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Riesaer K Tageblatt Donnerstag, 7. November 189», Abends 48. Jahrg ferner Sänger, G.-S^ forme angesichts der obwaltenden Gegensätze auch nur die diploma tische Aktion der drei intervcnirenden Mächte ohne offene Veruneinigung zum Abschluß zu bringen. Alle Bestrebungen müssen daher darauf gerichtet sein, so lange als möglich zu verhüten, daß es von irgend einer Seite zu einem thatsäch- lichen Eingreifen komme. Ein solches Eingreifen wäre, von welcher Seite es ausginge, ein Sprung ins Dunkle, denn Niemand vermöchte vorherzusagen, zu welchen Verwicklungen es dann kommen und wie es um den Umfang derselben be stellt sein könnte. LaS Riesaer Tageblatt erschein jede» Tag Abends mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher Bezugspreis bei Abholung in den Expeditionen in Riesa und Strehla, den Ausgabestellen, sawie am Schalter der laiserl. Postanstalten 1 Mark 28 Ps., durch die Träger frei inS Hau» 1 Mark 50 Pf., durch den Briefträger frei inS HauS 1 Mark SS Pf. Anzriges-Anuahme für die Nimm« deS Ausgabetages bis Vormittag 9 Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — GeschästSstelle: Kastanienstraße SS. — Für dir Redaction verantwortlich: Her»««» Schmidt in Rief». der 23. Dezember 1895, Vormittags 11 Uhr als BerfteigerungStermi«, werden und es ist der 9. Dezember 1895, Vormittags 1v Uhr als Anmeldetermin, Oertliches und Sächsisches. - Riesa, 7. November 18S5. — In der am 6. November in Dresden stattgefunde nen Hauptwahl zur Gewerbekammer ist Herr Tischlermeister Gustav Heinrich mit 46 Stimmen als Vertreter mit gewählt worden. Der feste Zusammenhalt der Wahlmänner der kleineren Siädte hat den Erfolg gehabt, daß von 15 neu zu wählenden Abgeordneten 14 auf die Provinz und 1 auf Dresden kamen. Es ist nunmehr vertreten: Dresden durch 8 (früher 10), Dippoldiswalde 1, Freiberg 2, Großen- Hain 1, Grimma 1, Königstein 1, Löbtau 1, Lommatzsch 1, Pirna 2, Radeberg 1, Riesa 1, Sayda 1, Strehla 1, Seb nitz 1, Wurzen 1 und Tharandt durch 1 Gewerbekammer mitglied. Dik Wahlmänner waren fast vollzählig erschienen. — Riesa ist also jetzt sowohl in der Handelskammer (durch Herrn Kaufmann Braune) wie auch in der Gewerbekammer (durch Herrn Tischlermeister Heinrich) vertreten. — Gestern ist nunmehr auch der Leichnam des seit dem 15. v. M. vermißten Kaufmanns Heinrich Lademann aufge sunden worden. Derselbe lag in der Jahnabach oberhalb Poppitz, unweit der alten Schule. Zwei Frauen, welche Laub dort zusammenharkten, entdeckten den Leichnam und es fand alsdann nach erstatteter Anzeige dessen Aufhebung statt. — Heute Vormittag »/,12 Uhr wurde Herr Hermann Max Hornauer, seither ständiger Lehrer an der Bürger schule zu Rochlitz, in Gegenwart des gesammten Lehrerkolle giums, der Herren Geistlichen, einiger Herren Vertreter der städtischen Behörden und der I. Mädchenklasse der Mittleren Bürgerschule durch Herrn Schuldirektor Bach als Lehrer der genannten Klasse feierlich eingewiesen und ihm in der An- stellungSurkunde gleichzeitig die 18. ständige Lehrerstelle an hiesigen Schulen verliehen. Herr Schuldirektor Bach gedachte in seiner Ansprache des Herrn smsr. Oberlehrer Kantor Müller, der fast zwei Jahrzehnte lang an jener Klasse mit segensreichem Erfolge gewirkt habe und sprach sodann über den rechten christlichen Lehrgeist, der ein Geist der Wahr heit und der Liebe sei, dem neuen Herrn Klassenlehrer ans Herz legend, jederzeit in und außer der Schule in diesem Geiste zu wirken, — dann werde sein Wirken auch ein ge segnete« sein. Nachdem hierauf Herr Hornauer einige Worte au die Schülerinnen der ihm anoertrauten Klasse und an die Herren Lollegen hier gerichtet hatte, wurde der feierliche Akt mit Gesang geschlossen. Die Anwesenden brachten Herrn Hornauer ihren Gruß und Glückwunsch durch Handschlag dar. — Auch wir beglückwünschen Herrn Hornauer zu seinem Amtsantritte in unserer Stadt. — Bon der Unterelbe wird berichtet: In der letztver flossenen Woche hat sich die Elbschifffahrt bedeutend gehoben, so baß zur Zeit wieder rege« Leben und Treiben herrscht. So passirten am letzten Sonnabend 14 zu Berg bestimmte Schleppzüge mit einer Gesammtzahl von IOK großen Ober länder Kähnen die