Volltext Seite (XML)
Jahrgang. 52 Dienslag^ 31. Januar 1228 Gegründet 185« DrartavsckriÜ! SI.«bricht«» D»««d«. Frn>I>»»ch«r»SammeInu»ml«r - 20 2.1 Nur «itr NaLIaelvrS»«, 20 011 B-zug-.«-dühr 2t»,el»u«»«r 10 Dirnni» Vir Sn»«iarn werden Anzeigen-Preise: aunerdalb rnnPi«. Ost» derecknei di» »in« ^ nwalttn, . Lmilt»nan,««l»n und Sirllkn-kiuch« ohne Mil. «i «nm dr»»Ik nach Bo «Mt» «<> 1. >W rdalb M Pi«., di« «n mm brrii« Aeklam«,eil« 2vo Pia. »7irna«i>ali« mPia. Au»w. Auitrda» araen Poraurbeiabla. Cchriiilkltiina und SauvtaeickLüeiielle: Marirnktr.ke 3S.2 Druck u. Brrlaa von Uievich ck Neichard» m Dr«»d»n Bosticheck-Konto 10SS Dresden Nachdruck nur mi> d»uilich»i Quellenanaabe >.Dresdner Nach« ' luISBa Ilnorrlanalr Schriilsilick« n>crd»n nick' aivbewadr« ötresemanns große Rede zur Autzenvolitil. Scharfe Kritik a« Frankreich. — Keine neuen Zugeständnisse für die Rheinlandrüumung. Gegen die Heuchelei in der Sicherheitsstage. Grabrede für Locarno? lvon unserer Berliner Schriftlettung.) Der Reichstag bot heute alle Zeichen eines „großen Tages". Haus und Tribüne, vor allen Dinge» die Diplomatenloge, waren stark besetzt. Handelte es sich ja darum, eine einjährige Bilanz der deutschen Außenpolitik im Rahmen der Genehmigung des Etats des Auswärtigen Amts anzuhören. Dr. Streseman», selbst noch ziem lich mitgenommen von seiner Erkrankung, las seine Ausführungen vom Blatte ab. Trotzdem hatte seine Rede einige rhetorische Höhepunkte, indem er sich bedingungsloses Schweigen im Saale erzwang. Die beiden Punkte, zwischen denen StresemannS außenpolitisches Programm derzeit pendelt, sind deutsch-polnischer Handelsvertrag und Rhein- «andSräumung. Die Russenkarte scheint unsere deutsche Außenpolitik überhaupt nicht mehr in Rechnung zu stellen, und man wird aus einer Redewendung Dr. StresemannS vielleicht eine Verstimmung auf der Linie Berlin—Moskau konstatieren können. Bezüglich Polens wandte sich Dr. Stresemann vor eilen Dingen gegen diejenigen Kreise, die mit uns der Meinung sind, daß keinerlei Handelsverträge abgeschlossen »erden dürfen, die die Existenz der deutschen Landwirtschaft in Frage stellen. Dabei vermied er es nicht, gegen in letzter M immer tiefer und eindringlicher von agrarischer Sette «röffentltchte Kundgebungen zu polemisieren, deren fach- ltzen Gehalt er nicht für berechtigt halte. Es dürfte dies der einzige Punkt sein, wo seine Rede wesentliche Angriffsflächen bietet und wo in der Unterstreichung des Tatsächlichen zweifellos weniger mehr gewesen wäre. Der Clou der Rede war jedoch die Frage Frankreich und Deutschland. Hier steigerte« sich Dr. StresemannS Ausführungen zu einer fast leidenschaftlichen Stellungnahme gegep die Art. wie Frankreich sich zu Deutschland nicht nur in der Räumungsfrage, sondern ganz allgemein stellt. Man kann vielleicht sagen, und diese Version geht in politischen Kreisen um, baß StresemannS Ausführungen einer Grabrede auf Locarno bedenklich nahekamen. Selten hat der Außenminister so scharfe Worte an die Adresse Frank, reichs gerichtet, wie in diesem Zusammenhang. Er sprach von «bitterer Enttäuschung", von französischer Heuchelei in Sachen der Sichcrheitsfrage. von Skepsis und jenem Locarno. daS nicht ein Ende, sondern ein Anfang hätte sein sollen. Kategorisch verbat -sich der Außen- mint st er Frankreichs Bestrebungen, eine Dauer, kontrolle für das Rheinland zu effektuiercn. Mit der ent- schiedenen Forderung nach Räumung des Nheinlandes und der ebenso entschiedenen Feststellung, daß Deutschland nicht bereit sein würde, eine etwaige vorzeitige Räumung mit Zugeständnissen Über den Friedensvertrag hinaus zu er kaufen, schloß Dr. Stresemann. AIS erster Debatteredner sprach der Sozialdemokrat Dr. Breit scheid, nicht ohne Witz, und fraglos mit einer ge- wtffen Beherrschung der Materie. Aber seine Ausführungen machten ganz den Eindruck, als rede die Sozialdemokratie wie ein Fuchs, dem die diplomatischen Trauben zu hoch hängen. Man möchte sich gern