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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 15.09.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050915021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905091502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905091502
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-09
- Tag 1905-09-15
-
Monat
1905-09
-
Jahr
1905
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Liese« Blatt »Kd de» Leser» vo» Drelde» »ad Umgeduu- a« La-e »«her bereit» al» Ab-nd-Ausgabe ,»gestellt, während e» die Post-Al'0'..ne»ten am Morgen in einer Gesamtausgabe erhalten verugrgedlldr: »,»«-« beltüatl» : Sutr»,«», dimt, untere l»d »«v»«. a» W«n nur «tamav »PN. »»V. durch au»warüg«a«m. «MMn , «r du. » Mt. «»«. vet «M«a>t«r S»kellun, durch dt« W«e»»rr. «»kueBekellaeiL», im »US- lau» «tt «Nvrrchrndrm ü»Itila»e. «uchdru« aller Lrtttet». Original- »tMÜunaen nur »tt deutlichrr OnNlgaauaabe i>Dre»d. «ackr-» MM,. NachtrSali»« Louorar- anivrüch» bleiben unberiuMchtigt: Mbalaual« Manuikrivte «erb«, nicht auldewabr». r»Ir,ra««-»drelle: «,ch,»»ta» »,»»«» Hegvürr-sL 1858 Uevlag von Ktepfth L eichardt. Unreigen-cant. »miabme von Aukiindi,ungen bi» »achiniliog» s Ubr. Sonn- und «eierlaaS nur Mancunradc so von II bi» '/-l Uln Die l ivaililieLrund »ile <ca. s Silben! so Mg. An kündigungen auf der Vrivalleile 8elle ss PIg : bie r ivaluge Zeile uni Leu leite so Big., als Eingeiandt Seile M Pt,. In «»miner» »och S»»u- »nd Aeiertage» i ivöllige tvrundteile so Pig . am Privaiteile ao Pi, . Livaltiae Zeile aus Lertleite und al« Eingeiandt so Pig. Auswärtig««»!, träge nur gegtn Vorausbezahlung. Belegblätter werden mit tv Pig. berechnet. llernivrechanichlub: «mt l Nr. U und Nr. 20»» L»11lSiL«LlLOlr-8s1kS. Vorrrttia s Ktüclr 5t> kkx. i» allen Lpotlielcev, Ilroxsns» ruiä karknwerten. ji>l>MII«5-sUle<! I. II. kok« W»r>«»,te«,« — vipp»ktt««»IS»«r platt. 1 / Wellen SIo§Lkel6 LlAtlMW Milk«. Durchaus müssts« kreis«. — Ar. 256. Ast«!: Neueste Drahtberichte. Hofnachrichten, Tierarzneischule, Lchrerhauptversammliing, Allg. Handwerkerverein, l Nachklänge zum Friedensschluß. Lage in Rußland, Schweden und Norwegen Berliner Leben. Freitag, >S. September 1905. Neueste Drahtmel-unge« vom 14. Septbr. Zar gfleischteueruug. Berlin. Tie Fleischer-Innung beschloß gestern, an den Reichskanzler eine Eingabe zu richten, in der er unter Berück sichtigung der Tatsache, daß die deutsche Landwirtschaft nicht in der Lage ist, Deutschland genügend mit Schlachtvieh zu versorgen, und dab die trostlose Lage der Bevölkerung bezüg lich der Fleischnohrung offenkundig zeigt, dah das Fleischer- gewerb« den Untergang vor Augen siebt, gebeten wird, den Bundesrat sofort «inzuberufen. Demselben seien, wie die „Mg. Fleischer-Ztg." berichtet, folgende Anträge zu unterbreiten: 1. OesfnungderGrenzen für Einführung von Schlacht- sieh. 2. Oeffnung der Grenzen für Einfuhr von Magervieh. 3. Milderung der Einfuhr-Erschwerungen. 4. Zeitweise Auf hebung aller Viehzölle. 