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Die „Mtendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Orschafen Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag zo Uhr. Inserate werden mit p Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer, Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 34. Sonntag, den 30. November 1902. 1. Jahrgang. OerUichrs und Sächsisches. Gtteudorf-Bkrilla, 2I. November 1902. o „Das schloß am Meer", welches M Sonntag von dem Residenztheater-Ensemble im Gasthof zum „schwarzen Roß" zur Auf führung kommt, ist eines der gehaltvollsten uud wirksamsten Schauspiele, welche die Bühnen- litteratur in neuerer Zeit geschaffen hat. Eine hochspannende Handlung, treffende Charakteristik der milwirkenden Personen, effektvoller Szenen gang, schöne Sprache und zündender Humor, das sind die Vorzüge dieses prächtigen Stückes, welches an allen Hof- und Stadltheatern un zählige Male aufgcführt worden ist und immer wieder gegeben weiden must, weil sich jeder Theaterfreund von neuem an diesem Herz und Gemüt erhebenden Schauspiel erfreuen will. Das Stutz'sche Ensemble bietet mit dieser Auf führung eine Muster-Norstellung, die überall den wärmsten Beisall erntet und selbst die verwöhntesten Zuschauer zu stürmischen Kund gebungen hinreißt. Wer ein Freund einer künstlerisch wertvollen, ausgezeichneten Vor stellung und eines gediegenen, inhaltreichen Theaterstücks ist, möge diese Vorstellung nicht versäumen, er wird an diesem Abend seine vollste Befriedigung finden. Auch der Besuch der höchst lehrreichen und amüsanten K.nder- Norstellung kann durch die Erlaubnis zu diesem den Kindern eine recht große Freude machen. — Reichsmünzen, die bei den Reichs bankstellen zur Einzahlung gelangen und Be schädigungen aufweisen, werden nach einer bestehenden Vorschrift durch Zerschneiden kurs- unfähig gemacht. Daraus entstehen den Ein zahlern meist ohne deren Verschulden oft er hebliche Verluste. Aus Handclökreisen ist des halb an den Neichsbankpräsidenten die Bitte gerichtet worden, diese Vorschrift dahin abzuändern, daß leicht beschädigte Münzen zwar von den Reichsbankstellen angehalten, aber nicht sofort Unbrauchbar gemacht, sondern seitens der Reichs bank veim Münzmetalldepot des Reiches umge tauscht werden, so daß dem Einzahler sofort ein voller Ersatz geleistet werden kann. Ein Bescheid auf dieses Gesuch seitens des Reichs bankpräsidenten Dr. Koch ist noch nicht erfolgt. — 4ft, Proz- Prioritäten von 1885 der Aktiengesellschaft Vereinigte Radeberger Glas hütten zuRadeberg. Nach erfolgter Zwangs versteigerung der Grundstücke findet Mittwoch, den 31. Dezember, vormittags 9 Uhr vor dem königlichen Amtsgericht Radeberg der Verteil- Nngstermin statt. -- Da infolge der vorgeschrittenen Jahres zeit die Bautätigkeit immer mehr abnimmt, wird der jetzt an jeden: Montag früh 5 Uhr ö Minuten von Radeburg nach Radebeul ver kehrende Personenzog am 1. Dezember letztmalig in diesem Jahre abgelassen werden. Alsdann steht den Reisenden auch an Montagen — wie an allen Tagen — erst der regelmäßige Früh zug sfrüh 6 Uhr 10 Minuten ab Radeburg) zur Verfügung. Dresden. Se. Majestät der König empfing gestern Vormittag im Rcsidenzschlosse die Herren Slaatümiuister und den königlichen Kabinetssekretär zu Vorträgen. Abends begab sich Se. Majestät — zum ersten Male seit der Thronbesteigung — mit Ihrer königlichen Ho heit der Prinzessin Malhude in das Opern haus, um dem zweiten Sinfouiekonzerte der Gcneraldirektion der königlichen musikalischen Kapelle und der Ho lheaier beizuwohnen. — Zu der schon in letzter Nummer mitge teilten Differenz zwischen dem Reeder G. Rickter Und der deutsch-österreichischen Dampfschiffahrts- Gesellschaft schreibt der „Drcs.