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Bor, geschriebene Erscheinung»- . —... . ,, tage und Plagoorschriste» werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzet^u. annahme dis oorm.lvUhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltcnAuzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabatlanspru ch erlischt, wenn derBctrag durch Klage eingezogcn werden muh oder der Auftrag geb er in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 189 — 90. Jahrgang Wilsdruss-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Ädr.: »Amtsblatt Sonnabend, den 15. August 193t Gammeln! Rechts und links von Brüning — Die Lockerung der Diskontschraube — Burgfrieden. Nachdem das Ergebnis des Volksentscheides in Preußen gründlich »ausgewertet" ist — wobei diese „Aus wertung" je nach dem Standpunkt der verschiedenen Parteien genau so verschieden ausfiel! — ist die Ablehnung einer sofortigen Auflösung des Preußischen Landtages nun endgültig nur noch eine Tatsache und damit gehört diese Episode der innenpolitischen Auseinandersetzungen jetzt der Vergangenheit an. Was aber gerade wegen dieses Resultats geblieben ist und unverändert bleiben muß, ist jene „Spannung" rings um den für unsere innenpolitische Situation entscheidenden Punkt: Dr. Brünings und seines Kabinetts parlamentarische Basis ist so schmal, ist allzu schmal, als daß sie vor unmittelbar wirksamen Gefahren gefeit wäre. Andererseits trägt die Reichsregierung seit langem die Verantwortung sür die gesamte Außen-, Wirt schafts-, Sozial- und Innenpolitik eigentlich ganz allein, da die Mehrheit des Reichstages — vielleicht nicht über mäßig ungern — einer Einberufung der Volksvertretung sogar auf ausdrückliches Verlangen der Negierung wider sprochen har. Diesem Wunsche Dr. Brünings zu willfah ren, heißt aber, wenigstens indirekt, mit die Verantwortung für das übernehmen, was das Kabinett „notverordnend" tut oder unterläßt Das muß besonders unangenehm für die Sozialdemokratie sein, die in der Negierung nicht ver treten ist, diese aber „toleriert", woran ja aus dem Leipziger Parteitag und hernach von einer Parteiminderheit eifrige Kritik geübt wurde und wird. Aber noch sehr viel un bequemer wird es, wenn in letzter Zeit plötzlich Gerüchte davon sprechen, Dr. Brüning gehe mit dem Gedanken um, seine parlamentarische Basis nach rechts hin zu erweitern oder zum mindesten durch ein „Vantlswav a^reement", deutsch und deutlicher gesagt: durch eine Art Verständigung mit der Rechten einen Teil der von dorther im Parlament drohenden Gefahren weg zuräumen. Man sucht nach Spmptomen und glaubt sie auch schon gefunden zu haben, daß der Kanzler die bisher abseits stehenden Kräfte der Rechten heranzuziehen suche, ohne aber damit die parlamentarische Verbindung zur Sozialdemokratie hinüber aufgeben zu wollen. Von die ser Seite her ist aber in einem viel beachteten Artikel eines Führers der Partei sofort eine scharfe Ablehnung der angeblichen Absichten des Kanzlers mit der Begrün dung erfolgt, es sei ausgeschlossen, daß Dr. Brüning eine die Rechte und die Linke befriedigende Wirtschafts- und Sozial-, Außen- und Innenpolitik betreiben könne. Beide Seiten würden an ihren bisherigen Ansichten und Ab sichten hierüber festhalten. Und — so darf man folgern — von dem hier und da auftauchenden Vorschlag eines innenpolitischen „Burgfriedens" dürfte zurzeit keine Rede sein. * . verlangen. * So gebiert jeder Tag für Deutschland nicht bloh, ivie man scherzhaft sagen kann, „eine neue Notverordnung", sondern neue Sorgen, nachdem die alten erst halb oder noch weniger überwunden sind. Und wieder fällt der Blick auf die Tatsache, daß es mit dem bisherigen Sinken der Arbeitslosenziffer offenbar