in die unheimliche konservative Ma schinerie des auswärtigen Dienstes einschalten, findet aber keinen Hebel dazu, und muß nun am Rande herumreden, ohne der Sache eigentlich näherzukommen. Im wesentlichen stimmte die Sozialdemokratie der Stresemannschen Außen politik zu. um aber auch diese Gelegenheit zu benutzen, der immer stärker einsetzenden Wahlkampagne sich dienstbar zu machen, bedurfte eS noch der üblichen Mätzchen: Demokrati sierung beS Auswärtigen Amtes, Nepubltkanisterung der Botschaften, tn der auswärtigen Vertretung genügende Be- rücksichtigung der Verfassungstage und was dergleichen mehr ist. Redewendungen gegen die Rechte wurden geschickt vom dcutschnationalen Debatteredner Freiherr» von Freitag- Lpringhoven aufgefangen. Der deutschnattonale Debatte- redner konnte im Grunde den Frankreich betreffenden Aus führungen des Außenministers zustimmen. Wenn er unter strich, daß Locarno nur Enttäuschungen gebracht habe, so befand er sich nicht mehr im Widerspruch zum Außen minister selbst. Bemerkenswert war der Hinweis, daß man doch den Versuch machen müsse, eine andere Kombination zu finden. Wir sehen immer nur nach unserer Ost- und Weft- slanke, und übersehen dabei, daß nach Süden zu der ganze mitteleuropäische Raum unorganisiert liegt. Warten wir dort noch länger zu, dann wirb uns der Italiener nur zu bald auch hier einen Riegel vorgeschoben haben. Der ungarisch- italienische Vertrag spricht tn dieser Beziehung Bände. Schars wandte sich Frhr. v. Freytagh-Loringhoven vor allen Dingen gegen etn Oftlocarno. das die Unerträglichkeit.unserer Ostgrenzen verewigen müßte. Aus Dr. StresemannS Rebe gehe nicht hervor, was er darüber denke. Deutschland» Oft- grenze ist die Wunde, aus der wir un» verbluten und vcr- bluten nicht nur als Staat und als Wirtschaft, sondern vor allem auch als Volk. ES ist da» Verdienst der Deutsch, nationalen, baß sie diese Kern- und Schicksalsfrage immer wieder tn den Mittelpunkt der Erörterungencktellkn. Nach dem Deutschnattonalen sprach dann Der Führer der StrtschaftS-Partet, Br« dt, der den merkwürdigen Satz iormulierte. Deutschland müsse nunmehr eine „PoltttkbeS Abwarten S" betreiben. Daß die Befolgung dieser Parole Deutschland» außenpolitische Bilanz noch passiver machen müßte, hat sich oNcnbar der Redner nicht vor Augen geführt. Barten wir ab. bann machen die anderen die Politik, und er- klären wir noch dazu, daß wir abwartcn wollen, dann geben »ir unser« Möglichkeiten noch mehr aus der Hand al» bis jetzt. Berlin, Sa. Jan. Auf der Tagesordnung der heutigen NeichstagSsitzung steht die zweite Lesung des Haushaltplanes für das Auswärtige Amt. Abg. Dr. Hoctzsch berichtet über die Verhandlungen des auswärtigen Ausschusses. Re ichs- außenminister Dr. S t r e s e m a n n. der danach sofort das Wort ergreift, erklärt, daß er heute diejenigen außenpolitischen Fragen erörtern möchte, die seit der letzten Debatte an Be deutung gewonnen haben. Die Rcichsregierung hat in der vorigen Woche den zur- zeit in Prag weilenden Berichterstatter« des Sicherheits komitees des Völkerbundes tn einer Denkschrift eine Reihe von Bemerkungen mitgeteilt, die inzwischen auch von uns veröffentlicht worden sind. Wie bekannt, wurden aus der letzten Genfer Tagung die beiden Punkte der «Abrüstung und der Sicherheit ^n das richtige Verhältnis" zueinander gebracht und ein besondere »Komitee für die Sicher hettsfragen eingesetzt, bas neben den fortlaufenden Arbeiten der Abrüstungskommission die einzelnen Probleme der Sicherheit nach einem bestimmten Pro gramm zu behandeln hat. Zugleich wurde aber klargestellt, daß, wie sich auch die Arbeiten dieses Sicherheitskomitees im einzelnen gestalten mSge«, die erste EntwaffnungSkon seren, ein- zuberufeu ist, sobald die «och «otwendiacn Bor- arbeiten relu technischer Art zum Abschluß gebracht sind. Di« nächste Tagung der AbrststuugSkommisfion selbst ist auf den IS. März angesetzt. Wir müssen auf Grund der September-Resolutio« erwarten, baß