-Anz." Fragendes: Herr Richter ist Begründer der Gesellschaft und leitete sie seit 20. Juli 1895 als alleiniger Borstand- Er stellte infolge von Denuncilatianen ausgeschiedener auswärtiger Vertreter der obigen Gesellschaft und infolge anderer Anfeindungen in einer Sitzung des Auffichtsrates vom 10. November d. Js. den Antrag, seine Geschäfls- I führung einer genauen Revision zu unterziehen. Dieselbe ergab Vie Richtigkeit der vorhandenen Kassen. Depositen, Konten u. s. w. Auf An frage des Aufsichtsrates wurde ebenfalls wegen der seitens der Gesellschaft gemieteten Kähne, welche teils Aufsichtsratsmitgliedern, teils dem stellvertretenden Direktor Herrn Prokurist Deutsch und teils Herrn Richter gehören. Auskunft er teilt. Die Bewirtschaftung dieser seitens der Gesellschaft nur verwalteteten und zu angemessenen Jahresmietbeträgen einvierteljährlich mit den Besitzern obgerechneten Schleppkähne ergab für das Jahr 1901 kein ungünstiges Resultat, in dem für dteftlben bei einer Schlepplohneinnahme von gegen 30—40000 Mk. ein Betriebsverlust von ganz geringem Umfange gegenüberstand, welches Resultat jeder Sachverständige als für die Gesellschaft außerordentlich günstig bezeichnen muß. Besonders günstig deshalb, weil die Er höhung dcö eigenen Fahrparkes der Gesellschaft um die Zahl dieser zehn Mietskähne die Leistungs fähigkeit der Gesellschaft wesentlich vergrößerte, und ihr auch bedeutenden indirekten Nutzen ver schaffte. Das Vorhandensein von Mietskähnen wurde im Rechenschaftsberichte pro 1901 wörtlich besonders hervorgehoben und letzterer von der Generalversammlung einstimmig genehmigt. Von Beginn des Jahres 1902 an haben diese Schleppkähne weniger günstig gearbeitet, weil der Frachtenmarkt im ellgemeinen bei jedem Schiffahrtsunternehmen der Elbe, wie bei der gesamten Privatschiffahrt weniger lohnend war. Nicht also die Höhe der Schiffsmieten, sondern die im voraus nicht zu beurteilenden Fracht ergebnisse haben per 1902 bis zu Ende Sep tember einen Betriebausfall von etwa 14000 Mk. ergeben, welchem jedoch eine Schlepplohneinnahme von zwei- bis dreifacher Höhe gegenüberstehen. Gemeint sind hierbei in der Hauptsache selbst verständlich nur Tarifschlepplöhne, welche durch aus lohnender Art sind und den Schwankungen weniger unterliegen. Unter dem Eindrücke eines mißlichen Geschäftsjahres und in un richtiger Beurteilung und Verkennung der Ver hältnisse der gemieteten Kähne trat der Auf sichtsrat zu einer neuerlichen Sitzung zusammen, welche in statutenwidriger Weise ohne Anwesenheit des Vorstandes und ohne Einladung desselben erfolgte. Letzterer erfuhr davon am 15- d. M. auf einer Geschäftsreise in Hamburg ganz 'zu fällig, und er forderte sofort vom Vorsitzenden des Aufsichtsrates eine neuerliche gründliche Revision des gesamten bezüglichen Rechnungs wertes unter gleichzeitiger Sistirung seiner Funktion als Vorstand bis zur völligen Klar stellung des Sachverhaltes. Am Nachmittage des 16. d. M. wurde ihm seitens des Aufsichts rates die Enthebung von seinem Vorstandsposten eingehändigt. Das Resultat der Revisi n ist in einigen Tagen zu erwarten Zweifelsohne wird es ergeben, daß eine Schädigung der Ge- sellschaftsiuteressen nicht vorliegt, da die Miets löhne den im Vorjahre berechneten entsprechen und im übrigen derjenigen Mietsentlohnung angepaßt sind, welche ein kürzlich verstorbenes Aufsichtsratsmitglied für s-inen ebenfalls an die Gesellschaft vermieteten Schleppkahn längere Zeit bezogen hat. Herr Richter hat seit dem Jahre 1896 bei der Gesellschaft eine Kaution von 10 000 Nik. in Aktien der Gesellschaft in Depot gegeben. Sein Anteil am Eigentum der ver mieteten Schleppkähne beträgt rund 85000 Nik. und diese Fahrzeuge sind für die Mietsdauer im amtlichen Schiffsregister auf den Namen der Gesellschaft aus geschäftlichen Rücksichten einge tragen. Herr 'Richter hat in energischer Weise