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Mittwoch. Nr. ,95. — 22. August I8SS. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags I Uhr aus- gegeben. Preis für das Viertel jahr 1'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Mgemut Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetzt» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Erdedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Hnserttonsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Deutschlan Die Frankfurter Postzeitung knüpft an die Miltheilung der neulichen Zu sammenkunft der gothaischen Partei in Heidelberg (Nr. 187) Folgendes: „Wir übergehen, was sich von Hohn und Spott, von Lob und Tadel der Personen an die Thatsachc einer Unterredung befreundeter Männer in Hei delberg geknüpft hat, und sind weit entfernt, die freilich nur sehr leise an- geschlagene Hoffnung zu theilen, welche einige wenige Stimmen in der Ta gespresse daran reihen möchten. Aber es scheint unS, daß die Sache zu denken gibt. Jene Unterredung soll der Stellung Deutschlands in den orientalischen Wirrnissen gegolten haben. Wäre das deutsche Volk zufrie den mit der Politik seiner Regierungen, sähe es die Ehre, das Interesse, das Gelvicht und den Stolz seines Namens in würdiger Weise vertreten, so würde von dieser Zusammenkunft und deren Inhalt überhaupt keine Rede gewesen sein. Die Partei, deren Trümmer sich dort geschart haben sollen, ist, soweit sie nach ihrem Programm betrachtet werden kann, todt: des Bannes Kraft, unter dem sie 1848 — 49 wirkte, ist gebrochen, und sie hat nicht einmal den Ruhm, für ihre Sache gefallen zu sein, sie hat Hand an sich selbst gelegt. Es gibt aber etwas, wofür deutsche Herzen immer schlagen werden. Das ist die Ehre des Vaterlandes. In dem Sturme, welcher die Welt bewegt und der vermuthlich seine Höhe noch nicht erreicht hat, wäre den Verständigen eine treffliche Gelegenheit geboten gewesen, zu beweisen, daß die Idee Eines Deutschland noch etwas Lebendiges ist, daß sie nicht blos Jünglingsherzen bezwingt, sondern auch die Männer im Purpur einigen kann. Es wäre eine Sühne für Jahrhunderte alte Uneinigkeit und Schmach möglich, cs wäre der praktische Beweis zu führen gewesen, daß die Form das geringste ist, und daß ein Bund, welcher den geheiligten Gesetzen der Nationalität gehorcht, ebenso gut zum Handeln sich befähigt wie ein Staat und wie ein Mann. Wir sagen mit Schmerz — die Gelegenheit ist ver säumt worden. Seit dem Jahre 1813 gab es keine glücklichere zur all gemeinen Verbrüderung, zur Versöhnung, zur Erhebung. Wie im Jahre 1813 Oesterreich die nächsten Interessen, die Bande der Verwandtschaft abstreiftc, von den warnenden Stimmen trauriger jüngster und weiterer Ver gangenheit sich abwendete und zu den Seinen stand, so hätte im Jahre 1854/55 ganz Deutschland zu Oesterreich stehen sollen. Wir hätten dann Frieden und die edeln Früchte des Friedens, wie sie unter der Sonne gro- ßer Gedanken und Thaten allein reifen. Hätte man die Frage gestellt, was würde Deutschland für seine Interessen erklärt haben, wenn es ein Einheitsstaat wäre, so würde man die Antwort, aber auch die Richtschnur für das Handeln sogleich zur Hand gehabt haben. Dann hätte man aber weder an dem Mehr oder Minder der Interessen mäkeln dürfen, noch würde man sich entblödet haben, die Politik der Passivität «die deutsche Politik» zu nennen, und Oesterreich