eS auf dieser MLrztagung dazu komme« wird, die tech nischen Vorarbeiten der Abriistuugskommissio» zum Ab schluß zu bringen und damit die Einberufung der ersten Satwasfuungskonferenz zu ermöglichen. Scholl in den Genfer Verhandlungen habe ich betont, baß Deutschland bereit ist, an den ArbeitendesSicher- heitskomtteeS tätig mitzuwirken. Die jetzt nach Prag übersandte Denkschrift der Reichsregierung erbringt den Beweis dafür, daß es uns damit ernst ist. Dabei muß immer wieder betont werden, baß bisher kein Staat mehr oder auch nur ebensoviel zur Lösung der SicherhettSfrage bei getragen hat wie Deutschland. Wir sind abgerttstet, wir haben die Locarnoverträgc abgeschlossen, wir haben uns durch die Unterzeichnung der Fakul tativklausel allgemein für sämtliche internationale Kon flikte rechtlicher Art der Gerichtsbarkeit des Haager Welt- gerichtshofeS unterworfen, und wir haben ein jetzt nahezu lückenloses Netz von Schiedsgerichts- und Vergleichsverträge« geschaffen. Unsere neue Denkschrift zeigt, tn welcher Weise aus diesem Gebiete von allen Staaten praktische und nützliche Arbeit geleistet werden kan». Meiner Ansicht nach beleuchten die Ausführungen der Denkschrist die hier in Frage kommen den Grundprvbleme in so einfacher und klarer Weise, daß ein Streit darüber eigentlich gar nicht möglich sein sollte. Es ist doch eine Binsenwahrheit. Laß eine reale Garantie für die Beseitigung des Krieges nur dadurch geschaffen wer den kann, daß für alle tn der lebendigen Entwicklung der Völler naturnotwendig hervortrctende Differenzen ein Ver fahren friedlichen Ausgleiches gefunden wird, und es ist ebenso eine Binsenwahrheit, baß der Völkerbund den Zweck der friedlichen Zusammenfassung aller Staaten im Ernstfall« nicht mehr erfüllen kann, wenn ein einheitliches Borgehe» durch Spaltung seiner Mitglieder in entgegengesetzte Gruppe« unterbunden wird. So einfach diese Wahrheiten aber auch sind, so notwendig erscheint es mir. immer wieder aus sie hinzuiveisen. Esdarfntchtbaznkommeu.baßderGebanke der Sicherheit in falsche Bahne« geleitet wird. Scho« rein psychologisch würde eine große Gefahr darin liegen, wenn i« der Oefsentlichkeit auch nur der Anschein erweck» würde, als ob eS sich »euigcr um die Sichern«« des Friedens, als u« die unmittelbare Vor bereitung d«S nächsten Kriege» handelte. Man bars uicht »ersuchen, die Sicherheit eines einzelne« Staates oder einzelner Staateugrnppen auf Kosten anderer Staaten zu begründen. Das Sicherhcitsproblem ist nur so zu lösen, daß die gesuchte Regelung den Interessen sämtlicher Staaten gleichmäßig Rechnung trägt. Deutschland ist in besonderem Maße be rechtigt, für diesen Grundgedanken «inzu treten, da es angesichts seiner geographischen Lage und seiner völligen Entwaffnung das allergrößte Interesse daran hat, die Mittel großer Gewalt aus der internationalen Politik ausgeschaltet zu sehen. Insofern ist es nicht falsch» wenn eine bekannte französische Zeitung zu unserer Denk schrift bemerkt hat, daß sie einzig und allein von deutschen Interessen diktiert sei. Nur kann ich behaupten, daß sich in dieser Hinsicht die deutschen Interessen vollständig mit de« solidarischen Interessen Europas decken. Das wäre nur bann nicht der Fall, wenn ein Staat Europas sein spezielles Inter esse nicht in der Schaffung einer von der Rechtsüberzengnng aller Nationen getragenen Friedensordnung, sondern tn der Verewigung bestimmter Machtpositionen sehen sollte. Unser Recht auf Rüumung. Deutschland, Litauen un- Polen. Der Minister bespricht bann die deutsch-litauischen Be ziehungen und hebt hervor, daß die Besprechungen mit dem litauischen Ministerpräsidenten eine weitgehende ll eberein st immun« gebracht hätten. Der Minister verweist auf den Abschluß deS Schiedsgerichts, und Ver- gleichsvcrtrages mit Litauen. Außerdem sei eine Reihe kleinerer Verträge geschlossen worden. Auch in der Meme l- frage sei ein Einverständnis erzielt. Insbesondere fei in Fragen der