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Rr. SS L8. Iahrg. Dienstag, den 25. März ISIS abends Geschäftsstelle und btedakiion» Dresden-A. 16, Holbeiustrufte 4Ä Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147V« «a^abe X mit ve,»g»pretSi Beilage dierteljShrlich n »ressen uns ganz Deutjch- auS 8.80 X ,,r Oesterreich xc. land srei 0.40 X. iluenabe 0 vierteljährlich 2.88 «. In Dresden und ganz Deutschland trci Haus 8.— X» in Oesterreich 8.80 X. Einzel-Nummer 10 4- Die Klichsischc Boltszeituns Wochentagen nac ! erscheint m allen -mittags. Anzeigen, Annahme von (SeschststSanzeinei, di? 10 Nh,, von tznnistieimnzeigtii dik 11 Ukr vrrm. Preis stlr die Peilt-Spalizeiie »5. g lm RcNa- mcleii 80 z. gauniien-Ai,zeigen «0 g Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fern, svrecher ausgcgebcne iilnzeigen könne» wir di» Verantwortlichkeit siirdievtichiigkeu des Teile» nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion: 11—12 Uhr vorm. , tU— .4 > liK dWM AontrAWu > zi ^ Mit illustriertem MttzichaM«gsdeU«gtz Ml L- am am sei Wvlyeadeuay- Die ^Leipziger Neuesten Nachrichten" und das Zentrum. Ans Zent! umkreisen ivird IMS geschrieben: Es gibt Zeitungen, die Grundsätze veNreien - auch ihren Lesern gegenüber - nnd jolche, Sie, ans Grundsatz selbst grundsatzlos, !nit seiner Witterung siir die Tages- in.-inung der groste» Menge, diese Tagesmeiiumg jeweils leidenschaftlich vertreten, nm danlit Leser zu gewinnen nnd daS „Geschäft" rentabel zu machen. Von den „L. N. N/ N'ird behauptet, das; sie durch teinerlei Umstl.wung in der Tagesmeinung mehr überrascht werden tonnen, weil sie jede nur mögliche-Meinung in der Vergangenheit schön einmal vertreten haben nnd darauf nur hinzuweisen brauchen, nm ihre glänzende „Voraussicht" ins Licht zu stelle». Tie Revolution hat aber selbst dieses Blatt in einige Bedrängnis gebracht. ES kam zuviel auf einmal und die Tinge waren-zu nndnrchsichtigt, nm sofort eine sichere Orien tierung zu ermöglichen. Man suchte deshalb vorsorglich zu nächst Anschlß an die neuen Machthaben vom A.- und E.-Rat, — Geschäft ist Gesclsäft! Eine wohlverdiente grobe Abfuhr war der Erfolg! — Die Darstellung der „L. N. N." über diese Verhandlungen weicht von der stark ab, die von Mitgliedern des A.- und S.-Rates gegeben wurde, aber es bleibt unwidersprochen, daß man das Blatt den neuest Machthabern als quasi Amtsblatt zur Verfügnna stellte. Tie Kalkulation war einfach und richtig, — das Amtsblatt muß so ziemlich jeder halten und Geschäft bleibt auch dann noch unabänderlich Geschäft, wenn Gnindsäbe zu Tages- weimmgen herabsinken. Nach dem kläglichen Scheitern dieses AnviedernngS- oersuches laviert das Blatt zwischen Demokraten, Deutscher Volkspartei und Teutschnationaler Polkspartoi bin und ber. Ten Mut zu einer bestimmten Parteirichtnng bringt es nicht ans, weil es dadurch Leser aus den anderen Parteien ver löre. Seine ganze Schreibweise gipfelt deshalb in starkem Wohlwollen für die genannten Parteien und in noch stär keren Anfeindungen und Verdächtigung der Zentrnms- partei. Und warum kiese Anfeindungen und Verdäch tigungen? Weil die Mitglieder der Zentrumspartei, abge sehen von wenigen Ausnahmen, nicht zu seinen Lesern ge hören, geschäftliche Rücksichten also nicht in Frage kommen. In einem Artikel mit der Ueberschrift „Ter Graf wider Willen", beschäftigt sich das Blatt mit der Extratour des Grafen Brockdorff-Nanhaii, der durch feine Verhandlungen mit den Unabhängigen feine Ministerkollegen unangenehm überrascht hat. Deni Grafen Brockdorff-Ranhau werden aber in diesem Artikel nur einige