als Preis des Zutritts zu derselben die Sympathien der Bundesgenossen zu versprechen. Wir begreifen aller dings, wie die Zerrissenheit abgesonderte Interessen anwcist, für die Politik verschiedene Wege zeigt; cs ist dies der Fluch, den sie mit sich führt: aber, wäre cs nur um des Andenkens der alten Herrlichkeit willen, so sollte man eine solche Politik nicht eine deutsche nennen wollen, sondern ihr den Namen lassen, den sie verdient. Es mag schwer sein, nach so vielen Täu schungen und so bittern Enttäuschungen, wie sie in der Periode von 1848—51 erlebt worden sind, sich ohne Groll und ohne Hintergedanken der nationalen Sache unterzuordnen und nach ihren Geboten seine Stellung zu wählen. Es wird eben nichts Großes in der Welt verrichtet, ohne daß die Selbstüberwindung vorausgegangen. Wenn aber die nothwendige That von Denen versäumt werden sollte, denen sie nach ihrem Beruf obliegt, so fällt sie Andern zu. Dem wird so sein, solange Deutschland nicht ganz und gar zum geographischen Begriff herabgewürdigt ist. Das ist der Grund, warum heute wieder von einer nationalen Partei in Deutschland gespro chen werden kann. Der Fingerzeig sollte beachtet, die Warnung nicht über hört werden." Preußen. Aus Koblenz vom 17. Ang. berichtet die Koblenzer Zeitung: „Gestern wurde von Ehrenbreitstein der vr. most. Neuhaus, welcher we- gen Theilnahme an dem badischen Aufstande zu einer FcstungSstrafc von zehn Jahren verurthcilt war, nach siebenjähriger Haft entlassen, und zwar unter der Bedingung, nach Amerika auszuwandern, was derselbe auch ein- gegangen ist." — Aus Köln vom 15. Aug. schreibt man der Allgemeinen Zeitung: „Zur Erinnerung an die päpstliche Entscheidung über das neue Dogma hat man hier den Plan gefaßt, auf einem öffentlichen Platz eine Denksäule zu errichten; der Stadtrath aber hat seine Zustimmung verweigert, und somit kann dieses Projekt in Köln nicht zur Ausführung kommen. Die Bedeu tung dieser Entscheidung des StadtratHS der «heiligen Stadt Köln» ist nicht nöthig näher zu bezeichnen." 1 Baiern. Alls Baiern, 19. Aug. Vom 1. Oct. angefang.n werden in den untern Graden unscrs Militärs umfassende BcsoldungS- crhöh ungen stattfinden. In allen Waffengattungen gleichmäßig wird der Soldat 15, der Corporal 30, der Sergeant 45 Kr., der Feldwebel oder Wachtmeister 1 Fl. tägliche Löhnung erhalten, dafür aber jede Art von Nebenbczügen für Montur rc. eingczogen werden. Die Offiziere erhalten jährliche Gage: der Lieutenant 600, der Oberlieutenant 800, der Haupt mann 1000 Fl. Die Besoldungen dec Stabsoffiziere und Generale sollen dagegen eine Minderung erleiden. Hierbei ist zu bemerken, daß unsere active Armee (also ohne Pensionisten) laut kürzlich erschienenem Militärhandbuch in diesem Augenblick zählt: 1 Feldmarschall (Prinz Karl von Baisrn), 3 Generale, 14 Generallieutenants, 34 Generalmajore, 49 Obersten, 62 Oberstlieutenants, 85 Majore, 425 Hauptleute und Rittmeister, 469 Oberlieutenanls und 837 Lieutenants. — In München geht daS Gerücht von der Wicderverheirathung einer hohen Person. Würzburg, 19. Aug. Der in dem Pistolcnduell verwundete Student Volhard aus Darmstadt ist gestern Abend in Höchberg ge storben. (N. W. Z.) Württemberg. Stuttgart, 18. Aug. Der Bericht der staats rechtlichen Commission der Kammer der Abgeordneten über den Antrag des Abg. Pfeifer und Genossen, die Neugestaltung der öffentlich-rechtli chen Verhältnisse