zu Ende ist und sie wieder an- ueiat. Die Besorgnis ist durchaus nicht unbegründet, daß Verantwortungen im jetzigen Augenblick übernehmen zu sollen, verlangt mehr denn je den „Mut zur Unpopu- larität", von dem Dr. Brüning im Juni einmal gesprochen hat, ohne wohl zu ahnen, daß er kurz darauf noch sehr vrel größere Anforderungen an seinen Mut stellen mußte als früher. Denn unpopulär zu sein, ist selbstverständ- nches Geschick, wenn die Interessen des einzelnen oder vielmehr: einer sehr großen Anzahl von einzelnen den Notwendigkeiten des Ganzen so oft Naum zu geben ge zwungen werden. Solch eine Notwendigkeit war die hohe Diskontheraufsetzung vor der Ingangsetzung des uneingeschränkten Zahlungsverkehrs; die jetzt erfolgte Diskontherabsetzung zeigt aber, daß jener Schritt eines fast verzweifelt scharfen Anziehens der Diskont schraube wenigstens die erhoffte dringend notwendige Wirkung herbeisührtc. Der eine Zweck der Maßnahme, bei Wiedereinführung des unbeschränkten Zahlungsverkehrs „das Geld herauszulocken", ist erreicht, aber die andere, dabei wirksame Absicht, ein „Strecken nach der Kredit- dccke" zu erzwingen, hat geradezu ein Stocken, ein Ein- schrumpfen der Wirtschaft in größtem Ausmaß veranlaßt. Das Wiederansteigen der Erwerbslosenziffer bis Ende ^uu ist nur ein Anfang, ein Signal, das im August noch und gellender erklingen wird. Die Betriebs- lOjlLNsielgerung burch einen Herabezu e^ivüraenben wenn^ nockk '»L EisL^ werden, wenn er noch^ langer als dix vorgesehenen zehn Tage bestehen blieb ^etzt ist dieser siwanasariki aelockert worden, aber auch die 10 Prozem Diskom genügen völlig, um jeve wnklich unwirtschaftliche Verwendung des vor handelten Kr^ttvolumens zu verhindern. Daß dieses Volumen durch Zugnsf von außen her nicht noch weiter vermindert wird, ist letzt einigermaßen erreicht worden durch die fast allseitige Durchführung der „-Stillehaltuna" in unseren Gläubigerlandern. Man will uns aus etwa sechs Monate von Kreditkündigungen im großen und gan zen verschonen. Allerdings will man von uns später eine „Liquidierung" unserer Verpflichtungen zu t00 Prozent MzöWer Ministers mWen Wegen Unpäßlichkeit Briands. Aus Paris wird amtlich mitgcleilt: Mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand des französischen Außenministers, dem die Arzte vorläufig die Anstrengungen einer Reise verboten haben, hat Ministerpräsident Laval sich ent schlossen, den Besuch in Berlin bis zum September hin- auszuschiebeu. Die Zusammenkunft soll im Anschluß an die Genfer Tagung stattfinden. Das französische Ministerpräsidium gibt folgende amt liche Erklärung heraus: Der Ministerpräsident hat den deutschen Botschafter von Hoesch empfangen und ihn dar über unterrichtet, daß die Ärzte, die sich über den Gesund heitszustand des französischen Außenministers erklären wollten, zwar eine Besserung seststellten, es aber dennoch für notwendig hielten, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß er seine Erholungskur aus dem Lande, die für einen Monat vorgeschrieben wurde, nicht unterbrechen dürse. Unter diesen Umständen sind der Ministerpräsident und der deutsche Botschafter von Hoesch dahin übereingekom men, daß die Anwesenheit des französischen Außen ministers gelegentlich der Berliner Aussprache unum gänglich notwendig sei und daß aus diesem Grunde diese Reise bis zu einem möglichst unmittelbar nach der Beendi gung der Genfer Ratstagung fallenden Zeitpunkt ver schoben werden solle. Noch vor dem Bekanntwerden der amtlichen Mit teilung in Paris gab „Journal des Debats" der Ver mutung Ausdruck, daß die Krankheit Briands in diesem Falle vermutlich als „diplomatisch" bezeichnet wer den könne. Der Außenminister seit mit einer Beschleuni