Zeilen gewidmet, während fast die ganzen übrigen Ausführungen zu Verdächtigungen der Zentrumspartei benützt werden. Man höre: .... Zur Not hätte der Gegensatz von rechts »nd links den Parlamentarismus in Gang bringen können. Aber La ist das Zentrum,' das sich je nach Bedarf auf die eine oder die andere Seite legt und durch die bloße An- deutung, es könne demnächst eine Umlagcrung für zeit gemäß halten, Verwirrung in die Maschinerie bringt. Das Zentrum war nicht u in s o n st 2 0 Jahre lang in Preußen-Deutschland der Hort der Rückwärtserei und das Hemmnis für den dringendsten Fortschritt, lind daß das Zentrum mit derselben Leichtigkeit, womit es einst die Rückenstützo der Monarchie mimte, nun die Rückenstütze der Revolution mimt, das könnte dem Ministerium des Herrn Philipp Scheidemann einst ebensogut bekommen, wie es der Monarchie Wilhelms ll. bekommen ist. Denn das Zentrum ist heute schon wieder, was es gestern war: regierende Partei. . . . Das Zentrum ist unter den deut schen Parteien, was England unter den Völkern der Erde ist. Die anderen haben Grundsätze nnd Programme, eins immer schöner und buntscheckiger als das andere: England und das Zentrum l-aben den Willen^nr Macht. . . . Das. Zentrum, das immer munter mitregiert hat, in reaktionären wie in fortschrittlichen Zeiten, fühlt nur die eine Verpflichtung, sich an der Macht z» erhalten. Divicka at impor.a, trenne und herrsche, ist noch immer der brauchbarste Grundsatz jeder Machtpolitik. Darum ist das Zentrum der geschworene Gegner des Einheits staates. Wie herrlich läßt sich im Bundesstaat nicht ein Glied gegen das andere nnd ein Teilstaat gegen das Reich auSspielen! Muß rtwn im Reiche schon manchmal B lagen dieweil man einmal N gesagt hat, so kann man in Preu ßen immer noch tun, was man will. Und haben sich die öemotratisclstm und sozialdemokratischen Kraftmeier „frei heitlicher" Uebeizcngnng im Reiche dem Zentrum ver- stbrieben, w werden sie ihm in Preußen die Volksschule sebon opfern müssen. . . . ES wird einmal eine lehrreiche Slndie werden, die .Rolle, die das Zentrum vor denn .Krieg, im .stricg und nach dem .Kriege gespielt hat. am Leitfaden des allein maßgeblielen Machtwillens »acbza- prüsen. Für das Kabinett Sclieidema.ni> aber bedeutet die Mitwirlnng dieses überlegenen MachlwillenS die eigcnr- liche Schlväche, die ihm gefährlich werden kan». Gefähr licher als alle Wühlerei der Unabhängigen und aller Putsche von Spartakus. In den ganzen Ausführungen des Blattes spiegelt sich nur öder und blöder Haß gegen das Zentrum. Wenn eine Partei ein selbst von politischen Gegnern anerkanntes klares Programm, wenn eine Partei klare und bestimmte Grund sätze hat, nach denen sie sich richtet nnd nach denen sie ihre ganze politische Arbeit ei.nslellt, io ist es die Zenirums- partei. Es ist eine bewußte Unwnhrheit, wenn die „L. N. N." das Zentrum als „Partei der Rückwärtserei" in Preußen-Deutschland hinstellen. Dabei ist in Prenszen- Dentschland ans wirtschaftlichem, politischem nnd tiil-rellem Gebiet kein Fortschritt zustande gekommen, der nicht unter ausschlaggebender Mitwirkung der Zentrnmspartei ersolgr wäre, von der großzügigen Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck angefangen, über die großartige soziale Sclmtz- gesetzgebnng hinweg, vis zum bürgerlichen Gesetzbuch und den letzten gesetzgeberischen Maßnahinen der Vorkriegszeit. Die viel, bewunderte soziale Tchntzgesetzgebung kann die Zentrumspartei sogar mit Fug und Recht als ihr Wert be zeichnen, denn die Zentrnmspartei war cs, die nicht nur zuerst eine Aibeiterschutzgesetzgebung