließend, waS wir davon in Nr. l7 und 18 dieser Zeitung berichteten, sei hier deS am Freitag Abend stattgehabten FackelzugrS gedacht. Trotz der gro ßen Eile, in welcher Alles vordereitel, geschafft und eingerichtet sein mußte, verlief das Ganze in wohl geordnetster Weise. Um 7 Uhr versammelten sich unter Sang und Klang, unter Trommelwirbel und Hurrah«, unter Böllerschall und Kanonendonner von der Festung Königstein die Eoiporalionrn, Schützen, Liederlranz, Eamvrei, Schiffervcrein, Arbeilervercin, Tnrnverein mil Feuerwehr, Gesangverein Emlrachl, Miltlärverein und Maurervercin auf dem Krahn- Platze, um die Fackeln und Lampions in Empfang zu nehmen und auzuzünden. Von da enlrollle sich der Knäuel unlcr Vorrilt rinn! Zugführers und drei cvstüminer Landsknechte zum imposantesten Zuge nach der Stadt, und zwar durch die Krahnstraße, äußere Zauke, Zaukenstraßc, Markt, obere Kirchgaffe, Badgaffe, Badwiese, Obrrgasse, ober/ Geleusgaffe und Markt, wo man Aufstellung nahm. Nach einem angrstimnuen Danllicte brachte Herr Bürgermeister Hartung ein kräftiges Hoch aus daS deutsche Voll, seine tapferen Streiter utid deren siegreiche Führer aus, in welches die versammelte Menge frendig einstimmte. Darauf san- gen die Gesangvereine rin deutsches VaterlandS- lied von Tschirch und zuletzt noch die Wacht am Rhein, worauf man sich in verschiedene Locale zum EvmmcrS zurückzog. Sonnabends war Alles beschäftigt, die am Abende staktsindende Illumination vorzubcreiten, welche wohl die kühnsten Erwartungen übertraf, sowohl in Be zug ans Allgemeinheit, als Sinnigkeit. Mit der Stadt wetteiferten im schönsten Glanze Krippen und die uns zunächst umgebenden Höhen. Menschenmas- sen durchwogitn an beiden Abenden unser Städtchen, Jung und Alt jubelte ob deS herrlichen Sieges, ob seö heiligen Friedells! Auch die Kliche und Schule waren prächtig erleuchtet und decvrirt und massen. Haft war der Andrang in Letztere, sich all diesem Lichtermeer zu erfreuen. Aber ebenso gut besuch« war auch am andern Morgen die heilige Stätte; richlig hatte man gesühl«, daß doch wohl schon an diesem Sonnlagc deS Siegcü und deü Friedens dankend gcdach« werden werde und man hatte sich nich« geirrt. Sowohl die Wahl der Lieder atü auch Tert und Predigt erzielten lauter Ruhm und Jubel, Lob und Dank. Montags früh 10 Uhr fand im Saale der Bür- gcrschulc zur FricdcnSfeier ein zahlreich besuchter Festarmü statt, zu dem öffentliche Einladung erfolgt war. Nach dem Gesang: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr >c." sprach Herr Direktor Seltmann in ein dringlicher und zu Herzen gehender Rede darüber, wie nach Ler rauschenden Festfreude die Schule ver suchen müsse, diese freudigen Eindrücke zu vertiefen und wies darauf hin, wie die Freude sich vor Allem im Danke gegen Gott lundgeben müsse, der diese glorreichen Erfolge auf die Waffen der deutschen Streiter gelegt habe, nnd mahnt bann weiter: Wir sollen cö nie vergessen, waS wir unsern Brüdern, dem deutschen Heere nnd seinen Führern zu verdan ken haben. Dabei wies er auf die Gedenktafel hin, welche die hiesige Schule und ihre Lehrer hurch ei nen ihrer ehemaligen Zöglinge, Herrn Lithograph MübinS, zum Andenken an diejenigen Schüler der Anstalt, welche während dieses Krieges inner den Fabnen standen, haben anscnigen lassen, uni ihrem Danke einen sichtbaren nnd bleibenden Ausdruck zu geben. DaS deutsche Volk aber, ermahn« Redner weiter, solle cü stets für eine Ehrensache ansehen, die Bedürftigen seiner hcldenmüthigen Söhne nie darben zu lassen und jetzt an den Söhnen gut zu machen suchen, was cü einst an den heldcnmüthigcn Vätern verschuldet habe. Ferner zeigt Redner, wie die Erfolge unserer Streiter