gung der Reise unzufrieden gewesen, da ihm daran liege, sein während der letzten Verhandlungen gesunkenes Prestige vor dem Berliner Besuch in Genf wieder auf zurichten. Ob diese Version zutrifft, läßt sich natürlich nicht be urteilen. Da die französische Regierung den Wunsch ge äußert Hai, das Programm für die Berliner Besprechun gen vorher in allen Einzelheiten aufzustellen, nimmt man an, daß zwischen Laval und Briand einerseits und dem deutschen Botschafter andererseits vor der Abreise der französischen Minister noch verschiedene Unterredungen stattfinden werden. Laval ieleplwmeri mii Brünina. Die Gründe für die Aufschiebung des Berliner Besuches Der französische Ministerpräsident Laval rief den deutschen Reichskanzler Dr. Brüning in Berlin an unt hatte mit ihm eine etwa 20 Minuten währende Aussprache nm Telephon. Dem Vernehmen nach hat Laval Brüning eingehend die Gründe für die Verschiebung des franzo fischen Besuches in Berlin auseinandcrgcsctzt. Nähere Mit teilnngcn über die Unterredung wurden bisher nicht gr macht. Dem Matin zufolge hat Ministerpräsident Laval in dem Telephongespräch dem Kanzler noch einmal gcnm wie dem Botschafter von Hoesch sein lebhaftes Bedauert' zum Ausdruck gebracht, daß er sich bei dem gegenwärtige: Gesundheitszustand des Außenministers Briand ers später nach Berlin begeben könne, als zuerst ins Äugt gefaßt worden sei. Ministerpräsident Laval habe erklärt, daß er nach wie vor lebhaft wünsche, die in Paris be gonnenen Unterredungen möglichst bald fortsetzen zu können. * Der Eindruck in Berlin. Berlin, 14. August. Die Verschiebung des französischen Besuchs in Berlin auf einen späteren Zeitpunkt wird in Berlin — insbesondere nachdem Laval in seinem Telefongespräch mit Brüning eingehende Aufklärungen gegeben hat — sehr ruhig aus genommen. Die Verschlechterung im Befinden Briands, die An latz M der Vertagung gegeben hat, wird aus das lebhafteste be dauert. Im übrigen weist mau darauf hin, daß die Angelegenbett im wesentlichen eine Terminsrage sei und daß jedenfalls die Be deutung der Fragen, die zwischen Deutschland und Frankreich zur Asu'prache stehen, durch die Vertagung des Besuchs nicht be rührt würden. Es sei nicht zu bestreiten, daß eine deutsch-fran zösische Aussprache in absehbarer Zeit wünschenswert bleibe. Deutschland würde durch die Vertagung kaum viel verlieren, da die internationale Erörterung für Deutschland interessierenden Fragen bis zur der nunmehr erst später stallfindenden deutsch- französischen Aussprache inzwischen selbstverständlich! weiter gehen würde. NMW mA M in Ml LWerWM Basel, 14. August. Der Vereinigte Stillhalteausschuß, dessen Mitglieder tekegraphi ch nach Basel berufen worden waren, hat anr Freitag vormittag in den Räumen der BIZ. seine erste große Aussprache gehabt, die 3jH Stunden dauerte. Entgegen den ersten Meldungen, nahmen die Mitglieder des Sachverstän digenausschusses an diesen Besprechungen nicht! teil. Auch die deutsche Stillhalteabordnung ist den Verhanndlungen fern geblie ben. Der Vereinigte Stillhalteausschuß hat die Aufgabe, nachdem bereits im einzelnen mit England, Frankreich und den Vereinigten Staaten Slillhalteabmcch ungen getroffen wurden, nunmehr für sämtliche Gläubiger Deutschlands eine gemeinsame Verlängerung der kurzfristigen Kredite zu vereinbaren. Als Verhandlungsgrund lage gilt der amerikanisch-englisch-beutfche Vorschlag, welcher eine Stabilisierung der Kredite auf sechs Monate vorsieht. Es sind Aussichten vorhanden, daß auch die anderen Gläubiger Deutsch lands diesem Vorschlag notgedrungen schließlich zustimmen werden. Die Bedingungen und Garantien allerdings, die man von Deutsch land hierfür verlangt, bereiten gewisse Schwierigkeiten. Die