Unterelbe. Auch die Thalfahrt gestaltete Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen Gruft Otto Wunsche eingetragene Feld grundstück, Folium 246 des Grundbuchs für Gröba, No. 247 L des Flurbuchs für diesen Ort, auf welchem ein bis zum 2. Stockwerk ausgebautes Wohnhaus errichtet ist, 4,1 s groß und mit 1,22 Steuereinheiten belegt, geschätzt auf 10450 Mk., soll an hiesiger Gerichtsstelle zwangsweise versteigert der 28. Dezember 1895, Vormittags 10 Uhr als Termin zu Verkündung des VertheiluugSplauS anberaumt worden. Die Realberechtigten werden aufgefordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen spätestens im Anmeldetermine anzumelden. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts einge sehen werden. Riesa, am 6. November 1895. Königliches Amtsgericht. Ass. Reichelt. ' sich bedeutend lebhafter, und wurden hauptsächlich böhmische Braunkohlen, Zucker und Salz auf Hamburg verfrachtet, während die Bergfrachten zum größten Theile in Roheisen, Düngemitteln, Petroleum und besonders in Getreide bestanden. So gelangten während der letzten Hälfte der Woche bedeutende Ladungen des letzteren Artikels nach Magdeburg und Berlin, und sogar für Breslau sind bedeutende Getreidelieferungen abgeschlossen. Das Getreide ist in den letzten Wochen in bedeutenden Seezufuhren aus Argentinien und den La-Plata- Staaten in Hamburg importirt, und noch täglich laufe« neue Sendungen ein, die zum weitaus größten Theile für die Plätze des Binnenlandes bestimmt sind. Hin und wieder kommen wohl auch Stückgut-Verladungen zum Abschluß, doch werden diese Artikel, La sie meistens schnell tranSporlirt werden sollen, größtentheils per Bahn befördert, weil die noch immer ungünstigen Wasserstandsverhältnisse einen schnellen Transport bei hinreichender lohnender Befrachtung der Fahr zeuge nicht zulassen. Immerhin bieten die jetzigen Ber- ladungS- und Verfrachtungsverhältnisse den Schiffern günstige Aussichten, wenigstens wird an Frachtgut vor der Hand kein Mangel eintreten, wenn andererseits auch zugegeben werden muß, daß wegen des starken Zuzuges von Fahrzeugen von der Oder und Weichsel her die Frachtsätze um ein Geringes gedrückt werden können. — Konnte man hoffen, daß das lediglich sporadische Auftreten der Maul- und Klauenseuche im Sommer d. Js. auch in der nun angebrochenen kälteren Jahreszeit andauern werde unr daß die vom königl. Ministerium des Innern ge stattete Wiedereinfuhr des Rindviehs aus Galizien gleichfalls die günstigsten Aussichten eröffnet, so wird man bet Kenn:- nißnahme des Oktober-Berichtes der Kommission für das Veterinärwesen leider eines Anderen belehrt. Es sind näm lich die NeuauSbrüche der Maul- und Klauenseuche im ver flossenen Monat auf 22 gestiegen — fast ebensoviel wie Milzbrandfälle, deren im gleichen Zeiträume 24 sich ereig neten. Neben diesen beiden Seuchenarten kamen nur noch zwei Tollwuthfälle und ein Ausbruch der Lungenseuche vor. — Aus Sachsen schreibt man der „Köln. Ztg.": Wenn die Sozialdemokratie auch in wissenschaftlichen Auseinander setzungen zuweilen die Besserung der Lebenshaltung der ar beitenden Klassen in den letzten Jahrzehnten zugiebt, so sind ihre Wortführer doch bei der politischen Wühlerei meistens eifrig bemüht, in ihren Hörern den Glauben zu erwecken, als verschlechtere sich die Lage der arbeitenden Bevölkerung ständig. Ja, eS wird diese angebliche „Verschlechterung" als eine naturnothwendige Folge des „kapitalistischen Klassen- staales" bezeichnet und den Arbeitern ein immer weiteres Herabfinken des Lohne» in Aussicht gestellt. Die Erfahrung besonnener Arbeiter spricht allerdings gegen diese Trugschlüsse. Aber das ist gerade da« Bezeichnende und Gefährliche an der sozialdemokratischen Wühlerei, daß sie durch ihren aufreizen- den Wortschwall dem Arbeiter die Fähigkeit de» ruhigen Denkens raubt. Auch die wissenschaftliche Statistik beweist, wie hinfällig jene Redensarten von der „Verschlechterung" der Arbeiterlage in ihrer Allgemeinheit sind. So hat sich nach den Feststellungen der Dresdener Handelskammer in dem Bezirk der letzteren das Einkommen an Gehalt und Löhnen, an dem die Fabrikarbeiter am «eisten betheiligt sind, von 1881 bis 1894 beinahe verdoppelt. Während 1877 in dem