5. Revision des am 1. März 1906 in Kraft tretenden Zolltarifs, soweit derselbe Einfuhr von Schlachtvieh verteuert. — Die Innung beschlob, gleichzeitig den Berliner Magistrat um Unterstützung dieser Forderungen bei den zuständigen Behörden zu ersuchen. Sur Choleragefahr. Bromberg. In Labischin ist ein Kind an der Cholera geftovben. Bei der Schwester des Kindes ist Cholera festgestellt worden; die Mutter ist ebenfalls an Cholera erkrankt. — Die Posner Provinzial-Lehrerversammlung, die vom 4. bis 6. Oktober in Bromberg stattfinden sollte, ist wegen der Cholera abgesagt worden. Rastenburg. Von 23 in der Cholera^Baracke in Köl schen internierten Personen wurden beute 20 als gesund ent- lassen. Ein Arbeiter mit seinem Kinde und das Kind einer Arbeiterin sind vorsichtshalber noch zurückbehalten worden. Choleroverdächtige Neuerkrankungenizocrden nicht gemeldet. Krakau. In Podgorce sinl^zwei Schüler des dortigen Staatsgymnasiums unter choleraverdächtiaen Er scheinungen erkrankt. Alle sanitären VorsrchtSmqßregA» stad ge» Madrid. Die spanischen HafenbrhördMl erhielten An weisung, die aus Hamburg und Antwerpen kommen- den Schiffe abzusondern und bezüglich der Mannschaften und der Ladung sanrtäre Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Sur Lage iu Russland. Petersburg. Eine Tatarenbande überfiel dos bei Suchum gelegene Äasiljewski-Frauenkloster während des Gottes- diensteS. Im Kloster entstand «ine unbeschreibliche Panik. Die Bande plünderte daS Kloster. Neun Nonnen, die den Kirchenschatz verteidigen wollten, wurden v"n den Tataren ermordet. Die Bande entfernte sich mit dem Raube. — Aus- ständige Arbeiter versuchten in Baku, einen Straßenbahnwagen in die Lust zu sprengen, indem sie eine Bombe auf die Schienen legten, die irdoch noch rechtzeitig entdeckt wurde. — Wie hiesigen Naphtha-Firmen aus Nischni-Nowgorod mitgeteilt wird, haben viele Fabriken und Mühlen wegen Naphta- manaels den Betrieb eingestellt. Man befurchtet, daß die Naphtha-Niederlagen in Brand gesteckt werden. Es soll be schlossen sein, in Baku etwa 18000 Mann Militär zusammen- ,zuziehen, teilweise aus dem europäischen Rußland. Die Börsen- komiteeS von Astrachan und Zaryzin telegraphierten dem Finanz- minister, daß die Einstellung der Lieferungen von Naphta die Wolga-Dampfschiffahrt bedrohe. Infolgedessen empfing der Miulster heute die Vertreter der Naphtha-Betriebe, die damit einverstanden waren, die Naphtha-Lieferungen für die Eigen tümer der Dampfer zu erneuern, um so die der Wolga-Schisf- sahrt drohende Krise abzuwenden. — Während der gestrigen Vorstellung im Theater in Lodz wurde plöHlich von der Galerie eine Menge Papier mit revolutionären Proklama tionen in den Saal geworfen. Gleichzeitig ertönten die Rufe: „Nieder mit dem Absolutismus! Es lebe die Freiheit!" Etwa 200 Besucher der Galerie wurden verhaftet und nach dem Gefängnis gebracht. Petersburg. Verschiedenen Bahnen ist gestattet worden, von der Feuerung mit Naphtha zu der Feuerung mit ^-,en aus England zu beziehe». Tie Rjäian—llralbahn wird ihren Kohlenbedars aus Schlesien beziehen. Wie hiesigen Naphthasirmen aus Nijhni-Nowgvrod mitgetcilt wird, haben viele Fabriken und Mühlen wegen des NaphthamangelS ihren Betrieb eingestellt. Man bcsürchiel. daß die Nciphthaniederlage» in Brand gesteckt werde». Die „Nascha Schm" erfährt, es sei bc- schlossen worden, etwa 18 000 Mann Militär zusammciizuzichen, teilweise aus dem europäischen Rußland. Tiflis. Die Beerdigung des Gcnera'adjulanten Fürsten Amilakhwari hat heute ohne Zwischenfall slaltgefundcn. Koblenz. Ter Kaiser ist heute früh 5s4 Uhr im Auto mobil ins Manövergelände gefahren. Das Wetter ist regnerisch. Katzcnelienbogen. Das rote Korps hatte heute eine Verteidigungsstellung nördlich von Katzencllcnöogen. Das blaue Korps griff von Südwesten an und wnrde nach lebhaftem Gefecht zurückgeschlagen. Der Ka i s e r, die K a i s e r i n, der Kronprinz, die Prinzessinnen Friedrich Karl von -Hessen und Adolf von Schaumburg, sowie andere Fürstlichkeiten wohnten dem Gefechte zu Pferde bei. Das Wetter ist regnerisch. Köln. sPriv.