aber auch ihren weiteren Grund in der gei- stigen und sittlichen Bildung deü demschrn Volks, während andrerseits die Mißerfolge ihre» Grund in der geistigen nnd sittlichen Verkommenheit deü fran zösischen Volks haben. Hieran knüpfte Redner die Mahnung an die Jngend, die ihnen gebotene Gele genheit zu ihrer Bildung eifrig zu nützen, da sic nicht für ihre Lehrer oder für sich allein zu lernen hätten, sondern zu Nutz und Frommen des ganzen lieben Vaterlandes. Zugleich aber ermähnt er auch im Allgemeinen, mil den Opfern für die deutsche Volksschule, ans deren Rechnung ei» gut Theil deS Erfolges zu schreiben sei, nicht zu kargen. Hieran knüpfte sich noch sein letztes AbschiedSwort an die Schuljugend, an seine Mitarbeiter, die Lehrer hiesi ger Schult nnd an die Gemeinde, im Namen deren ihm der Localfchulinspector Herr 1'. Schultheis herz lich danlte. Nach dem Sange einiger Vatcrlands- licdcr und nach einem Gebete, von einem Kinde gesprochen, schloß die Feier mit dem Gesänge: „Nun danket alle Golt !c." Alle Anwesende waren sicht- lieh ergriffen und schieden bewegten Herzens unter den hnßesten Glückwünschen für sein und der Sci- nigcn bestes Wohlergehen. II. — Bei der am 3. März hier statlgefundenen Wahl eines NcichStagSadgcvrdnetcn wurden 119 Stimmzettel abgegeben, wovon 4 wegen vorschrifts widriger Ausfüllung ungiltig waren. Gewählt wurde Herr Advocat Eysoldi in Pirna mit 113 Stimmen; Herr Bürgermeister Hartung und Herr ür. Jacobp erhielten je 1 Stimme. Die Eröffnung der heurigen Schifffahrt war von einem sehr brklagenSwcrthcn Unglückofall begleitet. Am 28. Februar in der 6. Abendstunde ertrank in der Nähe von Wehlen, vom Steuerruder über Bord deS väterlichen Schiffes geworfen, der 2ljäh- rige Friedrich Wilhelm Viehrig, Samuel Oswald Viehrig'S, SchiffeignerS und Hausbesitzers in Schöna einziger Sohn. Seine Hülle wurde zum Schmerze der unglücklichen Ellern bis heule noch nichl aufge funden. Dresden, 5. März. DaS Wetter begünstigte die heute hier begangene allgemeine FriedenSfeicr. Der Vormittagögottcodienst war in allen Kirchen äußerst zahlreich besucht. Nachdem das einstündigc Fesjgeläutc verhallt, nahmen Mittags 1 Uhr die Mannergesangvereine, sowie die verschiedenen Cor- porationen ans dem Altmarli um die dort errichtete Koloffaistaine der „Germania" Aufstellung. Viel- tausendstimmig ertönte daü Ned „Nun danket Alle Gott"; dann ward die „Germania" bekränzt und ein dreifaches Hoch auf Dentschkand und den deut schen Kaiser ausgcbracht, worauf der Gesang der „Wach« am Rhein" fokgic. Hierauf begab sich eine Deputation des NatHS und der Gcmcindcvcrtrctcr in daü königliche Schloß, um Sr. Majestät dem Könige die ehrerbietigste Huldigung darzubringen. Mittags erhielten die Armen eine Speisung; ebenso ward den in hiesigen Lazarcthcn veipstegten Kranken und Vcrwundelcn ohne Unterschied der Nationalität eine Festspeisung bereitet, jedem der in den Lazarcthcn bcfindlichcn deutschcn Krieger aber ein baareS Geld- gefchenl überreicht. WaS nun die Illumination be trifft, so kann dieselbe in der Thal eine großarligc genannt werden. In dem Lichttnecre, das sich b:S in die Vorstädte erstreckte, erblickte man mitunter wahrhaft künstlerische Arrangements und die sinnig sten Decorattonen. Unter den öffentlichen Gebäuden zeichneten sich namentlich daS königliche Schloß, daS Raihhauü und die AugustuSbrücke auS; letztere war mil bekränzten Säulen versehen, auf welchen die siegreichen Schlachten verzeichnet standen. Die aller höchsten uttd höchsten Herrschaften hielten eine Um fahrt durch die Stadt und wurden überall mil cnlhu- siastischen Hochs begrüßt. Der Zufluß von Men schen auü der Nähe und Ferne war cin ganz außer-