verlangte, sondern die sie auch gegen zahlreiche Widerstände diirchgesevt hat. Ge rade die „L. N. N." aber und ihre Gesinnungsgenossen sind es gewesen, denen die soziale Gesetzgebung zu schnell voran ging, und niemand, am allerwenigsten aber die ZentrumS- parlei, ist auf sozialem und auf politischem Gebiet so rück ständig gewesen und hat ans diesen Gebieten so hemmend gewirkt, als jene Kreise, zu deren Sprachrohr sich die ,.L. N. N." vor dem Kriege so oft gemacht haben. Geradezu grotesk ist es, wenn das Blatt bedauernd schreibt, man werde dem Zentrum in Preußen schon die Schule opfern müssen, weil Demokraten u>ind Sozialdemokraten im Reiche sich dem Zentrum verschrieben hätten! Wünscht das Blatt etwa, daß das Zentrum sich beiseite stellt und nur andere arbeiten läßt? Niemand würde mehr ans das selbst süchtige Zentrum schimpfen, als die „L. N. N.". wenn wir eine solch egoistische Politik treiben wollten. Was aber die Schrie in Preußen anbelrisft, so befindet sich das Zentrum mit seinen Wünschen in Uebereinstimmnng mit der Tcntschnationalcn nnd Deutschen Volkspartei. Was das Blatt mit seinen gekennzeichneten Worten also eigentlich sagen will, wird ihm wobt selbst nicht klar sein: jedenfalls und diese Ausführungen io verworren und sinnlos, daß die Tendenz der Angriffe klar erkennbar wird. Nicht sachliche Kritik, sondern öder Haß gegen Zentrum und Katholiken! Auch von sonst gntmeincndeii Anhängern anderer Par teien ist »ns oft gesagt worden, daß ein Zentrum doch nicht mehr zu bestehen brauche nnd daß die Mitglieder der Zen- triimspartei in der demokratischen oder den anderen Par- leien -ebenso gut ihre Wünsche nnd Interessen vertreten könnten. Das ist,,abgesehen von der notwendigen entschie denen Verteidigung unserer kulturellen Wünsche, auch schon aus folgenden Ernxigungcn nicht richtig. Für das Zentrum haben mehrere Millionen katholischer Arbeiter ihre Stimmen abgegeben. Glaubt man denn, diese Arbeiter hätten ihre Stimme ohne weiteres auch einem Demokraten oder einem Mitglied« der Deutschen Volkspartei oder Deutschnationalen Partei gegeben? Nein, die katholischen Arbeiter haben nur Vertrauen zur Zentrnmspartei und es ist ein Verdienst der Zentrnmspartei, daß diese Millionen Stimmen gegen die Sozialdemokraten abgegeben worden sind. Die Zentrums- partei bat in jahrelanger uneigennütziger politischer Arbeit unendlich mehr ssir das deutsche Volk getan, als die „L. N. N." und ihre Freunde je tun können. An dieser Tat- sacho kann auch nichts geändert werden dadurch, daß die „L. N. N." in Verdrehung nnd Umkehrung der Tatsachen Verdächtigungen anfhäiifen, für die sie auch nicht den Schatten eines Beweises beibringen können. Posen. Im Verlaus des Krieges hat die deutsche.Politik viel verpfuscht, aber so verpfuscht, wie die polnische Angelegen» heit, ist doch nicht viel worden. Auch der sreuudwilligste Beuisteiler der von Deutschland Pole» geaeuiiber befolgten Politik wird sich tanni zu der Behaupinng versleige» können, daß die verschiedenen deutschen Regierungen sich in der Be handlung der polnischen Frage ein Paradigma der Staats- kunst geleistet hätten. Angesangen beim ominösen Staats akt vom ü. November llllti bis in die letzten Tage hinein ist die polnische Frage sür uns eine Tragödie der Irrungen und wir haben wenig Hossnnng. daß sie noch einen leidlichen AnSgang nehmen wird. ES ist eine geschichtliche Tatsache, d a ß H ii n d c r t! a n s e n d e d e n t s ch e r SoIda 1 e n im Kampfe gegen P ölen s ch I i m m st e n B e d r ü ck e r i h r B lnt ver g o s s e n h a b e n, wäbrcnd nicht einem Franzosen