gegen jede Verbreitung anders oder ungünstig lautender Veröffentlichungen undgegen alle Ver dächtigungen Rechtshilfe in Anspruch genommen. Gegen gesetzliche Vorschriften ist nicht verstoßen worden, und ein diese 'Mietsangelegenheit etwa verbietender Dienstvertrag ist > eilens des Auf sichtsrates iwt Herrn Richler nicht abgeschlossen. Bautzen, 28. November. Mittwoch Abend mußte hier ein bis zur Besinnungs losigkeit betrunkener Manu aus einem Gasthof ¬ stalle, wohin er ohne den Willen des Besitzers von dritter Seite gebracht worden war, poli zeilich in dem städtischen Arresthause in einer Zelle untergebracht werden. In dieser Zelle fand man am nächsten Morgen das Lagerstroh glimmend und den Unter gebrachten erstickt vor. Der Brand ist wahrscheinlich von dem Trunkenen dadurch herbeigeführt worden, daß der letztere, obgleich bei seiner Einlieferung von dem Auf seher durchsucht, doch noch im Besitze von Streichhölzern gewesen isi, womit er hat Licht machen wollen. Der Verstorbene, dessen Person noch nicht genau festgestsllt ist, führte eine Rad fahrerkarte auf den Namen Hermann Rudolf aus Schönberg bei sich. Lommatzsch, 26. November. Graßfeuer entstand heute Morgen um die fünfte Stunde in der Meißner Straße. Es brannte beim Stellmacherme-ster Taubenheim. Das Ge bäude, worin sich die Holzbearbeitungsmaschinen befanden, wurde gänzlich zerstört. Das Ma schinenhaus, sowie das Sägewerk und auch das Kesselhaus, konnten erhalten werden. Dagegen wurde die anstoßende Molkerei, welche von Herrn Büttner gepachtet ist, mitsamt den Ma schinen zerstört. Der Schaden ist sehr bedeutend. Wie das Feuer entstand, ist noch nicht fest- gestellt; hier verlautet, daß es im Kefselhcmse zuerst ausgebrochen sei. — Auf der Straße nach Lommatzsch ver unglückte vorgestern Vormittag der Gärtner Keil aus Leuben mit seinem Geschirr. Die Pferde des von Schieritz kommenden Wagens waren durch das Pusten eines Automobils scheu geworden und durchgegangen. Die In sassen wurden herausgeschleudert, wobei Keil sich außer zerrissenen Kleidungsstücken eine Knieverletzung zuzog. Einer jungen Damen dagegen wurde nur das Kleid vollständig zer fetzt, sonst kam sie mit dem Schrecken davon. Der Wagen lag ganz zertrümmert im Straßen graben. — In eine nicht ganz ungefährliche Si tuation geriet eine Frau, die den früh ^9 Uhr von Freiberg nach Nossen verkehrenden Pcrsonenzug benutzte. Als der Zug die Sta tion Großvoigtsberg verließ, saß die Frau, die auf dem Rücken einen großen Tragkorb trug und deshalb in ihrer Bewegungsfreiheit be schränkt war, auf der Treppe eines Wagen perrons. Man wurde sehr bald auf die nach Hilfe rufende Frau aufmerksam und der Zug hielt auf freier Strecke, um die Frau abzu setzen. Die Fahrt durch den Zellwald auf ihrem luftigen Sitze würde der Frau gewiß nicht besonders bekommen sein. Bei den Passa gieren des Zuges erregte der Vorfall allge meine Heiterkeit. — In der Nacht zum Montag wurde in Pinnewitz bei Ziegenhain bei einem Handels marine ein Einbruch verübt. Durch das ein gedrückte Fenster sind die Diebe in die Wohn ung gelangt und haben dort über 150 Mark Geld gestohlen. Angeblich ist man den Ein brechern auf der Spur. Gau zig bei Oschatz, 27. Nvbr. Gestern Abend wollte der Fuhrknecht Lamprecht aus Oschatz, der einen Wagen Steine geladen hatte, einen eichenen Pfosten stehlen. Der Gemeinde vorstand Bennewitz, der dies zufällig sah, unter sagte es ihm, worauf Lamprecht mit dem um gedrehten Peitschenstiele Herrn Bennewitz derart auf den Kopf schlug, daß der Getroffene blut überströmt zusammenbrach. Lamprecht suchte nun, da Leute herbei kamen, schnell davon zu kommen, hieb unbarmherzig auf seine Pferde ein und fuhr mit dem mit etwa 80 Zentnern Steine beladenen Wagen im Galopp in der Richtung nach Zöschau zu. Ein Ganziger Ein wohner folgte