Deutschlands betreffend (Nr. 175), enthält den von der Mehrheit gestellten Antrag: „an die hohe Staatsregierung die Bitte zu richten, sic wolle mit allen ihr zugebotc stehenden Mitteln fortwährend auf die Neugestaltung der öffentlich rechtlichen Verhältnisse Deutschlands im Sinne der Einheit und der activen Theilnahme dcS deutschen Volks an sei nen gemeinsamen Angelegenheiten hinwirken." Tübingen, 18. Aug. Gestern wurde dem Verfasser von „Kraft und Stoff. Empirisch-naturphilosophische Studien" (Frankfurt, Weidinger), vr. Louiö Büchner, von Seiten des Nectoramts ein Ministerialentschluß mit- getheilt, welcher demselben die venia cjovenlli an hiesiger Hochschule ent zieht. vr. Büchner wird sich nun als praktischer Arzt in Darmstadt nie derlassen. (Frkf. I.) Hannover. Hannover, 14. Aug. Das neue Ministerium sucht seinen Antccedentien gemäß eine Verständigung mit den Provinzial» ständen, d. h. mit der ritterschaftlichcn Abthcilung derselben, ehe cß der allgemeinen Ständeversammlung diejenigen Propositionen hinsichtlich einer andern Zusammensetzung der I. Kammer, von der die königliche Procla- malion spricht, vorlegt. Mindestens sind auf den 23. Aug. die Ritter und Landschaft der Grafschaft Hoya zu einem Landtag, auf welchem Re gierungspropositionen vorgelegt werden sollen, zusammenberufcn, und die Zusammenberufung der übrigen Landschaften steht gleichfalls bevor. Die vorzulegenden RegierungSpropositionen sind noch nicht bekannt. Man glaubt indessen, daß dieselben auf der Grundlage der im Jahre 1852 von dcn Bevollmächtigten der Ritterschaften abgegebenen Erklärungen beruhen wer- dcn, wonach dcn Ritterschaften eine ausschließliche Repräsentation des gro- ien Grundbesitzes in der 1. Kammer zustchcn soll, die Ritterschaften selbst ich aber dahin reformiren, daß das Erfoderniß des Adels künftig hinweg- ällt, ein gewisser Grundsteuercensus oder Reinertrag (etwa derselbe, der m Gesetz vom 1. Aug. 1851 festgesetzt war) erfoderlich wird. Der Punkt, welcher bei dieser Reform der Ritterschaften schwierig sein wird, ist der, ob die gegenwärtigen stimmberechtigten Ritter, auch wenn sie von ihren Gütern gar keine oder eine höchst geringe Grundsteuer zahlen, gar keinen Reinertrag haben, bis zu ihrem Tode ihr Virilstimmrecht behalten oder nur bis zu einem gewissen Zeitpunkt, wo sie den Nachweis liefern müssen, daß ihr Gut die fragliche Grundsteuer zahlt oder sic das fragliche Reineinkommen daraus genießen. Wie die Differenzen über die Bildung eines Landtags und das Stimmvcrhält- niß der zu reorganisirenden Provinziallandschaften, die sich unter den ver schiedenen Provinziallandschaften 1852 zutage legten, ausgeglichen werden sollen, und wie man zu einer einheitlichen Bestimmung kommen will, wenn in auch nur Einer Landschaft die Zustimmung nicht erfolgt, liegt zur Zeit im Dunkeln. ' (Allg. Z.) — Wie die Protestantische Kirchenzeitung berichtet, hat dcr König das Patronat über den Freimaurerorden für das ganze Königreich über nommen und sind auf seinen Wunsch zu Anfang Mai d. I. die beiden Söhne seines Stiefbruders, des Prinzen von Solms, in jenen Orden feier lich ausgenommen worden. Thüringische Staaten. xGera, 19. Aug. In unserm städ tischen Justizwcsen ist kürzlich eine Umgestaltung erfolgt, obwol der noth wendigen Vorarbeiten wegen die betreffenden Behörden vorläufig noch in früherer Weise fungiren. Dcr Stadtrath zu Gera hatte infolge eines im