und Engländer der Polen wegen ein Leid ge schehen ist. Frankreich und England waren Rußlands Bundesgenossen, und hätte Deutschland nickst den russischen Koloß zerschlagen, dann wäre Polens BesreinngSstniide sicherlich n o ch l a n g e n i ch l g e s ch l a g e n. Aber nach Deutschlands vollem Siege über Rußland ist es selbst das Opfer der Bundesgenossen des ehemaligen Zarenreichs ge worden nnd die Polen baden leinen Angenblick gezaudert, sich ans die Seite der siegreichen Feinde Dentschlands zu schlagen. Mit grimmigem Schmerz muß Deutschland es ertragen, daß ieine eigenen Bürger polnischer Ab stammung gegen e S a n s g e sl a n d en sind und eS jetzt, d-a cs tolwnnd daniederliegt, mit Krieg überziehen. Heute sind wir gezwungen, mit den polnischen Deutschen Waffen- stillstandsverhandlnngen zu führen, Beratungen mit ihnen -n pflegen, damit da-s Unglück, das über Deutschland nnd , lein Volt bercingebrochen ist, nicht noch mehr und größere Opfer fordert. Vielleicht wäre es uns gelungen ans nn- serem eigenen Boden n n s mit d e r Waffe n st s e r Recht zu holen, aber als wir »ns dazu anschickten, gxisf die Entente ein nnd diktierte jenes Abkommen in Trier, das uns jeden weiteren Vormarsch a u f n n s e r e m eigenen Gebiete untersagte. Weitere Verhandlungen wurden notwendig, weil die Entente sie wollte und darum haben unsere Unterhändler in Posen mit den Delegierten der Entente Besprechungen gehabt. Ihre Ergebnisse sollten drei Abkommen sein, die sich ans die Verhältnisse zu beiden Seiten der Demarkationslinie bezogen: ein wirtschaftliches über Eisenbahnen, Schiffahrt, Post und Telegraphen. Reisen- und Wage »verkehr, das verhältnismäßig wenig Schwierigkeiten inachte, da beide Seiten sich über die Er haltung eines möglichst freien Verkehrs im eigenen Inter esse einig waren. Das militärische Abkommen gestaltete sich schwieriger, doch wären auch dieses dank der Bereitwilligkeit der Obersten Heeresleitung zu weitgehenden Zugeständnissen zustande gekommen. Znm Abbruch der Verhandlungen aber führte das geplante politische Abkommen, iveil die Entcnte- adordnilng cs ofsensichtüch zu einer Provoka-tion nnd D e in ü t i g » n a Deutschlands mißbrauchen wollte. Deutschland verlangte eine paritätische Besetzung der zu bildenden Ucberwachnngskommission, als deren oberst: Instanz es einen Vertreter der prenßisckjen Regierung, einen Vertreter der interalliierten Kommission nnd als Vorsitzen den eine» vom Pabst zu ernennenden neutralen Vertreter wünschte. Davon wollte die Entente nichts Nüssen und schlug eine Zusammensetzung vor, in der der dentsche Ver treter ständig überstimmt gewesen wäre. Darauf konnte sich die deutsche Vertretung in Posen nicht ei »lassen und ihr Führer, Freiherr von Rechenborg, hat auch nicht gezögert, den Vorschlag der Entente abznlehnen. Sie mag jetzt zeigen, wie weit sie das Spiel mit dem Feuer, das amt' schon an ihren eigenen Staatsgcbänden anfleckl treiben will. <'. Die Aussprache über die Negiermigs- erklSrung in der Volkskammer. Dresden, 2ck. März. Ans der Tagesordnung der heutigen Sitzung stand ledig lich die Aussprache über die letzte Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Dr. Gradnanec. Anwesend waren die Minister Tr. Gradnaucr, Hcldt, Buck, Dr. Harnisch, Schwarz und Nihsche. Tie Tribünen waren stark besetzt. Aba. Lange (Soz.) tritt dafür ein. daß die Kult»!'- mittel allen zugänglich gewacht werden. Ferner wünscht er eine Erhaltung und Vermehrung der Sammlungen, eine Verbesserung nnd Förderung des Schulwesens, die Schaf fung gleicher Bildungsmöglichkeiten für alle und voll: