Volltext Seite (XML)
geplanten Werkes, an dem er noch auf dem Sterbebette arbeitete, wurden nach seinem Tode von einem Schüler und Freund, Tibor Serly, nach Skizzen ergänzt. Bestimmend für den Charakter des 3. Klavierkonzertes sind die Merkmale des Bartökschen Spätstiles. Unerhörte Durchgeistigung des Ausdrucks, abgeklärte Schlichtheit und beseelte Heiterkeit der musikalischen Sprache kennzeichnen die ses formal vollendet ausgewogene, klanglich vielfach sehr transparente und auf gelockerte Werk. Bei völlig ungebrochener Aussagekraft läßt das auf einer Höchststufe reifer Meisterschaft entstandene Konzert im Vergleich mit früheren Kompositionen Bartöks ganz neue geistige und klangliche Wesenszüge erkennen. Bedeutsam wurden hier im Gegensatz zu den vorwiegend vom rhythmischen Ele ment bestimmten beiden ersten Klavierkonzerten vor allem auch die Elemente der Melodik und Harmonik eingesetzt. Trotz großer Übersichtlichkeit und Klar heit des Satzes gibt auch in diesem Werk der brillante Klavierpart dem Solisten Gelegenheit, in reichem Maße virtuose Fähigkeiten zu entfalten. Im lebensvollen Eröffnungssatz (Allegretto) ertönt über tremolierenden Streicher klängen das scharf profilierte, fröhliche Anfangsthema des Soloinstrumentes. Zu sammen mit den verschiedenen Motiven des gleichfalls heiteren zweiten Themas wird es im mittleren Teil des Satzes zu einer einheitlichen Steigerung geführt. Der zweite Satz, ein wunderbares, Innigkeit und abgeklärte Ruhe ausströmendes Adagio mit der Bezeichnung „religioso", bringt eine vom Klavier vorgetragene choralartige Melodie, die von kanonisch gearbeiteten Streicherzwischenspielen unterbrochen wird. In der Mitte des Satzes wurde ein kontrastierender Teil ein gefügt, der von Serly „Musik der von Vögeln und Insekten erfüllten Nacht" ge nannt worden ist und Eindrücke und Stimmungen des Komponisten bei einsamen Spaziergängen widerspiegeln soll, auf denen er den Gesang der Vögel studierte, Danach kehrt, jetzt in den vom Soloinstrument umspielten Holzbläsern, das Choralthema des Anfangs wieder. Der in Rondoform angelegte, temperamentvoll-heitere Finalsatz (Allegro vivace) zeigt am stärksten f'olkloristische Einflüsse. In den einzelnen Episoden, die zwi schen dem nach Rondoart immer wieder aufgenommenen ungestümen, tänzeri schen Hauptthema liegen, wird daneben besonders weitgehend polyphone Ar beit (Fugatoteile, Kanons, verschiedenste Formen der Themenumkehrung) wirk sam. In lebenszugewandter, optimistischer Haltung endet das Konzert. Mit „Don J u a n", Tondichtung für großes Orchester op. 20, gelang dem 24jährigen Richard Strauss ein bedeutender Wurf, ein — wie es Ernst Krause treffend formulierte — „Jungmeisterstreich voll überschäumender Lebenskraft und Ausdruck vorbehaltlosen Lebensoptimismus". Bis heute hat das Werk, das der Komponist selbst 1889 in Weimar zur Uraufführung brachte, nichts an ursprünglicher Wirkungskraft verloren. Mit der geschmeidigen Klanggebärde des „Don Juan", der die Linie Berlioz-Liszt weiterentwickelte, gab Strauss ein für alle Mal die Quintessenz der ihm eigenen Musizierhaltung seines Instrumental stils. Diese Musik ist von einem hinreißenden, jugendlichen Feuer erfüllt, von ungestümer geistig-sinnlicher Aussagekraft. „Don Juan" ist das Werk eines lei denschaftlich gegen bürgerliches Spießertum protestierenden Stürmers und Drän gers, der die poetische Idee seines Tonwerkes in Nikolaus Lenaus Fragment „Don Juan" fand, aus dem er Teile der Partitur voransetzte. Die wichtigsten Verse sind: „Den Zauberkreis, den unermeßlich weiten, Von vielfach reizend schönen Weiblichkeiten Möcht' ich durchziehn im Sturme des Genusses, Am Mund der Letzten sterben eines Kusses. O Freund, durch alle Räume möcht' ich fliegen, Wo eine Schönheit blüht, hinknien vor jede Und wär's auch nur für Augenblicke, siegen . . Ja! Leidenschaft ist immer nur die neue; Sie läßt sich nicht von der zu jener bringen, Sie kann nur sterben hier, dort neu entspringen, Und kennt sie sich, so weiß sie nichts von Reue . Strauss folgte also einem bestimmten literarischen Programm, jedoch nicht in illu strativer Absicht, sondern indem er den Empfindungsgehalt des Gedichtes reali stisch zum Klingen brachte. Lenaus Verse stellen gewissermaßen Leitgedanken dar, die in der Tondichtung — in freier Sonatenform — dargestellt werden. Mit einem kühnen E-Dur-Thema wird sogleich der verwegene, von Sinnlichkeit getriebene Held, der von der Begierde zum Genuß jagt, vorgestellt. Dann folgt das kraftvolle, von pulsierenden Holzbläsertriolen bestimmte „Don-Juan"-Thema, dessen stürmisch-glutvolle, verführerische Klanggestalt den unwiderstehlichen Ka valier und Abenteurer symbolisiert. Ein verzücktes Violinsolo deutet auf eine schwärmerische Frau, die in Don Juans Bann gerät. In einer neuen Liebessitua tion zeigt uns sodann eine seufzende Oboenmelodie den Helden. Plötzlich tritt — in den Hörnern, von den Violinen umschwirrt — das suggestiv-prägnante, sehr energische zweite „Don-Juan"-Thema auf: der Höhepunkt des Werkes ist er reicht. Don Juan gelangt zur Besinnung, der Sinnenrausch verlöscht. Nach äußerst klangvollen Steigerungen kommt es zu einem Moll-Ausklang, der wie eine Auf lösung fast ununterbrochener Spannungen wirkt. Sonnabend, den 19. Februar 1977, 20.00 Uhr, Anrecht A 2 Sonntag, den 20. Februar 1977, 20.00 Uhr, Anrecht A 1 Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Härtwig Festsaal des Kulturpalastes Dresden 7. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Günther Herbig Werke von Beethoven und Bruckner Philharmonie Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1976/77 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 T. ItG 009-9-77 6. PHILHARMONISCHES KONZERT 1 976/77