Niederlassung, des Aufenthalts und der Ausweisungen vorläufig eine befriedigende Lösung gefunden worben. Der Minister geht dann zu den deutsch-polnischen Beziehungen über. Deutschland habe alles getan, um aus die Beseitigung der Spannungen zwischen Deutschland und Polen htnzuwirken. Die bet den HandelSvertragSverhand- lungen mit Polen bereits getroffenen Vereinbarungen hätten die einmütige Billigung de» Kabinetts. Der Minister be- tont, er müsse eS zurückwetsen, wenn vom Pommerschen Landbunb gesagt werde, daß die Hemmungen gegen den Schuh der Landwirtschaft vom Aus wärtigen Amt aus gehen. ES sei außerordentlich be- bäuerlich, wenn der Landbunb weiter tn einer Entschließung sage, er werde nicht dulden, baß überhaupt ein Handelsvertrag mit Polen znstande kommt Ein Handelsvertrag sei nicht ein Geschenk, das ein Staat dem anderen gibt. Die deutsche Wirt, schaft habe ein starkes Interesse daran, den polnischen Markt Das amerikanische 17-Doot 8. s verschollen. Washiugtou. 80. Jan. Da» Nuterseeboot ». ». Schwester, schiss de» untergegangene« S. <, ist aus der Fahrt «»« Hamptonroads jBirginien) nach Guantauam» aus Kuba von der Uuterseebootslotttlle aogekommeu. Seit Sonuadeud «ach» mittag ist von S. » keiue Rachricht eiugegauge«. Das Untersee- t ist trotz «tsrtger Nachforschung, au der sich auch «ln Flug, g beteiligt» qoch uicht wieder ausgesuade« «orde«. ES ent» aus der Fahrt «ach . .. ^ SturmregenS. der am Sonnabend bei Sonnennntergaua einsetzte Die Flottille befand sich nm diese Zeit etwa ldü Meile« südlich von Kap Hattera». DaS Meer soll an dieser Stelle über »8SV Meier tief sein. An Bord de» Unterseeboote« »«sanben sich außer dem Kommandanten »nb drei anbere« Offizieren eine «esatznng von »7 Man«. nicht durch eine« bauernden Zollkrieg zu verlieren. Ei» gleiches Interesse bestehe in Polen. Der Minister stellt fest» daß einmütig von allen in der Regierung vertretenen Par. teien zum Ausdruck gebracht worden iet, daß die Reichs» regterung bet den Verhandlungen durchaus positiv eingestellt war. Der Minister fragt, in welche Situation der deutsche Vertreter tn Warschau kommen müsse, wenn die Verhand lungen ein derartiges Echo tn Deutschland fänden. Die Beziehungen zu Frankreich. Weiter kommt der Minister auf die deutsch-französische» Beziehungen zu sprechen. Ein Hemmnis sei die Fortdauer der Besatzung. Der Reichspräsident habe tn seiner Neujahrsansprache bas allgemeine Empfinde,, des deutschen Volkes zum Ausdruck gebracht, als er die Räumung forderte. Es sei wohl richtig, daß die Rheinlandräumung tn Locarno nicht ausgesprochen wurde Doch Locarno soll nicht bas Ende, sondern der Anfang einer neuen Politik sein. Nichts kann die Sicherheit Frankreichs stärker garantieren, alS der Locarno-Bertrag. Wer noch mehr Sicherheit will, setzt Zweifel tn den ge schlossenen Vertrag. (Lebhafte Zustimmung.» ES müsse endlich einmal daraus hlngewiesen «erben, baß tu dem Ruf «ach Sicherheit gegen Deutsch land ein Stück Heuchelei liege, das «ich» lät^er von der Oesfentlichkcit getragen werde« kau«. Die Maschinengewehre und Sanoueu stünde« noch heute i« Rheinland gegeuiider einer Macht, mit der «an friedlich« «ertrüge abgeschlossen bade Er denke bei der Forderung der Räumung des Nheinlandes nicht daran, baß baj Rheinlaud die Schwierigkeiten der Besatzung nicht länger trage» »olle. Wir wisse», so betonte der Minister daß es sie lieber bis zum Snbe tragen «irb.als ihre Beseitigung mit der Preisgabe weiterer Rechte Deutschlands erkansen ,« wolle« Wir sorber« die Räumung beS RhelnlanbeS alS eine «nadweiSlsche Folge der abgeschlossene« Verträge. Blr verlangen nicht die Rheinlandränmnng deshalb, well wir Sorge davor haben, daß diese Besetzung deutschen Lande» irgendwie «inen Einfluß aus da» intellektuell« und politisch« Denken des Nheinlandes haben würde. Nie ist da» Rheinland sich seine» unlöslichen Zusammen hangs mit Deutschland mehr bewußt gewesen alStnbenJahrenderLetben. dieeszu ertrage» hat.