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Hpt» ». NedakttoN -rettru'Ne«B«rt L Meißner Gaffe 4, Ue Zeitung erscheint rienßn», tz«»»erfta, -n» «»«uabenb früh. Utzeunement«- Preis: rtetteWrl.Mk.1M Zu bejithea durch die kaiserliche» Posi- mstalte» uud durch Msen Voten. Pei freier Lieferung in» Hau» erhebt die Hast noch eine Ge bühr von Sb Pfg. Sächsische Verheilung. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Sandmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften de- kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger «Herrmann Müler in Dresden. Inserat» werbt» bi» Montag Mittwoch ». Kretta- Mittag angenommen und kosten: »te1f-aU.Zeil-1bPfG Unter Eingesandt: «Pfg. Inseraten» Annahmestellen: Die Arnoldisch« Buchhandluna, Invaiidendank. Haas enstein L Bogles ^udvls Mosse, G. L Daube « in Dresden, Leivzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. Ar. 72. Dienstag, den 21. Juni 1887. 49. Jahrgang. Politische Weltschau. Deutsche- Reich. Nachdem der Reichstag in seiner Sitzung am Freitag außer kleineren Vor» lagen die Gesetzentwürfe, betreffend die Reform der Branntweins- und Zuckersteuer, in dritter Lesung genehmigt hatte, wurde die Session am Sonnabend von Seiten deS StaatsministerS v. Bötticher mit Verlesung einer diesbezüglichen kaiserlichen KabinettS- ordre und folgender Ansprache geschloffen: „Auf beson deren Befehl Sr. Majestät deS Kaisers habe ich den Gefühlen deS DankeS und der Anerkennung Ausdruck zu geben, mit denen unser allerhöchster Herr die Arbeiten und Beschlüsse begleitet hat, durch welche Sie unserer vaterländischen Wehrkraft und den Finanzen deS Reiches die Stärke und die Festigkeit gegeben haben, welche die Vorbedingung für die Erhaltung deS Friedens und für die Entwickelung deS Vaterlandes bilden. Sie haben in mühevoller und treuer Arbeit daS Vertrauen deS Volkes gerechtfertigt, welches Sie entsandt hat, um sein Wohl und seinen Frieden im Vereine mit den verbündeten Regierungen zu fördern und zu sichern. Sie wollen nunmehr neben der eigenen Befriedigung, welche die erfolgreiche Thätigkeit im Dienste deS Vaterlandes ge währt, den Dank Sr. Majestät unseres allverehrtea Kaisers und den der verbündeten Regierungen mit in dre Heimath nehmen." Präsident v. Wedell dankte hierauf ,m Namen deS HauseS für diese kaiserliche Anerkennung und schloß die Sitzung mit einem dreifachen Hoch auf Hm Wonarchen, in daS die Anwesenden begeistert ein stimmten. Oie Socialdemokratrn hatten vorher den Saal verlassen. Der Reichstagsabgeordnete vr. Windthorst fühlt sich gedrungen, bei paffenden Und auch bei unpassenden Gelegenheiten den Anwalt der Selbstständigkeit und Un abhängigkeit der Einzelstaaten zu spielen. DaS hindert den Abgeordneten für Meppen aber nicht, wie dieS namentlich in den letzten Reichstagssitzungen wiederholt geschehen, die im BundeSrathe verkörperte Gleichberech tigung und Selbstständigkeit der BundeSmitglieder in emer Form anzugreifen, in welcher elende Verdächtigungen und schale Witze mit einander konkurriren. In recht drastischer Weise äußerte sich Windthorst in der Sitzung deS Reichstages am Donnerstag. Er hatte der an geblich in den Reichslanden vorhandenen Beunruhigung darüber Ausdruck geben zu müssen geglaubt, daß Elsaß- Lothrinzen zur preußischen