ihm per Rad. Am blauen Berge vor Lonnewitz kam der Wagen ins Rollen, das Handpferd stürzte, der schwerbeladene Wagen überfuhr diesem die beiden Hinterbeine und kam darauf zum Stehen. Das Thier mußte noch am Abend getötet werden, während der Knecht verhaftet wurde. Grimma, 27. November. Vorige Woche war ein Husar wegen eines bei einem hiesigen Kaufmann ausgeführten Diebstahls von mehr als 200 Mark verhaftet worden. Man hatte ihn zu weiterem Verhör auf die Hauptwache gebracht, von wo er abends in einem unbe wachten Augenblicke entsprang. Einige Tage darauf wurde der Flüchtling wieder hierher zurückgebracht, und zwar von seinem eigenen Vater. Frohburg, 28. November. Am Mitt woch Mittag ist die 11 Jahre alte Tochter des Handarbeiters Hiller in der Nähe der Schloß mühle auf dem Eise der Wyhra eingebrochen und ertrunken. Leipzig, 28. November. Das Schwur gericht verurteilte heute den Angeklagten Behnert wegen Raubmordes, begangen an der Trödlerin Lory, zum Tode und zum Verlust der bürger- ichen Ehrenrechte auf Lebenszeit. Stroppe, dem noch der gesetzliche Strafmilderungsgrund der Jugend zur Seite st hl, wurde nach dem Anträge des Oberstaatsanwalts unter Berück sichtigung der außerordentlichen Gemeingefähr lichkeit des Angeklagten zu dem höchsten zu lässigen Strafmaß von 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Liebenwerda, 26. November. Von einem bedauerlichen Unfall wurde am gestrigen Nachmittag der Fuhrwerksbesitzer Gottlob Schmidt hier beim Eisfahren betroffen. Als er mit dem hochbeladenen Eiswagen die Elster brücke herunterfuhr, fielen Eisstücke vom Wagen den Pferden und Herrn Sch. unter die Beine. Die Pferde gingen durch, Sch. konnte die' Pferde nicht erhalten, da sich inzwischen auch der vordere Vorsetzer herausgegeben hatte, und ttm zum Fallen, weshalb er von den Pferden ortgeschleift wurde. Das rechte Bein wurde vom Rade erfaßt und überfahren, ferner zog ich der Verunglückte Verletzungen an Kopf und Brust zu- Herbeieilende Bewohner trugen den Schwerverletzten nach einem nahegelegenen Hause, wo ihm der herbeigerufene Arzt einen Verband anlegte und ihn nach der Wohnung bringen ließ. Meerane, 27. November. Eine für heute Alund nach dem Saale des „Thüringer Hofes" einberufene öffentliche Gewerkschafts- und Ein wohner-Versammlung mit dem Thema: „Der Streik der Meeraner Fabrikweber und seine Folgen", wurde nach dreiviertelstündiger Dauer vom überwachenden Polizeibeamten aufgelöst. Annaberg, 27. November. Der an der Herstellung und an dem Vertriebe gefälschter Postfreimarkeu beteiligte Kolporteur Hofmann, der, nachdem er bereits verhaftet worden war, am 16. Oktober aus dem kaiserlichen und könig lichen Bezirksgerichte zu Weipert in Böhmen wieder entsprang, soll, wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, nach der Schweiz geflüchtet sein und sich gegenwärtig noch dort aufhalten. Dem Schwindler, der bei seiner Flucht aus dem Gefängnis und durch die benachbarte sächsische Stadt Bärenstein mit beispielloser Frechheit vor gegangen war, fallen außer dep Postfreimarken fälschung noch einige in der hiesigen Umgegend verübte Einbruchsdiebstähle zur Last, die er lediglich in der Absicht ausgeführt zu haben scheint, sich Mittel zur Flucht zu verschaffen. Nach dem Amlieferungsvertrage mit der Schweiz vom Jahre 1874 werden deraetige Verbrecher ausgeli.fert. Reichenbach. Von schwerem Unglück verfolgt wurde letzte Woche die Familie Lim becker in dem benachbarten Stangengrün. Am Mittwoch geriet der Gutsbesitzer Moritz Lim becker beim Bedienen der Dampfdreschmaschine in das Räderwerk und zog sich an der rechten Körperseite schwere bedenkliche Verletzungen zu, und am Sonnabend wurde sein Bruder Richard beim Holzfahren von seinem schweren Wagen derart überfahren, daß er binnen kurzem seinen Wunden erlag.