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Unabhängige» Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit «U U«t«Vtzalt<»i,A»beUa-e vi« illuftnievte -eit «nd Sen«tag»beilas« Feievab««ö Geschäftsstelle und Nedattion ^ ^ Dresden.«. 10, Holbeinstrahe 46 Montag den 10. August 1011 Fernsprecher 21386 irr. Jahrg MM sn alle MthMen Zsclmnr! Die Söhne unseres Vaterlandes stehen in blutigem Kampfe, für unsere höchsten Güter, dem Feinde gegenüber. Da haben auch wir, im Lande Zu rückgebliebenen die Pflicht alles zu tun, was wir vermögen um ihrem heißen Ringen den Erfolg zu sichern. Wir wissen es, die Entscheidung dieses Kampfes liegt einzig und allein in der Hand des allmächtigen Gottes. Schaaren wir uns deshalb einmütig um die Altäre, lassen wir nicht einen Tag vorüber gehen, ohne daß unser aller Gebete vereint empor steigen zum Lenker der Schlachten. Bitten wir ihn durch seine heilige Mutter die Hilfe der Christen daß er unseren Armeen einen baldigen Sieg verleihe, daß er unsere Lieben beschütze, den Verwundeten und Sterbenden beistehe und die gefallenen Helden mit der ewigen Siegeskrone belohne. Dem gemeinsamen vertrauenden, buß fertigen Gebet hat Gott Erhörung versprochen. Aus diesen Beweggründen hat der hochwürdigste Herr Bischof eine täg lich abzuhaltende Andacht während der Dauer des Krieges angeordnet. Ich bitte alle Katholiken Sachsens inständig, mit glühendem Eifer diese Mittel zu benützen um dem Vaterland und seinen tapferen Kriegern zu Hilfe zu kommen und so oft und so zahlreich wie möglich an dieser Andacht sich zu beteiligen. Maria Immaculata Herzogin zu Sachsen. Die Andacht, bestehend aus Rosenkranz und sakramentalem Segen, findet in der katholischen Hofkirche in Dresden abends Uhr statt. Dev europäische Urieg. Unsere Pflicht in ernster Stunde Gatten. Väter, Bruder, die Kraft -es Volkes, stehen vor dein Heinde. Oie decken mit ihrem Leibe den heimischen Herd, sie schützen Leben, Hab und Gut des Volkes, die Er rungenschaften 'deutscher Intelligenz und deutschen Fleißes vor der drohenden Vernichtung. Gott, der die Geschicke der Menschen lenket, mög' ihnen beistehen in Not und Tod. Bald sind viele tausend Familien verwaist: es wird ihnen für Monate der Ernährer, der Erzieher, die Stühe fehlen: das Fundament, auf'dein das Glück des Volkes rnht, die Einheit der Familie, ist erschüttert. Da erstehen für i ns, die wir nicht bernfen sind, draußen an der Front fürs Vaterland zu streiten, hohe, heilige Verpflichtungen. Heute muß eine Liebe in aller Herzen brennen. Die Opferliebe, die dort im Heldenkampf sich glänzend bewähren mag, mns; hier in stiller Liobestätigkeit zum Ausdruck kommen. Das; der Staat für die Angehörigen der Kombattanten in ge nügender Weife nicht sorgen kann, ist bei der übergroßen Zahl der Kämpfer unzweifelhaft klar. Nun laßt des Christentums schönste Blüte aufgohen, die heilige Earitas! Brechet dem Hungrigen das Brot! — Schützet die ver lassenen Ehefrauen und die armen Kinder vor dem äußersten Elend! Zeigt unsere Armee nach außen hin, das; auch wir Deutsche sind — „ein einig Volk von Brüdern", so lasset uns in diesen schweren Stunden treu zneinander- stehen in Dorf und Stadt, damit das innere Elend an Größe nicht das des blutigen Kampfes iibertreffe. Was heischt von uns die Stunde?: Die Organisation der Besitzenden zur Linderung der hcimge- gesnchten Familien. Die Frage, wie hie Liebestätigkeit des minder schwer heimgcsnchten