Provinz gemacht werden könnte und auf die Einwendung Rickert'S: „DaS läßt der Bundesrath nicht zu", geantwortet: „Der BundeS- rath? Der thut Alles, was Fürst BiSmarck verlangt; darüber ist kein Zweifel." Der Bevollmächtigte deS Königreiches Baiern, Graf Lerchenfeld - Koefering, wieS nun diese Verdächtigung gebührend zurück, indem er auS- führte: „Meine Herren, der Abgeordnete Windhorst hat in dem Tone, den er häufig in diesem Hause anzuschlagen beliebt, wieder einmal die Aeußerung fallen lassen, daß der BundeSrath vollständig dem Willen deS Reichs kanzlers gehorcht. Ich kann dem Vorredner darauf nur erwiedern, daß der BundeSrath gegenüber derartigen Provokationen — oder waS diese Aeußerungen sein sollen; der Zweck derselben ist mir überhaupt unklar — niemals seine ruhige Haltung aufgeben wird. (Bravo!) Der BundeSrath weiß seine Würde und Stellung zu wahren und wird sich durch solche Angriffe darin nie mals beirren lassen. (Lebhaftes Bravo.) Daß der Reichskanzler im BundeSrathe großen Einfluß besitzt, einen Einfluß, der auf seiner amtlichen Stellung und auf seiner Persönlichkeit beruht, ist allerdings nicht zu bestreiten. Gleichwohl weiß jede deutsche Regierung ihre Rechte im BundeSrathe zu wahren und wird sich durch unberechtigte Vorwürfe, wie wir sie eben ver nommen haben, weder vorwärts noch rückwärts drängen lassen." Die wenig befriedigenden Verhältnisse in Elsaß- Lothringen, welche in jüngster Zeit bekanntlich wieder holt im Reichstage zur Sprache gekommen sind, geben der „Deutschen Volksztg.", einem in Hannover er scheinenden Welfenblatte, Veranlassung, ihrem Preußen hasse in folgenden Worten Luft zu machen: „Preußen hat bislang auf dem Felde der moralischen Eroberungen noch keinen grcßen Ruhm erlangt. Polen ist nach 150 Jahren noch immer nicht befriedigt und auch in den im Jahre 1866 anueklirten „Provinzen" haben die verflossenen 2 Decennien keine Zunahme der borussiscken Gesinnung zu erzeugen vermocht. Der Preuße ist eben durchaus nicht geeignet, bei fremden Volksstämmen sich so angenehm einzuführen, daß diese sich nach näherer Bekanntschaft mit ihm sehnen sollten. Entweder tritt der Preuße mit sklavisch-unterwürfigen Manieren und widerlicher Freundlichkeit auf oder — und di,S ist bei den Beamten vielfach der Fall — mit einer brüsken Anmaaßung, die Jedermann von vornherein abschreckt. Die Beamten geberden sich so, als ob sie dem fremden Lande das Heil gebracht hätten, ohne welches dasselbe hätte zu Grunde gehen müssen. Ohne Kenntniß von der be sonderen Geschichte deS betreffenden Volkes kramen sie nur die Wunderthaten deS PreußenvolkeS vor Aller Ohren bis zum Ekel auS, beleidigen täglich, ja stünd lich mit erstaunlicher Frivolität die Gefühle der ihnen nicht stammverwandten Einwohner durch daS Aufdrängen ihrer Nationalität, verletzen mit Vorliebe die heiligsten Erinnerungen derselben durch unwahre Darstellung geschicht licher Ereignisse und werben auf diese Weise nicht nur keine neuen Anhänger ihrer „nutton prussienve", sondern machen sich sogar auS halben Freunden Feinde und Gegner. DaS ist eine bittere Wahrheit, an welche die Preußen nicht glauben wollen, da sie von ihrem un widerstehlich liebenswürdigen Wesen ja Alle hinreichend überzeugt sind." Die „Nordd. Allg. Ztg." begleitet obige Auslassung mit