-Tel.j Nach zuverlässigen Meldungen ans Darmstadt wird dort neueren Dispositionen zufolge das russ i- sche Kaiserpaar mit seinen Kindern bereits m der nächsten Woche erwartet. Der Besuch erfolgt auf dringendes Anraten der russischen Aerzte, da infolge der gewaltigen Aufregung der letzten Zeit der Gesundheitszustand des russischen Kaiscrvaares sehr derangiert ist. Her Aufenthalt erstreckt sich aus zwei Monate. Wie es ferner heißt, trifft man im großherzoglichen Schlosse Vorkehrungen für weitere Besuche europäischer Fürsten familicn, darunter das deutsche Kaiser paar, das im Oktober die befreundete Zarensamilie besuchen werde. Köln. iPriv.-Tel.s Aus Bensberg wird gemeldet, daß in den Belegschaften der Gruben in Moitzselde-Untcreschbach eine Arbeiterbewegung ausgebrochen ist. Verschiedent lich wurden Arbeiter be» den Direktionen der einzelnen Gruben weaen Hohner-ohium vorstellig. Mehrere gestern statt- gefundene Versammlungen beschlossen, wenn eine nochmalige Vorstellung wieder erfolglos sein sollte, überall sofort die Arbci' einzustellen. x - Ä Kiel. Die aktive Schlachtslotte ist nach Be endigung der Manöver in -er letzten Nacht durch den Kanal kommend hier eingetroffen, mit Ausnahme der Schiffe „Wittels bach", „Wettin", „Mecklenburg", „Weißcnburg". „Wörth" „Ariadne", „Frauenlob" und „Amazone", die von Brunsbüttel- koog nach Wilhelmshaven gegangen sind. Hamburg. Den „Altonaer Nachrichten" wird von zustän diger Seite mitaeteilt, daß eS sich bei dem am Dienstag vorge- kommen«» Pockenfall um eine leichte pockcnarlige Erkran- kung handelt. Alle Jsolierungsmaßregeln sind aus das sorg fälligste getroffen worden. Budapest. TäS „Amtsblatt" veröffentlicht eine Mit teilung, daß der König die Demission des Kabinetts angenommen und «»geordnet hat, daß die Minister bis ans weitere Verfügung ihre amtliche Tätigkeit sortsetzen sollen. Paris. Der Kabinettsdirektor d-s Handelsministers IuleS Juttet, ist gestern abend bei einer Fahrt durch die Elysö ifchen Felder durch Zusammenstoß mit einem aus einer Nebenstraße kommenden Automobil getötet worden. Paris. Die Suezkanal-Gesell schast erklärt heute gegenüber weitergehenden Gerüchten, daß die Schiffahrt im Kanal infolge Unterganges des englischen Dampfers nur auf kurze Zeit eingeschränkt sei, und zwar nur während einiger Nachtstunden, in denen an der Beseitigung des gesunkenen Schiffes gearbeitet würde. Paris. Ein Telegramm, daS dem hiesigen Kolonialamte znging, berichtet, daß der Forschungsreisende de Brazza plötzlich erkrankt sei und deshalb seine Reis« unterbrechen und sich in Dakkar einschiffen mußte. Toulon. Bei einer Uebung wurde der Torpedoboot- zerstörer „Hellebarde" von eine Nt Torpedo getroffen Trotz eines großen Lecks konnte die Besatzung gerettet uuo das Fahrzeug in den Hasen gebracht werden. Belgrad. Hier ist man einer geheimen makedoni schen Verbindung aus die Spur gekommen, die bczwecli. auf gewaltsamem Wege eine allgemeine Unordnung auf dein Balkan hervorzurufen. um