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Leipziger Tageblatt und Anzeiger. II. Montag den 11. Januar. 1858. Bekanntmachung, die Anmeldung der Schüler zur III. Bürgerschule für Ostern 1858 betreffend. Die Kinder, welche noch keinen Schulunterricht genießen und sich zur Aufnahme in die Ul. Bürgerschule eignen, sind, um zu Ostern 1858 ausgenommen werden zu können, von ihren Aeltern und Erziehern von jetzt an bis spätestens den LS. Februar d. I. auf dem Rathhause in der Schulgelder-Einnahme anzumelden und es sind von letzteren dabei die ihnen vorzulegenden Fragen vollständig und der Wahrheit gemäß zu beantworten, auch die Zeugnisse über das Alter des anzumeldenden Kindes, so wie darüber, daß demselben die Schutzpocken eingeimpft worden sind, gleichzeitig mitzubringen. Nach erfolgter Prüfung der Anmeldungen wird weitere Bescheidung der Detheiligten erfolgen. Leipzig, den 8. Januar 1858. Der Rath der Stadt Leipzig. Berger. Stadttheater. Sonnabend den v. Jan. Der Alpenkönig und der Menschen feind von Raimund. — Nach fünfjähriger Ruhe und mit fast durchgängig neuer Besetzung wurde da- ebengenannte romantische Aaubermärchen al- Meß- und Feststück neu «instudlrt. Der eisten Vorstellung korm-en »ir nicht beiwohnen, da wir xoat keotrun kamen und Hunderte bereits vor unS wegen Mangel an Raum daS HauS verlassen hatten. Wir referiren heute also über Auf führung und Aufnahme der zweiten Darstellung. WaS den Werth aller Raimundschen Possen und Märchen betrifft, so haben wir über diesen Punct unsere Ansicht in der Kritik über seinen Verschwender niedergelegt. Alpenkönig und Menschenfeind ist eins der schwächsten Produkte. Der Stoff ist an und für sich gut gewählt (griff doch selbst unser Schiller zu demselben dramatischen Vorwurf), aber schlecht behandelt. Der Menschenfeind wird curirt, aber durch possenhaften Spuk, das Verlangen nach Bekehrung wird durch Geistermacht und Gespenster erzwungen und die Wiederaufnahme in den Kreis der Familie und der Gesellschaft ist matt und ohne Effect. Keine Tendenz, keine tiefere Moral, wohl aber glänzende Maschinerien und haarsträu bender Spuk. Raimund kannte da- Zeitalter, für welches er schrieb. Unser Compliment trotz Alpenkönig und Menschenfeind! Bei der Aufführung und Wiedergabe dieser österreichischen Possen fühlt man ihren fernen — aus Patriotismus sagen wir nicht fremden — Ursprung am deutlichsten. Diese dramatisirten Am menmärchen wurzeln fest auf ihren heimathlichen Schollen, deren Aintzer mit nckivem Lächeln uüd Gänsehaut, bebend vor Sympathie und Interesse, der Aufführung ihrer Possen folgen. Es ist nicht bloß der Dialekt, der die Zungen unserer Schauspieler maltraitirt, eS ist auch die ganze Art „Komödie zu spielen", welche in Oester reich derlei Schwänke zur Geltung zu bringen versteht, die uns abgeht und die nationalen Tinten, daS leben-frische Colorit mit sich nimmt. Dieser unläugbare Mangel beeinträchtigt bei unS den Genuß solcher Darstellungen ungemein — von diesem abstrahirt waren wir mit der Aufführung im Ganzen zufrieden. Den Menschenfeind spielte Herr Denzin und ihm gebührt der Preis de- Abend-. Vor Allem erfreute unS der Charakter, welchen ein brave- und tiefe- Studium in die Partie gelegt hatte, sodann die konsequente, einheitliche Durchführung de- einmal ge- wählten Genre und dritten- die absichtliche Vermeiduna jeglichen ungehörigen Effecte-! Der Herr v. Rappelkopf ist unstreitig eine der werthvollsten Rollen, welche wir von Herrn Denzin sahen und dürfen dem Darsteller umsoweniger unser ungetheilteS, volle- Lob vorenthalten, als wir in letzter Zeit fast immer etwa- an demselben zu tadeln hatten. Den Alpenkönig spielte Herr Wer ner. Die Repräsentation diese- Berggeiste- war ansprechend und erinnerte unS die vortreffliche MaSke mit ihren ehernen, uralten Zügen an Schiller „BergeSalten " im Gemsenjäger. Der dekla matorische Theil behagte uns weniger als die Copie Rappelkopfes, welche den Glanzmoment der Rolle bildet. Die Familie Rappel kopf hatte in Krl. Huber, Krl. Ungar und Herrn Böckel und die Familie Glühwurm in Frau Eicke, Herrn Ball mann und Frl. Telle gute Vertreter, die allesammt zum Gelingen de- Gan- zen ihr Theil redlichst beitrugen. Der Habakuk des Hrn. Dessoir war eine stelzfüßige Carricatur ohne Natur und Leben-wahrheit. Ein Theil de- Publicum- schien sich jedoch an dieser farblosen Figur ohne echten Witz und Humor zu ergötzen. — DaS Ensemble war recht präcise und da- Arrangement macht unserem Regisseur alle Ehre. Die Ausstattung war würdig. VV. 8.-^. Oeffentliche Gerichtssitzungen. Vom hiesigen königl. Bezirksgericht ist laut Anschlag am Ge- richtSbret eine Hauptverhandlung auf Montag den 11. Januar Vormittags 9 Uhr in Untersuchung-fachen wider die Gutsbesitzerin Johanne Christiane Sophie H. aus Engelsdorf wegen Betruges, und eine dergl. auf Montag den 11. Januar Nachmittag- 4 Uhr in Untersuchung-fachen wider den Kellner Heinrich I. au- Pehna wegen Betruges anberaumt worden. Tageskalender. Stadttheater. 73. Abonnement-Vorstellung. Donna Diana, oder: Stolz und Liebe. Lustspiel in 5 Acten, nach dem Spanischen des Moreto von West. (Regie: Herr Wohlstadt). Personen: Don Diego, souverainer Graf von Barcelona, Herr Stürmer. Donna Diana, Erbprinzesfin, seine Tochter, Frau Wohlstadt. Donna Laura, ( ... Donna Kenisa,! Nichten, Don Eesar, Prinz von Urgel, . Don Lout», Prinz von Bearne, Don Ga-on, Graf von Foir, . . . ^ Perin. Gecretair und Vertrauter der Prinzessin, Herr Deffoir. Florette, Kammermädchen der Prinzessin, . . Frau Bachmann. Hofbediente. Der Schauplatz ist in Barcelona, zur Zeit der Unabhängigkeit von Ca. talonien. jFräul. Ungar, jßräul. Wulff. Herr Wenzel. Herr Scheibe. Herr Böckel.