der lakonischen Bemerkung, eS müsse die Preußen höchlichst amüfiren, sich in dieser Weise von dem Welfenblatte charakterisiert zu sehen. Man wird sich erinnern, daß gelegentlich der Sep- tennatSverhandlungen im Reichstage die Frage angeregt wurde, ob nicht die Angehörigen deS geistlichen Standes von der allgemeinen Wehrpflicht ausgeschlossen werden könnten. Hiergegen entstand unter den Studirenden der evangelischen Theologie aller deutschen Hochschulen ein, lebhafte Be wegung, die in einer Petition an den Reichstag ihren Ausdruck fand und die Zurücknahme deS inzwischen in obigem Sinne eingebrachten Antrages bezweckte. Dem betreffenden Studenten - Ausschuss, nun, der in Bonn seinen Sitz hat, ist jetzt nach der „Köln. Ztg." vom Präsidium deS Reichstages der Bescheid zugegangen, daß das HauS am 18. Maid. I. von dem Gesuche unter voller Anerkennung der patriotischen Gesinnung der Herren Petenten Kenntniß genommen habe, jedoch sei man in keine Debatte darüber eingetreten, da an eine Befreiung der Theologen vom Militärdienste ernstlich wohl über haupt nickt gedackt werken könne. Einem Berichte über die Tbätigkeit deS Reichs tages während der verflossenen Session entnehmen wir folgende Einzelheiten: Von den seitens der Regierung eingebrachten Vorlagen haben 27 Gefetzentwürse und 4 Verträge die Zustimmung deS ReichStageS erhalten. Unerledigt blieben 3 Gesetzentwürfe. Von den auS der Mitte deS HauseS gestellten Anträgen erhielten 5 die Genehmigung deS Reichstage-, 2 worden abgelehnt, 4 blieben unerledigt. Die Zahl der eingegangenen Petitionen betrug 9983. Bei den Wahlprüfungen wurde die Wahl von 384 Mitgliedern für giltig er klärt, bei 4 Wahlen ist die Beschlußfassung über die Giltigkeit auSgesetzt worden, 8 Wahlen liegen der Wahlprüfungskommission noch vor. 4 Mandate sind durch den Tod der bisherigen Inhaber erledigt. Daß der Reichstag, namentlich in den letzten Wochen, eine sehr angestrengte Thätigkeit entwickelt hat, ist nickt zu verkennen. Ob aber die Schnelligkeit, nnt der ge arbeitetwurde, nicht etwa-die wünschenswerthe Gründlich keit beeinträchtigt haben dürfte, bleibt eine andere Frage. Die Fortschritte in der Genesung deS Kaisers find, wie daS neueste Bulletin besagt, langsam, aber bemerk bar. Der Monarch hat in der letzten Zeit täglich auf mehrere Stunden daS Bett verlassen, auch wiederholt Vorträge entgegengenommen, jedoch bedarf er auch weiterhin noch großer Schonung und Ruhe. Feuilleton. In geheimer Mission. Novelle aus den letzten Zeiten der französischen Direktorial»Regierung. (18. Fortsetzung.) Dem Manne im -rauen Kittel sank der Muth Er schien zu überlegen und daS Resultat seiner Ueber» legungen war ganz augenscheinlich, den Kampf mit dem Pflegma des jungen ManaeS wieder aufzuoehmen. „Ist Ihnen der Kapitän Reymond bekannt?" fragte er plötzlich. „Versteht sich ... . Wie mag eS nur dem guten Kapitän ergehen?" „Momentan ganz leidlich, jedoch geht er einer sehr bösen Zukunft entgegen. Ich möchte tausend gegen eins wetten, daß er verloren ist." „Wie, verloren? Ah so, nun kann ich mir auch erklären, weshalb so viele Agenten auf den Beinen sind, sich seiner Person zu versichern." „Sie mißverstehen mich absichtlich, Bürger. Und dock brachten Sie gestern im Gasthause zu TourS den Dingen ein rechte- Verständnis