aus diese Weise die makedonische Autonomie zu erzwingen. Cosenza. Ter K önig ist heule vormittag hier ein- etroffe» und am Bahnhose von dem Minister Ferraris uno den Vertretern der Behörden empfangen worden. Der König suhr, von der Bevölkerung enthusiastisch begrüßt, sofort im Automobil nach Ajcllo, Marano und Marchesato und wiro nach mittags nach Cosenza znrückkchrcn. Madri d. Nach Meldungen der Blätter werden Vorbe reitungen getroffen für die Ausnahme einer Anleihe von 30n Millionen Pesetas, die zur Konversion der Schatzbonds und zur Einlösung der Titres der Kolonialschuld dienen sollen. Oertliches und Sächsisches. Dresden, 11. September —* Te. Majestät der König Pirschte heute früh im Pillnitzer Tännicht aus Rchböckc. Mittags empfing er in Pillnitz die Herren Staatsminister zu Vorträgen. —* Die Fürsten- und Landesschnle St. Aira in Meißen erhält morgen den Besuch der beiden ältesten Söhne des Königs, des Kronprinzen Georg und des Prinzen Christian, in Begleitung ihres Militär-Gouverneurs, des yauptmanns Baron O'Byrn, und des Leutnants Freiherr« v. Humbracht. Da König Friedrich August bei seinem Besuche in Meißen am 21. März sich über die Turnleistungen der Fürstenschnler ganz besonders gefreut und befohlen bat, daß die Prinzcn-Söhnc einige der ihm damals vorgeführten Uebungen erlernen, werden die Prinzen dem Turnen der Äfraner in der Mir vem fayrplamnatzrgen Zugc von Dresden nachmittags 3,13 ffhr in Meißen änzukommcn: die Mfahrt ist für 5,59 Uhr festgesetzt. . —* Dem Privatmann Friedrich Augstst^Druno Grumpelt hier, Grunaer Straße 45, wnrde zu seinem 50jährigen Bürger- inbiläuin am 11. d. M. von, Rate und den Stadtverordneten ein Glückwunschschreiben zugestellt. —* Wegen der Choleragesahr hat die Kreishauptmannschoit Zwickau 12 Städte ihres Bezirks als Untersuchungsstatione». wo Aerzte sofort verfügbar sind, und 10 Orte mit Kranken häusern als Krankenüberaabestationen bestimmt, falls im Eisen bahnverkehr Cholera. Pocken oder Flecktyphus auftreten sollten.^ —* In der heutigen Ziehung der Landeslotterie siel der Hauptgewinn von 60 000 Mark aus Nr. 70310 in die Kollektion von Franz Kühne, Leipzig. . —* In dem kürzlich erschienenen Bericht über das Veterinär wesen im Königreich Sachsen für das Jahr 1904 ist auch der 'Bericht über die Königliche Tierärztliche Hoch- schule zu Dresden, erstattet vom Rektor und Senat, enthalten. Während des Berichtsjahres amtierten: Geheimer Medrzinal- rat Professor Dr. Wilhelm Ellenberger als Rektor, sowie die Georg Alfred Müller, Medrzinalrat Professor Dr. Frdr. Jul. Gust. Pusch und Medizinalrat Prof» Dr. Her mann Baum als Mitglieder des Senats. Zu Anfang des Be richtsjahres Wintersemester 1903/1904> waren 162 Studierende s155 vom Zivil und 7 vom Militärs eingeschrieben, der Natio nalität nach 81 Sachsen, 61 Angehörige anderer deutscher Staaten und 20 Ausländer. Hierzu kamen noch 40 in der tier ärztlichen Fachprüfung stehende Kandidaten und 8 Hospitanten, zusammen also 210 Hörer. Im Sommersemester 1904 waren 159 Studierende l150 vom Zivil und 9 vom Militärs einge schrieben, der Nationalität nach 87 Sachsen, 55 Angehörige anderer deutscher Staaten und 17 Ausländer. Dazu noch 37 in der tierärztlichen Fachprufuna stehende Kandidaten und 7 Hospi- «---r. Zu «--- -- - tauten, mithin 203 .Hörer. den bei der Tierärztlichen Hoch- Berliner Leven. L. Berlin. 