genannten Bezirk der selbständig« Betrieb von Handel und Gewerbe noch 15 Millionen mehr einbrachte al» da» Einkommen der Angestellten und Arbeiter betrug, beziehe» diese jetzt, also nach nur 17 Jahren, bereits 112 Millionen Mark Einkommen im Dresdener Handelskammerbezirk mehr al» die selbständigen Handel- und Gewerbetreibendeu. Bei Die Lage in der Türkei ist fortgesetzt sehr ernst; darüber ist eine Täuschung nicht wehr möglich. Die täglich aus Armenien und Syrien ein treffenden Meldungen lassen klar erkennen, daß sich die isla mitische Welt gegen die Gewährung von Reformen an die Christen sträubt, daß sie zu blutigen Gewaltthaten schreitet. Die Armenier haben unter dem Eindruck der Metzeleien von Konstantinopel und Trapezunt ihre so lange geübte Geduld und Unterwürfigkeit aufgegeben, sie greifen zu den Waffen und üben blutige Wiedervergeltung. In Konstantinopel gährt es in den türkischen Kreisen; immer mehr dringen die Ge rüchte über Verschwörungen gegen den Sultan an die Oef- semlichkeit; eine große Mobilmachung ist angeordnet, um die Ordnung wieder herzustellen und zu alledem tritt plötzlich eine Finanzkrise in Konstantinopel ein, welche die weitgehend sten Verheerungen anrichtet. Ein viermonatigcS Moratorium mußte für das gesammte türkische Reich gewährt werden, das sich allerdings nur auf Börsengeschäfte, nicht auf Handelsver pflichtungen erstreckt. Wer weiß jedoch, was die nächsten Tage noch bringen, wenn an die Ottomanbank immer wei tere Ansprüche herantreten, die in Gold zu leisten sind! Je- denfalls sind die finanziellen Verhältnisse am Goldenen Horn schwieriger den« je. Die politischen aber sind noch ver wickelter; denn es handelt sich nicht allein darum, die Ruhe herzustellen und zu sichern, es sollen die Reformen auch wirk lich durchgeführt werden, und die Stellung der Mächte ist keineswegs so klar, daß die Möglichkeit weitgehender Mei nungsverschiedenheiten vorhanden wäre. Nach einer Draht meldung des offiziellen Wiener „Korresp.-Bur." aus Kon- stantinopel enthält man sich in dortigen diplomatischen Kreisen »och eines abschließenden Urtheils über die Tragweite der letzien Ereignisse in Kleinasten, da zuverlässige Berichte und sichere Einzelheiten nicht vorliegen. Darin aber herrscht allgemeine Uebereinstimmung, daß die Lage nicht zu berechnen ist, wenn die Metzeleien fortdauern. Selbst nach türkischen Privatnachrichten erscheinen wohl an einigen Punkten die Ar menier als die Angreifer, an anderen Orten aber die Türken als das offensive Element. Zu leugnen ist nicht, daß die Hetzereien der armenischen Agitationsausschüsse im Auslande einen nicht geringen Theil der Schuld an den jetzigen bekla gen: werthen Lrergnissen tragen, aber andererseits haben in ter Türkei Zustände geherrscht, welche den Ausbruch einer revolutionären Bewegung von lange her als unvermeidbar erscheinen ließen. Es sind ja auch nicht die Armenier allein, welche Reformen verlangen, sondern ebenso die Jungtürken, die noch viel weiter gehen, als jene, und es wird nicht lange dauern, so wird auch in Makedonien der Aufruhr das Haupt wieder erheben. Im Interesse des Weltfriedens wäre es allerdings drin gend zu wünschen, daß in der Türkei so rasch wie möglich Ruhe geschafft wird und daß die Vertreter der Mächte in Konstantinopel den Sultan dabei moralisch ausgiebig unter- stützen; aber wer kann sich verhehlen, daß damit die Kata strophe nur aufgeschvben, nicht aber «bgewendrt wird! Schiebt der SuUan die geplanten Reformen aus die lange Bank, so droht seinem Thron von Seiten der Armenier und der Jungtürken Gefahr; führt er sie durch, so ist die Revolution Mer den Alttürken fertig. Die Verhältnisse am Goldenen Horn sind eben bodenlos verfahren und geben zu den ernste sten Besorgnissen Anlaß, denn sie rücken die Eventualität eine- Etnschretteu» von außen immer näher. Bon welchen Erfahren die« aber für die Türkei und in weiterer Konse quenz für den europäischen Frieden begleit»» sein könnte, liegt «f der Hand, wenn man erwägt, welche Mühe e» kostete, irrrb Anzeiger Wrstlall i»st Artiger). T^egramm-Adress. ftemsimchsi-A» „r.geilatt Rtefw im N KD 4 im Nm So der Königl. Amtshauptmannschaft Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Mesa. SSO