Ver handlungen des Vereinigten Stillhalteausschusses sind Freitag nachmittag bereits in ihr entscheidendes Stadium eingetreten. Die dreieinhalbstündige Nachmittagssitzung, in der die Vorschläge der Reichsbank weiter besprochen wurden, ergab eine gewiße grundsätzliche Einigung über die Luther-Vorschläge, jedoch mit einer Reihe von Vorbehalten. Frankreich macht die bereits be kannten Einwendungen und verlangt bestimmte Sicherungen. Mit wir einemWinterentgegengehen.der uns eine noch größere Arbeitslosigkeit bringt als der vorjährige. Wir haben damals geglaubt, es könne un möglich noch schlimmer werden. Nun beginnen wir, auch an diesem Glauben zu zweifeln. Verzweifeln aber müßten wir, wenn sich in Deutschland selbst auch das abspielen würde, was mit dem Hoover-Plan auf der Pariser und Londoner Konferenz geschehen ist: wenn die „Poli tiker" immer wieder zerstören, was die Wirtschaft ler aufbauen. Der Blick auf den kommenden Winter sollte eigentlich genügen, um allzu hitzige Parteifanatiker nüchterner denken und reden zu lassen. Wenn der Feind vor den Mauern, ja schon innerhalb dieser steht, dann müßte doch eigentlich ein „Burgfriede" für so lange geschlossen werden, als die Gefahr unmittelbar droht, daß alles verlorengcht. Dann ist es aber auch wirklich aller höchste, allerletzte Zeit, auf das S i g n a l „S a m m e l n!" zu hören. Dr. Pr. der frühzeitigen Bekanntgabe will es anscheinend einen gewissen Druck aus die orderen Abordnungen ausüben. Auch die Schweiz und Holland stellen besondere Bedingungen. Andere Bankiers verlangen, daß gewisse Beträge von den zu stabilisierenden Kre diten getrennt werden. Die Bedingungen und Vorbehalte wurden sosort dem deutschen Stillhalteausschuß übermittelt, der unmittel bar daran in eine eingehende Aussprache der Bedingungen und Vorbehalte eintrat. Es heißt, daß bis zur Vormittagssitzung am Sonnabend von der deutschen Abordnung Gegenvorschläge unterbreitet werden sollen. Der Sachverftändigenausschuß hat alsdann dis Aufgabe, wenn ihm von Sir Layton der zusammen- sassende Bericht über die Vereinbarungen des Stillhalteaus'chussrs vorgelegt wird, als Vermittler aufzutreten und eventuell, falls keine Einigung möglich ist, einen Schiedsspruch zu fällen. * 7 Milliarden kurzfristige Schulden. Für die Stillhalteverhandlungen hatte es sich als notwen dig erwiesen, Klarheit über unsere nach den gewaltigen Kredit abziehungen im Juni und Anfang Juli noch verbliebenen kurz fristigen Auslandsschulden zu gewinnen. Mitte Juli hatte die Reichsbank deshalb eine Erhebung über die kurzfristigen Aus- landsverpslichtungen unserer Banken eingeleitet, deren Ergebnis jedoch nicht bekanntgegeben wurde. Immerhin verlautete soviel, daß die kurzfristigen Auslandsschulden unserer Banken etwa 3,50—3,75 Milld. RM. betragen. Zu dieser Summe mußten noch die Verpflichtungen der öffentlichen Hand und die schwer zu schätzenden kurzfristigen Schulden der Wirtschaft hinzugezählt werden, die direkt, also ohne durch die Vermittlung deutscher Banken, ausgenommen werden. Insgesamt schätzte man damals die noch verbliebenen kurz fristigen Verpflichtungen an das Ausland auf 5—6 Milld. RM. Davon nahm man für Rembvurskredite einen Betrag von et wa 2,50 Milld. RM. und für Leihdevisen einen Betrag von 1,50 Milld. RM. an. Diese Aufstellungen konnten jedoch nur ein sehr unvollständiges Bild über unsere tatsächliche Verschul dung geben. Aus diesem Grunde war die Notverordnung über die Anmeldung von Auslandsschulden vom 27. Juli als ein großer Fortschritt zu bezeichnen, da hier endlich die Möglichkeit geschaffen wurde, sämtliche Verpflichtungen zu erfahren, soweit dies überhaupt möglich ist. Die Erhebungen hierüber dürsten noch nicht abgeschlossen