13. September. Zweitausend Berliner und Berlinerinnen recken sich seit einigen Tagen stolz empor um, empfinden ein . eigenes Hoch gefühl. Sie sind dabei gewesen. Bei dem großen Ereignis nämlich. Leicht ist es ivahrlich nicht gewesen, Zutritt zu er halten. Freilich, wem es nicht darauf ankommt, etliche Gold- Mchse oder gar einen „Blauen" zu opfern, der konnte sich den Zutritt einfach erkaufen. Aber die anderen, die mit dem Gelde nicht jo werfen können, die mußten oft die schwierigsten Sachen vollsüyren, um auch dabei gewesen zu sein. Welche Kniffe und Pfiffe mußten sie anwenden, welche Ueberredungskraft ausbieten, welche Engelsgeduld üben und ach!, wie oft die ärgsten Demütigun Ziel errei^ me Brust . . . die nicht dabei gewesen sind, ja vielleicht — eS ist kaum zu fassen i — nicht einmal den Ehrgeiz hatten, dabe» gewesen zu sein, unendlich erhaben zu fühlen. . ^ .. Da» große Ereignis aber, daS ine gesamte Berliner Lebe- Welt seit einigen Tagen fast ausschließlich beschäftigt, daS in allen Bar», Ballsälen und sonstigen Lokalen, in denen man sich nicht langweilt, den Hauptstofs aller Unterhaltungen bildet, ist die Erstaufführung der neuen Revue im Metropol-Tbeater. Sie führt den schon an sich aufreizenden Titel: «Auf, ins Metropol! , und von ihr gilt für jeden, der in der Berliner Welt und Halbwelt auch nur die bescheidenste Rolle spielen will, wa» vor Jahren bei ihrem ersten Erscheinen im Wintergarten, von den tuaendsamen Schwestern BarrisonS galt: „Man muß sie gesehen haben!" DaS ist ei« so kategorischer Imperativ, daß sich lhm in de» nächsten Wochen und Monaten kein Lebeiüngling, kein« Lebejungfrau der deutschen Reichshauptstadt wird ent- ziehen könne». Für diese Herrschasten und die meisten Fremden, di« nach Berlin kommen, heißt bis auf weitere» die abendliche Losung: .Aus, in» Metropol!" Wer kann da widerstehen? . ES ist wirklich lachhaft, daneben freilich auch eimaermaßen hstrüLead. diesen Taumel zu bedachten, der gewisse Kreise ob 'lchli ichts zu hwelgc dieses „großen" Ereignisses, das mit dem Theater, geh denn mit der Kunst, nichts, aber auch schlechterdings ni>, „ tun hat. Es ist in erster Linie geschickte Schneiverarbcit — von den glitzernden, möglichst wenig verhüllenden Miedern und Röckchen und sonstigen Bekleidungsgegenständen an bis herab zu den aus Witzblättern, Zeitungsnotizen und sonstigen Abfälle» gewandt zusammengeslickten Text und der den verschiedensten Tonmeistern nachempfundenen Musik. Zum Schneider gesellt sich der Kulissenmaler, ihm treten der Maschinenmeister und der Regisseur zur Seite. Daneben gibt es ein Dutzend singender und mimender Handwerker, die in ihrer Art trefflich sind, und — zuletzt, doch wahrlich nicht als letzte — einen gewaltigen Hausen gut gewachsener, mehr oder minder leidlich singender oder tanzender.' ober durchweg hübscher Mädchen, und als Krönung des Ganzen eine echt amerikanische Girl, ein bild- schönes Weib, das kein Wort spricht, stumm über die Bühne schreitet und lediglich durch die Macht ihrer allerdings blenden den Schönheit Beifallsstürme entfesselt. Diese Miß Elissord er hält für ihr wortloses, kaum zwei Minuten dauerndes Auftreten monatlich 5000 Mk. — und da sagt man noch, daß die wahre Kunst bei uns zu Lande nach Brot gehen müsse! ES ist übrigens nicht die einzige Ziffer, die bei dieser neue- sten Berliner Sensation Achtung