Volkstc An regeln ist, wird ihrer Lösung wohl durch ein Zusammengehen aller berufenen Kreise ent gegengeführt werden. Die Gegenwart heischt Opfer — wir wollen sie bringen! Uebergrotze Not erzeugt die soziale Revolution — und die ist gefährlicher, verderblicher, entsetzlicher als 'der blutigste Krieg. Jetzt muß die böse Selbstsucht überwunden werde», die aus dem wirtschaftlichen Gebiete zur Quelle äußerster Gefahr geworden. Jetzt oder nie werde» die Gegensätze, so weit eS sein kann, überbrüclt, die zwischen arm und reich bestehen, die inneren Gegensätze vor allem. Jetzt oder nie wird durch die Betätigung selbstloser Liebe das ganze Voll zum Bewußtsein seiner Zusammengehörigkeit gebracht. Drum, wer entbehren kann, m n ß Opser bringen. Wir webden unserer Pflicht aber nur bann vollnns gerecht, wenn wir zur Einfachheit in LebenS- s ü h r n n g und L eb e nL>halt u n g zurückkehre». Wozu der Klei der putz iu diese» ernsten Tage», das opulente Mahl, die teure Zigarette und mancher Sport? Draußen im Felde darben die Brävste» des Volkes, und in die Gassen nähert sich die Not — wer darf da seinen törichte» Gelüste» frönen? — Durch Entbehrung schuf Gott die Größe seiner Völker — und durch Entbehrung, die wir uns ans Nächsten liebe auserlegen, werden wir selber groß. Wir wollen das, was wir für überflüssige Vergnügungen bislang vergeudet haben, aus die Seite legen und eine Kriegskasse damit füllen, die uns in den Stand setzt. Jammer in Segen zu verwandeln. Tie Geschäftsstelle der „Sächsischen V o l ks ze i t u n g " hat eine Sammelstelle für die Unter stützung der Zurückgebliebenen eröffnet. Sie nimmt gern viele Spenden von den Ueberschüssen und Spargroschen an und führt sie sofort an die zuständige Stelle ab. Also, man sende uns fleißig viele Gaben. Unsere Pflicht in diesen Tagen ist: Verdoppeltes Stre ben nach jener sittlichen Größe, die das Unglück mannhaft trägt und im Gottvertranen den Druck der Zeit zu über winden tmchtet. Sittliche Größe ist aber nicht denkbar ohne Religion und ohne Gebet. Das ist das andere geistige Band, das uns umschlingen muß. Wir alle, die wir Gottes sein und werden wollen, müssen beten, eifrig, tief, innig — alle mit einander, alle für einander. Die innere Erneuerung macht uns der Hilfe Gottes würdig — und in seinem Namen wird »»s Erlösung werden. G otlv e r t r a u e n und heiligen Liebes- dien st, das heischt von uns die schlimme Zeit, die mit dem ausgezwnngenen Krieg uns komme» muß. Daß keiner versage, der bernsen ist! Herrgott im Himmel, mach' die Herzen weit und weich und hilf die Not bezwingen und das drohende Verderbei; bannen! Die Nachrichten vom Kriegsschauplatz laufen begreiflicherweise noch nicht sehr zahlreich ein. Da gegen lauten sie andauernd erfreulich. De» Sieg von Lüttich haben wir bereits gewürdigt. Er gewinnt noch au Bedeu tung, wenn man neuerdings hört, daß in Lüttich ein Viertel der belgischen Armee versammelt war. Tie Verluste der Belgier sind sehr groß, allein an !!—tltlllt Gesaiigcuen wur den von den tapferen deutschen Soldaten gemacht. Die Ge fangenen sind bereits auf dem Wege nach deutschen Festungen. Wie groß die deutschen Verluste sind, steht noch nicht fest. Der Große Generalstab gibt aber bekannt, das; die Verluste sofort mitgeteilt würden, wenn sie genau und amtlich festständen. Jedenfalls darf man sagen, daß durch die Einnahme von Lüttich gezeigt wurde 1. daß in den deutsche,; Truppen noch der alte Kampf- und Siegesmnt steckt und 2. daß die Belgier mal klar bewiesen bekamen, das; mit den Deutschen nicht zu spaßen ist. Belgien hat absolut keine Ursache, sich frauzosensreundlich zu stellen, sondern es muß seine unbedingte Neutralität zeigen, sonst geht es ihm schlecht. Tie bisherige» Nachrichten über die Haltung der Belgier laute» nicht erfreulich. Bei den Kämpfen um Lüttich sollen sich die Landeseinwohner am Kampfe beteiligt und auf die deutschen Truppen ans dem Hinterhalte geschossen haben. Dabei seien Patrouillen abgeschossen und Ver wundete grausam mißhandelt worden sein. Dasselbe wird auch von den Franzosen gemeldet. Demnach scheinen beide Völker einen Franktireurkrieg zu beabsichtigen. Im Völker recht ist ei» solcher Krieg verurteilt und heute schon kann ge sagt werden, Belgien und Frankreich werden die ganze Schwere der deutschen Faust zu spüren bekommen, wenn sie die Franktireure dulden. Die Belgier haben sich überhaupt nicht von der noblen Seite gezeigt. Sie haben die im Lande lebenden Deutschen vor und bei ihrer Abreise schwer miß handelt, sie in Viehwagen ohne Nahrung zur Grenze ge schafft und sogar tätlich angegriffen. Dagegen hat der deutsche Konsul v. Emu, ich, der Sieger von Lüttich, an die Belgier einen Ausruf erlassen, der sie über die Not Wendigkeit des Einmarsches deutscher Truppen in ihr Land austlärt, der sie weiter aussordert, sich ruhig und neutral zu halten und der schließlich auf die Folge» ihrer Hand lungen ansmerksam macht. „Es hängt von Eurer Klugheit, von Eurem wohlverstandenen Patriotismus ab, Eurem Laude die Schrecke» des Krieges zu ersparen", so schließen die bedeutsamen Worte des Generals. Nun hat sich das belgische Volk zu entscheiden, ob es Feind oder neutral sei» null. Schon früher hat die deutsche Rech nung durch ihren Brüsseler Gesa»die» uiitteileu lasse», daß Deutschland l e i n e rlei Fe i n d s e l i g k e i t e n gegen Belgien beab- sichlige, das Land solle unabhängig bleiben, alle Lebens mittel sollen bar bezahlt und aller Schaden wieder gut ge gemacht werden. Tie damalige Mitteilung hat nichts ge nutzt. Belgien griff zu den Waffen, zerstörte Eisenbahnen und Brücken und forderte somit Deutschland heraus. Die Antwort war der Tag von Lüttich. Eine weitere erfreuliche Nachricht kommt von der Marine. Der Telegraph hat am Souuabend amtlich gemeldet: Ziemlich sichere» Gerüchte» znsolgc ist der von der Kaiserliche» Marine übernommene Bader Dampfer „Koni gin Luise" beim Lege» von Minen vor de»; Kriegshase» an der Themse Mündung von einer englischen Torpedo bvttssluttille unter Führung des Kleine» Kreuzers „Am- phion" nngc'grisse» und Sinke» gebracht worden. „Amphion" selbst ist ans eine von der „Königin Luise" ge worfene Mine gelaufen und gesunken. Von der englische» Besatzung sind dem Vernehme» nach lll» Man» ertrunken, lä« gerettet. Von der sechs Offiziere und llk Man» zäh lende» Besatzung der „Königin Luise" ist ebenfalls ei» Teil gerettet. (Der .Kreuzer „Amphion" ist ein kleiner geschützter Kreuzer aus dem Jahre l!» l mit vier Schornsteine» und einem Mast. Deplacement Tonnen. Er war armiert mit sechs Sehnelladekanonen und und zwei Decktorpedo- rohren.) Die Kaiserliche Marine hat hier ein Bravourstück ge liefert, wie es die Geschichte selten verzeichnet. Gewiß geht ein solch kühner Streich nicht ohne Verluste ab, aber die Tat bleibt bewundernswert. Mittlerweile haben die Engl ä n d e r auch einen Erfolg z» verzeichnen. Sie haben