entgegen." „Vielleicht deshalb, weil ich Sie sofort durchschaute ?" fragte der Stutzer. „Nun,auch ich durchschaute Sie, mein Fräulein!" AlS sei eine giftgeschwollene Viper zischend und züngelnd auf Ehateauaeuf zugefahre«, prallte dieser bei dem letzten Worte de- Fremden zurück. Er sagte sich selbst, daß sei« Ge-ner einen Trumph auSgespielt habe, der zweifelsohne dessen momentanen Triumpf zur Folge habe. Oer erste Gedanke Ehateauaeuf'S (wir werden auch ferner die verkleidete Coraly mit diesem Namen bezeichnen) war, sich bei der ersten besten Gelegenheit glänzend zu revanchiren. Der junge Stutzer hatte sein GlaS vom Auge ge nommen uud an seinen Ort zurückgesteckt. Er legte jetzt beide Arme auf der Brust übereinander, warf seinem Gegner einen zornglühenden Blick hin und rief ihm dann die bissigen Worte zu: „Sagen Sie mal, mein Herr, kennen Sie daS Mittel, da- man einem Hunde gegenüber in Anwendung bringt, der eS darauf abgesehen hat, den Leuten nachzu laufen und sie zu beißen?" „Merken Sie sich vor Allem", gab der Mann im grauen Ueberzieher gelassen zur Antwort, „daß ich erstens: kein Hund bin und Sie zweitens: nicht zu beißen trachte." „Aber Sie laufen mir nach ... Ich werde übrigen- wohl keinen Fehlschuß thun, wenn ich anvehme, daß Sie mich seit meiner Abreise von Pari- nicht auS den Augen gelassen haben?" Der Fremde machte eine tiefe Verbeugung, die so viel bedeuten sollte, alS: da haben Sie allerdings Recht. „So", platzte Chateauneuf heraus, „die Regierung sucht sich durch besoldete Spürhunde über mein Thun und Lassen zu unterrichten! . . . über mich! . . . gut, aut, daß ich bei Zeiten dahinter kam. Meine Dank barkeit wird natürlich nicht au-bleiben. Obwohl ich, Bürger, Ihren Ramen nicht kenne, genügt eS mir doch, über dm näheren Zweck Ihrer Mission nicht mehr im Unklaren zu sein. Zum Schluffe gestatten Eie mir wohl, Ihnen die Mittheilung zu machen, daß dieser Tag für Eie zu den verloream zählt." „Geben Eie sich keiner Täuschung hin, mein Fräu lein . . ." „Pst! . . . Merken Sie sich vor allen Dingen, daß ick in dieser Verkleidung für Jedermann — sogar für den Teufel, wie für Eie selbst — Niemand ander- al- der Bürger Chateauneuf bin. Sollten Eie jedoch ein Vergnügen darin s»chm, mir einen anderen Namen beizulegen, ... so erinnere ich Eie daran, daß mir gen»g Mittel zur Verfügung stehen, Ihnen den Mund auf der Stelle zu stopfen." Der Mann im grauen Ueberzieher machte abermals eine Verbeugung, durch welche er andeuten wollte, daß er sich dem Befehle de- jungen EtutzerS unterzuordnen gedenke. „Mein Herr", begann er dann, „ich würde ver zweifeln, fall« ich mir Ihr Mißfallen zuziehen würde, da meine Mission in nicht- Anderem besteht, als Eie zu bewachen und kommenden Falls Ihnen mit meinem Echutze an der Seite zu stehen." „Danke . . . mir will eS jedoch scheinen, als ver folgten Sie noch einen andern Zweck." „Ich will nicht leugnen, daß ich einen solche«, soviel in meinen Kräften steht, verfolge und bereits zu einem gewissen Resultate gekommen bin . . ." „So? Glauben Sie? Denken Sie wahrhaftig daran, den Kapitän Reymoad in Ihrem Netze zu fangen?" „Bürger Chateauneuf, glauben Sie in mir vielleicht einen Dummkopf zu erblicken, dessen Narrheiten denen jener beiden Esel, die Sie vor einer halben Stunde auf