emsloßt. Daß die Karten für die erste Aufführung den Händlern bis zu 100 Mk. bezahlt worden sind, haben wir schon angcdeutet. Hatte man doch darauf mit fieberhafter Spannung gewartet, wozu nicht wenig er Umstand beigetragen hgt, daß während der Proben eine roße Treppe, die in naturgetreuer Nachbildung die Terrasse i» holensec darstellt, einaestürzt war, wobei etliche Mitwirkende teilweise zu recht erheblichem Schaden gekommen waren. Ei»! Stück, das sich so einführt, muß ja jeder Mensch, der auf Bildung ! Anspruch machen will, unverzüglich sehen. Dann hatte man j sich auch Wunderdinge von der Ausstattung erzählt, in die der > wagemutige Direktor diesmal die Kleinigkeit von 100 000 Mk. > gesteckt bat. Der Mann versteht sich auf das Geschäft und wird dieses Anlagekapital voraussichtlich mindestens dreimal wieder einbringen. Denn Kenner haben bereits für 300 Wieder holungen dieser Revue al» Minimum gutgesagt. In der Tat sind l diesmal alle Elemente, die an dieser Stätte einen Dauererfolg ! verbürgen, mit ganz besonderer Fertigkeit ausgesucht und zu- , sainmengemischt. Der Text ist im allgemeinen nicht blöder und platter, als unbedingt nötig ist, und enthält im besonderen manchen 'guten Witz, manchen unterhaltenden Einsall und manche zeit gemäße Anspielung, die beinahe alß politische Satire angc- sprochen werden könnte. Der Lcgitimitätskamof um Lippe- Detmold wird nicht übel persifliert. Ein gewisser, mit Karten und Würfeln auf vertrautestem Fuße stehender Minister eines anderen deutschen Kleinstaates wird verulkt. Auch der „lange Möller" wagt ein Tänzchen mit der von ihm so wenig glücklich umworbenen Hibernia, die hier in Gestalt einer allerliebste» Tänzerin über die Biikne hüpft. Natürlich wird die Berliner Dcnkinalssenche nicht vergessen, und man bekommt in der Eile etliche drollige Enthüllungen vorgesetzt. Dazwischen gibt es eine leidlich witzige Parodie ans Hauptmanns Fragment „Elga". Ter jetzt meistgenannte preußische Minister, der stets, auch wo nicht die geringste Veranlassung dazu vorhanden ist, kreuzfidele „Pod". der „Minister für Fleischnot", wird als vielgeplagter Sportsmon vorgeiührt, der über Jagd, Automobilfahrte», Wettrennen und dergleichen ernste Beschäftigungen mehr nicht zur Erledigung der dringendsten Bernssgeichäste kommen kann. In dieser getreuen Revue über die Ereignisse der verflossenen Monate fehlen nicht der Einzug des Kronprinzenpaares mit den reitenden Schläch tern voran, nicht der Marokkohandel mit Bülow und Delcassü und was sich sonst noch in der Welt ereignet hat. Vieles ist gar zu berlinilch und sür Fremde ohne Führer durch das dunkelste Berti» kaum verständlich. An Couplets ist kein Mangel, dar unter gibt es auch hier und da einen Schlager, allerdings wirken die sentimental angehauchten Verse diesmal besser, als die witzig gemeinte». So namentlich ein — natürlich von einem Urwiener Tenoristen geflötetes Lied mit dem herzbrechenden Kehrreim: So schwindest du hin. d» mein altes Berlin!" Dieser echte Iammersetzcn, der in verlogenen Versen die alte Herrlichkeit Berlins in den Himmel hebt, entfesselt fast ebenso laute Beifalls stürme. wie das stumme „Gibson-Girl" aus Newyork. Hierzu, wie zu den anderen Couplets und den Tänzen gibt es «me Mustk, die sich vielfach sehr angenehm in die Ohren schmeichelt.
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